Protocol of the Session on October 18, 2012

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das sehen auch die Verlagsverbände und auch alle Parteien im Deutschen Bundestag so. Dieses System ist bisher aber nicht gesetzlich verankert, sondern basiert auf freiwilligen Vereinbarungen der Verleger und der Grossisten. Aus deren Umsetzung hat sich jetzt der große Bauer-Verlag – das hat Frau Grotheer auch erklärt – verabschiedet. Er hat einen eigenen Pressevertrieb ausschließlich für die eigenen Produkte gegründet und lehnt zentrale Preisverhandlungen auf Verbandsebene ab. Er hat gegen die Grosso-Regelungen erfolgreich geklagt, unter anderem da seine hundertprozentige Tochterfirma nicht an die Vereinbarungen mit den Verbänden, in denen der BauerVerlag Mitglied ist, gebunden sei.

Nun hat die Bundesregierung in den letzten Tagen – unser Antrag ist ja, ehrlich gesagt, schon ein halbes Jahr in der Pipeline – ganz aktuell ein Gesetz zur Pressevielfalt vorgelegt. Wir freuen uns und begrüßen es, dass sie eine gesetzliche Regelung beim Presse-Grosso einführen will. Das entspricht unserer Forderung, dass große Verlage die Medienlandschaft nicht einseitig dominieren sollen. Allerdings ist die juristische Ausgestaltung gewagt, und wir hoffen sehr, dass in Deutschland und auch in der EU diese Regelung rechtlich Bestand hat.

Die Bundesregierung will mit ihrem Gesetz jetzt allerdings auch Pressefusionen erleichtern und ein neues Leistungsschutzrecht – darüber wurde viel diskutiert – für Presseverlage etablieren. Diese Aktivitäten sind aus unserer Sicht dann leider doch wieder eine ganz einseitige Hilfe für die großen Verlage. Für das neue Leistungsschutzrecht, das aus unserer Sicht vor allem handwerklich schlecht ist, weil es weder genau definiert, welche und wessen Leistungen geschützt werden, noch genauer sagt, wen es genau betreffen soll, hat sich vor allem und fast allein der Springer-Verlag intensiv engagiert und Lobbying betrieben. Das lehnen wir ganz entschieden ab.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Durch die Lockerung der Fusionskontrolle wird die Medienvielfalt eher nicht zunehmen. Es gibt schon eine ganze Reihe Regionen mit nur einer einzigen Lokalzeitung. Das Kartellamt und die Monopolkommission sehen dadurch auch die Pressevielfalt und den Pressewettbewerb in Deutschland eingeschränkt. In dieser Situation setzt die Bundesregierung die Aufgreifschwelle herauf, führt eine neue Bagatellklausel ein und will Sanierungsfusionen einfacher zulassen. Das alles dient am Ende wahrscheinlich nicht gerade der Pressevielfalt und hat auch leider keine nachvollziehbare Datengrundlage. Um wirklich zu Neuregelungen zu kommen, die wirklich Journalistinnen und Journalisten und der Meinungsvielfalt dienen, braucht es eine zeitgemäße und ausführliche Medienstatistik als nachvollziehbare Datengrundlage und nicht bloß Schätzungen und Gesetzesentwürfe, die vom Hörensagen über „dieses Internet“ mit dem Springer-Verlag ausgetüftelt werden. Es bleibt also genug zu streiten und vor allem genug zu tun in Sachen Pressevielfalt, Qualitätsjournalismus und Medienreform.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Beim Thema Presse-Grosso sind wir uns trotzdem mit der Bundesregierung und allen Parteien im Bundestag, wie gesagt, und übrigens neben fast allen anderen Verlagen auch mit jenem Springer-Verlag einig. Deshalb bitten wir Sie um Zustimmung zu unserem Antrag, zu dem dann nicht zuletzt auch gehört, dass die Länder für die Umsetzbarkeit und die Umsetzung des Presse-Grosso-Systems sorgen müssen. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Motschmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die CDU-Fraktion stimmt dem Antrag der Koalition zu. Er hätte auch von uns kommen können. Wir hätten ihn auch mit unterzeichnet, aber wir sind alle nicht auf die Idee gekommen, das vorher zu verabreden. Es gibt Anträge in Niedersachsen – das ist hier gesagt worden –, wo die CDU federführend ist. Die Niedersachsen haben natürlich auch ein besonderes Problem, weil sie ein ländliches Bundesland sind. Es geht im Grunde um die kleinen Verlage und um die Versorgung im ländlichen Raum, in der Stadt ist das immer noch eher gegeben.

