Protocol of the Session on May 11, 2011

Wir fragen den Senat:

Erstens: Welche Schätzungen gibt es über die Zahl von Mädchen und Frauen, die in Deutschland von Genitalverstümmelungen betroffen oder bedroht sind, und lassen sich daraus Zahlen auch für Bremen und Bremerhaven ableiten?

Zweitens: Welche Möglichkeiten sieht der Senat, betroffenen Mädchen und Frauen Informationen über Hilfeangebote und Beratungsmöglichkeiten nahezubringen?

Diese Anfrage wird beantwortet von Frau Senatorin Rosenkötter.

Herr Präsident, liebe Abgeordnete! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: Laut Schätzungen der Frauenrechtsorganisation Terres des femmes sowie der Internationalen Aktion gegen weibliche Beschneidung e. V.

leben in Deutschland circa 24 000 bis 30 000 betroffene Migrantinnen sowie 6 000 gefährdete Mädchen. Eine aktuelle Studie aus Hamburg, in der über 1 800 Migrantinnen aus betroffenen Ländern befragt wurden, ergab, dass jede dritte in Hamburg lebende Frau, die aus einem der betroffenen Länder stammt, beschnitten ist. Sieben Prozent ihrer Töchter sind betroffen. Rechnet man die potenzielle Zahl ausschließlich anhand der Einwohnerzahl hoch, kommt man für Bremen und Bremerhaven auf eine Summe von circa 150 betroffenen Frauen und Mädchen.

Zu Frage 2: Zurzeit gibt es keine Beratungsangebote und Hilfsangebote für die betroffenen Mädchen und Frauen. Dabei ist aus den Beratungsstellen in den Stadtteilen bekannt, dass für betroffene Personen Aufklärung und Beistand in gesundheitlichen Fragen von hoher Bedeutung sind. Der Senat unterstützt Initiativen, die das Thema in Vorträgen an Schulen, Universitäten und auf Fachtagungen aufgreifen und Informationen sowie Fachwissen vermitteln. Der Senat wird im Übrigen den Berufsverband der Gynäkologen bitten, Ärztinnen zu benennen, die durch entsprechende Fortbildungen qualifiziert und bereit sind, betroffene Frauen zu behandeln. Darüber hinaus wird die Bremer Ärztekammer gebeten werden, für ärztliches Personal sowie Pflege und Hebammen entsprechende Fortbildungen anzubieten. – Soweit die Antwort des Senats!

Frau Kollegin, haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Frau Senatorin, Sie haben in Ihrer Antwort deutlich gemacht, dass es in der Tat nur Schätzungen gibt. Der Ansatz für die Hilfeangebote ist schon sehr zielführend. Wie ist es Ihrer Meinung nach möglich, eventuell konkretere Zahlen zu bekommen, wenn Ärztinnen und Ärzte verpflichtet sind, wenn sie bei Frauen Verstümmelungen feststellen, dies anonym zu melden? Es geht also um die Anonymität, um überhaupt einmal eine Datenbasis zu bekommen.

Bitte, Frau Senatorin!

Auch eine anonyme Datenbasis ist nur dann möglich, wenn diese Frauen in der Tat Gynäkologinnen aufsuchen, oder sicherlich auch, wenn dies bei Geburten in den Krankenhäusern festgestellt und registriert wird. Ansonsten gibt es dafür keine Verpflichtung. Ich glaube, diese Initiative und dieses „noch einmal in die Öffentlichkeit bringen“ und hier insbesondere Frauenärztinnen zu benennen oder zu bitten, dass sie hier mehr an Informationen und auch Beratung machen können, ist für diese Frauen wirklich von ganz großer Bedeutung, weil sie dadurch doch auch gesundheitliche Probleme haben.

Frau Kollegin, haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Genau dieser Schritt ist für mich auch wesentlich, denn die Ärztinnen und Ärzte sind, wenn sie mit Frauen in Verbindung kommen, die verstümmelt worden sind – ich wähle ganz bewusst das Wort Verstümmelung und nicht Beschneidung, weil es für mich ein Verbrechen an den Frauen ist –, in der Tat sehr überfordert und wissen nicht, wie sie mit dieser Situation umzugehen haben. Von daher begrüßen wir Ihre Initiative, hier auf ärztlicher Seite das Thema noch einmal voranzutreiben.

