Protocol of the Session on February 22, 2012

Die achte Anfrage trägt die Überschrift „Straftatbestand der Haushaltsuntreue“. Die Anfrage ist unterschrieben von den Abgeordneten Frau Piontkowski, Strohmann, Röwekamp und Fraktion der CDU.

Bitte, Frau Abgeordnete Piontkowski!

Wir fragen den Senat:

Wie bewertet der Senat den Vorschlag des Bundes der Steuerzahler, einen neuen Straftatbestand „Haushaltsuntreue“ im Strafgesetzbuch zu schaffen?

Beabsichtigt der Senat, sich für die Umsetzung des Vorschlages einzusetzen?

Diese Anfrage wird beantwortet von Herrn Staatsrat Professor Stauch.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: Der Vorschlag des Bundes der Steuerzahler ist dem Senat bekannt. Mit dem Ziel, die Veruntreuung von öffentlichen Geldern zu verhindern, stimmt der Senat überein.

Zu Frage 2: Ob eine Ergänzung des Strafgesetzbuchs erforderlich und geeignet ist, wird der Senat eingehend prüfen, wenn der Regelungsvorschlag des Bundes der Steuerzahler Gegenstand einer konkreten Gesetzesinitiative werden sollte. Ob es über die geltenden Tatbestände, Untreue, Paragraf 266 des Strafgesetzbuchs, hinaus einen weiteren Bedarf nach zusätzlicher strafrechtlicher Sanktionierung gibt, lässt sich nur nach Prüfung regelungsbedürftiger Fallkonstellationen und einer eingehenden fachlichen Prüfung des Gesetzesvorschlags beurteilen. Die Beurteilung durch das Bundesjustizministerium sollte vor einer Bewertung abgewartet werden. – Soweit die Antwort des Senats!

Frau Abgeordnete Piontkowski, haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Sind Sie mit mir der Meinung, Herr Staatsrat Professor Stauch, dass es ein Gleichgewicht zwischen der Kontrolltätigkeit aufseiten der Steuererhebung und der Kontrolltätigkeit aufseiten der Steuerverwendung geben muss?

Bitte, Herr Staatsrat!

Es gibt eine intensive Kontrolle des Haushaltsvollzuges, eine intensive parlamentarische Kontrolle. Sie sind ja selbst Vorsitzende des Haushaltsausschusses. Es ist natürlich klar, dass der Haushaltsvollzug genau parlamentarisch verfolgt wird. Ob man jetzt zusätzlich strafrechtliche Sanktionen noch einführen muss, ist eine sehr spezifische Frage. Man muss sich genau überlegen, ob das wirklich hilfreich ist.

Es gibt eine sehr dezidierte Stellungnahme, die jetzt seit zehn Tagen vorliegt, ein umfangreiches Gutachten. Ob das vernünftig ist, das muss man genau betrachten. Das können wir auch nicht allein anhand

von Bremer Fällen beurteilen, sondern darauf wird man bundesweit schauen müssen. Welche Konstellationen gibt es? Gibt es einen zusätzlichen Regelungsbedarf? Im Regelfall wird man sagen können, wir haben eine intensive parlamentarische Kontrolle für den Haushaltsvollzug; das ist auch sinnvoll. Transparenz ist ganz zentral. Ob man das strafrechtlich noch bewehren muss, ist eine ziemlich komplexe und schwierige Frage. Ob der Bund der Steuerzahler auf der richtigen Seite ist, das ist genau zu prüfen.

Frau Abgeordnete, haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Herr Staatsrat Professor Stauch, haben Sie eine Erklärung dafür, warum es immer wieder zu Verstößen gegen das Haushaltsrecht kommt, beispielsweise die Kostensteigerung der unterirdischen Anbindung des Stadthauses Vegesack, bei der Bremen Verpflichtungen eingegangen ist, deren Höhe nicht durch Beschlüsse des Haushaltsausschusses gedeckt waren, oder – ich kann nichts dafür, dass Herr Staatsrat Professor Stauch die Frage beantwortet –

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Sie haben ja die Anfrage so gestellt!)

die Kostensteigerung beim Siemens-Hochhaus? Wir können auch in den Bericht des Rechnungshofes schauen, dort sind weitere Beispiele. Wie erklären Sie sich, dass es immer wieder dazu kommt?

