Protocol of the Session on January 23, 2013

Erhalt vor Neubau ist einer unserer Grundsätze, und wenn wir dann noch Geld haben, können wir neue Dinge bauen. Wir müssen die Infrastruktur, unser Vermögen – das ist öffentliches Vermögen – erhalten.

Die Wege zur Schule werden oftmals von Kindern mit dem Fahrrad zurückgelegt. Der Automobilclub Europa, ACE, hat 2011 die Aktion „Mit dem Fahrrad zur Schule“ durchgeführt. Ehrenamtliche, wie ich selbst, haben sich vor Schulen hingestellt, sie haben sich die Fahrradständer angeschaut und geschaut, wie die Kinder zur Schule gekommen sind, und zwar immer in Zusammenarbeit mit den Lehrern, also mit der Schule, und mit den Kontaktpolizisten vor Ort.

Der ACE hat bundesweit 10 175 Räder an 192 Schulen geprüft. Bei 25 Prozent aller Fahrräder war die Lichtanlage defekt, 26 Prozent hatten defekte Reflektoren, 11 Prozent waren ohne Klingel, und bei 16 Prozent fehlten Gepäckträger. Die Kinder hatten ihre schweren Schultaschen dann über der Schulter hängen und fuhren dann unsicher in der Gegend herum. Besonders schwierig empfinde ich, dass 69 Prozent der Kinder ohne Helm fahren. Wir müssen dafür sorgen, dass unsere Kinder einen Helm aufsetzen. Ich finde aber auch, erwachsene Radfahrer sollten sich einen Helm aufsetzen. Es ist mittlerweile erwiesen, dass Helme schützen.

(Beifall bei der SPD)

Wenn wir Erwachsenen Vorbilder unserer Kinder sind, dann leben sie es uns nach. Wenn wir ohne Helm fahren, dann fahren sie auch ohne Helm, weil die Erwachsenen es ja auch nicht machen.

Übrigens gilt dasselbe an einer roten Ampel. Wenn ich an einer roten Ampel stehe und mich manchmal ärgere, dass kein Auto kommt und ich eigentlich schnell hinübergehen könnte, dann mache ich es nicht, wenn ich Kinder sehe. Sonst mache ich es natürlich auch nicht! Ich mache es dann nicht, weil die Kinder das sehr genau beobachten. Mein Enkel fragt dann: Wieso geht der jetzt bei Rot über die Ampel? Du hast mir immer gesagt, ich darf das nicht, wieso geht der jetzt? Wir müssen es unseren Kindern auch vorleben, wie man sich sicher im Straßenverkehr bewegen kann.

Die Verkehrswacht spielt im Übrigen eine sehr gute Rolle, der ACE arbeitet mit der Verkehrswacht zusammen, sie machen Fahrradparcours und so weiter. Ich glaube auch, die Fahrradausbildung im Land Bremen ist gut, aus der Antwort des Senats geht das ja hervor, dort läuft schon einiges ganz gut und ganz richtig.

Das Wichtigste im Straßenverkehr schreibt Paragraf 1 Straßenverkehrsordnung vor, nämlich dass man Rücksicht aufeinander nehmen muss. Nehmen Sie bitte alle, auch diejenigen, die uns jetzt am Radio zuhören, Rücksicht auf die schwächsten Verkehrsteilnehmer, und helfen Sie den Kindern, damit sie sicher

nach Hause kommen! Verhalten Sie sich ordentlich, fahren Sie nicht so schnell, damit da alles gut geht!

Meine Vorredner haben es gesagt, ich schließe mich dem an: Jeder Unfall ist einer zu viel! Das muss nicht sein. Menschliches Leid brauchen wir nicht noch zusätzlich. Lassen Sie uns sehen, dass wir unsere Kinder sicher auf ihren Wegen begleiten können! – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Antwort auf die Große Anfrage der CDU hat meines Erachtens zwei Kernbotschaften. Die erste Kernbotschaft ist, es passieren in Bremen zu viele Unfälle mit Kindern. Da ist es für mich keine statistische Größe, die ich mit anderen Städten einfach einmal so vergleiche und auf die ich stolz sein könnte, wenn wir einen oberen Spitzenplatz einnehmen. Selbst dann verunglücken Kinder in Bremen, und selbst dann müsste man etwas tun. So gesehen ist die Tatsache, dass Kinder hier überhaupt verunglücken, Anlass und Grund genug, sich darüber Gedanken zu machen, wie man die Verkehrssicherheit verbessern kann.

