Im Übrigen war die Grundsatzentscheidung des BAG im Jahr 1977 zu einer Zeit – da gab es im Jahr 1968 158 Tarifverträge und im Jahr 1973 bereits 479 Ta
rifverträge, die allgemein verbindlich waren, also durchaus eine Situation, in der wir Hochkonjunktur und Vollbeschäftigung hatten –, in der man gewollt und bewusst noch eingreifen konnte. Konkret schlagen wir vor, dass Quorum von 50 Prozent zu streichen und durch das Kriterium der Repräsentativität nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz zu ersetzen. Die Zeit erlaubt es jetzt nicht, im Detail darauf einzugehen. Wir schlagen vor, die Vetoposition der Arbeitgeberverbände im Tarifausschuss abzuschaffen. Wir schlagen vor, im Tarifausschuss diejenigen Tarifvertragsparteien zu beteiligen, die in Branchen Tarifverträge abschließen, komplette Entgelttabellen mit einzubeziehen und in den Geltungsbereich von Allgemeinverbindlichkeit alle Unternehmen einer Branche einzubeziehen.
Darüber hinaus wollen wir, dass das Arbeitnehmerentsendegesetz auch auf andere Branchen als den im Gesetz genannten ausgedehnt wird und die Möglichkeit besteht, reguläre Tarifverträge für allgemein verbindlich zu erklären. Wir brauchen Änderungen in diese Richtung, und wir wollen, dass Bremen sich konkret in diese Debatte konstruktiv einmischt. Das ist der Hintergrund und Sinn unseres Antrags.
Der Antrag der CDU geht in eine ähnliche Richtung. Ich freue mich darüber, denn das, was Sie von der Bremer CDU fordern, unterscheidet sich deutlich von dem, was die Bundesebene dazu sagt, das wurde zuletzt sehr deutlich in der Debatte im Januar von Ihren Kollegen Herrn Lange und Frau Connemann im Bundestag geäußert. Uns gehen Ihre Vorstellungen in der Tat nicht weit genug. Wir wollen auch keine zu behutsame Veränderung der Allgemeinverbindlichkeitserklärung, sondern eine deutliche. Wir bitten daher um Zustimmung zu unserem Antrag und um Ablehnung des Antrags der CDU! – Herzlichen Dank!
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Trend zu Niedriglöhnen und die Erosion des Tarifvertragssystems müssen gestoppt werden. Das Tarifsystem muss insgesamt stabilisiert und die Tarifbindung erhöht werden. Es reicht eben aus unserer Sicht nicht, wenn Politik ausschließlich auf die ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Tarifpartner und Tarifautonomie verweist. Natürlich ist es wünschenswert, dass die Tarifpartner autonom für gute Löhne und Arbeitsbedingungen sorgen. Fakt ist aber, und das ist das Problem, hinter diesen Anträgen steht, dass sie in einigen Branchen und Bereichen nicht mehr ausreichende Verhandlungsmacht haben.
Die Tarifbindung nimmt weiter stetig, wie ich finde, bedrohlich ab, weil immer mehr Arbeitgeber die Arbeitgeberverbände verlassen oder in sogenannte OT-Mitgliedschaften, also Mitgliedschaften ohne Tarifbindung, flüchten und damit die Allgemeinverbindlichkeit und die Garantie für gute und faire Löhne verhindern. Das Tarifsystem muss stabilisiert und seine Funktionsfähigkeit abgesichert werden, indem die Politik in diesem Fall regelnd eingreift. Herr Reinken hat darauf hingewiesen, dass wir die Unabhängigkeit der Tarifparteien in diesem Fall nicht behindern wollen, sondern wir wollen hier nur Voraussetzungen schaffen, dass die Arbeitnehmerinnen zu besseren Bedingungen kommen. Es bedarf aus Sicht der grünen Fraktion einer bewussten politischen Stützung, um ein Abrutschen der Löhne und eine weitere Verschlechterung der Arbeitsbedingungen zu verhindern.
