Protocol of the Session on January 28, 2010

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt entsprechend.

(Einstimmig)

Geschlossene Heimunterbringung für delinquente Kinder und Jugendliche

Antrag des Abgeordneten Tittmann (parteilos) vom 4. Januar 2010 (Drucksache 17/1121)

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Senatorin Rosenkötter.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Tittmann.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie Sie es fast täglich den Medien entnehmen können, werden jugendliche Gewalttäter heutzutage immer jünger und extrem gewalttätiger. Sehr viele gerade ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger sind vielleicht gar nicht einmal so zu Unrecht der vorherrschenden Meinung, dass der Staat, sprich unsere Justiz, schon sehr lange vor der ausufernden extrem gewalttätigen Jugendkriminalität und vor jugendlichen Intensivtätern ohnmächtig kapituliert hat.

Hier nur einige wenige Beispiele einer unerträglichen und sinnlosen Zerstörungswut jugendlicher Intensivtäter, die nicht einmal mehr vor Friedhöfen halt machen! Gräber werden geschändet, Blumenbeete werden zerstört, Grabgestecke werden geklaut. Jugendliche Bandenkriege werden verstärkt in Schulen oder auf Schulhöfen gewalttätig ausgetragen, die Mehrzahl solcher Jugendbanden hat einen Migrationshintergrund.

Die Gewalttaten solcher Jugendlichen gegen unsere Polizeibeamtinnen und -beamten werden immer brutaler und häufen sich. Ich erinnere Sie hier nur einmal an die brutalen Brandanschläge, sprich Mordversuche, hier bei uns in Bremen auf Polizeibeamte, an die gewalttätigen Übergriffe auf eine Polizeiwache in Hamburg. Fast täglich werden in Hamburg, Berlin, aber auch sogar hier in Bremen von linksextremistischen Jugendlichen Pkw abgefackelt, die Presse nennt sie dann anschließend liebevoll erlebnisorientierte Jugendliche und so weiter. Selbstverständlich meine ich nicht alle Jugendlichen, das betone ich hier ausdrücklich. Sehr viele Jugendliche haben aber heutzutage keine Achtung, keinen Respekt mehr, schon gar nicht vor fremdem Eigentum. Sehr viele Jugendliche erlernen heutzutage überhaupt keine Grundwerte einer ordnungsgemäßen Erziehung mehr. Woher auch? Sie lernen keine Ordnung und keine Disziplin mehr. Sie haben oftmals kein Unrechtsbewusstsein, sie haben keine Hemmschwelle mehr, ihre Gewalttaten werden immer brutaler und hemmungsloser ausgeübt. Jugendliche Gewalttäter werden immer jünger und gewalttätiger.

Das Allerschlimmste ist die Tatsache, dass sie überhaupt keine Grenzen mehr kennen. Darum ist es schon lange dringend erforderlich, dass wir die

sen jugendlichen unverbesserlichen Intensivtätern endlich ihre Grenzen aufzeigen, die sie nicht ohne Konsequenzen zu überschreiten haben. Selbstverständlich können staatliche Maßnahmen eine ordnungsgemäße familiäre Erziehung nicht ersetzen, das ist ganz klar. Die Politik aber kann und muss hier klare politische Rahmenbedingungen schaffen. Es kann doch nicht angehen, dass zum Beispiel Jahre vergehen, bis endlich gegen einen schon mehrfach – ich betone mehrfach – aufgefallenen jugendlichen Intensivtäter effektive Maßnahmen ergriffen werden. Das ist viel zu spät. Hier helfen nur klare Ansagen, klare Regeln und konsequente Grenzen. Anderenfalls lachen uns die jugendlichen Intensivtäter noch länger aus. Unsere Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht darauf, viel besser und konsequenter vor der stark ansteigenden Jugendkriminalität und vor der ansteigenden Kriminalität insgesamt geschützt zu werden. Darum stimmen Sie meinem Antrag „Geschlossene Heimunterbringung für jugendliche Intensivtäter“ zum Schutz unserer Bevölkerung zu! – Ich danke Ihnen!

