Protocol of the Session on April 7, 2011

(Glocke)

ich komme zum Schluss – auch Ihnen direkt in das Amt für Soziale Dienste und in die senatorische Behörde Fälle gemeldet, und ich gehe davon aus, dass wir sie auf keinen Fall aus der Pflicht nehmen, denn auch Behörde und Jugendamt müssen hier kontrolliert werden. – Danke!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Buhlert.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Man stelle es sich einmal vor, da ist ein kleines Kind, das sich nicht wehren kann gegen das, was ihm seine Eltern zu essen geben, nicht wehren kann gegen das, was ihm die Eltern einflößen, und das ist Gift, was Eltern diesem Kind einflößen. Dann muss man sich doch einmal schlichtweg fragen, kann man da zusehen,

kann man da ruhig bleiben? Ich denke, das kann man nicht! Deswegen ist der Staat hier an dieser Stelle gefordert, wenn Eltern ihrem Kind Dinge verabreichen, die tatsächlich gesundheitsgefährdend sind und falsch dosiert sogar zum Tod der Kinder führen können, dann muss der Staat eingreifen und handeln, denn dann ist der Staat gefordert.

(Beifall bei der FDP)

Wo Eltern versagen, ist der Staat gefordert! Dann ist das Jugendamt gefordert. Da kann man nicht sagen, dafür seien Ärzte, Krankenkassen oder andere allein verantwortlich, nein, sie sind auch verantwortlich. Natürlich, jeder ist an seiner Stelle verantwortlich. Jeder, der das sieht, ist gefordert, etwas zu tun, damit so etwas umgehend abgestellt wird, und dann kann man auch nicht ruhig bleiben, wenn man hört, es werden neue Haaranalysen immer wieder und weiter gemacht. Nein, da muss schnell und zügig gehandelt werden, denn es ist eine Sache, die in der Tat abgestellt gehört, denn diese Kinder sind in der Tat in dem, was ihr Leben angeht, gefährdet. Sie können sich nicht normal entwickeln, sie sind in ihrer Gesundheit gefährdet, sie werden ruhiggestellt, und sie sind im Prinzip vernachlässigt von ihren Eltern.

Man kann nicht generell sagen, dass Drogenabhängige, die dann clean sind, ihr Recht auf Kinder verwirkt haben, nein, so weit würde ich nicht gehen, aber derjenige, der nicht clean ist und damit zeigt, dass er immer noch in den Fängen der Drogen ist, zeigt ganz deutlich, dass er hier immer noch nicht die Prioritäten für seine Kinder setzt, und deswegen ist dort das Kindeswohl vorrangig. Dann haben auch Eltern ihre Erziehungsrechte aus meiner Sicht verwirkt, denn es geht dann um die Freiheitsrechte der Kinder, die ihre Zukunftschancen, ihre Lebenschancen nicht haben können, weil ihre Eltern ihnen eben solche Substanzen geben und damit einen Missbrauch an diesen Kindern begehen.

Deswegen, meine Damen und Herren, haben wir mit der CDU gemeinsam einen Antrag eingebracht, damit hier schnell und zügig gehandelt wird. Das ist die Verantwortung des Parlaments, das deutlich zu machen. Der Jugendhilfeausschuss und das Jugendamt haben meiner Meinung nach dann weitere Konsequenzen zu ziehen. Hier muss gehandelt werden. Es darf nicht dabei bleiben. Es muss zu einer permanenten Überwachung in diesem Bereich kommen, denn es ist leider jetzt so, dass wir alle wissen, dass es ohne Überwachung nicht geht. Das heißt, regelmäßige Haaranalysen und so weiter sind schlichtweg notwendig, damit klar ist, dass hier nur Kinder in Familien belassen werden, die nicht gefährdet sind, weil die Eltern sich von der Droge gelöst haben.

Dazu ist das Methadonprogramm gedacht. Es sind ja Überlegungen, die uns alle dazu geführt haben,

dass es solche Programme gibt, die nämlich dazu führen sollen, dass Menschen von der Droge, von der Sucht und von der Beschaffungskriminalität wegkommen. Deswegen ist die FDP auch immer für ein Methadonprogramm gewesen. Die Frage, die sich aber natürlich stellt, ist: Welche weiteren Weitungen hat das? Es geht hier eben nicht nur um die Abhängigen, sondern auch um die Schutzbefohlenen dieser Abhängigen, und wer diesem Auftrag nicht gerecht wird, dort muss der Staat sich dieser Schutzbefohlenen annehmen, weil es nämlich dann eben um diese einzelnen Kinder geht. Deswegen sind wir dabei, wenn es geht zu sagen: Hier muss gehandelt werden.