Eine weitere Zusatzfrage von Frau Dr. Mohammadzadeh! – Bitte sehr!

Frau Senatorin, die Frage der Genitalverstümmelung ist nicht nur eine medizinische Frage, sondern vor allem auch eine psychologische Frage. Wie sehen Sie das? Wir haben in Bremen starke Frauengesundheitsberatungsstellen, psychologische Frauenberatungsstellen, wir haben pro familia, und auch im Gesundheitsamt gibt es verschiedene Beratungsstellen. Was halten Sie davon, dass sich diese Beratungsstellen durch Fortbildung und auch mithilfe anderer Maßnahmen der Zielgruppe stärker öffnen?

Bitte, Frau Senatorin!

Ich begrüße das sehr, und wir werden diese Initiative ergreifen. Es ist in der Tat so, dass das natürlich nicht nur ein gesundheitliches, ein medizinisches Thema ist und etwas, das sozusagen auf der Fachebene zu behandeln ist, sondern es betrifft insbesondere die Frauen auch in ihrer Seele. Das ist, glaube ich, weit schwerer, mit diesen Frauen, wenn man das so sagen darf, zu behandeln. Insofern braucht es eine hohe Sensibilität auch bei der Beratung und bei der Information dieser Betroffenen und möglicherweise noch betroffenen Mädchen und Frauen. Daher scheint es mir sehr wichtig, dass wir Gynäkologinnen, Beraterinnen, das Personal in den Fachstellen schulen und versuchen, ihnen dieses Fingerspitzengefühl für das Thema zu vermitteln. Ich kenne diese Beratungsstellen, sie machen eine sehr engagierte Arbeit, und ich kann mir vorstellen und bin sehr sicher, dass sie sich dieses Themas annehmen werden.

Frau Senatorin, weitere Zusatzfragen liegen nicht vor.

Die fünfte Anfrage bezieht sich auf Grenzwerte für Radioaktivität in Lebensmitteln. Diese Anfrage ist unterschrieben von den Abgeordneten Frau Hiller, Schildt, Tschöpe und Fraktion der SPD.

Bitte, Herr Kollege Schildt!

Wir fragen den Senat:

Erstens: Wie bewertet der Senat die von der EUKommission vorgenommene Erhöhung der erlaubten Grenzwerte für Radioaktivität bei Lebensmitteleinfuhren?

Zweitens: Wie bewertet der Senat mögliche gesundheitliche Belastungen durch importierte Lebensmittel oder Fisch?

Drittens: Welche Maßnahmen werden in bremischen Häfen vorgenommen, um mögliche radioaktive Belastungen festzustellen?

Diese Anfrage wird beantwortet von Frau Senatorin Rosenkötter.

Herr Präsident, liebe Abgeordnete! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: Die EU-Kommission hat nach dem Unfall im Atomkraftwerk Fukushima reagiert und kurzfristig Sondervorschriften für die Einfuhr von Lebensund Futtermitteln erlassen, deren Ursprung oder Herkunft Japan ist. Hierbei hat die EU-Kommission auf eine bereits bestehende EURATOM-Verordnung zurückgegriffen und Höchstwerte für mehrere Radionuklide festgelegt. Durch dieses Eilverfahren ist eine Diskrepanz zu den Cäsium-Höchstwerten entstanden, die in der EU-Verordnung für Lebensmittelimporte aus von Tschernobyl betroffenen Ländern festgelegt sind, und denen, die in Japan selbst rechtsverbindlich sind. Der Senat begrüßt, dass die EU-Kommission aus Gründen der Nachvollziehbarkeit und Konsistenz in einem zweiten Schritt die Höchstwerte für Lebens- und Futtermittel, deren Ursprung oder Herkunft Japan ist, auf ein deutlich niedrigeres Niveau angepasst hat.

Zu Frage 2: Nach den vorliegenden Informationen sieht der Senat keine gesundheitlichen Belastungen durch importierte Lebensmittel oder importierten Fisch.