Liebe Frau Abgeordnete, ich glaube diese Zusatzfragen reichen über das hinaus, was mit der ersten Anfrage nachgefragt worden ist.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Die Antwort ist ganz einfach. Natürlich gibt es Gesetzesverstöße. Man bräuchte keine Gesetze, wenn es keine Gesetzesverstöße gäbe. Das gilt für alle Bereiche. Das ist natürlich besonders empfindlich im Bereich des Haushalts; das ist ganz klar. Die Frage ist, wie das kontrolliert wird.

Frau Abgeordnete Piontkowski, ist die Frage damit beantwortet? Ansonsten wäre das eine Frage an das Finanzressort und nicht an das Justizressort.

(Abg. Frau P i o n t k o w s k i [CDU]: Die Frage ist damit nicht beantwortet, aber in- sofern werde ich die Frage zu gegebener Zeit noch einmal stellen!)

Haben Sie jetzt in der Sache noch eine weitere Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Piontkowski?

(Abg. Frau P i o n t k o w s k i [CDU]: Ich habe keine weiteren Zusatzfragen! Nur zu Herrn Abgeordneten Dr. Kuhn: Ich war wirk- lich im Rechnungsprüfungsausschuss dabei!)

Bitte keinen Dialog untereinander!

Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor.

Die neunte Anfrage in der Fragestunde befasst sich mit dem Thema „JadeWeserPort in Wilhelmshaven“. Die Anfrage trägt die Unterschriften der Abgeordneten Kastendiek, Bödeker, Strohmann, Röwekamp und Fraktion der CDU.

Bitte, Herr Abgeordneter Kastendiek!

Wir fragen den Senat:

Lagen der Behördenleitung des Senators für Wirtschaft und Häfen Hinweise vor, wonach die tatsächliche Ausführung der Bauleistungen zur Errichtung der Kajenspundwand des JadeWeserPorts nicht den Bedingungen beziehungsweise den Vorgaben der Ausschreibung entsprach beziehungsweise wonach gegen die tatsächliche Ausführung der Bauarbeiten technische Bedenken bestanden?

Wenn ja, wie wurden diese Bedenken oder Hinweise geprüft, bewertet, weitergeleitet und nachverfolgt?

Auf welche Höhe wird der Schaden an der Spundwand des JadeWeserPorts durch sogenannte Schlosssprengungen geschätzt, wer trägt die Reparaturkosten hierfür, und welche Folgen resultieren daraus?

Diese Anfrage wird beantwortet von Herrn Staatsrat Dr. Heseler.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu den Fragen 1 und 2: Der Behördenleitung des Senators für Wirtschaft und Häfen lagen keine Hinweise vor, wonach die tatsächliche Ausführung der Bauleistungen zur Errichtung der Kajenspundwand des JadeWeserPorts nicht den Bedingungen beziehungsweise den Vorgaben der Ausschreibung entsprach.

Wiederholt wurden technische Bedenken angeführt, so in einem Schreiben der Geschäftsführung von bremenports an die JadeWeserPort-Realisierungsgesellschaft vom 4. Dezember 2008. Die dort formulierten Bedenken wurden intensiv auf der Aufsichtsratssitzung der JadeWeserPort-Realisierungsgesellschaft am 17. Dezember 2008 von den Bremer Vertretern thematisiert. Die Geschäftsführung erklärte hierzu, dass „die Arbeiten im Rahmen der vertraglichen Vereinbarung geleistet werden, Qualitätssicherung und -vorsorge intensiv betrieben werden, es keine Erkenntnisse von negativen Abweichungen zu den Vorgaben gibt“.

Der Aufsichtsrat wurde von der Geschäftsführung fortlaufend über den Stand der Bauarbeiten informiert. Eine intensive Befassung erfolgte zuletzt in der Aufsichtsratssitzung am 16. Dezember 2011, in der auch über die zu diesem Zeitpunkt bekannten Schlosssprengungen informiert wurde.

Die Vertreter Bremens haben im Januar 2012 weitere Fragen hinsichtlich der Bauausführung an die Geschäftsführung gestellt. Mit Schreiben vom 2. Februar 2012 erklärte die Geschäftsführung: „Die Standsicherheit der 1 725 Meter langen Hauptkaje war und ist zu keinem Zeitpunkt gefährdet gewesen.

