Protocol of the Session on May 11, 2011

Mehr Lärmschutz an Bahnstrecken und Schienenfahrzeugen

Antrag der Gruppe der FDP vom 10. Mai 2011 (Drucksache 17/1766)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Senator Dr. Loske.

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Strohmann.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Da es sich hier um etliche Anträge handelt und es auch so ein bisschen zwei unterschiedliche Paar Schuhe sind, möchte ich mich zügig in das Thema begeben! Bremen scheint als ICE-Bahnhof nicht mehr wichtig für die Bahn zu ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

sein. Ich spreche gar nicht von den Verschlechterungen des letzten Fahrplanwechsels mit der Halbierung der ICE-Kapazitäten, dies fügt sich in eine ganze Reihe von Verschlechterungen ein. Seit circa zehn Jahren wird zum Beispiel Bremerhaven nicht mehr von ICEs angefahren. Seit dem letzten Fahrplanwechsel 2009/2010 wird Bremen bis auf eine Ausnahme nicht mehr von den Nachtzügen der City Night Line angesteuert.

(Vizepräsidentin D r. M a t h e s über- nimmt den Vorsitz.)

Erst im Juli 2010 feierten sich Herr Bürgermeister Böhrnsen und Herr Senator Dr. Loske auf dem Bahngipfel in Bremen. Die Loblieder und Ankündigungen schienen aber nicht von langer Dauer gewesen zu sein. Als dem Senat die neuen Fahrpläne bekannt wurden – warum eigentlich auch so spät, das fragen wir uns noch, aber das wird uns Herr Senator Dr. Loske gleich erklären können! –, schrieb Bürgermeister Böhrnsen Mitte Dezember 2010 an Bahnchef Gruber einen seiner zahlreichen Briefe, die er schon zu anderen Themen an irgendwelche Leute geschrieben hat. Auch dieser Brief hat wieder den gleichen Effekt gehabt, nämlich gar keinen, aber man hat wieder einmal eine Schlagzeile in der Zeitung!

Deshalb haben wir diesen Antrag gestellt, der im Großen und Ganzen auch im Änderungsantrag der Koalition noch einmal herübergekommen ist. Nur, dann wieder den Schwarzen Peter auf die Bahn zu schieben, halten wir für falsch. Hier geht es darum, bessere Abstimmungen der Fahrpläne zu initiieren, dass man die Fahrgäste des VBN und der BSAG besser koordiniert, eine Bestandsaufnahme zu machen und dann in Initiativen wirklich tätig zu werden, dass Bremen nicht abgehängt wird. Das ist unser Ziel, und daran haben wir auch in der nächsten Legislaturperiode ein gemeinsames Interesse, dass die BSAG, die Deutsche Bahn, die NordWestBahn und Metronom besser abgestimmt werden. Das liegt, glaube ich, auch in der Arbeit, das können wir selbst gestalten, bei der Bahn ist es ein bisschen schwieriger. Da müssen wir gemeinsam wirklich etwas für die Standorte Bremen und Bremerhaven machen. Das zu diesem Antrag!

Ich will auf die Anträge zum Thema Lärmschutz, da sind ja jetzt etliche eingereicht worden, nicht weiter groß eingehen. Ich glaube schon, uns allen hier im Haus ist klar, dass Bahnlärmschutz ein wichtiges Thema der nächsten Jahre sein wird. Ich glaube auch, dass passiver Lärmschutz, also Wände zu bauen, das eine ist, aber die sind städteplanerisch, glaube ich, schwierig, dass aktiver Lärmschutz das wichtige Modul sein muss und dass wir Regelungen durch Anreize, aber auch durch Bestrafung finden müssen, dass eben Güterwaggons, die durch die Stadt fahren, lärmgemindert sind, da gibt es schon Techniken.

Es kann nicht angehen, dass einige Firmen, wie zum Beispiel die BLG, Geld investieren, vernünfti

ge Waggons kaufen und diese durch die Stadt laufen lassen und eben einige Firmen billige alte fünfzigjährige Waggons aus Osteuropa aufkaufen, die hier durch die Stadt klappern, das kann es, glaube ich, nicht sein, da sind wir uns alle einig.

Das ist eine Aufgabe, der wir uns in den nächsten Jahren stellen müssen, da gibt es auch schon sehr intensive Kontakte zu den einzelnen Bürgerinitiativen, die auch sehr vernünftig und sachlich sind. Es muss eben auch über Themen wie Nachtfahrverbote und Geschwindigkeitsbegrenzungen, über Neuinvestitionen in die Umrüstung der Waggons intensiv gesprochen werden. Deswegen werden wir einige Anträge der Koalition mittragen, weil uns das Thema auch sehr wichtig ist.

