Protocol of the Session on February 22, 2012

Zweitens: Wie viele dieser sogenannten Altbewerberinnen und Altbewerber hatten einen Migrationshintergrund?

Drittens: Welche besonderen Anstrengungen unternehmen Schulen und Arbeitsagentur, um Absolventen und Absolventinnen mit Migrationshintergrund, die einen berufsqualifizierenden Abschluss haben, ohne Verzögerungen den Übergang in eine betriebliche Ausbildung zu ermöglichen?

Die Anfrage wird beantwortet von Herrn Staatsrat Professor Stauch.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: Die Frage kann nicht unmittelbar beantwortet werden, da die Datenbestände der Schulstatistik und der Agenturen für Arbeit nicht erheben, warum eine betriebliche Ausbildung nicht aufgenommen wurde. Um mehr über den Verbleib und die Ausbildungsorientierung der Absolventen und Absolventinnen zu erfahren, hat das Bildungsressort 2010 und 2011 nach Absprachen mit den Partnern der Bremer Vereinbarungen Schüler und Schülerinnen der zehnten Jahrgänge an 14 Schulen in Bremen befragt und rund 700 Antworten ausgewertet. Rund 42 Prozent dieser Jugendlichen gaben an, direkt im Anschluss eine Ausbildung anzustreben. Davon befanden sich im Herbst 2010 rund 36 Prozent und 2011 32 Prozent in Ausbildung. Der überwiegende Teil der Ausbildungssuchenden war zunächst in berufsvorbereitende Maßnahmen eingemündet.

Den 4 420 der Agentur für Arbeit gemeldeten Bewerbern und Bewerberinnen um Ausbildung im Jahr 2011 standen nach der Agenturstatistik 4 880 gemeldete Ausbildungsstellen gegenüber. Mit Stand vom 30. September 2011 verzeichneten die Agenturen im Land Bremen insgesamt noch 181 unbesetzte Ausbildungsstellen. Da das Ausbildungsstellenangebot nur teilweise bei den Agenturen gemeldet wird und etwa 48 Prozent der neuen Ausbildungsverhältnisse im Land durch Einpendler und Einpendlerinnen aus dem Umland besetzt werden, liefern die Zahlen der Agenturen keine verlässliche Auskunft über die Gesamtzahl der Jugendlichen im Lande Bremen, die ohne Ausbildungsplatz geblieben sind.

Zu Frage 2: Um Näheres über Zusammensetzung und Problemlagen der Altbewerber und Altbewerberinnen zu ermitteln, hat die Agentur für Arbeit in Bremen in einer bundesweit einmaligen Aktion 815 Datensätze von Altbewerbern und Altbewerberinnen ausgewertet. Für die Stadt Bremen ergab sich ein Anteil junger Menschen mit Zuwanderungsgeschichte an allen Altbewerbern und Altbewerberinnen von circa 40 Prozent. 484 Bremerhavener Datensätze werden gegenwärtig noch ausgewertet.

Zu Frage 3: Das Bildungsressort realisiert ein neues Konzept der durchgängigen Berufsorientierung, um den direkten Übergang in die duale betriebliche Ausbildung zu fördern. Der Übergang Jugendlicher ins schulische Übergangssystem, insbesondere in die berufsvorbereitenden Berufsfachschulen, soll möglichst denjenigen vorbehalten bleiben, die zur Erlangung der Ausbildungsfähigkeit noch Unterstützung benötigen. Vor der Aufnahme in weitere schulische Maßnahmen sollen die Bewerber und Bewerberinnen erklären, wie häufig sie sich bereits um eine Ausbildungsstelle beworben haben. Im Rahmen der Bremer Vereinbarungen wird 2012 außerdem ein abgestimmtes Beratungskonzept entwickelt, um im soge

nannten Übergangssystem deutlich auf die praktische Berufsausbildung zu orientieren. Bei den Agenturen für Arbeit sollen Instrumente wie die vertiefte Berufsorientierung und die betriebliche Einstiegsqualifizierung verstärkt genutzt werden.

Die Partner der Bremer Vereinbarungen haben beschlossen, im Jahr 2012 einen Schwerpunkt auf Jugendliche mit Migrationshintergrund zu legen und dabei noch enger mit dem Bremer Rat für Integration zusammenzuarbeiten. – Soweit die Antwort des Senats!

Haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Viele Jugendliche haben keinen Überblick. Was wird insbesondere für Jugendliche mit Migrationshintergrund unternommen, um die bürokratischen Hürden zu meistern?

Bitte, Herr Staatsrat!

