Protocol of the Session on May 20, 2010

Als wichtiges und erfolgreiches Instrument zur Werbung für unsere Städte und zur Ansprache der Bürgerinnen und Bürger und Neubürgerinnen und Neubürger unseres Landes sieht der Senat die Internetportale bremen.de und bremerhaven.de an. Dies kann als ein interessanter, aber wohl eher als ein wenig hilfreicher Ansatz bewertet werden. Meine Damen und Herren, hier fehlt es an Ansätzen, die den Bedürfnissen der Bevölkerung nachkommen, um so für unsere Städte wirksam werben zu können. Zur Attraktivitätssteigerung unseres Landes fehlt zum Beispiel der effektive Ansatz für die frühkindliche Bildung bis hin zur Erwachsenenbildungslandschaft.

(Beifall bei der LINKEN)

Hierfür ist ein verstärkter und zügiger Ausbau von Kinderkrippen- und Kindertagesstätten voranzubringen und auch die Umsetzung zu einer inkludierten Schule für alle. Zum einen könnte Eltern durch den Ausbau der Kinderkrippen und der Kindertagesstätten zum Beispiel die Möglichkeit eröffnet werden, für ihren Lebensunterhalt weiter arbeiten zu können, zum anderen würde für alle Kinder die Möglichkeit eröffnet werden, von der Krippe an bis zur zehnten Klasse gemeinsam und voneinander lernen zu können. Im Anschluss daran sollte das Bildungsangebot für die Erst- und Weiterqualifizierung zu Erwerbsfähigen optimiert und ausgebaut werden.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Sie sind im falschen Manuskript!)

Nein, Herr Dr. Güldner, ich bin im richtigen Skript, weil wir hier über die Zukunft des Stadtmarketings im Lande Bremen sprechen. Die Senatsmitteilung zeigt ganz genau auf, dass unser Land zwar bekannt ist, aber leider nur auf den untersten Rängen steht. Wir müssen die Attraktivität unseres Landes steigern. Die Attraktivität des Landes und unserer Städte muss gestärkt werden, um so die Bevölkerungszahlen nach vorn zu bringen. Dieses erreichen wir nur mit inter

essanten, lebens- und liebenswerten Städten, an die sich die Bevölkerung gebunden fühlt.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie werden auch Probleme bekommen, hochqualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für hochqualifizierte Stellen zu bekommen,

(Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Wofür denn?)

denn diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssten dann ja im Lande Bremen wohnen.

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Nicht immer, haben wir gestern gelernt!)

Das können Si nicht, weil sie Angst haben müssten, dass über die derzeitige Bildungslandschaft ihre Kinder nicht das erreichen könnten, was sie selbst erreicht haben. Herr Dr. Güldner, wenn Sie dies nicht erkennen können, dann tut es mir leid!

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/ Die Grünen]: Gern!)

Wir müssen eine Steigerung der Attraktivität unserer beiden Städte als gemeinsamen Wirtschaftsstandort und Wohn- und Lebensraum erreichen. Sollte man aber heute aufgrund von Einsparwünschen in den Aktivitäten nachlassen, wäre dies als sträflich zu bezeichnen und von kaum noch absehbarem negativen Ergebnis für unser Land! – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der LINKEN)

Als Nächster erhält das Wort der Abgeordnete Ella.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Image und Ruf einer Stadt sind sowohl für die touristische Außenwirkung als auch für die Standortwerbung wesentliche Faktoren. Diese Schnittmengen werden aus unserer Sicht in der Antwort des Senats leider nicht ausreichend berücksichtigt. Bisher findet dies auch im Marketing nicht genügend Berücksichtigung. Allerdings hoffen wir, dass die Zusammenlegung von BTZ und BMG hier für positive Effekte sorgt. So viel als allgemeine Bemerkung vorab!

Die Antwort des Senats blendet leider einige eher unangenehme Fakten aus. Wir haben in der vergangenen Woche ja bereits in der Wirtschaftsdeputation über das Thema diskutiert und umfangreiche Vorlagen in die Hand bekommen. Dort lässt sich unter anderem nachlesen, dass Bremen trotz der Anstrengungen der vergangenen Jahren noch immer unter

durchschnittlich bekannt ist und im Vergleich zu anderen Großstädten wenig besucht wird. Die Zahlen für die sogenannten Nielsen-Gebiete, mit denen das gleichnamige Marktforschungsinstitut Deutschland in Regionen unterteilt, zeigen, dass Bremen im eigenen Nielsen-Gebiet sogar weniger bekannt ist als Dortmund. Auch bei der Besuchshäufigkeit rangieren wir auf den letzten Plätzen. Bei den Übernachtungszahlen gibt es ebenfalls noch viel Spielraum nach oben.

