Protocol of the Session on September 12, 2012

Drittens muss aber auch verhindert werden, dass das Rentenniveau in der Breite unter 50 Prozent sinkt. Den besten Ansatz dafür – und, Herr Erlanson, Sie haben es schon angesprochen – sehen wir, die SPD

hier in Bremen, in der Tat darin, dass keine weitere Absenkung in der gesetzlichen Rentenversicherung stattfinden wird.

(Beifall bei der SPD)

Das ist unsere Position. Dabei sehen wir allerdings auch, dass es nicht einfach ist, unserer Position tatsächlich auch zu einer politischen Mehrheit zu verhelfen. Wir müssen deshalb auch beachten, dass es in der politischen Auseinandersetzung durchaus auch noch andere Lösungen geben kann.

Ich habe mich selbst lange genug mit Fragen betrieblicher Altersvorsorge, mit Riester-Rente befasst. Ich bin überzeugt, wenn man es richtig machen würde, würde man auch einen Mix hinbekommen. Man würde es schaffen, insbesondere mit einer funktionierenden betrieblichen Altersvorsorge, einem funktionierenden Fördersystem und mit einer funktionierenden Kostenkontrolle, tatsächlich auch einen Mix dieser 50 Prozent oder 50 Prozent plus x zu erreichen. Davon bin ich überzeugt.

(Abg. Frau V o g t [DIE LINKE] meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Wir machen eine zweite Runde, und dann antworte ich darauf, Frau Vogt!

(Abg. Frau V o g t [DIE LINKE]: Ich habe auch nur eine Nachfrage!)

Wir teilen deshalb im Moment nicht den Ansatz, den DIE LINKE jetzt vorgetragen hat, uns hier ganz allein schon von vornherein sehr starr auf diese 51 Prozent festzulegen.

Wir halten es im Moment auch für verfrüht, dass wir hier den Senat schon darauf festlegen, mit einer bestimmten Abstimmung zur Senkung der Beitragssätze in den Bundesrat zu gehen. Wir wollen das auch nicht. SPD und Grüne haben gesagt, sie wollen es verhindern. Wir müssen aber sehen, wir brauchen im Bundesrat eine Zweidrittelmehrheit dagegen, und dafür brauchen wir auch großkoalitionäre Länder. Es kann sein, dass bestimmte Kompromissformeln gefunden werden müssen, und dafür sollten wir Freiheit haben, das dann auch noch zu machen.

(Beifall bei der SPD)

Unser Vorschlag ist deshalb, dieses Thema im November, wenn die Entscheidung im Bundesrat ansteht, noch einmal aufzurufen. Wir sehen, was dann im Raum steht, und treffen dann eine konkrete Entscheidung. – Danke!

(Beifall bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rohmeyer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Rente ist kein populistisches Thema, mit dem man Ängste schürt, lieber Herr Erlanson!

(Abg. Frau V o g t [DIE LINKE]: Die sind doch schon längst da!)

Die Rente steht am Ende eines Erwerbslebens, und die Menschen haben in die Rentenkassen eingezahlt im Vertrauen darauf, dass sie eine Rente bekommen, die auch sicher ist. Insofern gilt auch die Parole, die Herr Dr. Blüm in den Achtzigerjahren aus gutem Gewissen ausgesprochen hat: Die Rente ist sicher. Wir stehen vor demografischen Herausforderungen, die dazu führen, dass dieser Satz rechnerisch eben so einfach nicht mehr richtig ist.

Seit über zehn Jahren gibt es Umsteuerungen. Es hätte sie früher gegeben, wenn die SPD unter Herrn Lafontaine – da haben wir ja auch die Verbindungen zwischen Ihnen beiden – hier nicht in den Neunzigerjahren schon wichtige richtige Schritte blockiert hätte.

Über die Rente haben wir seit eineinhalb oder zwei Wochen eine Debatte, zu der sich ganz viele zu Wort gemeldet haben, die einfach nur versuchen, Parolen unter das Volk zu bringen und Menschen zu verunsichern. Ähnliches haben wir ganz am Anfang auch schon einmal erlebt.

