und Ähnlichem unabhängig macht, dann haben wir nicht alles getan, was wir heute tun können, denn zehn Euro sind meines Erachtens nicht zu viel, das ist kein Preis, der irgendwie weit über das Ziel hinausschießt. An dieser Stelle, finde ich, hätte man noch ein kleines bisschen mehr Mut beweisen und dies hineinrechnen können.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mindestlohn ist ein Mindestlohn, ist übrigens kein Ersatz für Tariflöhne, er ist auch kein Ersatz für vernünftig ausgehandelte Beziehungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern, sondern er ist tatsächlich nur die unterste Grenze, für die jemand in diesem Land arbeiten können soll und muss. Diese Worte sind nicht meiner Feder entsprungen, sondern sind ein Zitat aus der Anhörung, die die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zusammen mit der SPD in diesem Haus veranstaltet hat, an der dankenswerterweise der überwiegende Teil dieses Hauses teilgenommen hat. Leider ist der Teil zu meiner Rechten, liebe CDU, trotz Einladung dieser Veranstaltung und deren Einblicken ferngeblieben. Das ist aus unserer Sicht schade. Sie haben aus unserer Sicht eine Chance nicht genutzt, sich an einer wichtigen gesellschaftlichen Debatte zu beteiligen. Darüber, glaube ich, sollten Sie noch einmal nachdenken und künftig anders entscheiden.
Ich will noch etwas wiederholen, das wir auch als Fraktion Bündnis 90/Die Grünen schon an verschiedenen Orten gesagt haben, weil es klarmacht, was die rot-grüne Koalition mit diesem Gesetz erreichen will. Der Mindestlohn gehört aus unserer Sicht eigentlich nicht in ein Landesgesetz, lassen Sie mich das so klar und deutlich hier an dieser Stelle noch einmal sagen! Wenn auf Bundesebene, also mit der jetzigen schwarz-gelben Regierung, Einsicht bestünde und wir eine Politik hätten, die bundesweit einen Rechtsanspruch auf einen Mindestlohn umsetzen würde, dann ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
würde dieses Gesetz hier heute nicht in zweiter Lesung beraten, wir hätten das ganze Verfahren nicht, die Anhörung, die beiden Lesungen, die ganzen Arbeitsgruppen und die Einzelgespräche nicht, sondern wir hätten für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einen gesetzlichen Anspruch, und Schluss!
Diesen Rechtsanspruch gibt es aber nicht. Wir hoffen auch darauf, wie der Kollege Reinken es schon erwähnt hat, dass wir spätestens im Jahr 2013 – bis dahin ist es ja nicht mehr lange – diesen Missstand ändern werden.
Als rot-grüne Koalition haben wir jedenfalls alles das getan, um diese längst überfällige Debatte nach vorn zu bringen. Wir haben unseren landesgesetzlichen Spielraum – wie ich und unsere Fraktion finden – sehr ausführlich und detailliert in Gänze erfüllt, und das Interesse der Medien und auch anderer Fraktionen in dieser Republik macht mich auch stolz darauf, an diesem Werk beteiligt zu sein, und das ist auch gut so!
Meine Damen und Herren, wir meinen, mit diesem Gesetz, das Ihnen heute in zweiter Lesung vorliegt, bundesweit ein Symbol gegeben zu haben, das eben keine Symbolpolitik ist, wie mein Fraktionsvorsitzender Herr Dr. Güldner so schön gesagt hat, sondern dass es Arbeit wertet und nicht weiter zulässt, dass Arbeit und damit auch Menschenwürde weiter und immer tiefer entwertet werden. In dem Ihnen jetzt vorliegenden Änderungsantrag, finde ich, wird auch klar und deutlich, weil es auch diese Nachfragen in den letzten Tagen gab, wer eigentlich gemeint ist. Der Begriff des Arbeitnehmers ist dort sehr deutlich, sehr klar und abgegrenzt dargestellt. Er erfasst öffentlich geförderte Beschäftigung in InJobs und 450Euro-Jobs, also für geringfügig Beschäftigte, aber nicht die Ein-Euro-Jobs, Praktika oder Auszubildenden, das ist an dieser Stelle entscheidend.
Kammern, öffentliche Körperschaften, die sich durch Beiträge und Gebühren finanzieren, sind natürlich mit im Boot, weil auch diese Frage in den letzten Tagen häufig gestellt wurde. Zuwendungen an natürliche oder juristische Personen, Bürgschaften, Darlehen oder andere geldwerte Vorteile, die durch die Wirtschaftsförderung gewährt werden, sind auch mit im Boot, ebenso projektbezogene und institutionelle Förderungen. Weil auch in der Anhörung die Frage so klar formuliert worden ist, was mit den Entgeltempfängern ist: Ja, auch die Entgeltempfänger werden von diesem Gesetz erfasst, solange ihr Status nicht persönlich oder bundesrechtlich geregelt ist!
