Protocol of the Session on October 18, 2012

Ich hätte es sehr gut gefunden, wenn wir hier schon heute konkreter geworden wären und mit diesem Antrag, dem die CDU-Fraktion nachher zustimmen wird, einer entsprechenden Zielvereinbarung wie zum Beispiel in Rheinland-Pfalz den Weg geebnet hätten. Nun ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

beschließen wir leider nur einen Prüfauftrag, zu dessen Dauer in Ihrem Antrag keine Angaben zu finden sind. Ich hätte aber schon gern gewusst, wann und wo ich etwas über das Ergebnis der Prüfungen erfahren kann.

Trotzdem ist dieser Antrag natürlich ein Schritt in die richtige Richtung, und wir hoffen alle, dass sich im Sinne der betroffenen Menschen etwas ändert. Für Menschen mit Behinderungen, so schreiben Sie, ist der selbstständige Umgang mit ihrem Geld ein Zeichen von umfassender gesellschaftlicher Teilhabe. Das finde ich auch! Diese Teilhabe darf nicht daran scheitern, dass man anderen Menschen seine Geldkarte samt Geheimzahl aushändigen muss, nur um an sein Geld zu kommen. Geldautomaten sollten schon in naher Zukunft barrierefrei erreichbar und einfach zu bedienen sein.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Das gehört für mich zur Teilhabe und Selbstbestimmung eines jeden Menschen dazu. – Danke!

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Erlanson.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, der Titel hört sich möglicherweise ein bisschen nach einem überflüssigen Antrag an. „Barrierefreie Geldautomaten“ klingt zunächst etwas komisch. Wenn man sich dann aber die Realität ansieht – in den Vorbereitungen habe ich mir in der Umgebung in der Neustadt, wo ich wohne, einmal verschiedene Banken und Sparkassen angesehen –, muss man sagen, das größte Problem, was wir haben werden, ist die unsägliche, ich weiß gar nicht, wie ich es sagen soll, teilweise Dummheit oder Selbstvergessenheit dieser Automatenhersteller.

Wenn man sich so einen Geldautomaten vorstellt – und jetzt nehmen wir eine Behinderung, mit der man noch relativ einfach am Alltag teilhaben kann – und jemand mit dem Rollstuhl dahin kommt, dann hat er tatsächlich ein Problem. Erst einmal fährt er mit seinen Füßen und den Klappen vom Rollstuhl gegen eine Wand. Er kommt nicht nahe genug heran, das ist das Erste. Dann, das hat Frau Schmidtke auch richtig gesagt, sind die Tastaturen meistens sehr hoch. Er kommt nicht an die Tastatur. Dann hatten die Geldinstitute noch die durchaus sinnvolle Idee, dass sie um den Ziffernblock jetzt so einen kleinen Kasten herum bauen, damit niemand von der Seite schauen kann. Wenn Sie dann zu weit weg sind, das Display insgesamt zu hoch ist, und dann haben Sie noch den kleinen Kasten davor, da können Sie aufgeben, dann können Sie ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

diesen Geldautomaten einfach nicht bedienen. Da sage ich einmal, das ist ein Stück weit eine Unachtsamkeit dieser Hersteller.

Ich glaube, Aufgabe eines Parlaments oder von uns Parlamentariern ist in der Tat, für so etwas zu sensibilisieren und darauf hinzuweisen, dass es so einfach gar nicht geht. Wenn man ein bisschen nachdenken würde, wäre es wahrscheinlich zumindest jetzt für einen Menschen mit Rollstuhl oder Rollator noch relativ einfach, Bedingungen zu schaffen, dass man an den Automaten herankommt. Wenn es um Sehbehinderungen und so weiter geht, dann gibt es da auch noch technische Möglichkeiten, das ist klar, aber die sind natürlich wesentlich teurer, und das wird wesentlich schwieriger werden.

Was ich damit sagen will, ist, dass es nicht einfach so ein Thema ist. Ich finde es gut, und wir als LINKE werden diesen Antrag so unterstützen, auch ausdrücklich mit dem Prüfauftrag. Wie auch bei dem Girokonto für alle besteht das Problem, dass die Sparkasse in Bremen privatisiert ist, das heißt also, darauf hat der Senat im Grunde genommen keinen Einfluss. Der einzige Einfluss, den er nehmen könnte, wäre der auf die Sparkasse in Bremerhaven. Die Sparkasse in Bremerhaven ist aber, soweit ich das weiß, auch gerade in Fusionsverhandlungen. Vielleicht könnte man da einhaken, aber es gibt jedenfalls auch diese letzte Möglichkeit nicht so einfach.

