oder gar über ein Gesetzgebungsverfahren Kompetenzerweiterungen einzuführen. Jetzt haben wir erreicht, dass die Kompetenzerweiterungen, die ja vorhin schon von Frau Motschmann angesprochen wurden, unter die parlamentarische Kontrolle von Bundesrat und Bundestag gestellt worden sind. Das sind die Erneuerungen, die ein demokratisches Europa vermuten lassen.
Der derzeitige Lissabon-Vertrag wird über eine Kompetenzerweiterung veränderbar, und hier haben wir jetzt ein Mitspracherecht, das wir vorher so nicht hatten. Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass ich nicht erklärt habe, dass wir den Lissabon-Vertrag verändert haben, sondern die Begleitgesetze. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin, verehrte Abgeordnete! Ich glaube, jetzt jenseits dieser Detailfrage, die Herr Kuhn, wie ich finde, überzeugend beantwortet hat, würde ich Sie doch einmal bitten, mindestens in Erwägung zu ziehen, ob es nicht vielleicht doch sinnvoll sein könnte, eine Europäische Union dergestalt zu haben, dass das kontinentaleuropäische Sozialstaatsmodell überhaupt wirklich vernünftig verteidigt werden kann, dass wir wirklich überhaupt eine vernünftige Finanzmarktregulierung hinbekommen, dass wir als Europa in den Klimaverhandlungen überhaupt eine wichtige Rolle spielen können und dass nicht immer nur sozusagen von Ihnen darauf rekurriert wird, als sei das ein Europa der Konzerne. Das
Das heißt nicht, dass man mit jeder einzelnen Entscheidung einverstanden ist. Das heißt es natürlich nicht. Man kann gerade in dem Raum auch untereinander über den richtigen Weg streiten, und dass sich da vielleicht in der Vergangenheit gelegentlich der Kelch zu stark zu einer bestimmten Seite geneigt hat, muss man nicht unbedingt in Abrede stellen. Was wir aber heute schaffen, sind die institutionellen Voraussetzungen dafür, dass wir diesen Streit vernünftig und zivilisiert führen können, und ich glaube, das ist ein großer Schritt nach vorn, das Ende einer langen Zitterpartie, und seit dem 1. Dezember 2009 ist der Lissabon-Vertrag in Kraft. Wenn jetzt bis Mitte Februar das Europäische Parlament die neue EU-Kommission bestätigt hat, kann sie endlich formell vom Europäischen Rat ernannt werden. Ich rechne damit, dass sie dann sehr bald auch ein Arbeitsprogramm für das laufende Jahr vorlegen wird.
Ich möchte vielleicht aus eigener Beobachtung sagen, ich glaube, dass diese lange Hängepartie, die es jetzt gegeben hat, sogar dazu geführt hat, dass die Europäische Union zum Beispiel bei den Klimaverhandlungen in Kopenhagen nicht mit der Wucht aufgetreten ist, mit der sie vielleicht hätte auftreten können, wenn schon alles geregelt gewesen wäre. Das ist aber auch nur spekulativ.
Die Union hat nach dieser erzwungenen Arbeitspause in den letzten Monaten einiges aufzuholen. Spanien hat am 1. Januar die Ratspräsidentschaft zu einem Zeitpunkt übernommen, in dem alle Kräfte mobilisiert werden müssen, Europa aus der schlimmsten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten zu führen. Im Februar wird es dazu einen Sondergipfel der EUStaats- und Regierungschefs geben. Im März soll dann auf einem weiteren Gipfel die Nachfolgestrategie der Lissabon-Strategie, das sogenannte EU 2020, angenommen werden.
Das heißt also, es gibt jetzt einen sehr vollen Kalender. Weitere drängende Themen auf der EU-Agenda der nächsten Monate für das erste Halbjahr 2010 sind die internationalen Verhandlungen zur Festsetzung weltweit verbindlicher Klimaschutzziele, die Implementierung des Energieaktionsplanes für die Jahre 2010 bis 2012, die Umsetzung des StockholmProgramms im Bereich der Innen- und Justizpolitik und auch das Voranbringen einer neuen sozialpolitischen Agenda.