Die Gesellschaft weist aus gegebenem Anlass darauf hin, dass alle Rammarbeiten entsprechend der Ausschreibung und dem abgeschlossenen Bauvertrag durchgeführt wurden. In diesem wurde sowohl eine mäklergeführte Rammung als auch das Arbeiten mit einem Rammgerüst zugelassen. Die ArGe hat sich für die Ausführung mittels Rammgerüst entschieden. Beide Ausführungsvarianten entsprechen der EAU und somit den Regeln der Technik. Der Inbetriebnahmetermin für den JadeWeserPort am 5. August 2012 ist nicht gefährdet.“ Soweit das Zitat aus dem Schreiben der Geschäftsführer vom 2. Februar 2012!

Mit einer E-Mail vom 20. Februar 2012 informierte die Geschäftsführung den Aufsichtsrat der JadeWeserPort-Realisierungsgesellschaft über ein Schreiben an die ArGe, nachdem diese mit Restleistungen sowie der Mängelbeseitigung in Verzug ist und noch keine Schlosssprengung saniert worden ist. Der Terminplan der ArGe sei im Hinblick auf die Inbetriebnahme des Hafens nicht akzeptabel. Das Schreiben enthält auch die Information, dass circa sieben Schlosssprengungen hinzugetreten seien und weitere Schlosssprengungen zu befürchten seien.

Zu Frage 3: Die Geschäftsführung der JadeWeserPort-Realisierungsgesellschaft schätzte den bisherigen Schaden an der Spundwand des JadeWeserPorts durch sogenannte Schlosssprengungen auf circa 12,5 Millionen Euro ohne die am 20. Februar 2012 bekanntgegebenen weiteren Schlosssprengungen. Sie geht davon aus, dass die Reparaturkosten durch die bauausführende ArGe beziehungsweise von den Versicherungen getragen werden. – Soweit die Antwort des Senats!

Herr Abgeordneter Kastendiek, Sie haben sicherlich Zusatzfragen? – Bitte sehr!

Nun geht es ja auch um bremische Steuergelder. Bremen finanziert die Maßnahme entsprechend des Anteils an der Infrastruktur in Höhe von circa 50 Prozent. Bei Gesamtkosten für die Baumaßnahme von ungefähr 170 bis 180 Millionen Euro kommen entsprechende Beträge zustande. Es sind auch gerade im Jahr 2008 von der Realisierungsgesellschaft immer wieder Mittelabforderun

gen per Rechnungsstellung an Bremen erfolgt. Vor diesem Hintergrund stellt sich natürlich schon die Frage: Wie ist die sachgemäße Verwendung dieser bremischen Steuermittel überprüft worden?

Nun haben wir selbst darauf aufmerksam gemacht, dass die Geschäftsführung von bremenports darauf hingewiesen hat, dass nach deren Einschätzung offensichtlich die Bedingungen der Baubeschreibung, Bestandteil des Vertrags, nicht eingehalten worden sind, wo unter Punkt 6.3 und 6.4 eine vertikale Führung gefordert wird, und auch die EAU, auf die Sie hingewiesen haben, ein hohes Maß an lotrechter Stellung fordert.

Ich frage: Wenn es so intensive Bedenken von bremenports gegeben hat, die eine große Erfahrung in Hafenbauprojekten dieser Größenordnung haben, was haben die bremischen Vertreter gemacht, um nachhaltig, eventuell auch gutachterlich zu überprüfen, ob die Aussagen der Geschäftsführung so stimmen? Wenn ich mir die Entwicklung anhöre, muss ich ja feststellen, dass an der Stelle offensichtlich, ohne das weiter vertiefen zu wollen, die Annahmen nicht ganz korrekt waren!

Bitte, Herr Staatsrat!

Wir sind ja schon zum Teil darauf eingegangen, ich will zunächst noch zusätzlich etwas zum Sachverhalt erklären. Sie haben den Punkt 6.3 genannt, darin ist ausdrücklich die Rede von vertikalen Führungen, und es steht dort deutlich: Mäkler oder technisch gleichwertige Rammführung! Sie sind, glaube ich, Ingenieur, ich bin Ökonom, ich maße mir da keine besonderen Kenntnisse an, aber wir haben Fachleute dazu befragt, und es gibt dort unter den Ingenieuren unterschiedliche Ansichten. Das ist dort wahrscheinlich so wie bei den Juristen.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Was? Jetzt aber vorsichtig! – Heiterkeit – Abg. R ö w e - k a m p [CDU]: Provozieren Sie keine Nach- fragen! – Abg. T s c h ö p e [SPD]: In der übernächsten Debatte werden wir uns völ- lig einig sein!)