Die zweite Kernbotschaft ist, es gibt eine ziemlich umfangreiche engagierte Verkehrserziehung für Kinder, die teilweise von Ehrenamtlichen und teilweise von Kontaktpolizisten gemacht wird. Ich bin relativ sicher, dass dort viel getan wird. Aber selbst wenn dort viel getan wird, finde ich, darf man trotzdem noch einmal hinschauen, ob es an der einen oder anderen Stelle vielleicht noch ein bisschen mehr sein kann, weil nach wie vor Kinder verunglücken. Es wird jetzt diskutiert, wie man die Situation verbessern und was man eigentlich tun kann. Es liegt ein Konzept für ein integriertes Verkehrssicherheitskonzept vor, ich bin mir nicht ganz sicher, ob das reicht.

Ich will ein paar Dinge ansprechen, die mir in dem Zusammenhang wichtig sind! Wir diskutieren in der Großen Anfrage im Wesentlichen über Verkehrserziehung und Fahrradtraining für Kinder. Ich denke, man muss auch noch einmal schauen, was eigentlich die Erwachsenen in dem Zusammenhang machen, also an welcher Stelle wir Verkehrserziehung für Erwachsene machen, für diejenigen, die sich möglicherweise gar nicht mehr daran erinnern, wie es war, als sie selbst Kind waren und selbst mit einem möglicherweise nicht ganz verkehrssicheren Fahrrad zur Schule gefahren sind.

Ich erinnere mich noch sehr gut daran, aber ich erinnere mich auch daran, dass wir gar keine Wahl ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

hatten, denn selbst wenn das Licht nicht ging, hatte ich kein Geld, es reparieren zu lassen, ich musste mit dem zurechtkommen, was es gab. Das ist das eine. Das andere ist, wir brauchen auch ein Konzept nach dem sich Erwachsene auf eine veränderte Verkehrssituation einstellen, auf die große Anzahl an Fahrradfahrern in Bremen, aber auch auf die große Anzahl an Kindern in Bremen, die Fahrrad fahren. Dort kann man möglicherweise das eine oder andere machen.

Das Zweite ist, die meisten Beinaheunfälle in Bremen, die ich sowohl als Fußgänger, als Autofahrer, als auch als Radfahrer hatte – wobei ich gestehen muss, mit dem Rad fahre ich nicht so viel, meistens bin ich zu Fuß, mit der Bahn oder teilweise mit dem Auto unterwegs –, hatte ich mit Fahrradfahrern, die sich nicht um die Verkehrsregeln kümmerten.

(Beifall bei der CDU)

Dort muss man ansetzen, ich finde, das kann man nicht zulassen, wenn Fahrradfahrer im Winter ohne Licht bei Regen quer über die Kreuzung fahren, wenn man Ampeln anschaut und die Radfahrer weiterfahren, auch wenn die Ampel rot ist, denn offensichtlich haben Fahrradfahrer immer grün. Es gibt dort, glaube ich, ein Feld, das wir bearbeiten müssen, wo wir Überzeugungsarbeit leisten müssen, dass auch Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrer – insbesondere Erwachsene – noch einmal darauf hingewiesen werden müssen, dass die Verkehrsregeln für alle gelten.

(Glocke)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Hamann?

Bitte, Herr Abgeordneter!

Sind Ihnen die Statistiken bekannt, dass bei Unfällen zwischen Fußgängern und Radfahrern und Autofahrern in 70 bis 80 Prozent der Fälle Hauptunfallverursacher die Autofahrer sind und sich Ihre Darstellung von eben dementsprechend nicht immer mit den Unfallzahlen deckt? Ist Ihnen bekannt, dass die Beleuchtungsproblematik, die Sie gerade bei Radfahrern angesprochen haben, in der Statistik nur zu vier Prozent als Unfallursache auftaucht?

(Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Wie oft sind Sie denn schon als Fahrradfahrer bei Rot über die Ampel gefahren? – Abg. H a - m a n n [SPD]: Hunderte Mal! – Heiterkeit)

Ich habe ausdrücklich gesagt, in meiner persönlichen Wahrnehmung! Selbst wenn nur 30 Prozent der Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrer an Unfällen schuld sind, dann muss man

trotzdem darüber nachdenken, die Erwachsenen in eine Verkehrsausbildung mit aufzunehmen, und wenn es 70 Prozent der Autofahrerinnen und Autofahrer sind, dann muss man Erwachsene erst recht in ein Konzept aufnehmen, um auch diese darauf hinzuweisen, dass es Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrer gibt. Deshalb ist meine Anregung: Wenn wir über Verkehrserziehung und Ähnliches reden, dann sollten wir uns nicht nur auf die Kinder konzentrieren, sondern auch auf Erwachsene. Was ist daran bitte falsch?

