Protocol of the Session on April 6, 2011

Wir fragen den Senat: Erstens: Wie bewertet der Senat den am 25. Februar 2011 im Bundesrat verabschiedeten Hartz-IVKompromiss?

Zweitens: Welche finanziellen Auswirkungen erwartet der Senat aus dem Bildungs- und Teilhabepaket für das Land und seine Städte?

Drittens: Welche finanziellen Entlastungen entstehen für Bremerhaven und Bremen durch die schrittweise Übernahme der Kosten der Grundsicherung durch den Bund?

Die Beantwortung erfolgt durch Herrn Staatsrat Dr. Schuster.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt: Zu Frage 1: Im Rahmen des Kompromisses konnten die Grundlagen für mehr Unterstützungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen im Bereich Bildung und Teilhabe geschaffen werden. Der Bund wird sich in erheblichem Maße an den Kosten der Länder und Kommunen im Bereich Bildung und Teilhabe und in Zukunft auch in stärkerem Maße an den Kosten der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung beteiligen. Allerdings konnten nicht alle Befürchtungen des Senats ausgeräumt werden, dass der gefundene Kompromiss eventuell doch nicht in allen Punkten den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts aus dem Urteil vom 9. Februar 2010 gerecht werden könnte.

Zu Frage 2: Die Leistungen des Bildungs- und Teilhabepakets sind antragsabhängig. Da nicht absehbar ist, in welchem Umfang Anträge auf die einzel

nen weiteren Leistungen gestellt werden, können die finanziellen Auswirkungen derzeit nur annähernd geschätzt werden. Abgeleitet aus den Daten des Bundes, die den Beratungen im Vermittlungsausschuss zugrunde lagen, ist mit Ausgaben für das Bildungsund Teilhabepaket, ohne die Kosten für Schulsozialarbeit, Hortessen, Verwaltungs- und Warmwasserkosten, in der Stadtgemeinde Bremen in Höhe von bis zu 19,3 Millionen Euro und in der Stadtgemeinde Bremerhaven in Höhe von bis zu 5,4 Millionen Euro zu rechnen.

Der Bund beteiligt sich lediglich an den Kosten, die den Kommunen für den Bereich Bildung und Teilhabe nach SGB II beziehungsweise Bundeskindergeldgesetz für Kinder mit Kinderzuschlag oder Wohngeldbezug entstehen. Eine Kostenbeteiligung des Bundes an den entsprechenden Leistungen nach dem SGB XII und dem Asylbewerberleistungsgesetz konnte im Vermittlungsverfahren nicht erreicht werden. Durch die Erhöhung der Bundesbeteiligung an den Ausgaben der Kosten der Unterkunft werden insgesamt für die Stadtgemeinde Bremen 19,9 Millionen Euro und für Bremerhaven 4,9 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung gestellt. Im Jahr 2013 erfolgt eine Neuberechnung.

Zu Frage 3: Bestandteil des ausgehandelten Kompromisses ist die Zusage des Bundes, die Finanzierung der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung schrittweise bis zum Jahr 2014 vollständig zu übernehmen. Eine entsprechende Gesetzesänderung liegt noch nicht vor. Die Übernahme der Kosten war bereits Gegenstand der Erörterungen der Gemeindefinanzkommission zum Ausgleich der wachsenden Belastungen der Kommunen. Zur Kompensation der den Kommunen für das Bildungs- und Teilhabepaket entstehenden Kosten ist der Erstattungsanteil bei den Kosten der Unterkunft angehoben worden. An den Ausgaben des Landes Bremen für die Grundsicherung im Alter in Höhe von 64 Millionen Euro im Jahr 2010 hat sich der Bund mit rund acht Millionen Euro beteiligt. Bei Umsetzung der oben genannten Bundesbeteiligung würden Bremerhaven und Bremen ab 2014 hiervon vollständig entlastet werden. – Soweit die Antwort des Senats!