Die Vorlage zeigt es ebenso wie ein Blick in die Zahlen des Statistischen Bundesamtes: Sowohl Bremerhaven als auch Bremen haben noch viel Potenzial. Gerade für Bremerhaven mit den neuen Havenwelten können wir natürlich viel erwarten, aber wir müssen die nüchternen Zahlen der vergangenen Jahre im Gegensatz zur teils überschwänglichen Rhetorik betrachten. Festzustellen bleibt, dass der Zuwachs bei den Übernachtungen zwar ordentlich, aber eben nicht überragend ist. Da bewegt sich die Stadt Bremen trotz teurer Investitionen im Mittelfeld, und Bremerhaven hat zwar prozentual eine tolle Entwicklung, kommt aber von ziemlich weit unten.

Natürlich unterliegt das Marketing im Land Bremen großen finanziellen Zwängen, wir haben nicht die Möglichkeiten wie Städte wie Hamburg oder München. Dennoch bleibt die Frage offen, ob nicht bessere Effekte erzielt werden können, so werden etwa in der Stadt Bremen einige echte Bremensien nicht genutzt. Wir sind der Standort für Raumfahrt in Deutschland und haben eine wichtige große Luftfahrttradition.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Space Park ist doch super!)

Wo findet sich dies wieder? Wieso wird nicht versucht, dies zu nutzen? Wir haben im Rathaus eine kleine Gedenktafel für die Atlantikflieger, wir haben die Firmenführungen bei Astrium, und wir haben die kaum besuchte Bremen-Halle am Flughafen. Es ist doch geradezu peinlich, dass all diese bremischen Errungenschaften in diesem Bereich nicht genutzt werden. Wieso stellen wir sie nicht an exponierter Stelle im großen Rahmen aus? Wieso dokumentieren wir sie nicht?

(Beifall bei der FDP)

Auch für den Wirtschaftsstandort Bremen sind diese Themenfelder wichtige Imageträger. Da gab es auch endlich einmal positive Wirtschaftsmeldungen aus der Stadt, die überregional, ja sogar international wahrgenommen wurden. Galileo wird in Bremen gebaut, eine wunderbare Werbung für einen leistungsfähigen Hochtechnologiestandort!

(Beifall bei der FDP)

Zu Bremerhaven: Wo ist denn das gemeinsame Marketing mit der Küstenregion? Wo sind die gemeinsamen Angebote mit dem Umland? Gerade angesichts der aufwendig sanierten alten Seebäder an der Ostseeküste muss die Nordseeküste mit ihr zusammenarbeiten. In Bremerhaven haben wir jetzt genügend Attraktionen, um die Menschen und die Touristen ein bis zwei Tage vor Ort zu halten. Wenn wir mit dem Umland aber intensiver zusammenarbeiten, können wir auch im europäischen Wettbewerb bestehen.

(Beifall bei der FDP)

Verräterisch, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist in dem Zusammenhang die Antwort auf Frage zwei in dieser Vorlage, in der es heißt, vom Land Niedersachsen gingen zudem die Idee und die Initiative aus, eine gemeinsame touristische Marketinganalyse durchzuführen und daraus ein gemeinsames Marketingkonzept aufzulegen. Wieso kommt so etwas nicht aus Bremen, liebe Kolleginnen und Kollegen?

(Beifall bei der FDP)

Wir müssen kreativer sein, wir müssen früher neue Konzepte erproben. Zwei wichtige Bestandteile sind genannt worden: Die Bremerinnen und Bremer, die Bremerhavenerinnen und Bremerhavener müssen von ihren Städten überzeugt sein, und wir müssen neue Medien besser nutzen. 2003 ist der Begriff Web 2.0 zum ersten Mal definiert worden, seit etwa 2006 ist richtig Dampf auf dem Kessel, Social Networks entwickeln sich rasant. Seit gerade einmal etwas mehr als zwei Wochen gibt es eine offizielle Präsenz Bremens bei Facebook und bei Twitter. Wieso wurde das so lange verschlafen? Einfach, schnell und günstig lassen sich so viele Menschen erreichen, aber wir verschlafen jahrelang die Nutzung. So etwas können wir uns nicht leisten!

(Beifall bei der FDP)

Übrigens, Stand heute Morgen bei Facebook: Bremen 72 Fans, Hamburg 94 119 Fans!

Was brauchen wir nun, damit Bremen und Bremerhaven besser vermarktet werden können? Zunächst müssen wir überlegen, was touristisch als Nächstes kommen soll. Die Havenwelten in Bremerhaven sind fertig, aber irgendwann nutzt sich der Neuigkeitseffekt ab. Die Sanierung des Schifffahrtsmuseums ist eine Sache, aber dann fehlt die Perspektive. In Bremen sieht es richtig düster aus. Das Universum kommt langsam in die Jahre, Neues ist nicht in Sicht, an der Maritimen Meile dilettiert die Koalition seit Jahren herum. Schwerpunkte müssen die Innenstadtentwicklung und deutlich herausgestellte Stärken wie eben die Luft- und Raumfahrt sein.