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Peters-Rehwinkel.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Tittmann, Sie endeten damit, dass wir diesem Antrag zustimmen sollen. Das kann ich hier schon einmal per se gleich für das Haus sagen, dass wir dem nicht zustimmen werden.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich finde, es ist ein Trauerspiel, wie Sie mit so einem Problem umgehen. Sie fordern polizeilich überwachte Heime. Sie sind sich offenbar nicht im Klaren darüber, dass das einen massiven Eingriff darstellt. Solche Eingriffe, die in die Grundrechte einzelner Menschen vorgenommen werden, brauchen eine bestimmte Rechtsgrundlage. Die sehe ich hier nicht. Sie haben in Ihrem Vortrag auch wieder einmal alles durcheinandergeworfen, so sehe ich es. Sie haben im Grunde genommen über alle Jugendlichen, alle Kinder gesprochen, die in irgendeiner Weise auffällig geworden sind, auch wenn Sie das jetzt gleich wahrscheinlich anders darstellen werden. Es können nicht alle Kinder und Jugendlichen eingesperrt werden, glücklicherweise tun wir das auch nicht, und das wird auch nicht passieren. Es gibt etwa drei bis vier kritische Fälle im Jahr, dort muss ein wirklich starkes Hilfesystem greifen, das ist hier in Bremen im Vorfeld vorhanden. Wenn sie dann gewisse Grenzen überschreiten, besteht eine Möglichkeit einer externen Unterbringung, wo dann ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

ein Hilfesystem doch sehr stark noch forciert wird. Von diesen Fällen gibt es glücklicherweise sehr wenige, wie gesagt.

Eine solche Heimunterbringung ist das letzte Mittel, das im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung überhaupt ergriffen werden kann. Wenn Sie sagen, dass wir vor diesen Menschen ohnmächtig kapitulieren, dann würden wir eine Bankrotterklärung abgeben, wenn wir alle Menschen in ein Heim stecken würden, mit denen wir nicht klar kommen. Das hieße, dass wir überhaupt keine anderen Möglichkeiten haben. Wir haben aber andere Möglichkeiten! An diesen wollen wir auch festhalten. Einsperren führt im Gegenteil, wenn es dauerhaft ist und es überhaupt keine Möglichkeit für Kinder und Jugendliche mehr gibt herauszukommen, eher zur Verstärkung negativer Verhaltensformen, die wir nicht wollen. Insoweit können wir dem nicht zustimmen! Wenn Sie sich ohnehin noch einmal gemeldet haben: Wie stellen Sie sich das vor, wie soll die Dauer aussehen? So wie Sie das hier in Ihrem Antrag darstellen, ist das wirklich eine Inhaftierung bis ans Lebensende. Das kann ja nun wirklich nicht Ihr Ernst sein! Daher kann man sich auch nicht ernsthaft vorstellen, diesem Antrag zuzustimmen. – Ich danke für das Zuhören!

(Beifall)

Das Wort hat der Abgeordnete Tittmann.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Rehwinkel, ich verstehe ja, wenn Sie sich als sogenannte Achtundsechzigerin mit Händen und Füßen dagegen wehren müssen,

(Lachen – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Da war sie noch nicht einmal geboren!)

dass Ihre ideologische Achtundsechziger-Kuschelpädagogik schon sehr lange gescheitert ist, dass durch eine verheerende Achtundsechziger-Kuschelerziehungspolitik sämtliche moralische Grundwerte wie zum Beispiel Achtung, Ordnung, Disziplin und Verantwortungsbewusstsein bei sehr vielen Jugendlichen völlig zerstört worden sind, dass durch eine Achtundsechzigerpolitik unseren Jugendlichen ihre Zukunft zerstört worden ist, und dass sie durch eine Achtundsechzigerpolitik zu einer reinen Spaßgesellschaft umerzogen worden sind, deren gesamter Wortschatz fast nur noch aus cool, geil und sorry besteht.

(Abg. F e c k e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Wollen wir einmal über Ihren Wortschatz debattieren?)

Nehmen Sie zur Kenntnis, dass wir nicht auf einer Insel der Glückseligkeiten dahinschweben, auf der das Leben kein Kindergeburtstag ist und die zunehmenden jugendlichen Gewaltorgien keine Kavaliersdelikte sind! Früher hatte man noch ein schlechtes Gewissen, wenn man beim Nachbarn ein paar Äpfel oder Birnen geklaut hat.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Ich hoffe, Sie haben heute noch ein schlechtes Gewissen!)