Dem Antrag, der gestern von Herrn Dr. Buhlert hereingekommen ist, werden wir nicht zustimmen, weil ehrlicherweise: Herr Dr. Buhlert, es tut mir ja leid für Ihre Partei, aber Sie müssen sich nicht an jedem Strohhalm festhalten und da noch einmal eben etwas machen. Sie hätten sich ja wirklich in diese Diskussion schon früher einbringen können. Jetzt noch dieser Antrag, einen derartigen Populismus und Unsinn machen wir nicht mit. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat der Abgeordnete Kasper.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Jetzt ist uns das in der Bremischen Bürgerschaft passiert, was wir gern den Eisenbahnverkehrsunternehmen vorhalten, wir haben nämlich Verspätung. Wir reden jetzt über einen Antrag der CDU vom Januar 2011 und über zwei weitere Anträge vom Februar 2011, dazu kommen noch drei Anträge zum Thema Lärm, das ein Dauerbrennerthema ist, jetzt und auch in Zukunft. Der Reihe nach!

Zu Jahresbeginn häuften sich die Meldungen über Verspätungen, Zugausfälle, eingefrorene Weichen und zu wenig Ersatzfahrzeuge. Ausgelöst durch einen starken Wintereinbruch, im wahrsten Sinne des Wortes alles leider schon Schnee von gestern, konnte das System Schiene nicht mehr einwandfrei funktionieren. Damit einhergehend die Meldung, dass Bremen nicht mehr angemessen im ICE-Netz eingebunden werden kann. Das i-Tüpfelchen aus meiner Sicht ist, dass eine neue Verbindung von Hamburg nach Köln an Bremen vorbei geschaffen werden soll, dafür aber über die Metropole Sagehorn. Bremen abgekoppelt vom Fernverkehrsnetz, ein Gedanke, der im Land zu Recht für Unmut sorgte! Bürgermeister Böhrnsen und Verkehrssenator Dr. Loske sprachen mit dem DBVorstand, Herr Strohmann hat es soeben erwähnt, allerdings in einem anderen Kontext und mit einem ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

anderen Ergebnis. Ich sehe es als wichtig an, dass Bürgermeister und Verkehrssenatoren schon mit dem Vorstand der DB reden und sich regelmäßig austauschen.

(Abg. K a s t e n d i e k [CDU]: Dabei sol- len aber Ergebnisse herauskommen!)

Ich würde es nicht einfach so abtun, dass da Briefe geschrieben werden und nicht reagiert wird. Ich halte es schon für wichtig, dass man miteinander im Gespräch bleibt.

Die CDU formulierte einen Antrag, die SPD-Fraktion hatte gesagt, das ist eigentlich eine Geschichte, bei der man einmal gemeinsam etwas machen kann. Wenn Sie sich die beiden Anträge anschauen, die wir gleich abstimmen werden, werden Sie feststellen, dass es einen entscheidenden Unterschied gibt, nämlich im zweiten Absatz, in dem wir auffordern, auf die Dividende von circa 500 bis 600 Millionen Euro pro Jahr zu verzichten.

(Beifall bei der SPD)

Wie kommen wir auf diese verwegene Idee? Wie kommen wir auf diese Größenordnung?

(Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Weil Sie So- zialdemokraten sind!)

Schauen Sie, Herr Kollege Strohmann, einmal in die „Wirtschaftswoche“, und dann werden Sie in einem Artikel sehen, dass 2003 noch 3,5 Milliarden Euro durch die Bahn investiert wurden, im Jahr 2009 war es nicht einmal mehr eine Milliarde Euro, und trotzdem wollen sie davon noch 500 Millionen Euro wegnehmen, damit noch weniger investiert wird. Das passt nicht zusammen.

(Beifall bei der SPD – Abg. K a s t e n d i e k [CDU]: Das hat doch betriebswirtschaftlich nichts miteinander zu tun! Das ist doch lai- enhaft! – Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Das ist genau wie mit der BLG vor 20 Jahren!)

Zur BLG sage ich gleich auch noch etwas! Zurück zum zweiten Absatz! Es konnte also nicht zu einem gemeinsamen Antrag kommen, weil die CDU der Auffassung war, dies gehöre nicht in den Antrag, und diesen Absatz herausgestrichen hat. Meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, zeigen Sie doch einmal, dass Sie von Berlin unabhängig sind, zeigen Sie, dass Sie sich wirklich für Bremen einsetzen! Machen Sie das, was Sie plakatieren: Jetzt das Richtige tun! Stimmen Sie unserem Antrag zu!