Wir sehen, was die Koalition machen will, und weil das mehr ist als nichts, werden wir das auch unterstützen, denn es geht zumindest in die richtige Richtung, und insofern bitte ich auch die Koalition, weiter darauf zu achten, dass hier schnell und zügig gehandelt wird. – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der FDP)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Öztürk.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Drogen gehören nicht in den Kinderkörper.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Unsere gemeinsame Sorge hier im Haus ist und bleibt die Kindeswohlsicherung. Das Wohl des Kindes steht unbestritten absolut und unverrückbar im Vordergrund, in dem Punkt sind wir uns alle einig.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wenn aus dem Verdacht Gewissheit wird, dass Kindern bewusst Drogen und Medikamente verabreicht wurden, dann müssen diese Kinder sofort aus den Familien heraus.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Im Vordergrund steht bei einer solchen Entscheidung das Wohl des Kindes, nicht das der Eltern. Wir Grüne wollen, dass bei Verdacht jeder Einzelfall mit aller Sorgfalt konsequent und differenziert geprüft wird, mit allen erdenklichen medizinischen Mitteln, die dafür notwendig sind, ob erstens eine Kindeswohlgefährdung vorliegt und zweitens, was die genauen Familienumstände sind. Das erfordert trotz der traurigen Umstände für alle Beteiligten immer noch Augenmaß und Achtung vor den Menschen, denn es geht um Menschen.

Was wir wollen und was uns in der Differenziertheit zum CDU-Antrag unterscheidet: Wir Grüne wollen auch strengere Kontrollen, aber mit Augenmaß und ohne irgendwelche diskriminierenden Elemente – nicht, dass es hier missverstanden wird – für die Betroffenen. Wir wollen eine grundsätzliche Verbesserung der Methadonpraxis, aber im Interesse der Menschen, die endlich aus der Drogensucht aussteigen wollen. Wir Grüne wollen, dass alle Defizite und Probleme bei der Umsetzung der Methadonpraxis kritisch hinterfragt werden und ohne Tabus auf den Tisch kommen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Was wir Grüne nicht wollen, und ich denke, da sind wir uns auch hier im Haus einig, sind überzogene, hastige und nach Bauchlage gefühlte Entscheidungen. Wir wollen eine schnelle und klare Prüfung aller Einzelfälle unter Berücksichtigung des Kindeswohls. Wir wollen – genau wie die CDU ja auch – als Grüne und als SPD, und die FDP ist da ja auch mit im Boot, endlich eine klare Definition, was Beigebrauch ist. An der Frage wird sich vieles in Zukunft entscheiden. Wir wollen den verpflichtenden Einsatz von Hebammen und Familienhebammen. Wir wollen, dass der Kontrakt mit den Substituierenden und den Ärzten neu und verbindlich geregelt wird.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Auch verbindliche Kooperationen von Ärzten, Jugendamt sowie Drogenberatungsstellen sind dringend notwendig und müssen aus grüner Sicht noch verbindlicher gestaltet werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, zurzeit werden Kinder von drogenabhängigen Eltern, die nicht im Methadonprogramm sind, schon grundsätzlich in Obhut genommen. Ein Grund dafür ist, dass der Konsum von Drogen eben nicht vereinbar mit der Fähigkeit zur Erziehung gewertet wird. In Zukunft wollen wir aber klare Regeln haben, wie der Umgang mit substituierenden Eltern gehandhabt wird, erstens, wenn Beigebrauch festgestellt wird und zweitens, wenn substituierende Ärzte ihrer Kontrollpflicht nicht nachkommen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Nach Abschluss aller Tests wird es eine Vielzahl von Erkenntnissen geben, die uns vorliegen werden, die wir mit aller Sorgfalt hier gemeinsam auswerten müssen. Das wird Folgen haben und Nachfragen nach sich ziehen: Sind Haaranalysen verlässlich? Reichen Urinproben aus? Reichen Blutproben aus? Welche Methoden des Nachweises von Drogen bei Kindern geben denn überhaupt valide Auskunft?

Diese Fragen müssen geklärt werden, aber auch altbewährte Grundannahmen müssen aus der Sicht des Kindeswohls auf den Prüfstand: Wie können Substituierte im Regelfall ihre Kinder ohne Gefährdung des Kindeswohls erziehen? Wird dieser Grundsatz dann noch haltbar sein? Auch diese Fragen gilt es nach Vorlage der Erkenntnis aus grüner Sicht zu diskutieren.

Natürlich werden die Ergebnisse, davon gehe ich aus, weitreichende Konsequenzen für den Kinderschutz haben, weil erstmals, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe eine Unvereinbarkeit mit Erziehungsaufgaben erzeugen könnte. Das wäre in der Tat in diesem Punkt ein massiver Einschnitt in die Grundrechte, auch dessen müssen wir uns bewusst sein, und darüber müssen wir debattieren.

