Protocol of the Session on October 18, 2012

Meine Damen und Herren, inhaltlich sind wir ganz nah bei Ihnen, aber vom Weg her sagen wir, wir müssen nicht noch zusätzlich kontrollieren, sondern wir haben da wirklich Experten – auch politische Experten – auf EU-Ebene. Wenn so etwas wieder einmal passieren sollte und die bisherigen Nachjustierungen nicht ausreichen sollten, dann wären wir gern bereit, vielleicht auch hier in der Bürgerschaft Ihre Initiative zu unterstützen. Diese ist aber jetzt nicht mehr so aktuell, dass man deswegen einen Antrag in Richtung Berlin schicken muss. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Erlanson.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Auch DIE LINKE ist der Meinung, dabei fängt es an, die Schadhaftigkeit, die Möglichkeit der Schadhaftigkeit und des Nichtfunktionierens von Medizinprodukten muss von vornherein ausgeschlossen werden, das ist der entscheidende Punkt.

Herr Bensch hat gerade gesagt, was eigentlich die Lobby der Medizinproduktehersteller die ganze Zeit von sich gibt.

(Beifall bei der LINKEN und beim Bünd- nis 90/Die Grünen)

Sie sagt im Grunde genommen, sie will nur eine Überwachung haben. Ich glaube, es darf so eine ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Schieflage einfach nicht geben. Jedes, sage ich einmal, noch so schäbige, kleine Medikament, das zugelassen wird, hat einen riesigen Vorlauf in einem Zulassungssystem, in dem geprüft wird, wie verträglich es wirklich ist, zu welchen Nebenwirkungen es möglicherweise führen kann und so weiter. Erst dann wird es überhaupt zugelassen. Ich glaube, das gleiche Verfahren muss für Medizinprodukte her,

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

das müssen wir verlangen, weil sich einfach gezeigt hat – die Skandale wurden schon genannt –, dass Medizinprodukte durchaus einen großes Gefahrenpotenzial in sich bergen. Es ist eigentlich ganz klar, und es ist ein bisschen schade, dass die CDU hier wirklich diesen Lobbyisten auf den Leim geht. Wir müssen eine Medizinprodukthaftung einführen, alles andere wäre fahrlässig! – Danke!

(Beifall bei der LINKEN und beim Bünd- nis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Staatsrat Dr. Schuster.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe in der Debatte viel Einigkeit gesehen, möchte allerdings ausdrücklich betonen, dass wir hier auch einen sehr großen rechtlichen Handlungsbedarf sehen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Die Skandale haben in der Tat gezeigt – auch wenn der Brustimplantatskandal ein sehr extremes Beispiel war, bei dem eine Firma wissentlich in Kauf genommen hat, dass ihre Produkte schwerwiegende Gesundheitsgefährdungen beinhalten, das wird sicherlich kein gängiger Fall sein, das ist ein Extremfall –, dass Regulierungsnotwendigkeiten gegeben sind und man das nicht einfach Selbstverpflichtungen oder Ähnlichem überlassen darf, sondern es gibt dort entsprechenden Handlungsbedarf. Solche Praktiken müssen unterbunden werden, und es muss vor allen Dingen auch, das ist auch an dem Skandal deutlich geworden, sichergestellt werden, dass die Betroffenen danach nicht allein dastehen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wir hatten schon zu einer Anfrage im März dargelegt, dass Gott sei Dank in Bremen die Betroffenheit relativ begrenzt war, sowohl im Hinblick auf Frauen, die diese Brustimplantate damals hatten, als auch auf Firmen, die solche Medizinprodukte herstellen und auf den Markt bringen, weil solche Fir––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

men mit Ausnahme der Herstellung von Zahnimplantaten hier einfach nicht angesiedelt sind. Es ist auch richtigerweise gesagt worden, dass der wesentliche Gesetzgeber in diesem Zusammenhang die Europäische Union ist mit ihren Richtlinien, die sie dort vorgibt, und die Bundesregierung soll dann natürlich die Umsetzung entsprechend machen.

Demzufolge sind wir auch nicht der Auffassung, dass wir jetzt einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen müssen, aber da ist der Antrag im Grundsatz aus unserer Sicht völlig richtig. Auch die Punkte, die darin angesprochen werden, sind im Wesentlichen die, die in einer solchen gesetzlichen Veränderung erarbeitet werden müssen, auch wenn es da im Detail noch manche Diskussion gibt. Wenn man sich genauer mit der Materie befasst, ist dies manchmal sehr komplex und kompliziert, aber das zielt genau in die richtige Richtung, deswegen werden wir uns auch in die Diskussion im Bund und in Europa in dieser Hinsicht einbringen.

Die Europäische Kommission hat jüngst zwei Verordnungsvorschläge vorgelegt, die jetzt in der Beratung sind. Wir werden im Sinne des Antrags aktiv werden, damit es eben wirklich sichergestellt ist, dass Medizinprodukte hinreichend getestet werden, sodass man, soweit man das im Voraus sagen kann, sicher sein kann, dass sie keinen Schaden anrichten, dass entsprechende Haftungsrechte so verändert werden und die Betroffenen, falls es doch misslingt, geschützt werden. Da haben wir Verbesserungsbedarf, und den müssen wir in den nächsten Monaten auch gesetzgeberisch umsetzen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD mit der Drucksachen-Nummer 18/478 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE und Abg. T i m k e [BIW])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen CDU)

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu.