Der zweite Bereich befasst sich mit der Prüfung alternativer Streckenführungen. Durch die geografische Lage am seeschifftiefen Wasser haben sich die Häfen in Bremerhaven und Bremen und bald auch in Wilhelmshaven zur Lebensader unseres Bundes

landes und der Region entwickelt. Die Kombination Seeschiff und Schiene, also diese Hinterlandverkehre, bleibt nicht ohne Folgen. Die Folgen sind Überlastungen der Strecke, vermeintliche Konkurrenz zwischen Personen- und Güterverkehr, doch vor allem die Belastung von Menschen, die sich in den eigenen vier Wänden nicht mehr vor Lärm und Erschütterung schützen können. Was kann getan werden? Wir können nicht durch Verhandlungen oder Beschlüsse des Parlaments die geografische Lage von Bremen und Bremerhaven von der Waterkant ins Binnenland verschieben.

(Abg. Frau B ö s c h e n [SPD]: Noch nicht!)

Gibt es Alternativen? Nichts im Leben ist alternativlos! Denkbar sind Umfahrungsverkehre, gleichbedeutend sind Investitionen in das rollende Material. Ich habe vorhin bereits die Größenordnung von 500 bis 600 Millionen Euro erwähnt. Dies ist nicht nur die Höhe der Dividende, sondern es ist auch nach Aussage der DB AG die Größenordnung, um die circa 140 000 Güterwaggons mit dem modernen, leiseren Bremssystem auszurüsten. Falls in naher Zukunft lärmabhängige Trassenpreise erhoben werden, wäre dies eine gute Investition in die Zukunft. Dass neue Technik und der Wille zum Handeln erfolgreich sind, lässt sich belegen. Sie haben es schon gesagt, Kollege Strohmann, durch die Anschaffung von neuen, modernen und vor allem leiseren Autozügen hat die BLG das Tor in die richtige Richtung weit aufgestoßen. Meine lieben Gruppenmitglieder dort rechts außen, es ist gut, dass es dieses innovative Unternehmen gibt, und es ist absolut gut, dass es bremisch bleibt.

(Beifall bei der SPD)

Noch einige Anmerkungen zu den Umfahrungsverkehren! Die Idee, dass Ballungsräume umfahren werden sollen, hat ihren Reiz, aber in erster Linie nur aus dem Blickwinkel der in den Ballungszentren lebenden Personen. Wenn diese Maßnahme greifen soll, muss man vorher mit den betroffenen Menschen in Zeven, in Bremervörde und auch anderswo reden, und zwar ausführlich. Wir dürfen uns nicht dem Verdacht aussetzen, dass wir hier verdrängen wollen oder nach dem Sankt-Florians-Prinzip verfahren.

Abschließend die Lärmthematik! Hierzu liegen uns jetzt drei Anträge vor, und es wäre aus unserer Sicht gut gewesen, wenn es zum Abschluss der Legislaturperiode und in der Außenwirkung der Freien Hansestadt Bremen gegenüber der Bundesregierung und der DB AG zu einem gemeinsamen Antrag gekommen wäre. (Beifall bei der SPD)

Auch und gerade gegenüber den Menschen, die vom Lärm gebeutelt sind, wäre es ein Signal verantwortungsbewusster und bürgernaher Politik gewesen. Die

erneute Bekräftigung bereits gefasster guter Beschlüsse kann niemals falsch sein. Zuletzt ein kleiner Blick von mir in die Zukunft! Die Lärmproblematik wird nicht in der nächsten Woche oder im nächsten Monat zu lösen sein. Die Menschen, die Anlieger, die Wirtschaft, die Eisenbahnverkehrsunternehmen, alle warten auf eine ernsthafte Befassung vonseiten der Politik. Wir haben eben das Beispiel bei der A 281, den runden Tisch, gehört. Die Diskussion im Regionalausschuss hat vorgemacht, dass viele Menschen beteiligt werden möchten.