Auch die Anbieter von öffentlich geförderter Beschäftigung haben in den letzten Tagen nachgefragt, was mit ihren in die Hunderttausende Euro gehenden Mehraufwendungen ist. Ich kann Ihnen versichern, dass wir uns in der Vorbereitung dieses Gesetzes sehr wohl darüber im Klaren waren, dass es an der einen oder anderen Stelle höherer Zuwendungen in diesem Bereich bedarf. Dies werden wir lösen, aber nicht pauschal auf Zuruf, wie es auch die Wohlfahrtsverbände über die Medien und direkt bei uns selbst getan haben, sondern wir werden uns gern – und dieses Angebot gilt – mit ihnen zusammensetzen, die Forderungen jeweils quantifiziert analysieren und Lösungen dafür finden. Die Vergaben sind im Tariftreue- und Vergabegesetz geregelt und bedürfen aus unserer Sicht keiner weiteren Nennung. – Vielen herzlichen Dank!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es kommt nicht häufig vor, dass zwischen der ersten und zweiten Lesung eines Gesetzes eine scheinbar inhaltliche Debatte stattfindet, wenn man einmal die Haushaltsberatungen außen vor lässt. Mit der Vorlage des Gesetzes für einen politisch festgesetzten und gesetzlich verankerten Mindestlohn haben die Regierungsfraktionen in diesem Hause sicherlich auch in der Bundesrepublik eine Vorreiterrolle eingenommen. Das war und ist aber schon das einzig Positive, das man an dem vorgelegten Gesetzentwurf zum Mindestlohn vermerken könnte.
Das, was zwischen erster und zweiter Lesung zur Kenntnis genommen werden durfte, glich eher einer offensichtlich notwendigen politischen Inszenierung von SPD und Grünen. Zum einen – es ist schon angeklungen – war der Gesetzentwurf in der im Februar vorgelegten Fassung handwerklich so dürftig, dass die Juristen aus dem Justizressort wohl schon ganze Arbeit leisten mussten, um den Gesetzestext in eine akzeptable Fassung hinsichtlich Eindeutigkeit, notwendigem Abstraktionsgrad und Rechtslinguistik zu bringen. Der Vergleich und die festzustellenden Abweichungen zwischen der ersten und zweiten Fassung, die in dem jetzt vorgelegten Änderungsantrag eingereicht wurden, sind ein eindeutiger Beleg für diese Kritik an den handwerklichen Mängeln, die wir als CDU-Fraktion in der erste Lesung schon deutlich zum Ausdruck gebracht haben.
(Abg. T s c h ö p e [SPD]: Sie haben das nicht gewollt, das haben Sie zum Ausdruck gebracht!) ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft. Zum anderen scheint es, dass eine Notwendigkeit der Symbolik gegenüber den gewerkschaftlichen Kräften innerhalb und außerhalb der Regierungsfraktionen existierte, die für das gewählte Verfahren Pate stand. Wo ansonsten nach der ersten Lesung eines Gesetzes der Weg der Überweisung in ein parlamentarisches Gremium wie einen Ausschuss oder eine Deputation gewählt wird, wollten die Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen in diesem Fall das Drehbuch der Beratungen zwischen erster und zweiter Lesung nicht aus der Hand geben. In einer eigenen Anhörung der Regierungsfraktionen durfte sich DGBChef Sommer dabei die Ehre geben, in Bremen das erste Mindestlohngesetz auf Landesebene zu begrüßen. Allein dies macht die Symbolpolitik, die in diesem Gesetz zum Ausdruck kommt, mehr als deutlich. (Beifall bei der CDU)
Aber sei es drum, es ist legitim! Ich kann verstehen, dass Sie uns vermisst haben. Ob das nun zwingend etwas mit Glaubwürdigkeit zu tun hat, sei jedem in seiner Beurteilung selbst überlassen, aber gehen Sie einmal davon aus, dass wir nicht über jedes Stöckchen springen, das uns hingehalten wird! Unsere grundsätzliche Kritik an dem gewählten Verfahren zur Sicherung eines Mindesteinkommens konnten Sie nicht ausräumen.