Dabei kommt der Reform der Allgemeinverbindlichkeit nach dem Tarifvertragsgesetz und des Arbeitnehmerentsendegesetzes aus unserer Sicht eine wichtige Rolle zu. Arbeit muss sich lohnen, das war ein lange hochgehaltener Slogan der Bundesregierung aus CDU und FDP. Dieser zentrale Leitsatz der Bundesregierung bestimmte lange die Sozialstaatsdiskussion der vergangenen Monate. Die Forderung ist richtig und wichtig. Falsch ist aus unserer Sicht nur die daraus gezogene Schlussfolgerung. Nicht durch Steuersenkungen wird sich Arbeit wieder lohnen, sondern durch verbindliche Lohnuntergrenzen. Neben der Stärkung des Tarifsystems bleiben auch für uns ein gesetzlicher Mindestlohn und ebenso Mindestlöhne nach Mindestarbeitsbedingungsgesetz für Branchen ohne funktionierende Tarifautonomie nach wie vor absolut notwendig und unabdingbar.
Im Juli haben wir in der Bürgerschaft für Bremen aus den genannten Gründen, wenn Sie so wollen, die Krücke eines Landesmindestlohngesetzes beschlossen. Das ist politisch richtig, das ist wichtig, und das ist eine Stärkung dieses Standortes. Es gelten nun für alle die ab dem 1. September neu ausgehandelten Leistungsverträge und freiwilligen Zuwendungen im öffentlichen Bereich unseres Bundeslandes. Die breite Diskussion vor der zweiten Lesung und der Zuspruch, der die Kritik aus unserer Sicht weit überboten hat, haben uns gezeigt, wie wichtig eine gesetzliche Lohnuntergrenze ist und wäre, denn den privatwirtschaftlichen Bereich erreichen wir bekanntermaßen damit nicht, sondern das würde nur ein Bundesge
setz tun. Gleichzeitig setzt sich Bremen in den Gremien des Bundesrats für eine bundeseinheitliche Regelung einer Lohnuntergrenze weiterhin vehement ein. (Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)
Neben der bundesweiten Mindestlohnforderung fordern wir den Senat nun in unserem Antrag auf, bei der Reform der Regelung der Allgemeinverbindlichkeitserklärung tätig zu werden. Die verschiedenen Unterpunkte sind schon genannt worden, die will ich an dieser Stelle nicht wiederholen. Der CDU-Antrag ist ein Schritt in die richtige Richtung, wir als grüne Fraktion halten – daraus will ich keinen Hehl machen – die Forderung nach einer vierzigprozentigen Quorumsabsenkung auch für richtig. Das ist seit Langem eine grüne Forderung, zu der wir auch stehen. Sie war und ist in diesem Antrag allerdings nicht wiederzufinden. Was den CDU-Antrag generell angeht, so ist er aus unserer Sicht zu zögerlich, und – ich bitte Herrn Kastendiek jetzt schon, das zu entschuldigen – aus unserer Sicht auch zu devot gegenüber den Forderungen des eigenen Bundesarbeitsministeriums.
Zum Schluss, meine Damen und Herren, bitten wie Sie um Zustimmung zu unserem Antrag und um Ablehnung des CDU-Antrags! – Danke!
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist von meinen beiden Vorrednern schon deutlich und ausführlich zum Ausdruck gebracht worden, wo die Problemstellung ist, die wir im Tarifgefüge, in der Lohnfindung und in der Definition, wie sich Löhne entwickeln, haben. Daher sind wir eigentlich wieder an einem Punkt der Diskussion, den wir schon im Juni hier im Haus hatten, als es im Kern darum ging, wie sich Löhne, Lohnuntergrenzen finden, das ist eigentlich Kern der Diskussion und Auseinandersetzung. Auch wir sehen – das haben wir in unserem Antrag hoffentlich deutlich gemacht, und ich nehme auch positiv zur Kenntnis, dass es so aufgenommen wird – Lohndumping, ein Lohnniveau, das sittenwidrig ist, mit dem Menschen, die 40 Stunden in der Woche arbeiten, nicht zurechtkommen, als nicht akzeptabel an, und hier müssen sich alle Beteiligten ihrer Verantwortung in Staat und Gesellschaft bewusst werden. Deswegen auch dieser eindeutige Hinweis von uns hier als Fraktion in der Bremischen Bürgerschaft!