Herr Abgeordneter, haben Sie noch eine Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Herr Staatsrat, Sie sprachen am Anfang Ihrer Ausführungen davon, dass Sie zumindest teilweise der Auffassung sind, dass der unter Vorsitz von Bürgermeister Böhrnsen im Vermittlungsausschuss des Bundesrats erzielte Kompromiss verfassungswidrig sei. Hierzu ist meine Frage: Hat es denn eine rechtsförmliche Prüfung des Justizressorts gegeben und wenn ja, was war das Ergebnis?

Bitte, Herr Staatsrat!

Ich habe für den Senat nicht ausgeführt, dass wir der Überzeugung sind, dass einzelne Punkte nicht verfassungskonform sind, sondern ich habe gesagt, dass nicht alle Befürchtungen ausgeräumt werden konnten. Das wird gegebenenfalls im Laufe des Prozesses durch Gerichte zu überprüfen sein. Insofern ist damit, glaube ich, die Position des Senats hinreichend beschrieben.

Herr Abgeordneter, haben Sie noch eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Ich versuche etwas präziser nachzufragen: Hat es überhaupt vor dem Abstimmungsverhalten des Bundeslandes Bremen eine rechtförmliche Prüfung des Justizressorts gegeben, und wenn ja, wie war dieses Ergebnis?

Bitte, Herr Staatsrat!

Da es kein eigenes Gesetz von uns ist, haben wir keine rechtsförmliche Prüfung des Gesetzes vorgenommen. Das muss der Bund leisten.

Herr Frehe, Sie haben eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Herr Staatsrat, sind Ihnen die Bedenken bei der Berechnung des Regelsatzes der Verbände gegenüber der Verfassungsmäßigkeit bekannt?

Bitte, Herr Staatsrat!

Die sind uns bekannt. Das sind auch die Punkte, bei denen wir nicht sicher sind, ob das am Ende, falls jemand klagt, vor dem Verfassungsgericht Bestand haben wird.

Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor.

Die zehnte Anfrage steht unter dem Betreff „Einsatz von Anti-Schummel-Software an Bremer Hochschulen“. Die Anfrage ist unterzeichnet von den Abgeordneten Ella, Dr. Möllenstädt und Gruppe der FDP.

Bitte, Herr Abgeordneter Ella!

Wir fragen den Senat:

Erstens: Wird an den Hochschulen in Bremen und Bremerhaven sogenannte Anti-Schummel-Software systematisch eingesetzt, um gefälschte wissenschaftliche Arbeiten zu entdecken?

Zweitens: Unterstützt der Senat die Absicht, durch den Einsatz solcher Programme die Qualität der akademischen Ausbildung und die Integrität akademischer Titel zu schützen?

Drittens: Welche Anstrengungen zur Plagiatsdetektion und -prävention werden darüber hinaus an den bremischen Hochschulen vorgenommen, und für wie ausreichend hält sie der Senat?

Die Beantwortung erfolgt durch Herrn Staatsrat Othmer.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: Plagiatsdetektionssoftware kommt in den staatlichen Bremer Hochschulen nicht flächendeckend zum Einsatz. In einzelnen Fachbereichen und Fakultäten werden Softwarelösungen zur Plagiatserkennung eingesetzt. Zum Teil macht der Einsatz einer solchen Software aufgrund der Art der Prüfungen beziehungsweise der Prüfungsinhalte keinen Sinn.

Zu Frage 2: Der Senat hält es für unabdingbar, die Qualität der wissenschaftlichen Ausbildung sicherzustellen und entsprechend auch die Integrität akademischer Titel zu schützen. Die Wahl der dafür erforderlichen Mittel steht im pflichtgemäßen Ermessen der Hochschulen und darf sich nicht im Einsatz von dafür entwickelter Software erschöpfen. Diese kann keine hundertprozentige Sicherheit bieten. Viele Programme finden nur exakt kopierte Stellen. Schon bei minimaler Veränderung der kopierten Stellen kann dies bedeuten, dass der Einsatz dieser Programme daher nicht zum gewünschten Erfolg führt.