Uns als CDU geht es darum – und so verstehe ich auch den Vorschlag, den Bundesarbeitsministerin von der Leyen unter der Überschrift Zuschussrente vorgelegt hat –, ein Modell zu finden, mit dem wir verhindern, dass in 20 Jahren Menschen, die ein Leben lang eingezahlt haben, die im Arbeitsleben standen, trotz ihrer Arbeit und ihrer Einzahlungen in die Rentenkasse von Altersarmut bedroht sind. Darum muss es uns insgesamt gehen, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU)

Es steht nämlich wirklich nicht mehr und nicht weniger – da zitiere ich Frau von der Leyen – als die „Legitimität des Rentensystems“ insgesamt auf dem Spiel. Wir haben dazu eine Diskussion innerhalb der CDU und der CSU, das ist auch gut so.

Wir haben seit Anfang dieser Woche eine Diskussion innerhalb der SPD, wo es ja auf einmal einen Zuschuss unter dem Stichwort Solidarrente gibt, der gar nicht so weit weg ist von dem, was Frau von der Leyen vorgelegt hat. Das ist jetzt ein Vorschlag von Herrn Gabriel, Ihrem derzeitigen Parteivorsitzenden. Die Bremer SPD ist von diesem Vorschlag von Herrn Gabriel ganz weit weg, aber Sie werden ja sicherlich noch eine gewisse Loyalität Ihrem derzeitigen Parteivorsitzenden entgegenbringen, solange er noch im Amt ist. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Uns geht es darum, und das hat die Vergangenheit gezeigt, dass sich CDU, CSU und SPD in der Rentenpolitik einig sein sollten. Wenn die beiden großen Volksparteien sich hier auf einen gemeinsamen Weg machen, dann können wir wirklich sagen, dass die Rente auch zukünftig sicher ist, meine Damen und Herren!

Es kann nicht darum gehen, dass wir jetzt eine Diskussion führen, bei der am Ende eine knappe Entscheidung herauskommt. Hier will ich mich klar gegenüber unserem Koalitionspartner auf Bundesebene abgrenzen. Es geht nicht nur darum, nur auf private Vorsorge zu setzen.

Menschen, die jetzt zum Leben gerade genug haben und in das Rentensystem einzahlen, müssen sicher sein, dass sie nicht irgendwann auf zusätzliche staatliche Hilfen angewiesen sind. Ein Erwerbsleben muss auch einen Ruhestand in Würde ermöglichen.

(Beifall bei der CDU)

Das betrifft ganz viele Berufsgruppen: Altenpfleger, Arzthelfer, Bäcker, Dachdecker, Einzelhandelskaufleute, Erzieher, Köche, Krankenschwestern. Ein Querschnitt durch die Gesellschaft ist davon bedroht.

Deshalb geht es jetzt darum, eine Debatte zu führen, wie wir uns aufeinander zubewegen können. Viele Punkte werden noch geklärt werden müssen, aber es gibt zwei Vorschläge, über die man erst einmal reden kann. Es gibt keinen Vorschlag von der Linkspartei, der ernsthaft diskutiert werden kann. Sie sind gegen etwas, sagen aber nicht, wofür Sie sind.

Wir sind dafür, dass wir die Menschen nicht verunsichern. Wir sind dafür, dass man sich auf der Bundesebene zusammensetzt und die Rentenformel so berechnet, dass Menschen auch aus ihren Erträgen etwas bekommen. Wenn es nicht ausreicht, müssen wir uns hier über Solidarität oder Zuschuss unterhalten, egal ob es aus dem Renten- oder Steuertopf bezahlt wird. Wir sind da nicht so weit auseinander.

Wir sollten aber Menschen nicht verunsichern und sagen, egal, in zwei, drei Jahren werden wir uns darüber unterhalten. Diese Menschen haben schon so lange Existenznöte, weil sie auch über einen hoffentlich langen Ruhestand nachdenken und wie sie dann zurechtkommen. Die Verunsicherung, die hier betrieben wird – ich muss es noch einmal wiederholen –, ist reiner Populismus. Um nichts anderes geht es Ihnen, Frau Vogt!

(Abg. Frau V o g t [DIE LINKE]: Ich habe Angst um meine Rente, weil ich meinen Ren- tenbescheid bekommen habe! Ich weiß, wie hoch meine Rente ist!)

Liebe Frau Vogt, Sie können sich ja einmal zu Wort melden und sagen, wofür die Linkspartei steht. Sagen Sie einmal, wofür die Linkspartei steht, und er

zählen Sie nicht immer, wogegen Sie alles sind! – Vielen Dank! (Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Schmidtmann.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Altersarmut, über die wir heute aufgrund des Dringlichkeitsantrags der LINKEN sprechen, gibt es, das ist Fakt. Wir Grünen nehmen das ernst. Altersarmut in Deutschland gibt es, und die Bedrohung in den kommenden Jahrzehnten wird auch weiter steigen. Dies ist hier schon eingehend von meinen Vorrednern erklärt worden. Der Grund ist der demografische Wandel, der Grund ist das starke Wegbrechen der Mitglieder bei der Pyramide der Einzahler.