Die Union hat also ihre institutionellen Hausaufgaben erledigt und kann sich jetzt wieder voll auf Inhalte konzentrieren, was auch wirklich dringend nötig ist. Das lässt sich auch für Deutschland sagen, dass wir, nachdem wir die institutionelle Debatte geführt haben – das war auch richtig so, das mussten
wir ja auch nach dem Verfassungsgerichtsurteil –, jetzt aber wieder schauen, welche Inhalte in Europa anstehen, und da steht eben sehr stark die soziale und die ökologische Frage im Vordergrund und eben auch die Frage, wie wir die Wirtschaftskrise effektiv bekämpfen.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 30. Juni des letzten Jahres das Verhältnis der Bundesrepublik zur Europäischen Union präzisiert. Es hat festgestellt, dass der Vertrag von Lissabon mit dem Grundgesetz vereinbar ist – das war also auch nicht ganz richtig –, und die Rolle von Bundestag und Bundesrat für die demokratische Legitimierung des europäischen Einigungsprozesses unterstrichen. In einer gemeinsamen Kraftanstrengung, das möchte ich auch noch einmal sagen, ist es Bund und Ländern im Sommer gelungen, unter Hochdruck die Vorgaben des Urteils vollumfänglich und vor allen Dingen, das ist auch wichtig, handwerklich sauber umzusetzen. Mit der Ratifizierung des Vertrages und der Begleitgesetzgebung steht nun ein solides Gerüst für die Gestaltung der Europapolitik auf Bundes- und auf Landesebene zur Verfügung, das es zu nutzen gilt.
Dem Senat ist dabei sehr daran gelegen, die Bürgerschaft auch weiterhin in die europapolitische Willensbildung einzubeziehen und die Wahrnehmung ihrer eigenen Integrationsverantwortung zu ermöglichen. Ich möchte an dieser Stelle auch sagen, dass ich die Arbeit im Europaausschuss – der hat auch noch einige andere Felder – als sehr angenehm empfinde, als sehr qualifiziert und vor allen Dingen auch als sehr sachlich. Wir bemühen uns wirklich von unserer Seite aus, von der Senatsseite aus, alles frühzeitig auf den Tisch zu legen, sodass umfassend diskutiert werden kann. Der Austausch zu europapolitischen Themen mit der Bürgerschaft, insbesondere im Ausschuss, ist bisher konstruktiv und vertrauensvoll verlaufen, und wir wollen das von unserer Seite aus fortführen. Vorschläge für Verbesserungen, die zu einem noch intensiveren Dialog führen können, greifen wir gern auf. Die Arbeit an der Gestaltung und Vermittlung Europas ist für uns alle allerdings eine Daueraufgabe, auch und gerade für die deutschen Länder. Lassen Sie uns deshalb gemeinsam daran arbeiten, die europapolitischen Themen aus Ländersicht künftig noch aktiver zu gestalten und zu kommunizieren!
Ich möchte abschließend noch einmal kurz auf einen Punkt eingehen, den Sie angesprochen haben, Herr Abgeordneter Kuhn. Ich stimme Ihnen da zu, diese Verabredung der Länder aus dem Jahr 2005 – oder man muss richtigerweise sagen, der Ministerpräsidenten der Länder –, dass man automatisch als Versammlung der Länder einem Einwand zuspringt, den ein einzelnes Land erhebt, das kann es nicht sein! Das würde uns in die Politikverflechtungsfalle führen, und wir würden praktisch nichts mehr machen können. Deswegen sehe ich, dass das jetzt im Rahmen der Begleitgesetze beschlossene „Notbremserecht“ die
absolute Ausnahme sein muss. Dabei geht es darum, wenn ein europapolitisches Vorhaben wichtige Aspekte der ländereigenen Rechtsordnung zu beeinträchtigen droht, dass dann auf Wunsch der nationalen Parlamente, in Deutschland also von Bundestag und Bundesrat, das Verfahren zunächst ausgesetzt wird, um dann eine einvernehmliche Lösung im Rat zu erzielen. Allerdings muss man sagen, auch hierfür gilt das normale Bundesrats- und Bundestagsverfahren. Ich rechne nicht damit, dass diese Karte allzu häufig gezogen wird, und ich glaube auch, wir sollten das möglichst alles vorher lösen und nicht dann die Notbremse ziehen. Deshalb bin ich persönlich wirklich, und das darf ich für den Senat insgesamt sagen, sehr froh, dass wir jetzt eine klare institutionelle Grundlage haben, auf der wir in den nächsten Jahren arbeiten können. – Herzlichen Dank!
Wer der Ziffer 1 des Antrags der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, der SPD, der CDU und der FDP mit der Drucksachen-Nummer 17/1117 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Wer den Ziffern 2 bis 4 des Antrags der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, der SPD, der CDU und der FDP mit der Drucksachen-Nummer 17/1117 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Gesetz zum Dreizehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag und zur Veröffentlichung von Telemedienangeboten
Wer das Gesetz zum Dreizehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag und zur Veröffentlichung von Telemedienangeboten in erster Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Meine Damen und Herren, es ist Einigung darüber erzielt worden, nach der ersten Lesung den Gesetzesantrag zur Beratung und Berichterstattung an den Ausschuss für Informations- und Kommunikationstechnologie und Medienangelegenheiten zu überweisen.
Wer der Überweisung des Gesetzes zum Dreizehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag und zur Veröffentlichung von Telemedienangeboten zur Beratung und Berichterstattung in den Ausschuss für Informations- und Kommunikationstechnologie und Medienangelegenheiten seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!