Protocol of the Session on January 22, 2014

die Urteilssprüche einfach mal an: Der Werberat hat eine Durchsetzungsquote von über 90 Prozent, und da wird einiges an sexistischer Werbung aus dem Verkehr gezogen. Das möchte ich auch ausdrücklich festhalten. Es ist nicht so, dass hier in Deutschland ein rechtsfreier Raum besteht. Das ist nicht so. Auch in den Verträgen mit der Telekom sind Regelungen getroffen worden, die sicherstellen, dass keine sexistische Werbung ausgehängt wird. Wenn sich jemand darüber hinwegsetzt, wird es sofort wieder eingezogen. Ich möchte einfach nur, dass Sie darüber nachdenken. Ich weiß nicht, wo das Problem ist, dass man sich einfach länger damit auseinandersetzt. Es tut mir leid: Sie haben mich einfach nicht verstanden.

(Beifall bei der CDU)

Nun hat das Wort Frau Senatorin Stahmann.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Let‘s talk about Sex, habe ich die ganze Zeit gedacht, damit hier etwas Aufmerksamkeit einkehrt. Ich fand die Debatte schon sehr interessant, auch in der Art, wie sie seitens der CDU geführt wurde. Schaut man sich einmal die Definition an – Kollege Werner hat darauf hingewiesen –, was sexistische Werbung per Definition ist, dann stellt man fest, es ist die abwertende Darstellung von Frauen oder Männern in der Werbung. Es geht da also nicht allein um die Frauen.

Ich will einmal auf das Verlangen der Petentin zurückkommen. Warum hat jemand in Bremen eine Petition gestellt? Frau Bernhard hat das ja gesagt. Es gab eine Frau, die an einer Werbung vorbeigefahren ist und gesagt hat: Das ist eine Werbung, die gegen Grundsätze verstößt, eine Frau wird herabwürdigend dargestellt. Andere Länder haben dafür Kriterien entwickelt: Frauen werden in unterwürfiger Pose dargestellt, oder die Wortwahl beziehungsweise das Bildmotiv würdigen Frauen zu Objekten herab, wenn Frauen auf Rollenklischees reduziert werden; vielleicht zählt auch der Mann mit der Bohrmaschine dann dazu, darüber muss man dann auch diskutieren. Wenn Bilder oder Texte Frauen und Männer oder Kinder in überholten Geschlechterrollen fixieren, zum Beispiel der männliche Arzt und die Krankenschwester, statt wechselweise auch die Mechatronikerin und der Krankenpfleger, wenn Bilder und Texte eine ideale Frau preisen und mittels Bildern oder Texten extreme Schönheits- oder Schlankheitsnormen propagiert werden – das hatte Frau Aytas eben angesprochen – oder wenn Frauen mit Doppel-D-BH und Supergröße E dargestellt werden und dann irgendwie die Welt retten sollen, was zum Teil gar nichts mit den Produkten zu tun hat, die da beworben werden, braucht man eine Adresse, eine Telefonnummer, bei der man sich beschweren kann. Es muss eine Stelle geben. Wir haben auch im Senat darüber gesprochen: Wie

können wir unsere öffentlichen Werbeflächen so vermieten und sicherstellen, dass damit nicht Schindluder getrieben wird? Darum geht es im Kern doch.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Es geht doch um das legitime Anliegen, dass wir, wenn wir Flächen haben, die wir Werbeträgern vermieten, auch dafür Sorge tragen müssen, dass da eben keine sexistische Werbung gemacht wird. Da darf auch keine Hetze stattfinden. Ich würde nämlich einschließen, dass dort auch keine rassistische Verbreitung von Inhalten stattfindet. Die ZGF wird einen Kriterienkatalog analog zu den anderen Kommunen erarbeiten. Wir werden das gemeinsam im Senat besprechen. Das muss in Verträgen zwischen dem Ressort von meinem Kollegen Joachim Lohse und der WFB mit den Vertragsnehmern geregelt werden. Ich glaube, man muss sich diesen Prozess dann auch anschauen. Aber ich glaube, das ist alles handelbar.