Zu Frage 3: Die Hochschulen haben darüber hinaus Vorkehrungen in ihren Prüfungsordnungen für Bachelor- und Masterstudiengänge getroffen. Werden danach Arbeiten Dritter oder Teile daraus ohne oder mit irreführender Quellenangabe übernommen, Plagiat, wird dies als Täuschungsversuch gewertet. In diesem Fall gilt die Prüfung als nicht bestanden und muss wiederholt werden. Studierende, die wiederholt oder in besonders schwerwiegender Weise einen Täuschungsversuch begehen, werden in der Regel exmatrikuliert. Der Sorgfalt und peniblen und kritischen Lektüre und Durchsicht der akademischen Prüfungsaufgaben und -arbeiten durch die Lehrenden und Prüfenden kommt nach Auffassung des Senats beim Unterbinden von Plagiaten und Täuschungen eine wichtige Rolle zu. Entsprechend ist dies als Verpflichtung aller Lehrenden in Paragraf 7 a BremHG verankert worden. Das heißt, die Lehrenden sind gehalten, Studierenden die Grundsätze redlichen wissenschaftlichen Arbeitens nachdrücklich zu vermitteln. – Soweit die Antwort des Senats!

Herr Abgeordneter Ella, haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Ist nach den jüngsten Ereignissen beabsichtigt, am bisherigen Verhalten etwas zu verändern?

Bitte, Herr Staatsrat!

Sie meinen die Causa zu Guttenberg?

(Abg. E l l a [FDP]: Richtig!)

Ich wollte mich nur vergewissern, dass gerade Sie diese Frage stellen. Es gibt eine Initiative der gemeinsamen Wissenschaftskonferenz, in der der Vorsitzende, Prof. Dr. Zöllner, mit der Hochschulrektorenkonferenz darüber beraten will, ob es darüber hinaus Notwendigkeiten geben wird. Ich glaube grundsätzlich, dass es aus meiner Sicht nicht erforderlich ist, denn normalerweise ist die Betreuung durch die Doktorväter so sichergestellt,

(Abg. D r. B u h l e r t [FDP]: Und Mütter!)

dass es solche Auswüchse nicht gibt. Insbesondere wird es kaum Situationen geben, in denen jemand seine eigene Doktorarbeit am Wochenende noch einmal lesen muss, bevor er sich dazu äußern kann.

Frau Böschen, haben Sie noch eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Vor dem Hintergrund Ihrer Äußerungen, Herr Staatsrat, habe ich noch eine Nachfrage. Sie haben erläutert, wie die Hochschulen damit umgehen, und ich finde, dass es der Angelegenheit sehr angemessen ist. Teilen Sie in diesem Zusammenhang die Einschätzung einiger Menschen, dass es sich in Bezug auf solche Täuschungsvergehen um ein Kavaliersdelikt handelt, dem man eigentlich nicht so einen Wert beimessen dürfe, wie es in der Person von Herrn zu Guttenberg geschehen ist?

Bitte, Herr Staatsrat!

Frau Abgeordnete, ich habe in Erinnerung, dass man bei solchen Arbeiten wie Examensarbeiten, aber auch Doktorarbeiten, eine eidesstattliche Versicherung abzugeben hat, dass man sie selbst angefertigt hat. Eine fälschlich abgegebene eidesstattliche Versicherung ist ein Straftatbestand. Daher kann von einem Kavaliersdelikt keine Rede sein.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der LINKEN)

Sie haben eine weitere Zusatzfrage, Herr Dr. Möllenstädt? – Bitte sehr!

Das Thema ist ja nicht uninteressant. Herr Staatsrat, inwiefern ist Ihnen bekannt, ob es eine Praxis an Bremer Hochschulen gibt, regelmäßig möglicherweise auch Jahre zurückliegend

angefertigte Arbeiten einer Überprüfung in den Fachbereichen zu unterziehen?

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Wir haben nicht so viele Adelige!)

Bitte, Herr Staatsrat!