Dann gibt es Diskussionen, ob wir eigentlich mehr Radwege und getrennte Radspuren und sonst etwas brauchen. Ich finde eigentlich nach wie vor das Konzept Shared Space für bestimmte Stadtteile ausgesprochen sympathisch, weil es möglicherweise eine Lösung ist und es zu einem solidarischeren Umgang im Verkehr führt. Ich fand die Einschätzung sehr überzeugend, wenn jeder Verkehrsteilnehmer seinen eigenen Weg hat – das kann man natürlich nicht auf Autobahnen machen, aber in Innenstädten, in Zentren –, dann beharrt er auch darauf, dass es sein Weg ist und andere Verkehrsteilnehmer dort nichts zu suchen haben. Das gilt für Autofahrer, ich weiß, das gilt für Fahrradfahrer, aber auch für Fußgänger, wobei diese es in Bremen in bestimmten Ecken besonders schwer haben, weil ihr Bereich dort mittlerweile so weit eingeengt ist, dass man dort kaum mit dem Kinderwagen durchkommt.

Die Idee eines solidarischen Verkehrskonzepts, ein Shared Space in bestimmten Bereichen, insbesondere in Innenstadtbereichen, finde ich deswegen sympathisch, weil sie diese Konkurrenzsituation aufhebt und den Gedanken eines solidarischen Umgangs auch notwendig macht und man gar keine andere Wahl hat, als aufeinander Rücksicht zu nehmen. Deswegen finde ich die Idee mit getrennten Trassen an manchen Stellen sinnvoll, aber diese Form eines solidarischen Verkehrskonzepts überzeugt mich mehr, insbesondere für spannende Innenstadtbereiche, für Wohnbereiche, zum Beispiel das Viertel, Gröpelingen oder Walle.

Deswegen ist meine Anregung, dass wir diese Gedanken mit in die zukünftige Gestaltung von Verkehrssicherheit aufnehmen, also Erwachsene einzubeziehen und noch einmal zu schauen, ob wir diese Shared-Space-Projekte nicht vorantreiben. Ich denke, dann hat man einen weiteren Baustein, um zu vermeiden, dass in Zukunft Kinder verunglücken. Wir werden dem Antrag zu einem Verkehrssicherungskonzept zustimmen, weil es immerhin ein Anfang ist und man sich damit befassen muss. – Ich danke für die Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Senator Mäurer.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Thema begleitet uns

seit vielen Jahren. Es gibt keine bedeutsamen Veränderungen, trotz aller Anstrengungen der beiden Städte im Bereich der Verkehrserziehung, Sie haben es erwähnt, Bildung, Schulen, Kindergärten, aktive Arbeit im polizeilichen Bereich, Kampagnen zu Beginn eines jeden Schuljahrs gemeinsam mit der Verkehrswacht, wir hängen Banner vor allen Grundschulen auf mit dem Hinweis, bitte vorsichtig zu fahren, weil das Schuljahr beginnt, und dennoch sprechen die Zahlen eine ganz andere Sprache.

Wir haben in der Tat, wenn man sich einmal die letzten fünf Jahre anschaut, circa 258 Verkehrsunfälle pro Jahr, an denen Kinder beteiligt sind. Wir haben es auch differenziert nach der Art der Beteiligung, also ob Kinder als Radfahrer oder Fußgänger beteiligt sind oder in einem beteiligten Pkw mitgenommen werden. Die Zahlen sind eindeutig: Im Verhältnis zwei Drittel zu einem Drittel sind die Unfälle verbunden mit dem Radfahren. In Zahlen ausgedrückt haben wir durchschnittlich in jedem Jahr 166 Unfälle, an denen Kinder mit ihrem Fahrrad beteiligt sind, im Vergleich dazu liegen die Zahlen als Fußgänger im Bereich von 60. Das erklärt auch die Statistik. Ich vermute einmal, dass wir zu den Städten gehören, die eine sehr hohe Anzahl an Radfahrern haben. In anderen Bereichen, wenn man Bund und Länder vergleicht, hilft uns diese Statistik nicht weiter. Dort sehen wir einfach, wo sehr viel Rad gefahren wird – und das gilt wohl auch für Kinder –, passieren auch sehr viele Unfälle. Das kann es aber nicht allein sein, dass wir das feststellen, sondern wir müssen uns natürlich auch die Frage stellen: Was kann man dagegen machen?