Daher finde ich es richtig zu sagen, dass man erst einmal prüfen muss, was man machen kann und ob es Möglichkeiten gibt, die Geldinstitute tatsächlich zu zwingen, oder ob es einfach nur unsere Aufgabe bleibt, immer wieder darauf hinzuweisen und diese Unaufmerksam-keit der Automatenhersteller dadurch ein bisschen zu korrigieren. – Danke!

(Beifall bei der LINKEN, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort Frau Senatorin Stahmann.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Den Antrag nehmen wir gern als Arbeitsauftrag mit. Wir haben als Sozialressort bereits eine Abfrage bei den Ressorts gestartet, die mit diesem Thema zu tun haben, und auch schon einige Anregungen sammeln können. Aus Bremerhaven haben uns auch schon Informationen erreicht, die sagen, mit den bestehenden DIN-Vorschriften sind barrierefreie Geldautomaten auch schon heute möglich. Wir wollen gern den Gesprächsfaden aufnehmen und zur Zielvereinbarung wie in Rheinland-Pfalz kommen, weil die Teilhabe von Menschen mit Beeinträchtigungen am Leben aus unserer Sicht ein ganz wichtiger, zentraler Punkt ist. Wir nehmen das auch gern in die Beratungsrunden zur Umsetzung der UNBehindertenrechtskonvention mit hinein.

Ich haben mich eben gefragt, mein Staatsrat hat immer Geld in der Tasche, wie er das eigentlich macht. Das muss ich ihn noch einmal fragen, wie er die Geldautomaten bedient. Es gibt manche, die niedrig sind, aber ich weiß, dass Sehbehinderte große Probleme haben. Wir haben hier jetzt schon einige neuere Geräte – hier in der Sparkasse am Markt – mit Blindenschrift stehen. Das ist aber sicherlich noch einmal eine Herausforderung auch an diejenigen, die die Geldautomaten aufstellen, solche Geräte technisch sicher zu machen, aber auch gut erreichbar für diejenigen mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen.

Ich denke aber, das ist ein sehr guter Auftrag, den wir hier als Senat bekommen, den wir gern umsetzen. – Danke schön!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 18/526 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu.

(Einstimmig)

Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention auch für psychisch Kranke

Mitteilung des Senats vom 17. Juli 2012 (Drucksache 18/528)

Dazu als Vertreter des Senats Staatsrat Dr. Schuster.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Kappert-Gonther.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Im April dieses Jahres, Sie erinnern sich, haben wir in diesem Haus den Antrag der Koalition einstimmig verabschiedet, der den Senat aufgefordert hat, das bestehende Psychisch-KrankenGesetz auf die Kompatibilität mit den UN-Behindertenrechtskonventionen und die einschlägigen Urteile des Bundesverfassungsgerichts zu überprüfen und gegebenenfalls zu novellieren. Das ist deshalb wichtig, weil wir die Patientenrechte einhalten und Rechts

sicherheit für die Behandelnden sicherstellen wollen und müssen.

Wir hatten eine breiten Beteiligungsprozess mit Psychiatrieerfahrenen, Angehörigen und professionellen Experten für diesen Prozess der Überprüfung und Novellierung angeregt. Die Gesundheitssenatorin lud dann am 11. Mai 2012 zu einem Fachtag zu diesem Thema ein. Die mit einem ganz breiten und hohen Kenntnisstand geführte Diskussion war zum Teil auch, wie es bei einem so komplizierten Thema natürlich nicht anders geht, kontrovers, aber an einigen Punkten waren sich alle Beteiligten einig, nämlich dass dieses Bremische PsychKG novelliert werden muss. Mit der Überarbeitung wurde jetzt bereits begonnen, und der Senat teilt uns mit, dass der Bremischen Bürgerschaft bis Jahresende der neue Gesetzentwurf vorgelegt werden wird. Das ist erst einmal sehr gut so!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD – Präsident W e b e r über- nimmt wieder den Vorsitz.)

Einigkeit bestand auf dem Fachtag auch an dem Punkt, dass eine breitere Beteiligung von Psychiatrieerfahrenen und Angehörigen die psychiatrische Versorgung verbessern wird. So soll in das novellierte Gesetz der Passus aufgenommen werden, dass für die wichtige Institution der Besuchskommission – das ist eine Einrichtung, die alle Bundesländer haben und deren Aufgabe es ist, in psychiatrischen Institutionen zu überprüfen, ob die Rechte der Patientinnen und Patienten auch eingehalten werden – in Bremen zukünftig festgeschrieben wird, dass Psychiatrieerfahrene und Angehörige daran beteiligt sein müssen. Im Moment ist es schon gute bremische Tradition, dies so zu machen, aber hier soll es nun gesetzlich festgelegt werden, und das ist richtig und auch im Ländervergleich zukunftsweisend.