(Glocke)

Doch Lärm macht nicht vor Landesgrenzen halt, wir müssen noch eine, zwei oder sogar noch mehr Diskussions- und Entscheidungsebenen nach oben gehen. Vielleicht wäre es zunächst eine Aufgabe für die Metropolregion und weiter im Verbund der norddeutschen Länder: Drängen wir gemeinsam den Lärm zurück, liebe Kolleginnen und Kollegen! – Danke!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Schaefer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir debattieren heute in fünf Minuten über zwei Themenkomplexe zum Thema Bahnverkehr, nämlich einmal, den Bahnlärm zu verringern und des Weiteren die Bahnanbindung in Bremen. Man kann es vielleicht vorab auf eine schnelle Formel bringen: Wir in Bremen wollen effiziente und kundenfreundliche Bahnanbindungen und einen effizienten und lückenlosen Lärmschutz. Für uns Grüne ist der Bahnverkehr ein wichtiger Baustein im Themenkomplex Klimaschutz, es ist ein Baustein der umweltfreundlichen Mobilität. Wenn wir wollen, dass mehr Menschen auf ihr Auto verzichten und mit der Bahn fahren, ist dies kein Selbstläufer. Nur wer gute Bahnanbindungen hat und somit bequem und schnell von einem Ort zum anderen kommt, nutzt auch diese umweltfreundliche Alternative. Deswegen kritisieren wir, dass beim Fahrplanwechsel im Dezember 2010 wichtige Verbindungen entfallen sind, die auch hier schon genannt worden sind: Die Verbindungen von Bremen nach Hamburg sind halbiert worden, ICE-Verbindungen und auch Nachtzugverbindungen sind weggefallen. Deswegen finden wir die meisten Forderungen im CDU-Antrag richtig. Wir unterstützen auch ausdrücklich die Forderung nach einem integrierten Taktfahrplan, also der Abstimmung der Taktung zwischen Bahnverbindungen untereinander, aber auch zwischen Bahnverbindungen und dem ÖPNV, und das besonders zu später Stunde. Nichts ist ärgerlicher, als wenn man mit der

Bahn am Bahnhof ankommt und 40 Sekunden Zeit hat, von einem Gleis zum anderen zu laufen, um einen Anschlusszug zu erreichen, den man in der Regel nicht bekommt, und dann eine halbe oder ganze Stunde warten zu müssen, oder wenn man abends am Hauptbahnhof ankommt und dann mit der Straßenbahn, die man gerade verpasst hat, in entlegene Stadtteile fahren muss und dann im Dunkeln warten muss. Wir Grüne haben uns deswegen auch dafür stark gemacht, dass sich Kunden oder unter anderem auch der Fahrgastbeirat aktiv bei der Erstellung von Fahrplänen einbringen können, und wir erwarten auch, dass diese Hinweise ernsthaft geprüft und auch bestmöglich eingearbeitet werden. Wir sehen allerdings auch deutlich ein Problem bei der Deutschen Bahn, Herr Kasper hat auch schon darauf hingewiesen: Das Schielen auf den Börsengang oder jetzt auch auf die Abführung von 500 Millionen Euro jährlich an den Bund führt einfach auch zu finanziellen Einschnitten und damit auch zu Einschnitten in der Qualität. Das Geld sollte unserer Meinung nach besser für die Sicherheit des Schienennetzes, für Service, Fahrzeugmaterial, aber auch für den Erhalt der Zugverbindungen eingesetzt werden.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wir können es uns nicht leisten, dass durch diese Sonderzahlung an die Bundesregierung der Bahnkunde am Ende darunter leidet. Zudem ist das Geld auch zusätzlich in der Lärmsanierung vonnöten. Damit komme ich jetzt zu dem Themenkomplex Bahnlärm! Wir haben uns in dieser Legislaturperiode öfter mit dem Thema Bahnlärm beschäftigt, wir haben hierzu auch viele gute Beschlüsse gefasst, einige finden sich hier in den Anträgen der CDU und der FDP wieder. Ich finde es müßig, Dinge, die man schon beschlossen hat, noch einmal zu beschließen. Ich erinnere einfach an unseren Antrag vom 8. Dezember 2009, mit dem wir uns fraktionsübergreifend für die Förderung von lärmmindernden Maßnahmen an Fahrzeugen und Strecken, wie zum Beispiel für neue Bremssysteme, für die Abschaffung des sogenannten Schienenbonus von 5 dB(A), für die Absenkung der Sanierungsgrenzwerte auf 55 dB(A) nachts und 65 dB(A) tagsüber eingesetzt haben.

(Glocke)

Frau Dr. Schaefer, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Buhlert?

Frau Kollegin Dr. Schaefer, es ist ja sehr schön, dass Sie diesen von uns gemeinsamen Antrag noch einmal vorstellen. Würden Sie auch dem Haus mitteilen, wer ihn damals nicht mitgezeichnet hat?

Sie können das sicherlich beantworten!