Dennoch glauben wir und sind davon überzeugt, dass Ihre zugegebenermaßen weiter gehenden Punkte ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
in diesem Antrag letztendlich nichts anderes sind als der Einstieg, der Weg in die staatliche Lohnfindung, in die Schwächung der Tarifautonomie. Fakt ist, dass beide Tarifpartner, Arbeitgeber und Gewerkschaften, an Stärke, an Rückhalt in ihrem eigenen Lager verlieren. Das ist nicht nur eine Frage der Arbeitgeberverbände, sondern es ist auch eine Frage der Gewerkschaften. Daher, Herr Reinken, muss sich natürlich auch die Gewerkschaftsorganisation die Frage stellen, ob sie in den Augen ihrer Mitglieder überhaupt noch die entsprechenden Antworten auf die Zukunftsfragen unserer Gesellschaft im Bereich der Arbeitsmarktpolitik und der Beschäftigung findet. Das muss an dieser Stelle genauso deutlich gesagt werden wie auf der Seite der Arbeitgeber.
Daher ist es richtig, ja, unser Antrag geht nicht so weit wie Ihrer, weil wir mit Überzeugung die Verantwortung zur Findung von Löhnen originär und ausschließlich bei den Tarifpartnern sehen, diese ist von den Tarifpartnern wahrzunehmen, und aus dieser Verantwortung wollen wir sie nicht entlassen. Das ist unsere Kernüberzeugung, weil alles andere auf eine staatliche Lohnfindung hinauslaufen würde, und was das bedeutet, gerade in der Wettbewerbssituation, dürfen wir, weil es natürlich eine Abwägung, ein Spannungsbogen in diesem Bereich ist, nicht außer Acht lassen!
Es ist schon darauf hingewiesen worden, dieser Antrag hat seinen Kern in der Initiative der Bundestagsfraktion im Januar dieses Jahres. Sie hat keine Mehrheit im Deutschen Bundestag gefunden. Man recherchiert natürlich in der Vorbereitung und findet zahlreiche Beispiele in den Landtagsfraktionen. Das ist auch legitim, kein Thema, aber trotzdem, glaube ich, darf man seine Grundüberzeugungen und Grundziele an dieser Stelle nicht über Bord werfen. Wir bleiben bei unserer Position, dass wir natürlich eine Reform in diesem Bereich anstreben müssen, dass wir darauf hinweisen müssen, wo Fehlentwicklungen sind, und dass sich beide Bereiche letztendlich auch der Verantwortung nicht entziehen können.
Ich darf mir die Bemerkung erlauben – auch das kann man nachlesen –, dass auch Gewerkschaftsvertreter in den jeweiligen Ausschüssen einmal blockieren. Auch das haben wir schon zur Kenntnis nehmen dürfen – Herr Jägers nickt –, daher: Wenn Waffengleichheit, dann bitte auch für beide Seiten, wenn es soweit ist! Das gehört dann auch zur ausgewogenen Darstellung der Thematik, und, wie gesagt, es kommt natürlich der grundsätzlich unterschiedliche Ansatz zur Geltung. Wir bleiben bei unserem Ansatz. Die Lohnfindung muss sich natürlich im Wettbewerb, aber auch originär zwischen den Tarifpartnern widerspiegeln und wiederfinden, und hier dürfen wir nicht nachlassen. Auf diese Verantwortung, die diese beiden Partner auch gesellschaftspolitisch zugeordnet be
kommen haben, dürfen wir nicht verzichten, deswegen bleiben wir bei unserem Antrag und bitten um Zustimmung! – Herzlichen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Um es gleich vorwegzunehmen, dieser rot-grüne Antrag rennt bei uns offene Türen ein! Selbstverständlich haben wir auch ähnliche Forderungen, und weil Herr Kastendiek gerade die Recherche erwähnt hat, es entspricht in weiten Teilen einem Antrag, den DIE LINKE im Bundestag im Dezember 2011 auch gestellt hat. Ich möchte gar nicht im Einzelnen wiederholen, was meine Vorredner von Rot-Grün hier schon aufgezählt haben. Es ist vollkommen richtig, wir haben eine Phase der Deregulierung des Arbeitsmarkts hinter uns, die natürlich auch dazu beigetragen hat, dass nicht unbedingt die Gewerkschaften unterstützt wurden. Die Erosion bei den Gewerkschaften hat es letztendlich genauso gegeben wie auch die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt. Wir haben