Wir haben eine zentrale Kommission, die sich mit den Unfallursachen beschäftigt. Ich habe wiederholt die Frage gestellt, ob es eine Strategie gibt, um gezielt dagegen vorzugehen, und die Fachleute sagen mir immer, sie hätten das Problem, dass es keine direkt erkennbare Kausalität gäbe. Es ist in der Tat so, wenn man sich einmal den Stadtplan von Bremen anschaut und alle Unfallorte markiert, dann erkennt man da im Prinzip kein System. Diese Unfälle sind über das ganze Stadtgebiet verstreut, ob auf Haupt- oder Nebenstraßen, wo auch immer.

Wir haben uns in der Vergangenheit natürlich auf einige Schwerpunkte konzentriert, wie zum Beispiel den Stern oder die Tiefer. Dort ist das Problem heute gelöst, denke ich, aber insgesamt bleibt es dabei, dass es keine direkte Kausalität und keine direkte kommunale Zuordnung gibt, wo man sagen kann, das sind die Straßen und Kreuzungen, wo am meisten passiert. Deswegen finde ich diese Anregung des Parlaments gut, dass wir dennoch weitermachen und versuchen, auch einen neuen Ansatz zu finden. Es kann ja durchaus sein, dass gewisse Verhaltensweisen dazu führen, dass die Anzahl der Unfälle so hoch ist, und ich denke, wir müssen uns viele Fragen stellen. Zu den Radwegen! Ich war in der letzten Woche in Dublin, und dort habe ich gesehen, dass alle Rad

fahrer mitten im Verkehr fuhren, man kennt dort keine Radwege. Dafür laufen alle Fußgänger bei Rot über die Straße, das ist auch eine Besonderheit anderer Städte. Dennoch müssen wir auch darüber nachdenken, ob unsere bisherigen Konzepte wirklich ausreichend sind oder ob sie nicht teilweise eine trügerische Sicherheit vermitteln. Ich als Radfahrer sage, ich fühle mich deutlich wohler, wenn ich im Verkehr mitfahren kann, weil die Radwege ja nur partiell sicher sind. Wenn man einmal schaut, wie viele Ein- und Ausfahrten es gibt, und plötzlich kommt jemand in der nächsten Kurve um die Ecke, das ist einfach der Horror eines jeden Radfahrers. Deswegen, denke ich, müssen wir uns auch dieses Konzept der Radwege anschauen. Ich sage auch, dass es kein leichter Weg sein wird, weil wir keine einfachen, simplen Erklärungen dafür haben. Bremen hat dieses Thema, wie gesagt, in den letzen Jahren nicht vernachlässigt, sondern zahlreiche Anstrengungen unternommen, aber leider haben wir das Problem nicht gelöst. Deswegen, denke ich, sollten wir es noch einmal versuchen, vielleicht finden wir ja in dieser Kooperation einen Weg. Wir sind ja alle dazu aufgerufen worden, der Bürgerschaft diesen Bericht zu geben, das heißt, wir gehen dieses Thema nicht nur mit der Polizei und den Schulen, sondern gemeinsam mit dem Verkehrsressort an. – Danke sehr!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Beratung ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD mit der Drucksachen-Nummer 18/742 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen! Ich bitte um die Gegenprobe! Stimmenthaltungen? Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu. interjection: (Einstimmig)

Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft (Landtag) von der Antwort des Senats, Drucksache 18/627, auf die Große Anfrage der Fraktion der CDU Kenntnis. Ich unterbreche die Sitzung der Bürgerschaft (Land- tag). (Unterbrechung der Sitzung 12.58 Uhr)

Vizepräsident Ravens eröffnet die Sitzung wieder um 14.31 Uhr.

Die unterbrochene Sitzung der Bürgerschaft (Landtag) ist wieder eröffnet.

Ich begrüße recht herzlich auf der Besuchertribüne Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Projektes „Jugend im Parlament“ sowie Studentinnen und Studenten der Hochschule für öffentliche Verwaltung, Fachbereich Polizei.

Herzlich willkommen in unserem Hause!

(Beifall)

Wir setzen die Tagesordnung fort.

Bericht des Präsidenten der Bremischen Bürgerschaft über „Jugend im Parlament 2012“ vom 30. November 2012

(Drucksache 18/679)

Die Beratung ist eröffnet.