Heute haben die jugendlichen Gewalttäter überhaupt kein Gewissen und keine Hemmschwelle mehr. Heutzutage werden vorrangig ältere Menschen grundlos brutal zusammengeschlagen und lebensgefährlich zusammengetreten, nur weil sie falsch geschaut oder ein falsches Wort oder nichts gesagt haben. Manche mutige Menschen haben ihren Mut sogar schon sinnlos und grausam mit ihrem Leben bezahlen müssen. Ich habe absolut kein Verständnis dafür, dass Unsummen an Steuergeldern für sehr teure Auslandserlebnisurlaube für schwer kriminelle jugendliche Intensivtäter sinnlos und nutzlos verschwendet werden. Frau Präsidentin, ich darf zitieren: „Junge floh aus 30 000 Euro teurer Therapie.“ Hier wird ein Klaukind wieder eingefangen.

(Abg. E l l a [FDP]: Er hat wieder „Bild“ gelesen!)

Das versteht kein Mensch mehr.

(Abg. Fecker [Bündnis 90/Die Grünen]: Sie verstehen die „Bild“ nicht?)

Das glaube ich Ihnen sogar, dass Sie das nicht verstehen! Das glaube ich Ihnen unbesehen. Murats Anwalt entschuldigte seine Gewaltorgien mit dem oftmals zitierten Argument: Murat hatte eine schlechte Kindheit. Diese Scheinargumente einer schlechten Kindheit lasse ich überhaupt nicht mehr gelten. Wenn es so wäre, dann wäre fast unsere ganze Nachkriegsgeneration kriminell geworden. Das ist sie aber nicht! Ganz im Gegenteil! Denn unsere Nachkriegsgeneration hatte wirklich eine sehr schlechte Kindheit, die von unendlichem Hunger, großer Armut und einer Zukunftslosigkeit mit sehr vielen Entbehrungen, Leid und Elend geprägt gewesen ist.

Meine Damen und Herren, es ist endlich an der Zeit, dass wir jugendlichen Intensivtätern, und das hat mit lebenslangem Einsperren überhaupt nichts zu tun, deutlich ihre Grenzen aufzeigen, die sie eben nicht zu überschreiten haben! Damit sie endlich wieder – und ich betone noch einmal ausdrücklich, ich meine ja nicht alle Jugendlichen

(Abg. F e c k e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Nein, nur die Lebenden!)

Achtung und Respekt vor der Justiz und unserer Gesellschaft insgesamt bekommen. Machen Sie Schluss mit einer sehr teuren, unrealistischen und gescheiterten Achtundsechziger-Kuschelpädagogik-Politik und stimmen Sie meinem Antrag zum Schutz der Bevölkerung zu! – Ich danke Ihnen!

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Peters-Rehwinkel.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! So viel Zeit muss sein: Erstens heiße ich Peters-Rehwinkel, und zweitens, ich bin eine Achtundsechzigerin: In dem Jahr wurde ich geboren!

(Heiterkeit)

Im Übrigen nur noch einmal in Kürze: Der zweite Wortbeitrag von Ihnen war nicht besser. Es ist so, Sie spulen Ihre Hetze in Textbausteinen ab. Kurzer Einschub: Der Textbaustein vorhin passte nicht, weil ich hier die Rede gehalten habe.

(Abg. T i t t m a n n [parteilos]: Das sind Tatsachen, die wollen Sie nicht sehen!)

Ruhe, Herr Tittmann! Sonst muss ich Sie in ein Heim einweisen, wenn Sie sich jetzt nicht ordentlich verhalten können.

(Heiterkeit)

Wir bleiben bei der Ablehnung des Antrages. Mehr muss ich gar nicht dazu sagen. – Danke schön!

(Beifall)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag des Abgeordneten Tittmann (par- teilos) mit der Drucksachen-Nummer 17/1121 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür Abg. T i t t m a n n [parteilos])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grü- nen, DIE LINKE, FDP und Abg. M ö h l e [parteilos])

Stimmenthaltungen?