prekäre Beschäftigungsverhältnisse, Niedriglöhne, Leiharbeit et cetera, und bezüglich der Reallohnverluste ist Deutschland im europäischen Vergleich, ehrlich gesagt, ziemlich an der Spitze, was keine positive Entwicklung ist. Es ist richtig, auch die Gewerkschaften hatten am Anfang durchaus Probleme, gesetzliche Mindestlöhne mit aufzunehmen. Deswegen bin ich sehr froh, dass sich das inzwischen geändert hat. Wir können von vornherein sagen, all diese drei Punkte – und ich möchte einmal hinten beginnen, insbesondere deshalb, weil hier auch der gesetzliche Mindestlohn wieder mit verankert ist – sprechen uns das aus dem Herzen. Ich möchte aber natürlich auch nicht versäumen, wieder zu sagen, dass uns die 8,50 Euro nicht reichen, sondern dass es darüber hinausgehen muss, gerade wenn wir uns anschauen, wie es mit Armut, Altersarmut et cetera aussieht, was wir hier letztendlich alles auch schon diskutiert haben. Das ist ja der Zusammenhang. Die Allgemeinverbindlichkeitserklärung, die gelten soll und auch übergreifend gelten soll, was auch dezidiert von Herrn Reinken aufgeführt worden ist, kann man nur unterstützen. Insofern sind wir froh, dass dieser Antrag hier auch auf den Tisch gekommen ist. Wir können ihm hundertprozentig zustimmen. Zum CDU-Antrag möchte ich sagen: Es sind Splitterzugeständnisse, die finde ich zwar richtig, aber sie sind selbstverständlich nicht weitgehend genug. Das sehe ich ganz genauso wie Rot-Grün, und deswegen ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich will die Debatte nicht unnötig verlängern. Ich möchte nur auf der Basis der jetzt aus der Debatte hervorgegangenen Erkenntnisse – wir sehen gemeinsam, dass es Fehlentwicklungen gibt, die beseitigt werden müssen – noch einmal einige Gesichtspunkte nennen. Das Erste ist, damit wir uns da recht verstehen, es geht bei der Frage nicht nur um Niedriglohn, es geht um tarifliche Bedingungen. Wir haben zum Beispiel gerade in bestimmten Gewerken Einrichtungen wie gemeinsame Sozialkassen von Arbeitgebern und Gewerkschaften, mit denen Dinge geregelt werden, gemeinsame Urlaubs- und Ausbildungskassen, die ganz andere Fragen berühren als Löhne. Es gibt ja auch die Idee der gemeinsamen Altersversorgung, gerade vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Niedrigrentendebatte. Uns kommt es natürlich auch darauf an, dass solche Systeme gestärkt werden, und darauf kommt es, glaube ich, auch den Arbeitgebern an, die mit den Gewerkschaften solche Systeme schaffen. Es geht also nicht nur um Niedriglohn, sondern auch um Allgemeinverbindlichkeit für andere tarifliche Bestandteile wie zum Beispiel eben diese gemeinsamen Sozialkassen, die wichtig sind. Zweiter Gedanke! Herr Kastendiek, Sie haben das Thema der Schwächung der Tarifautonomie durch Organisationsschwäche angesprochen. Ich finde es gut, dass Sie das ansprechen. Ich sehe bei Ihnen auch das Argument, Sie sind dafür, dass sich die Arbeitnehmer deutlich organisieren, und Sie sind dafür, dass sich die Arbeitgeber deutlich organisieren. Das finde ich gut. Das ist eine Botschaft. Es stärkt natürlich am allermeisten die Tarifautonomie, wenn beide Seiten dafür sorgen, dass jeweils auf ihrer Seite ein hoher Organisationsgrad ist. Der Sinneswandel bei den Gewerkschaften, wo ich das beobachtet habe, kommt unter anderem aber auch aus der Erkenntnis, dass vergleichende europäische Untersuchungen besagen, die Allgemeinverbindlichkeit führt nicht automatisch dazu, dass der Organisationsgrad sowohl aufseiten der Arbeitgeber als auch aufseiten der Arbeitnehmer sinkt. Wir haben Staaten, zum Beispiel Finnland oder auch Österreich, mit einem höheren Organisationsgrad der Gewerkschaften und einem an die 90 bis 70 Prozent gehenden Allgemeinverbindlichkeitsgrad der Tarifverträge. Insofern muss sich das nicht im Wege stehen, sondern kann sich im Laufe der nächsten Jahre ergänzen. – Herzlichen Dank!