(Beifall bei der FDP)

Dann benötigen wir klare Profile: Wofür stehen unsere Städte eigentlich? Was macht sie aus, und was unterscheidet sie von anderen? Wissenschaftsstandort, maritimes Bremerhaven, Luft- und Raumfahrt sowie City of Science in Bremen, das sollten Schwerpunkte sein, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall bei der FDP)

Es braucht jetzt den Mut, eindeutig Profil zu bekennen. Unsere Städte sind nicht groß genug, als dass sie wie große Metropolen alles abdecken können. Wir müssen Schwerpunkte setzen und dürfen auch nicht immer wieder je nach Laune irgendetwas Neues machen. Klare Konzepte, klare Bilder sind jetzt gefragt. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der FDP)

Als Nächster erhält das Wort der Abgeordnete Liess.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin Herrn Kastendiek sehr dankbar für die Eingangsworte, die er gesagt hat, da ich dadurch verstanden habe, worum es wirklich ging. Als ich die Fragen und die Beantwortung der Großen Anfrage gelesen habe, habe ich mich gefragt: Was soll es eigentlich? Ich habe jetzt gelernt, es soll eine Lehrstunde für das Parlament werden, was Standortmarketing eigentlich bedeutet, wie die Mittel eingesetzt werden, wer die Akteure sind und welche Probleme vielleicht bestehen. Das ist insoweit dann auch in Ordnung. Ich finde, dass die Fragen und auch die Antworten deutlich machen, wo wir im Augenblick stehen, und ich will jetzt auch nicht auf einzelne Punkte in der Beantwortung der Großen Anfrage eingehen, sondern mich mehr darauf konzentrieren, was hier von den Vorrednern schon geäußert worden ist oder welche Problempunkte als solche benannt worden sind.

Es ist gesagt worden, das Standortmarketing befände sich in einem Zustand – das Wort ist in der Form so nicht gefallen – der Zersplitterung. Es seien zu viele Akteure, und sie seien zu wenig aufeinander abgestimmt. Es ist, wenn man auch auf die Große Koalition zurückblickt, immer die Frage gewesen, ob man denn meint, die Konzentration auf einen Punkt würde die Effektivität des Standortmarketings erhöhen. Dazu muss man einfach feststellen: Das ist nicht so, denn wir haben spezialisierte Gesellschaften, die in den jeweiligen Bereichen genau die Kenntnisse haben, die auch notwendig sind.

Wenn wir uns das Marketing von bremenports anschauen, machen die selbstverständlich nicht irgendwie ein kulturelles Marketing. Wenn wir uns die BTZ anschauen, die auch noch eine besondere Struktur ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

hat, dann wissen wir, dass dies der maßgebliche Treiber für den Tourismus ist. Wenn wir uns die ehemalige BMG anschauen, so wissen wir, dass wir dort die Organisation von großen Veranstaltungen vorgenommen haben. Das heißt, wir setzen Spezialisten ein, und gleichzeitig sorgen wir dafür, dass diese Spezialisten aufeinander zukommen und sich auch verständigen. Das ist eine größere Stärke als die Konzentration auf einen Punkt!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Vielleicht muss man in dem Zusammenhang auch noch einmal erwähnen, dass wir das, was die Konzentration und die Möglichkeit betrifft, diejenigen zusammenzufassen, die ungefähr im gleichen Umfeld tätig sind, mit der Gründung der WFB ja gemacht haben. Der Bereich Messe ist zur Wirtschaftsförderung gekommen, und die BMG ist dazugekommen, unter dieses Dach, wenn Sie so wollen. Das heißt, wir haben hier das gebündelt, was sich auch sinnvoll bündeln ließ. Daher sehe ich auch nicht, dass wir uns irgendwie im Zustand einer Zersplitterung befinden.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Dann ist von zwei Rednern ausgeführt worden: Was macht eigentlich diese Koalition? Was investiert sie eigentlich in das Stadtmarketing? Da kann man sich ja die Tabellen noch einmal anschauen, 8,9 Millionen Euro sind das allein in diesem Jahr. Dann muss man bitte auch zur Kenntnis nehmen, dass wir nicht mehr in der Lage sind, weitere große touristische Einheiten zu bauen, sondern es muss darum gehen, die touristischen Einheiten, die wir haben, auch zu bespielen. Es muss darum gehen, das zu nutzen, was wir haben, und das, was wir haben, zeigen doch die Zahlen. Selbst wenn hier gesagt wird, das Universum würde sich schon abnutzen, stimmt es von den Zahlen her nicht. Es gibt nach wie vor eine hohe Attraktivität. Diese Attraktivität gilt es weiterhin zu nutzen, und es gilt, für diese Attraktivität zu werben.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Dann hat Herr Müller vorhin die Stadtteilinitiativen angesprochen, und da möchte ich dann doch aus der Vorlage noch etwas zitieren, da hier, glaube ich, ein deutlich erkennbares Missverständnis vorliegt.

(Abg. K a s t e n d i e k [CDU]: Eines?)