Nahezu jeder Zweite hat inzwischen Angst davor, im Alter nicht genug Geld zu haben. In Gefahr sind vor allem Menschen, die in prekärer Beschäftigung sind oder waren, Menschen, die lange erwerbslos sind und wenig verdient haben. Frauen sind stärker von Altersarmut bedroht als Männer, Ostdeutsche stärker als Westdeutsche, Menschen mit Migrationshintergrund stärker als Menschen ohne Migrationshintergrund und erwerbsgeminderte und behinderte Menschen stärker als nicht behinderte Menschen. Bedroht sind auch Selbstständige, darüber ist schon gesprochen worden, die der gesetzlichen Rentenversicherung nicht angehören oder nicht genug verdienen, um privat vorzusorgen, insbesondere die sogenannten Soloselbstständigen.

Altersarmut ist keine Randerscheinung, und zwar beziehen 2,3 Prozent der über 65-Jährigen Grundsicherung. Das ist momentan die statistische Zahl insgesamt. Allerdings ist die Gruppe der Menschen in verdeckter Armut sehr groß. Das sind diejenigen, die Anspruch auf Grundsicherung hätten, aber diese Leistung nicht in Anspruch nehmen.

Grundsätzlich finden wir es gut, wenn Menschen später im Alter ausreichend Einkommen zum Leben haben. Dies ist ja hier schon von allen meinen Vorrednern betont worden, dem schließen wir uns auch so an. Wer lange gearbeitet hat, sollte später auch genügend Rente zum Leben erhalten. Allerdings würde eine Festsetzung des Rentenniveaus, so wie DIE LINKE das hier fordert, zwangsläufig bedeuten, dass die Rentenversicherungsbeiträge steigen würden. Das sehen wir kritisch. Das ist gegen unseren grünen generationengerechten Politikansatz, da die jüngere Generation dann eine höhere Belastung zu tragen hat. Wir finden, das geht nicht. Dagegen setzen wir unser grünes Modell der Bürgerversicherung.

Statt die Renten zu erhöhen, möchten wir eine Weiterentwicklung zu einer Bürgerversicherung finanzieren. Hierfür haben wir folgende Vorschläge erarbeitet – Sie nannten ja nur die Vorschläge der SPD und der CDU, die in der Tat immer, wenn man das Thema hört, in den Medien vertreten sind, aber der Vorschlag der Grünen, die Rentenversicherung zu einer Bürgerversicherung auszubauen, ist sehr alt und auch schon durchgerechnet worden –: Wir müssen die Menschen in diese Rentenversicherung einbeziehen, wir müssen endlich die Flucht aus der Rentenversicherung stoppen, aus der sich die Selbstständigen herausstehlen, und auch – das sage ich bewusst, ich bin selbst Beamter – die Beamten gehören eigentlich in die staatliche Rentenversicherung.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wir müssen die Schlupflöcher stopfen, wir müssen praktisch alle in die Rentenversicherung aufnehmen.

Von meinen Vorrednern ist auch schon angeführt worden, wir brauchen Mindestlöhne. Wir brauchen Jobchancen für Frauen, für ältere Arbeitnehmer und für Geringqualifizierte. Das ist unser grünes Ziel, und dem sollten wir uns zuwenden.

Es sollte meiner Meinung nach so sein wie in der Schweiz. Ich habe einmal einen Vortrag auf einer grünen Fachtagung gehört, dort war ein Schweizer Experte anwesend, der das Schweizer Rentensystem erklärt hat.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Er hätte lie- ber das Schweizer Steuerabkommen erklä- ren sollen!)

In der Schweiz ist es nach den Ausführungen dieses Schweizer Beamten nicht möglich, sich so wie hier in Deutschland aus der gesetzlichen Rentenversicherung herauszustehlen. Er sagte – und dieser Satz hat mich tief beeindruckt –, es ist leichter, aus einem Schweizer Gefängnis auszubrechen, als sich aus der Schweizer Rentenversicherung herauszustehlen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Dies hätte ich auch gern bezogen auf die grüne Bürgerversicherung, wenn sie denn in der neuen Koalition zusammen mit den Sozialdemokraten kommt. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Erlanson.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.