Zu Frage 3: Die Zentrale Kontaktstelle der Wasserund Schifffahrtsverwaltung im Maritimen Sicherheitszentrum in Cuxhaven ermittelt anhand der bei ihr eingehenden „24-Stunden-Meldungen“ alle Schiffe, die nach dem 11. März 2011 japanische Häfen angelaufen haben, darunter auch diejenigen Schiffe, die vor dem Anlaufen deutscher Häfen bereits andere europäische Häfen angelaufen haben. Den aus Japan einlaufenden Schiffen wird zur erleichterten Abfertigung ein Fragebogen übermittelt. Die Kontaktstelle nimmt die Antworten der Schiffe entgegen und steuert diese Informationen über die Leitstelle der Wasserschutzpolizeien im Maritimen Sicherheitszentrum an die betroffenen Häfen. Dort werden die Informationen ausgewertet und führen dann gegebenenfalls nach dem Eintreffen in Bremerhaven zu einer Messung durch die zuständigen Stellen. Hierbei werden insbesondere auch die Informationen aus den angelaufenen euro

päischen Vorhäfen, wie zum Beispiel Felixstowe und Rotterdam berücksichtigt.

Darüber hinaus werden verstärkt Lebensmittelproben zur Landesmessstelle zur Radioaktivitätsmessung gebracht. Im Rahmen des Integrierten Mess- und Informationssystems zur Überwachung der Umweltradioaktivität sollen in der nächsten Zeit außerdem verstärkt Fischsendungen, die aus dem Pazifikraum stammen, gemessen werden. – Soweit die Antwort des Senats!

Herr Kollege, haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Frau Senatorin, auch wenn die Häfen nicht zu Ihrem Fachbereich gehören, frage ich nach, weil kürzlich zu lesen war, in Rotterdam gebe es kontaminierte Boxen. Ist dem Senat aktuell etwas bekannt, das die bremischen Häfen betrifft?

Bitte, Frau Senatorin!

Wir nehmen dort intensive Überwachungen vor. Zurzeit ist uns nicht bekannt, dass dort etwas vorliegt.

Frau Senatorin, weitere Zusatzfragen liegen nicht vor.

Die sechste Anfrage trägt die Überschrift „Weiterentwicklung des Krankenhausspiegels für das Land Bremen“. Die Anfrage ist unterschrieben von den Abgeordneten Frau Hoch, Frau Stahmann, Dr. Güldner und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Bitte, Frau Kollegin Hoch!

Wir fragen den Senat:

Erstens: Gibt es abteilungsbezogene Ergebnisse der Patientenbefragung/ Patientinnenbefragung für den Krankenhausspiegel?

Zweitens: Wenn ja, ist es geplant, die Ergebnisse durch die Bremer Krankenhausgesellschaft zu veröffentlichen?

Drittens: Wenn nein, warum nicht?

Diese Anfrage wird beantwortet von Frau Senatorin Rosenkötter.

Herr Präsident, liebe Abgeordnete! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: Nach Auskunft der Krankenhausgesellschaft liegen die Ergebnisse der Patientenbefragung auch auf Abteilungsebene vor.

Zu Frage 2: Derzeit gibt es keine abteilungsbezogene Veröffentlichung der Befragungsergebnisse. Die

Senatorin für Arbeit, Frauen, Gesundheit und Soziales hat ebenso wie auch die Verbraucherzentrale Bremen die Bremer Krankenhausgesellschaft als hauptverantwortlichen Herausgeber des Krankenhausspiegels um eine entsprechende Veröffentlichung gebeten. Die Krankenhausgesellschaft und deren Mitgliedskrankenhäuser lehnen dies jedoch bisher ab.

Zu Frage 3: Die Krankenhausgesellschaft wurde zunächst gebeten, die Gründe für den Verzicht auf eine Veröffentlichung der fachabteilungsbezogenen Ergebnisse der Patientenbefragung beziehungsweise Patientinnenbefragung zu benennen. Die Senatorin für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales wird sich weiterhin für eine Veröffentlichung der Befragungsergebnisse auf Abteilungsebene einsetzen. – Soweit die Antwort des Senats!

Frau Kollegin, haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Frau Senatorin, Ihren Antworten habe ich entnommen, dass Sie es für richtig und für wichtig halten, die abteilungsbezogenen Befragungen zu veröffentlichen. Sind Sie mit mir einer Meinung, dass es auch ein wichtiges Qualitätskriterium für die Auswahl von Abteilungen auch für die Patientinnen und Patienten ist, diese Daten zu bekommen, wenn sie veröffentlicht sind?