Was jeder als sexistisch empfindet, ist unterschiedlich. Aber ich glaube, dass ein Kriterienkatalog deutlich helfen kann, das abzustellen. Ich finde, das ist schon ein Anliegen. Man kann fragen: Hätte man das nicht auch in einem Ausschuss regeln können? Frau Häsler, hier immer Noten zu verteilen, ob das nun ein Antrag oder nicht ist, sollten wir nicht tun. Es hat eine Petition gegeben, die 392 Menschen mitgezeichnet haben. Das zeigt, das ist ein Thema, und damit sollte sich das Parlament dann auch befassen. Dass man dazu einen Antrag schreibt, hat man dann bei der Anhörung im Petitionsausschuss – man hat sich ja inhaltlich mit dem Thema befasst – festgestellt. Deswegen ist es gut, dass wir heute auch einmal öffentlich darüber reden, dass so eine Werbung in Bremen nicht erwünscht ist. – Danke schön!

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der LINKEN)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Gemäß Paragraf 51 Absatz 7 unserer Geschäftsordnung lasse ich zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE abstimmen.

Wer dem Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE mit der Drucksachen-Nummer 18/1213, Neufassung der Drucksache 18/1123, zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen CDU und Abg. T i m k e [BIW])

Enthaltungen?

(Abg. D r. K o r o l [BIW])

Das Abstimmungsverhalten der BIW war jetzt wie?

(Zuruf)

Stimmenthaltungen?

(Zuruf: Eine Enthaltung und eine dagegen bei Bürger in Wut!)

Eine Enthaltung, eine dagegen bei Bürger in Wut!

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Änderungsantrag zu.

Jetzt lasse ich über den Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen abstimmen.

Wer dem Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit der DrucksachenNummer 18/1042 unter Berücksichtigung der soeben vorgenommenen Änderung seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen CDU und BIW)

Enthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu.

Kriterien „guter Arbeit“ in die Wirtschaftsförderung integrieren

Mitteilung des Senats vom 10. September 2013 (Drucksache 18/1051)

Dazu als Vertreter Herr Staatsrat Dr. Heseler.

Die Beratung ist eröffnet.

Als Erster hat das Wort der Kollege Willmann.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Kriterien „guter Arbeit“ in die Wirtschaftsförderung einführen ist eine Mitteilung des Senats vom September des letzten Jahres, geht zurück auf einen Antrag der rot-grünen Koalition in diesem Hause. Wir haben darüber eine ganze Menge diskutiert und uns dazu sehr viele Gedanken gemacht. Was bleibt eigentlich einem Parlament übrig, wenn man die Mit

teilung liest, nachdem es bereits einen Antrag gegeben hat, der sich sehr intensiv mit dem Thema befasst hat? Ich finde, es bleibt übrig zu definieren, was „gute Arbeit“ eigentlich ist.

Bei „guter Arbeit“ geht es um prekäre Beschäftigung, es geht um Leiharbeit, befristete Arbeitsverträge, Praktikaschleifen, Werkverträge, Minijobs und auch darum, dass das alles inzwischen Rekordstände erreicht. Es geht um niedrige Löhne und um prekäre Arbeitsbedingungen, bei denen besonders Frauen betroffen sind. Die Lohndiskriminierung liegt bundesweit immerhin noch bei 22 Prozent; das muss man sich einmal verdeutlichen. Es geht auch um die Einführung von Mindestlohngesetzen. Wir haben in Bremen einen Weg zumindest in dem staatlichen Einflussbereich gefunden. Es geht darum, Grenzen einzuziehen. Es geht um eine Stärkung der Tarifpartner. Das muss man auch deutlich sagen. Die Anforderungen an die Allgemeinverbindlichkeit von Lohnabschlüssen und Tarifverträgen müssen vereinfacht werden. Es geht bei „guter Arbeit“ auch um Anreize, Lohndumping und Substitution von Stammbelegschaften abzuschaffen. Es geht bei „guter Arbeit“ auch um die Gleichbehandlung, um einen Gleichbehandlungsgrundsatz im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, und es geht um Entgeltgleichheit. All das ist „gute Arbeit“.

Ihnen jetzt die umfassende Antwort des Senats noch einmal vorzutragen, ist sicherlich nicht zielführend. Ich will zwei Dinge herausnehmen, von denen ich finde, dass sie in Bremen besonders gut gelungen sind. Das eine ist, dass wir zukünftig in der Wirtschaftsförderung keine arbeitsplatzschaffenden Maßnahmen unterstützen, die Leiharbeitsplätze als Dauerarbeitsplätze eingerichtet haben. Das muss man sich durchaus einmal vorstellen: Unternehmen kommen und sagen: Wir wollen 400 Arbeitsplätze schaffen, leider ist die Hälfte mit Personen von Leiharbeitsunternehmen besetzt, gebt uns dafür Wirtschaftsförderungsmittel! Das, meine Damen und Herren, machen wir in Bremen nicht mehr. Das finde ich gut. Das finde ich richtig. Damit wirkt man auf Unternehmen ein.