Schon am 6. Februar dieses Jahres hat der medienpolitische Expertenkreis der CDU Deutschlands – ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

ich bitte um Nachsicht – dies so klar zum Ausdruck gebracht, dass ich es eigentlich nicht besser zum Ausdruck bringen kann, deshalb zitiere ich diesen kurzen Beschluss: „Der medienpolitische Expertenkreis der CDU Deutschlands will auch weiterhin, dass Zeitungen und Zeitschriften über neutrale Vertriebsplattformen an allen Verkaufsstellen in Stadt und Land für die Menschen verfügbar bleiben. Das PresseGrosso hat sich über Jahrzehnte bewährt. Der medienpolitische Expertenkreis der CDU Deutschlands fordert deshalb alle Beteiligten auf, auch in Zukunft für eine Gleichbehandlung der Verlage zu sorgen und den freien Zugang zu Printprodukten überall in Deutschland sicherzustellen, gegebenenfalls durch gesetzliche Regelung. Nur dadurch ist gewährleistet, dass man an der Ladentheke nicht nur die Publikationen weniger großer Verlagshäuser, sondern auch die Erzeugnisse kleinerer Verlage sowie neue Titel kaufen kann. Auch europäische Regelungen sollen diesem kultur- und medienpolitischen Ziel dienen.“

Damit ist ganz klar, dass es hier eine Einigkeit aller Fraktionen im Bundestag, aber auch hier im Landtag gibt. Darüber können wir uns nur freuen, weil wir genug strittige Themen haben. Hier handelt es sich um ein Konsensthema, insofern volle Zustimmung der CDU-Fraktion! Ich hoffe, dass das dann auch Wirkung zeigt und die Initiative des Bauer-Verlags nicht am Ende dann doch dazu führt, dass die kleinen Verlage untergepflügt werden, das kann nicht in unserem Interesse sein. Darum vielen Dank für den Antrag! – Danke!

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Pressefreiheit in der Bundesrepublik Deutschland oder insgesamt ist nicht nur eine Frage der Meinungsvielfalt, sondern auch die Frage, ob man eigentlich die Informationen bekommt, die man haben will, oder ob es eine Möglichkeit gibt, wenn man Informationen verbreiten will, dies auch zu tun. Das ist sozusagen noch nicht die Meinungsvielfalt.

Wenn ich mir heute die Auslagen in Kaufhäusern oder Zeitungskiosken anschaue, dann habe ich den Eindruck, dass Realität und Anspruch immer weiter auseinanderklaffen. Die seelische Befindlichkeit von Spitzensportlern, Familienangelegenheiten von Adelshäusern und Schauspielern und ähnliche Dinge stehen deutlich im Mittelpunkt der Dinge, die die Menschen in unserem Land bewegen beziehungsweise bewegen sollen. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Das kann man jetzt durch den Antrag, den wir heute diskutieren, nicht auf einen Schlag ändern, aber wir können vielleicht helfen, wenn man eine kleine Zeitung hat, die sich nicht mit viel Buntem ausstattet, sondern einfach sachliche Informationen verbreiten will, wenn man ein kleiner Verlag ist, wenn man Nischen bedienen will, dass das in Zukunft auch noch möglich ist. Dazu können wir heute einen Beitrag leisten. Als ich den Begriff Presse-Grosso zum ersten Mal gehört habe, hatte ich spontan die Anmutung einer italienischen Kaffeemaschine, bis ich mich schlau gemacht hatte, was das eigentlich ist. Dann ist mir klar geworden, dass es eine sehr vernünftige Einrichtung ist.

Da haben sich Verlage und Einzelhändler verabredet, dass es so etwas wie Grossisten gibt, und diese Verabredung besagt, alles, was gedruckt wird, wird auch verteilt, und jeder, der etwas haben will, bekommt es auch, und zwar das, was er haben will, es gibt sozusagen keine Ausgrenzung. Auf diese Weise können kleine Verlage Dinge an den Einzelhandel bringen, was sonst nicht möglich wäre. Ich finde im Rahmen dieser Konstruktion auch das Rücknahmerecht interessant, das heißt, wenn ein Einzelhandel bestimmte Dinge nicht verkaufen kann, dann wird es über diese Grossisten, die Vermittler, wieder in die Verlage zurückgeführt. Das, finde ich, ist insgesamt in der Tat eine ausgesprochen gute Absprache.

Offensichtlich nutzt der Bauer-Verlag die Schwäche aus, dass es nur eine Absprache ist und zum großen Teil auf freiwilligen Vereinbarungen beruht, um dagegen zu klagen und zu versuchen, es kartellrechtlich anzugehen. Ich finde, das Vorhaben ist an sich ein Skandal. Der Bauer-Verlag untergräbt damit in der Tat die Pressefreiheit, weil ich relativ sicher bin, dass er dann einen Vertriebsweg aufbauen will, auf dem nur noch seine Produkte vertrieben werden und andere hinten herunterfallen. Das geht einfach nicht.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Deswegen unterstützen wir diesen Antrag für eine gesetzliche Regelung. Dieses Verfahren der gleichberechtigten Verteilung und des gleichberechtigten Beziehens von Druckschriften von wem auch immer muss gesetzlich geschützt werden, wenn es auf der anderen Seite von solchen Verlagen wie dem BauerVerlag angegriffen wird. Daher ist es eine gute Initiative. – Vielen Dank!