Wir müssen grundsätzlich nach den jüngsten Ereignissen, ich sage bewusst, die Praxis der Methadonsubstitution einer Neubewertung unterziehen. Gerade in den vergangenen Tagen gab es zahlreiche Hinweise, auch bei „buten un binnen“, auch im „Weser-Kurier“, dass substituierende Ärzte selbst zugegeben haben, dass sie sehr schlecht und unzuverlässig die Substituierenden auf Beigebrauch kontrolliert haben. Das, meine Damen und Herren, muss Konsequenzen haben, da muss sich die Praxis der Ärzte aber radikal ändern!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Konsequente Kontrollen sind im Vertrag mit den Substituierenden vorgesehen. Auch Ärzte sind Teil dieses Vertrags und müssen ihrer Vertragspflicht nachkommen.

Trotz des Angebots der CDU war es leider nicht möglich, einen gemeinsamen Antrag einzubringen, es gab Differenzen zwischen der SPD und der CDU. Aus meiner Sicht hätten wir Grüne bei den Formulierungen, wo es um zwei strittige Punkte ging, zustimmen können. Nichtsdestoweniger – auf den ersten Blick gleichen sich die Anträge, das gebe ich zu – sind wir inhaltlich nicht weit auseinander, aber es gibt deutliche Unterschiede und Verbesserungen in den Details unseres Antrags. Ich habe versucht, die grundsätzlichen Unterschiede zu verdeutlichen, werde dies auch in der zweiten Runde vertiefen. Dennoch bin ich der festen Überzeugung, dass wir alle hier im Parlament das gleiche Ziel verfolgen. Wir mögen dabei zwar manchmal unterschiedliche Wege gehen, aber das Ziel ist klar definiert, nämlich die Sicherung des Kindeswohls. – Danke schön!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Garling.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es gibt Themen, die eignen sich nicht für lautes Getöse und Wahlkampf.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Zurufe bei der CDU – Abg. B a r t e l s [CDU]: Trauriger Einstieg!)

Es gibt Zeiten, in denen es angemessen ist, ein bisschen leiser zu sein und sich klug und besonnen um die Sachargumente zu kümmern. Das Thema Kindeswohl hat es nicht verdient, mit großem Gepolter im Wahlkampf benutzt zu werden.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Zurufe von der CDU – Abg. Frau M o t s c h m a n n [CDU]: Wer macht denn das?)

Es ist schon sehr befremdlich, wie hier von den unterschiedlichen Seiten agiert wird. Frau Dr. MohrLüllmann tönt in der Presse herum: Die Zeit der Verharmlosung ist ein für alle Mal vorbei. Frau Dr. Mohr-Lüllmann erzählen Sie mir doch einmal,

(Beifall bei der SPD – Abg. Frau D r. M o h r- L ü l l m a n n [CDU]: Mache ich!)

wer hier irgendetwas verharmlosen will. Da bin ich aber einmal ganz gespannt! Das Gegenteil ist der Fall, und das wissen Sie auch ganz genau.

Wir sind alle erschüttert über die offensichtliche Tatsache, dass Kinder von substituierten beziehungsweise drogensüchtigen Eltern direkten Kontakt zu Drogen haben. Oder wollen Sie sich hier hinstellen und dies jemandem absprechen? Die ständige Unterstellung, die Fachabteilung Junge Menschen des Amts würde nicht ordentlich arbeiten: Hören Sie endlich auf damit und nehmen Sie zur Kenntnis,

(Abg. Frau D r. M o h r- L ü l l m a n n [CDU]: Warum sind denn die Kinder gefunden wor- den? – Abg. Frau B u s c h [SPD]: Weil die Fachabteilung ihre Arbeit gemacht hat!)

dass eben genau diese Fachabteilung den Fällen entweder selbst oder durch Hinweise von Schule, Polizei, Ärzteschaft, der ambulanten Drogenhilfe und Tageseinrichtungen nachgeht, damit diese Fälle bekannt werden und die entsprechenden Maßnahmen sofort eingeleitet werden können.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Darüber hinaus nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass die Jugendhilfe in Bremen zum Schutz der ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

Kinder bundesweit inzwischen hohe Anerkennung genießt. Vor zwei Tagen bei „buten un binnen“ hat dies im Übrigen Prof. Stachowske, der Leiter einer Therapieeinrichtung in Lüneburg, bestätigt. Bremens Jugendpolitik zum Schutze von Kindern kann jedem Vergleich in Deutschland standhalten.