Es gibt besondere Beratungen gerade für Jugendliche mit Migrationshintergrund, und wir haben Projekte aufgelegt, die gerade den Übergang in die berufspraktische Ausbildung erleichtern sollen. Da sollen also Gespräche stattfinden, und wir haben gerade in der letzten Sitzung der Deputation für Wirtschaft und Arbeit eines dieser Projekte beschlossen. Es geht vor allen Dingen um Beratungsangebote.

Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor.

Die siebte Anfrage trägt den Titel „Absichtserklärung ‚Offensive für eine diskriminierungsfreie Gesellschaft’ unterzeichnen“. Die Anfrage ist unterschrieben von den Abgeordneten Frau Grönert, Röwekamp und Fraktion der CDU.

Bitte, Frau Grönert!

Wir fragen den Senat:

Wie beurteilt der Senat den Beschluss der Bürgerschaft vom 27. September 2011, sich der Koalition gegen Diskriminierung anzuschließen und die Absichtserklärung „Offensive für eine diskriminierungsfreie Gesellschaft“ der Antidiskriminierungsstelle des Bundes zu unterzeichnen?

Welche Maßnahmen hat der Senat bisher unternommen, die in der Drucksache 18/62 geforderten Maßnahmen zur Antidiskriminierung umzusetzen und so einen Beitritt zur Koalition gegen Diskriminierung vorzubereiten?

Wann plant der Senat die offizielle Unterzeichung der Absichtserklärung „Offensive für eine diskrimi

nierungsfreie Gesellschaft“ der Antidiskriminierungsstelle des Bundes?

Die Anfrage wird beantwortet von Frau Senatorin Stahmann.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: Der Senat begrüßt den Beschluss der Bürgerschaft.

Zu Frage 2: Bremen hat in den vergangenen zehn Jahren Gender-Mainstreaming als Verwaltungsprozess implementiert. Ein danach ausgerichtetes Verwaltungshandeln überprüft die Wirkungen seines Handelns nicht nur im Hinblick auf männlich/weiblich, sondern fragt gegebenenfalls auch nach Verschiedenheiten aufgrund des Alters, der Elternschaft, der Herkunft et cetera. Damit verfügt die Verwaltung über ein Strukturelement, um unterschiedliche Behandlungen der verschiedenen Gruppen sichtbar zu machen.

Zudem ist in Bremen eine Vielzahl von Beratungsstellen tätig, um zum Abbau gesellschaftlich existierender Benachteiligung einzelner Bevölkerungsgruppen beizutragen und Betroffene zu unterstützen. Bremen verfügt über einen Landesbehindertenbeauftragten, eine Integrationsbeauftragte, die Bremische Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau, ZGF, ein Fachreferat Ältere Menschen und eine breit gefächerte Szene von Nichtregierungsorganisationen.

Zu Frage 3: Der Präsident des Senats hat zusammen mit der Senatorin für Soziales, Kinder, Jugend und Frauen die Leiterin der Bundesantidiskriminierungsstelle empfangen. Es ist vereinbart, am 19. März 2012 die Absichtserklärung „Offensive für eine diskriminierungsfreie Gesellschaft“ der Antidiskriminierungsstelle des Bundes zu unterzeichnen. – Soweit die Antwort des Senats!

Haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Sie haben eben aufgezählt, welche Angebote wir in Bremen haben, und da gibt es eine ganze Menge. Wir haben im September auch beschlossen, dass da mehr Vernetzungsarbeit stattfinden soll. Wie ist da der Stand?

Bitte, Frau Senatorin!

Die Verwaltung arbeitet jetzt an dem Bericht, der der Bürgerschaft vorgelegt wird, mit dem wir auch Vorschläge machen und die Strukturen noch einmal klarer benennen. Die Frist läuft noch, aber den Arbeitsauftrag arbeiten wir jetzt ab.

Eine weitere Zusatzfrage der Abgeordneten Frau Dr. Mohammadzadeh!

Frau Senatorin, vielen Dank für den Hinweis in der Antwort 2, dass das Verwaltungshandeln nicht nur in Bezug auf Gender geprüft wird, sondern auch in allen anderen Bereichen wie Herkunft, Elternschaft und Alter. Trotzdem möchte ich fragen: Warum gegebenenfalls? Ist es vielleicht vorstellbar, dass man diese Frage auch generell in Bezug zum Beispiel auf Bildung und Gesundheit prüft? Ist es vorstellbar, wenn wir die Gruppe der älteren Menschen oder Migranten nehmen – sie kommen ja überall vor –, dass man generell bei allem Verwaltungshandeln diese Frage auch wie beim Aspekt Gender prüft?