(Beifall bei der LINKEN, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Staatsrat Dr. Heseler.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Senat begrüßt diesen Antrag. Die Pressevielfalt ist ein hohes Gut, und

das Presse-Grosso trägt dem Rechnung. Deswegen ist es sinnvoll, gesetzliche Regelungen zu finden, die allen Verlagen und Presseerzeugnissen den Weg auf den Markt eröffnen. Ich möchte anfügen, dass die dort angesprochene Schlichtungsstelle zwischen Verlegern und Grossisten möglicherweise auch sehr sinnvoll ist, aber da müssen wir auf jeden Fall darauf achten, dass es eine bundeseinheitliche Regelung gibt. Soweit aus meiner Sicht die Anmerkungen dazu! – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag der Fraktion der SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 18/488 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu.

(Einstimmig)

Ich möchte Ihnen mitteilen, dass der Tagesordnungspunkt 24, der die berufliche Bildung betrifft, ausgesetzt wird.

Ich unterbreche die Sitzung der Bürgerschaft (Land- tag) bis 14.30 Uhr.

(Unterbrechung der Sitzung um 12.35 Uhr)

Vizepräsidentin Schön eröffnet die Sitzung wieder um 14.30 Uhr.

Die unterbrochene Sitzung der Bürgerschaft (Landtag) ist wieder eröffnet.

Wir setzen die Tagesordnung fort.

Soziale Aspekte der Wohnungsbaupolitik in Bremen

Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE vom 29. Juni 2012 (Drucksache 18/482)

D a z u

Mitteilung des Senats vom 28. August 2012 (Drucksache 18/552)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Staatsrat Golasowski. Gemäß Paragraf 29 unserer Geschäftsordnung hat der Senat die Möglichkeit, die Antwort auf die Große Anfrage in der Bürgerschaft mündlich zu wiederholen. Ich gehe davon aus, Herr Staatsrat, dass Sie die Antwort nicht mündlich wiederholen möchten. Auf die Antwort des Senats folgt eine Aussprache, wenn Mitglieder der Bürgerschaft in Fraktionsstärke dies verlangen. Ich frage, ob in eine Aussprache eingetreten werden soll. – Das ist der Fall. Die Aussprache ist eröffnet. Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Bernhard.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir diskutieren es hier nicht zum ersten Mal, es geht um den sozialen Wohnraum in Bremen. Wie wir wissen, ist bezahlbarer Wohnraum inzwischen nicht nur für Menschen mit Zugangsschwierigkeiten wie Ältere, Alleinerziehende, Studenten, Hartz-IV-Empfängerinnen und -Empfänger knapp geworden, sondern auch zusätzlich für Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen. Der gegenwärtige Bedarf übersteigt bei Weitem das Angebot. Aufgrund steigender Mieten und der demografischen Entwicklung ist davon auszugehen, dass dieser Bedarf weiter zunehmen wird. In einer aktuellen Studie des privaten Pestel-Instituts verliert Bremen jährlich 1 160 Sozialwohnungen. Was sind die Folgen? Die Menschen werden an den Rand gedrängt, die Spaltung in arme und reiche Quartiere nimmt zu, und die Menschen sind gezwungen, in unzumutbaren Wohnverhältnissen auszuharren, was wiederum vielfältige andere soziale Probleme nach sich zieht. Hier geht es an die Substanz, wenn die Miete wirklich schon die Hälfte des Einkommens verschlingt. Solche Zustände widersprechen dem Menschenrecht auf Wohnen, was in der bremischen Verfassung festgeschrieben ist. Es ist übrigens toll mit der bremischen Verfassung, das muss man sagen. Wenn man sich einmal anschaut, was alles darin festgeschrieben ist, dann ist das eine der besten Landesverfassungen, die wir haben.

(Beifall bei der LINKEN – Abg. S t r o h - m a n n [CDU]: In Bremen! In Bremen ha- ben!)

Der massive Rückgang von sozialem Wohnraum ist aber nicht als Naturereignis über die Stadt gekom––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

men. Es gibt eine Menge auslaufende Mietpreisbindungen, und es gibt selbstverständlich auch die Entwicklung einer zunehmenden Privatisierung. Der Ausverkauf der Wohnungsbauwirtschaft liegt definitiv höher. Wir haben in diesem Zusammenhang diese Große Anfrage gestellt, und wir haben eine Fülle an Zahlen bekommen. Ich möchte mich an der Stelle wirklich besonders bedanken, weil es durchaus aufschlussreich ist, was der Senat hier zur Verfügung gestellt hat. Ich möchte trotzdem, auch wenn es wirklich viele sind, ein paar Zahlen in dem Zusammenhang noch einmal benennen.