Richtig ist auch die Ankündigung, dass der Gesetzentwurf sowohl dem Landesbehindertenbeauftragten, Herrn Dr. Steinbrück, als auch dem temporären Arbeitskreis zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention vorgelegt werden soll. Mir scheint vor allem folgender Gedanke entscheidend zu sein: Zwangsmaßnahmen können nie eine gute Lösung sein. Auch ein PsychKG kann nie vollständig befriedigend sein, und ich kann mir kein Gesetz vorstellen – wie gut es auch sein wird –, das dann alle zufriedenstellen kann.

Es ist eine gesellschaftliche Realität, dass psychische Krankheiten zunehmen. Entscheidend wäre es, Situationen zu verhindern und vorzubeugen, die in psychiatrischen Zwangsmaßnahmen enden könnten. Dies wird nie zu 100 Prozent gelingen, aber jede deeskalierende Situation ist schon ein Gewinn. Dafür muss das psychiatrische Versorgungssystem weiter verbessert werden. Bremen war schon in den Achtzigerjahren Vorreiter in der ersten großen Psychiatriereform, denken wir an die Auflösung der Lang

zeiteinrichtung Kloster Blankenburg, das ist eine gute Sache gewesen.

Meiner Meinung nach brauchen wir für Bremen eine Psychiatriereform 2.0. Wir brauchen noch bessere, passgenauere, quartiersbezogene und individuell auf die Einzelnen abgestimmte Hilfsangebote. Wir brauchen in den Stadtteilen niederschwelligere Angebote, an die sich Menschen in seelischer Not wenden können. Wir brauchen mehr Angebote für Kriseninterventionen, die auch einmal zu Hause durchgeführt werden können. Wir brauchen mehr Vernetzung zwischen ambulanten und stationären Angeboten bis hin zu personeller Kontinuität, denn Gewalt entsteht meistens als Reaktion auf Angst. Schaffen wir ambulant und stationär eine Atmosphäre, die Schutz vermittelt, statt Angst zu schüren, dann werden auch Zwangsmaßnahmen zurückgehen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Die Beschäftigung von sogenannten Experten aus Erfahrung kann hier eine sehr gute Ergänzung zum professionellen Hilfesystem sein. Die Bremerhavener machen es uns bereits vor. Dort gehören psychiatrieerfahrene Menschen, die eine Fortbildung zum Genesungsbegleiter gemacht haben, zu den Betreuungsteams auf den psychiatrischen Stationen. Diese sinnvolle Erweiterung unserer ambulanten und stationären Teams wünschen wir Grünen uns auch für Bremen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Sie sich auch, das freut mich!

Abschließend! Es ist gut, dass das Bremische Psychisch-Kranken-Gesetz verbessert wird. Das eigentliche Ziel liegt aber in der Prävention von seelischen Krisen und in guten, niederschwelligen, personenzentrierten Hilfsangeboten, bevor es zu schweren Ausnahmesituationen kommt, so oft dies möglich ist. Auch diesen Prozess einer Verbesserung der Präventions- und Behandlungsangebote müssen und werden wir politisch begleiten. – Ich danke Ihnen!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Bensch.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention auch für psychisch Kranke geht es um den Spagat zwischen Menschenrechten und Patientenrechten einerseits und der ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Rechtssicherheit andererseits, das hat Frau Dr. Kappert-Gonther hervorragend dargestellt. Es wird Ende des Jahres eine notwendige Änderung kommen, es werden Änderungsvorschläge für das PsychKG vorgelegt, und wir werden dies konstruktiv begleiten.

Ich will mich an dieser Stelle vor allem für eine Passage bedanken, die Sie, Frau Dr. Kappert-Gonther, eben genannt haben. Egal was für ein Gesetz kommt und was wir darin reguliert wissen wollen, vor dem Hintergrund von Rechts- und Patientensicherheit werden wir eines nie erreichen: Ein PsychKG, das uns alle hundertprozentig zufriedenstellt und bei dem wir davon ausgehen können, dass es völlig unproblematisch bleiben wird. Ich danke Ihnen für diese Offenheit! Genauso offen werden wir uns dann Ende des Jahres einbringen, wenn es hier konkret zum Gesetzentwurf und zur Verabschiedung kommt. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!