Bitte, Frau Senatorin!

Meistens wenden sich Menschen ganz gezielt mit einem ganz konkreten Anliegen in einer Sache dann an den Landesbehindertenbeauftragten oder auch an Frau Hauffe als Landesbeauftragte für die Gleichberechtigung der Frau. Daher würde ich sagen, dass sich diese Strukturen bewährt haben. Die Frage werden wir aber noch einmal in der Bürgerschaft, denke ich, vor dem Hintergrund des Berichts des Senats zu dem Antrag der Bürgerschaft debattieren. Ich glaube, das ist eine grundsätzliche Frage, der man sich dann stellen muss.

Frau Senatorin, eine weitere Zusatzfrage durch die Abgeordnete Frau Böschen!

Frau Senatorin, seit einem Jahr läuft das Pilotvorhaben anonymisierte Bewerbungsverfahren unterstützt durch die Bundesstelle. Nun liegt sowohl der Zwischenbericht vor als auch ab 1. März die Endevaluation. Denken Sie daran, sich dieses Verfahren zu eigen zu machen und gegebenenfalls auch hier in Bremen einzusetzen?

Bitte, Frau Senatorin!

Frau Lüders hat uns als Bundesbeauftragte angeboten, die Ergebnisse des Verfahrens in Bremen einmal vorzustellen. Das wollen wir gern in Anspruch nehmen. Dann hatte ich darüber hinaus Gelegenheit, mit einigen Unternehmern über den Kontakt zur Handelskammer zu sprechen, ob sich nicht bremische Unternehmen für die Idee des anonymisierten Bewerbungsverfahrens erwärmen können. Es gibt verschiedene Modelle, die denkbar wären. Ich bin noch mit einigen Unternehmern verabredet, um zu klären, ob sich vielleicht größere Bremer Unternehmen als Piloten für derartige Bewerbungsverfahren anbieten.

Frau Abgeordnete Böschen, haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte!

Ich verstehe das so, dass Sie durchaus Interesse haben, dass auch hier in Bremen zukünftig anonymisierte Bewerbungsverfahren eingesetzt werden.

Bitte, Frau Senatorin!

Man muss das genau ausloten, Frau Abgeordnete. Bei den jetzigen Bewerbungsverfahren kümmern wir uns darum, dass gerade junge Menschen mit Migrationshintergrund bevorzugt eingestellt werden; wir haben Quoten festgelegt. Da muss man grundsätzlich die Sache klären. Das habe ich als Denkmoment im Kopf, ob man sich das dann auf der anderen Seite auch kaputt machen kann. Das muss man fachlich noch einmal miteinander diskutieren.

Ich glaube, dass der Weg über die Quoten bei Personaleinstellungsverfahren, den wir eingeschlagen haben, nicht schlecht ist, und da haben wir auch viel erreicht. Es zeichnet sich auch eine Verbesserung bei Schwerbehinderten, bei den Migranten, auch beim Anteil von Frauen in Führungspositionen in der bremischen Verwaltung ganz deutlich ab. Das müssen wir noch einmal miteinander im Senat und in der Bürgerschaft diskutieren.

Eine weitere Zusatzfrage durch die Abgeordnete Frau Vogt!

Frau Senatorin, wir hatten, als wir im September den Antrag für eine horizontal arbeitende Beratungsstelle eingebracht haben, die Diskussion, dass es ein unterschiedliches Beratungsangebot gibt, das vernetzt werden soll. Jetzt ist es aber so, dass eine ganz wichtige Beratungsstelle, weil es ein ESF-Projekt war, zum Ende März ausläuft, und zwar die Antidiskriminierungsstelle. Diese berät bei Diskriminierungen im Arbeitsleben. Wissen Sie, ob vom Senat eine Fortsetzung dieser Stelle in einem anderen Bereich geplant ist, oder wird dieses Projekt jetzt völlig im Sande verlaufen, nachdem es drei Jahre erfolgreich angelaufen ist?

Bitte, Frau Senatorin!

Das kann ich jetzt für den Senat fachlich nicht korrekt beantworten. Ich würde darum bitten, dass man die Frage noch einmal in der Arbeitsdeputation stellt.

Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor.

Die achte Anfrage trägt die Überschrift „Straftatbestand der Haushaltsuntreue“. Die Anfrage ist unterschrieben von den Abgeordneten Frau Piontkowski, Strohmann, Röwekamp und Fraktion der CDU.