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn die Tarifbindung, wie es in den letzten Jahren der Fall war, deutlich zurückgeht – 2010 waren nur noch 33 Prozent der Betriebe und 60 Prozent der Beschäftigten von Tarifverträgen erfasst –, dann muss etwas getan werden, weil klar ist, dass die Allgemeinverbindlichkeit gut gegen Lohndumping hilft und sozial unfaire Wettbewerbsvorteile verhindern hilft. Deswegen bin ich der Koalition und diesem Haus für das weitgehend einvernehmliche Vorgehen bei diesem Thema ausgesprochen dankbar.
Ich will allerdings noch einmal in Erinnerung rufen, weil das natürlich auch darauf hindeutet, welche tiefen Wurzeln die Allgemeinverbindlichkeit hat und was mit der Allgemeinverbindlichkeit an Errungenschaften auch in Deutschland erreicht worden ist, dass bereits 1918 mit der Tarifvertragsordnung die Möglichkeit zur Allgemeinverbindlichkeitserklärung gegeben und damit der Grundstein dafür gelegt worden ist, dass sich, wie eben schon beschrieben, vieles in dem Bereich gut entwickeln konnte.
Wenn Sie sich anschauen, Herr Reinken hat eingangs in seiner Rede darauf hingewiesen, dass die Zahl der für allgemein verbindlich erklärten Tarifverträge bis, wenn ich mich recht entsinne, Mitte der Siebzigerjahre auf gut 450 Tarifverträge angestiegen ist, wenn Sie sich anschauen, dass vom Jahr 1991 bis zum Jahr 2011 die Zahl der allgemein verbindlichen Tarifverträge von 622 auf 495 Tarifverträge gesunken ist, dann kommt es einem Erdrutsch in diesem Bereich gleich. Deswegen ist es notwendig, dass die geltenden gesetzlichen Rahmenbedingungen überarbeitet werden. Die geltenden gesetzlichen Rahmenbedingungen sind nicht mehr geeignet, dieser Erosion etwas entgegenzusetzen. Insofern begrüßen wir als Senat die Initiative der Bremischen Bürgerschaft ausdrücklich.
Von Herrn Reinken, aber auch Herrn Willmann ist das 50-Prozent-Quorum angesprochen worden, das vielfach die Allgemeinverbindlichkeitserklärung verhindert. Es gibt ja auch ein praktisches Beispiel, das die Bremische Bürgerschaft an der einen oder anderen Stelle in den vergangenen Jahren diskutiert hat, nämlich die Frage, wie man mit den Beschäftigten im Einzelhandel im „Mediterraneo“ in Bremerhaven umgeht, wo es am Ende ja immer an diesem Quorum gescheitert ist.
Insofern ist es nach unserer Auffassung, weil die Politik die Verantwortung für die Funktionsfähigkeit des Tarifvertragssystems an der Stelle ebenfalls hat,
notwendig, dass dieses System überarbeitet wird, dass der Staat, der mit der Allgemeinverbindlichkeitserklärung die Aufgabe wahrnimmt, es juristisch und politisch funktionsfähig abzusichern, dieser Rolle auch wieder und in stärkerem Maße gerecht werden kann. Folglich ist die Initiative aus der Bremischen Bürgerschaft heraus richtig. Sie wird in vielen anderen Ländern in ähnlicher Weise vorangetrieben, sodass ich mir sicher bin, dass wir eine gute Bundesratsinitiative zustande bringen können, um dann auch auf diesem Weg das Thema entsprechend kraftvoll und mit der richtigen Zielsetzung voranbringen zu können, nämlich Lohndumping, wo immer es geht, zu vermeiden. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 18/427 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!