Pressevielfalt erhalten

Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/ Die Grünen vom 3. Juli 2012 (Drucksache 18/488)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Senator Günthner.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Grotheer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Medien haben in unserer Gesellschaft eine unverzichtbare Rolle: Meinungsbildung, Aufklärung, Unterhaltung und Beitrag zur politischen Willensbildung! Immer wieder diskutieren wir hier die Frage, wie wir in Bremen die Voraussetzung dafür schaffen können, dass alle an Medien teilhaben und Erkenntnisse aus Medien gewinnen können. Noch im Jahr 2008 hieß es im Medien- und Kommunikationsbericht der Bundesregierung: „Zeitungen und Zeitschriften können ihre wichtige gesellschaftliche und politische Funktion nur dann erfüllen, wenn ihnen funktionierende, das heißt, flächendeckende und nicht diskriminierende Vertriebsstrukturen zur Verfügung stehen. Ganz überwiegend verlagsunabhängig ausgestaltet garantiert das Presse-Grosso die Presse- und Meinungsfreiheit ‚an der Ladentheke’!“

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Genau darum geht es hier heute. Die Printmedien nehmen in Deutschland bei der Verbreitung von Meinungen und vor allen Dingen bei der Verbreitung von Informationen eine führende Rolle ein, vor allem natürlich die Tageszeitungen. Der ökonomische Druck aber nimmt zu. Die Erlöse aus Anzeigen, Verkäufen und Abonnements sinken stetig. Die Auflagenzahlen gehen beinahe überall konstant zurück. Dies hat zur Folge, dass in immer mehr Regionen Deutschlands, inzwischen 60 Prozent, nur noch eine einzige Tageszeitung vorhanden ist, die dann eine Monopolstellung in ihrer Region innehat. In Bremen ist dies ebenfalls so.

Das bisherige System der Versorgung mit Zeitungen und Zeitschriften basiert größtenteils auf freiwilligen Vereinbarungen. Dies hat sichergestellt, dass alle Verkaufsstellen gleichwertig mit der größten deutschen Tageszeitung, anderen überregionalen Zeitungen, aber auch mit Neuerscheinungen und Nischenblättern sowie mit für nur eingeschränkte Bevölkerungsteile interessanten Hobbyzeitschriften versorgt werden, egal ob in Berlin oder auf den Nordseeinseln. Ein Verlag möchte nun aus diesem System aussteigen und hat dagegen erfolgreich geklagt. Würde dieses Beispiel Schule machen, könnten Groß

verlage ihre Marktmacht nutzen und eigene Vertriebssysteme aufbauen, mit denen kleine Verlage oder einzelne Zeitungen natürlich nicht konkurrieren können. Das lehnen wir ab.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Eine gesetzliche Klarstellung an dieser Stelle ist also notwendig. Entsprechende Vorschläge liegen vor, werden jedoch bislang – und es gibt wohl erste Signale, dass sie sich bewegt – von der schwarz-gelben Mehrheit im Bundestag blockiert. In Niedersachsen beispielsweise liegt ein Antrag vor, der von der CDU, FDP, Bündnis 90/Die Grünen und SPD getragen wird. Der Bundesverband Presse-Grosso, eine dieser Organisationen, die die Zeitungen und Zeitschriften verteilen, hält eine gesetzliche Absicherung des heutigen Grosso-Systems auch für unbedingt erforderlich. Danach sollen Presse-Grossisten zum neutralen Vertrieb aller ihnen von Presseverlagen angebotenen Zeitungen und Zeitschriften verpflichtet werden.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Auch wenn viele allein den elektronischen Medien die Zukunft voraussagen, müssen wir doch beachten, dass wir an diesem Punkt noch nicht angelangt sind. Auch wenn ich bei vielen von Ihnen auf den Tischen schon die entsprechenden Medien sehe und manchmal zumindest auch in der Pause beobachten kann, dass Sie in das eine oder andere vorhandene elektronische Medium schauen, stellen wir doch fest, dass jedenfalls ein Großteil der Bevölkerung so noch nicht ausgestattet sind und deswegen der traditionelle Weg mit seiner international kaum erreichten Vielfalt gesichert werden muss. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Werner.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die 68 Presse-Grossisten in Deutschland sichern die Überallerhältlichkeit – ein schönes Wort, das ich in diesen Tagen gelernt habe – und die Vielfalt des Presseangebots in Deutschland. Das ist sozusagen die analoge Form der Netzneutralität im Medienbereich, die uns sehr wichtig ist.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das Bundesverfassungsgericht hat die Tätigkeit der Presse-Grossisten schon im Jahr 1988 gemeinsam mit der Preisbindung für Presseerzeugnisse zu einem

wesentlichen und schützenswerten Baustein der Pressefreiheit nach Artikel 5 des Grundgesetzes erklärt. Dadurch dass die Grossisten Presseprodukte zentral bei allen großen und allen kleinen Verlagen einkaufen und gleichberechtigt an ihre 120 000 Verkaufsstellen vertreiben – Frau Grotheer hat dies gerade beschrieben –, haben auch kleine, nicht so finanzstarke und vielleicht auch in der Zielgruppe minderheitenorientierte Presseunternehmen für ihre Produkte die Sicherheit, dass sie überall angeboten werden. Zeitungsleser haben auch an allen Verkaufsstellen im ländlichen Raum, in kleinen Kiosken, Tankstellen und Supermärkten die Chance, alle Presseerzeugnisse zu erhalten. Dieses System hat sich bewährt, und wir finden es erhaltenswert im Interesse der Meinungsvielfalt, der Qualität der Presse und vor allem auch ihrer Zugänglichkeit.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)