Ein anderes Beispiel, das ich sehr gut finde, ist die Förderung von Frauenarbeitsplätzen, nämlich, auch wenn es beim ersten Lesen komisch erscheinen mag, ein monetäres Anreizsystem zu schaffen. Anscheinend ist es anders nicht möglich, dem einen oder anderen Unternehmen deutlich zu machen: Wenn du vorhandene, vor allem aber neue Arbeitsplätze dauerhaft mit Frauen besetzt, die klassischerweise männlich dominiert sind, gibt es einen Festbetrag, den du nach Erfolg und Nachweis der Dauerhaftigkeit einrechnen kannst. Ich finde es vom Ansatz her zumindest diskussionswürdig, so etwas zu machen. Als Zeichen dafür, dass wir es ernst meinen, ist das, glaube ich, in Ordnung.

Das dritte Beispiel, bei dem es um „gute Arbeit“ geht, ist etwas, was eigentlich beim Thema Ausbildung in das Betriebliche Bündnis Arbeit gehört und das für Kammern und Ausbildungsbetriebe selbst

verständlich sein müsste, denn sie sind der zentrale Träger der dualen Ausbildung, nämlich die Schaffung von Ausbildungsplätzen für sogenannte benachteiligte Jugendliche. Wenn sich die Betriebe darum bemühen, diese erstens im Betrieb zu halten und sie zweitens zu einem positiven Abschluss ihrer Ausbildung zu bringen, können sie auch eine Förderprämie bekommen. All dieses finden Sie in der durchaus interessanten, aber an vielen Stellen immer auch noch ausbauwürdigen Mitteilung des Senats „‚Gute Arbeit‘ in der Wirtschaftsförderung“ wieder. Wir haben eine intensive Diskussion in der Wirtschaftsdeputation und auch hier in diesem Hause gehabt.

(Vizepräsident R a v e n s übernimmt den Vorsitz.)

Zum Schluss meiner Rede will ich noch auf eines hinweisen: Es gab am 12. Januar in der Sonntagsausgabe des „Weser-Kurier“ eine große Seite, die da heißt „Die Verteidigung der Arbeit“ – ein durchaus spannendes Essay. Interessant ist, dass sich „gute Arbeit“ in einer breiten gesellschaftlichen Debatte nur noch beim Thema „Work-Life-Balance“ ausmacht, also nach dem Sinne, dass auch „gute Arbeit“ der Persönlichkeit, den Fähigkeiten, den Kräften angemessen gerecht bezahlt und sinnvoll sein soll, aber doch trotzdem nur attraktiv erscheint, wenn sie nicht allzu viel davon, nämlich von der Zeit, in Anspruch nimmt. Meine Damen und Herren, ich glaube, dieser Ansatz ist grundsätzlich nicht der Richtige. „Gute Arbeit“ hat auch dann einen Zweck, wenn es so weit ist, dass man sagen kann: Meine Arbeit fühlt sich gut und richtig an. Dann ist, glaube ich, die Frage der „Work-Life-Balance“ eher zweitrangig. – Vielen herzlichen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Nächster Redner Herr Kollege Reinken!

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dass „gute Arbeit“ und Wirtschaftsförderung nicht zwei nicht miteinander zu vereinbarende Gegensätze sind, sondern gemeinsam gedacht werden müssen, kann man mittlerweile auch in der Präambel zur Koalitionsvereinbarung der Großen Koalition nachlesen, in der das Thema „gute Arbeit“ einen eigenen großen Eingang findet.

Mit der Senatsantwort auf unsere Anfrage ist – wie wir das sehen – sehr gut der weite Bogen gespannt, mit dem wir das Thema „gute Arbeit“ betrachten müssen. Natürlich ist das, was der Kollege Willmann eben schon richtig zitiert hat, die Begriffsdefinition von Kriterien der „guten Arbeit“, die wir dort nachlesen, richtig. Wir teilen diese Definition. Das, was hier beschrieben ist – sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, Tariftreue und Vergabe, Ausbildung, Arbeits