Unser Ziel als CDU in Bremen ist, dass die Menschen, die in Vollzeit arbeiten, von ihrem Lohn ohne staatliche Zuschüsse leben können. Dies ist die Grundlage für die hieraus resultierenden Löhne, die sich aber aus Tarifverhandlungen ableiten müssen. In den Branchen, in denen keine Tarifverträge existieren, kann sich aus ordnungspolitischer Sicht, aber auch aufgrund der Erfahrungen in den Ländern, in denen ein gesetzlicher Mindestlohn in vergleichbarer Höhe existiert – Herr Reinken, das ist der entsprechende Maßstab, der hier vorgeschlagen wird –, die Höhe der von uns favorisierten Lohnuntergrenzen nur anhand von Tarifergebnissen orientieren, und die Tarifautonomie, auch wenn Sie es hier noch zehnmal erklären, darf nicht außer Kraft gesetzt werden. Deshalb soll hierüber eine unabhängige Kommission ohne politischen Einfluss und Vorgaben entscheiden. Unsere Position haben wir in der ersten Lesung in einem Antrag im Februar deutlich zum Ausdruck gebracht.
Herr Reinken, wenn Sie mit Zahlen argumentieren, wie viel Prozent der sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer hier unter Ihre sogenannte Mindestlohngrenze fallen, dann äußern Sie sich doch hier an der Stelle noch einmal ganz präzise! Ich habe Ihnen schon im Februar gesagt und Ihnen auch die Quellenangabe dazu gegeben: Die Friedrich-Ebert-Stiftung hat im Mai 2011 festgestellt, dass der Anteil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die einen Stundenlohn von unter fünf Euro erhalten – nicht, dass ich das gutheiße! –, bei bis zu zwei bis drei Prozent und die Summe derjenigen Arbeitnehmer, die einen
Stundenlohn von unter 8,50 Euro erhalten, deutlich unter zehn Prozent liegt, also weit entfernt von den Zahlen, die Sie hier genannt haben. Bremen liegt damit weit unter den in der Studie ermittelten Durchschnittswerten. Die Studie stammt von der Friedrich-Ebert-Stiftung vom Mai 2011 und steht also bei Weitem nicht im Verdacht, arbeitgebernah oder unionsnah zu sein. Nehmen Sie diese Zahlen endlich zur Kenntnis, wenn Sie hier schon mit Zahlen argumentieren!
Wir lehnen daher diesen politisch motivierten Mindestlohn ab. Wir halten den von Rot-Grün eingeschlagenen Weg grundsätzlich für falsch. Es entspricht auch eher einer Symbolpolitik im Wettstreit der SPD mit der LINKEN, wer in diesem Land gerechter ist. Waren es vor einem oder zwei Jahren noch 7,50 Euro, so sind es jetzt 8,50 Euro. DIE LINKE fordert zehn Euro, und die Friedrich-Ebert-Stiftung – wenn man einer Anhörung der Vertreter der Arbeitnehmerkammer folgt – die ich hier auch ganz herzlich begrüße, Herr Schierenbeck –, postuliert schon einen Mindestlohn in Höhe von 14 Euro. Das wird also noch ein heftiger Wettstreit zwischen Hase und Igel, wer am meisten fordert und wer am Ende des Tages am schönsten ist.
Wesentliche Fragen zu diesem Gesetzentwurf sind weiterhin nicht beantwortet. Es kommt darin schon eine gewisse Art – ich sage es ganz deutlich – der Ignoranz und Gleichgültigkeit zum Ausdruck, wie bis zum heutigen Tag der Kritik der Wohlfahrtsverbände begegnet wird, wie bei unveränderten Zuwendungsbeträgen das Mindestlohngesetz gerade in diesem Bereich finanziert werden soll. Herr Reinken hat im Februar schon keine Antwort auf die Einwände und Bedenken der Wohlfahrtsverbände parat gehabt.
In der Pressekonferenz in der letzten Woche schob Herrn Reinken dies auf die Verhandlungen zwischen der Behörde und den Wohlfahrtsverbänden, und das wenige Wochen nach den Haushaltsberatungen!
Meinen Sie wirklich, meine sehr verehrten Damen und Herren von Rot-Grün, dass es etwas mit seriöser Haushaltspolitik und Haushaltsberatungen zu tun hat, dass Sie wenige Wochen nach der Verabschiedung des Haushalts diese Frage in einem ganz wichtigen Bereich, dem Thema Mindestlohn, der bei Ihnen auf der Agenda ganz oben steht, so mir nichts, dir nichts völlig offen lassen können? Wenn man von Seriosität spricht, dann muss man letztendlich auch sagen, wie man die finanziellen Auswirkungen eines Gesetzes darstellen will.
Das gehört in diese Beratungen hinein, und deshalb sind Sie, meine Damen und Herren, diesem Maßstab letztendlich auch nicht gerecht geworden.
Nach unserer Auffassung als CDU-Fraktion ist es Ihnen nicht gelungen, die zahlreichen Fragezeichen auszuräumen. Sie scheuen sich, hier als Fraktion die notwendigen Antworten zu geben. Die Auswirkungen in finanzieller und faktischer Hinsicht bleiben offen und stellen sich leider genauso nebulös dar wie Ihre Haushaltspolitik, Sie sind damit Ihrer Linie treu geblieben. Wir lehnen Ihren Antrag ab. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kastendiek, es war ja auch zu erwarten, dass Sie den Antrag ablehnen, insofern ist dies auch ein bisschen wie die Fortsetzung der Debatte von damals. Ich finde aber eine Sache, die Sie gesagt haben, gut und erwähnenswert. Sie haben handwerkliche Fehler im ersten Entwurf konstatiert, das haben Sie dem zweiten Entwurf zumindest nicht mehr so zuschreiben können. Deshalb war der Weg, den wir gegangen sind, das gründlich, mit einer Anhörung und einer intensiven Bearbeitung zu machen, völlig korrekt, sonst wäre ja jetzt etwas Schlechteres herausgekommen.
Insofern finde ich es gut, dass es keine handwerklichen Mängel mehr gibt. Dass wir Probleme dabei haben, war uns vorher klar, deswegen sind wir ja diesen Weg gegangen.
Ich halte es allerdings auch im Sinne von Sachlichkeit für völlig verquer, die ganze Debatte damit abzutun, dass man hier eine Symbolik im Konkurrenzkampf zwischen der SPD und der LINKEN oder im Kampf um die Gewerkschaften oder sonst wie einführt, das ist doch gar nicht das Thema. Das Thema ist doch, dass Sie nicht leugnen können, dass wir in unserem Land mit dem Sektor der prekären Beschäftigung ein Problem haben.
Die Arbeitnehmerkammer in Bremen – Sie haben Herrn Schierenbeck ja schon begrüßt – hat das schon im Jahr 2009 wunderbar auch auf das Land Bremen heruntergerechnet, was die Tatsache bedeutet, dass wir in einem hohen Maße Bezieher von Arbeitslosengeld II haben, die in Vollzeit arbeiten und trotzdem aufstocken müssen. Ich habe mir sogar noch einmal diese wunderbare Statistik ausgedruckt, in der die
Arbeitnehmerkammer in ihrer Untersuchung darauf kommt, dass wir an kommunalen Leistungen für das Aufstocken – und zwar bei erwerbstätigen Beziehern von Arbeitslosengeld II, nicht bei Familienangehörigen – allein über drei Millionen Euro im Jahr auf den Tisch legen müssen. Das sind doch Zustände, die wir in jeder Kommune, in jeder Stadt und in jedem Land finden. Diese müssen geändert werden, das ist doch völlig klar.
Die ändern wir nicht mit dem Landesmindestlohngesetz, das ist doch völlig klar, die ändern wir nur damit, dass wir bundespolitisch andere Entscheidungen treffen. Wir tun mit dem Landesmindestlohngesetz aber zumindest einen kleinen Teil dessen, was beeinflussbar ist. Ich glaube, das ist verantwortbar, das ist richtig und auch ein Signal, und wenn das Symbol dazu beiträgt, dass man bundespolitisch einmal ein paar Dinge anders macht, dann ist das schon einmal ein weiterer großer Fortschritt.
Eine letzte Bemerkung zu der Frage der Kosten! Dazu haben Herr Willmann, Herr Tschöpe in Pressekonferenzen und auch Herr Dr. Güldner etwas völlig Richtiges gesagt: Wir werden uns dieser Verantwortung nicht entziehen, aber es ist auch völlig klar – ich bin häufiger einmal in Aufsichtsratssitzungen gewesen, und dort geht es dann immer um das Budget, das der Vorstand für das kommende Jahr vorlegt –, dass es dann immer die Rolle der Gewerkschafter ist zu fragen: Wie viel planen Sie für Personalkostenerhöhungen ein? Wenn der Vorstand dann sagt, ein Prozent, dann sagt die Arbeitnehmerbank im Aufsichtsrat, das ist doch viel zu wenig. Wenn der Vorstand dann antwortet, ob er denn dreieinhalb Prozent einstellen soll, dann weiß die andere Seite schon, wie viel sie bekommt.
Man macht also Budgetierungen und auch Preisverhandlungen am besten genau zu dem Zeitpunkt, wenn sie anstehen, und nicht einfach so pauschal als Voraberklärung. Das haben wir an dieser Stelle eingehalten, und ich glaube, das ist auch richtig so. – Herzlichen Dank!