Die Bürgerschaft (Landtag) hat den Gesetzentwurf des Senats in ihrer 57. Sitzung am 16. Dezember 2009 in erster Lesung beschlossen.
Wer das Bremische Ausführungsgesetz zum Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, Drucksache 17/970, in zweiter Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, der SPD, der CDU und der FDP vom 17. Dezember 2009 (Drucksache 17/1117)
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass ich Ihnen heute einen Antrag vorstellen kann, der von vier Fraktionen gemeinsam eingebracht worden ist. Es ist ein Antrag, der sich zu den Fortschritten europäischer Integration bekennt, der die Rechte, die der neue Vertrag von Lissabon den nationalen Parlamenten einräumt, festhält, und der dann auch sagt, wie wir als Landesparlament diese Rechte und unsere eigene Integrationsverantwortung insgesamt praktisch wahrnehmen wollen.
Ich will jetzt nicht die fast zehnjährige Geschichte dieses europäischen Grundvertrages nachzeichnen vom Verfassungskonvent über den Verfassungsvertrag bis Lissabon, über die negativen, aber auch positiven Abstimmungen in einzelnen Ländern bis zu dem Verfahren vor dem deutschen Verfassungsgericht. Ich verzichte auch darauf, noch einmal darzulegen, in welcher Weise die Europäische Union durch den Vertrag von Lissabon demokratischer, transparenter und handlungsfähiger wird. Ich will nur ein kleines, aber wichtiges Beispiel nennen. Gegenwärtig werden die Regularien für die Europäische Bürgerinitiative diskutiert und festgelegt, die noch in diesem Jahr in Kraft treten sollen, mit der die Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union direkt auf europäische Gesetzgebungen und Vorhaben Einfluss nehmen können.
Es ist von ganz links und ganz rechts versucht worden, den Vertrag von Lissabon über Karlsruhe zu stoppen, aber das Bundesverfassungsgericht hat Ja zu Lissabon gesagt, hat auch sauber die falschen und demagogischen Behauptungen widerlegt, der Vertrag verpflichte die Europäische Union zum Beispiel zur Aufrüstung oder verbiete den Mitgliedstaaten, eine soziale Politik zu machen. Das alles war ein unsinniges Märchen wie das irische Märchen, nach Lissabon müsse man angeblich in Dublin die Abtrei
bungsgesetze ändern, oder womit dort auch Politik gemacht wurde. Das Gericht in Karlsruhe hat dann allerdings auch gesagt: bis hierher ja, aber nicht weiter! Das steht nach meiner Überzeugung im klaren Widerspruch zu unserem Grundgesetz in seinem integrationspolitischen Auftrag, aber das ist jetzt eine andere Debatte.
Wichtig waren dann die konkreten Auflagen des Gerichts an die Politik zur Stärkung der Integrationsverantwortung der deutschen Parlamente, welche aus europäischer Sicht immer Bundesrat und Bundestag sind.
Es geht dort um Sicherung bei sogenannten dynamischen Vertragsveränderungen, um die neu eingeräumten Rechte bei der Kontrolle der Kompetenzverteilung und der Wahrung der Subsidiarität. Bundesrat und Bundestag können nun eine Subsidiaritätsrüge einleiten, allerdings ist der zeitliche Rahmen sehr eng gesteckt.
Mit dem Antrag, den wir heute vorlegen, geht es uns darum, das Verfahren festzulegen, mit dem wir unsere Rechte als Landtag gerade dann wahrnehmen wollen, wenn es sehr enge Fristen gibt, die eine reguläre Plenarbefassung sehr schwer möglich machen. Für solche Fälle schlagen wir vor, dem Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten, internationale Kontakte und Entwicklungszusammenarbeit nach Artikel 105 unserer Landesverfassung das Recht zu übertragen, für die Bürgerschaft und anstelle der Bürgerschaft Stellung zu nehmen, wie wir das begrenzt auch bei anderen Themen dem Haushaltsausschuss übertragen haben.
Natürlich bleibt für jede Fraktion das Recht, wenn die Zeit es möglich macht, eine Sache auch hier ins Plenum zu bringen, das ist selbstverständlich.
Im Übrigen fordern wir den Senat auf, die bewährte umfassende und frühzeitige Information an den Ausschuss und die Bürgerschaft fortzusetzen. Wir sind der Überzeugung, wir brauchen da kein neues Regelwerk, es liegt ja ohnehin dann vor allen Dingen an uns, an jedem einzelnen Abgeordneten, an den Fraktionen, an dem Ausschuss sowie der Bürgerschaft, ob wir aus den Sonntagsreden über die wachsende Bedeutung Europas die praktischen Konsequenzen ziehen und uns aktiv kümmern. Ich persönlich halte das – das werden Sie vermuten – für außerordentlich wichtig.
Eine abschließende Bemerkung: Die Ministerpräsidenten haben schon vor Jahren beschlossen, wenn auch nur ein Bundesland die Subsidiaritätsrüge will, dann würden alle anderen Länder automatisch mit
machen. Wenn das so wäre, dann könnten wir als Landtag unsere Arbeit wieder einstellen, dann bräuchten wir kein Votum mehr abzugeben. Die Sache wäre automatisch gelaufen, und unsere Mitwirkungsrechte wären praktisch wiederum gleich null. Deswegen bin ich der Überzeugung, dass diese Absprache der Länderexekutive so nicht stehenbleiben kann. Für unseren Antrag bitte ich Sie um Ihre Unterstützung! – Danke!
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Kollege Dr. Kuhn hat jetzt schon sehr gut in unseren Antrag eingeführt. Auch wir als SPD freuen uns, dass wir als Landesparlament die Umsetzung des Inkrafttretens des Lissabon-Vertrags beziehungsweise das, was das Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Juni 2009 formuliert hat, so schnell debattieren und heute auch beschließen werden.
Er hat darauf hingewiesen, dass gerade über das Urteil eine besondere Verantwortung noch einmal an den Bund und an die Länder formuliert worden ist in dem Bereich der Integrationsverantwortung. Es besteht natürlich die Frage, was das eigentlich ist, welche Verantwortung wir gerade auch als Landesparlament dort haben und wie wir sie wahrnehmen können. Auch da bietet unser Antrag – und ich denke, auch das, was mein Kollege eben schon gesagt hat, ist sehr eindeutig, was wir über die Entscheidungsabläufe beziehungsweise was wir dann hier an Stellungnahmen abgeben können als Parlament, aber auch mit der Delegation in dem Ausschuss – dann gute Möglichkeiten, wirklich auch mit zu gestalten, sodass sich jetzt auch niemand mehr beschweren kann, die in Brüssel machten etwas, wir hätten damit nichts mehr zu tun.
Wir haben da eine Pflicht und Verantwortung, aber auch ein zusätzliches Recht. Man kann sogar sagen, dass das Bundesverfassungsgericht noch einmal besonders die Stärkung der Parlamente formuliert hat, was eigentlich selbstverständlich sein sollte, was aber vielleicht in diesem Zusammenhang so gesehen worden ist, dass das noch einmal dargestellt wurde.
Die Landtage können natürlich nur als Träger der Landesgesetzgebung an den Entscheidungsabläufen in den Zuständigkeiten teilnehmen. Das sind zum Beispiel Kernbereiche wie Bildung, Wissenschaft, die kommunale Selbstverwaltung, die Daseinsvorsorge, auch Kultur oder der Rundfunk. In diesen Bereichen haben wir jetzt die Möglichkeit, mitzugestalten und
Ich möchte in diesem Zusammenhang noch einmal besonders betonen, dass in den zwei Jahren, in denen ich in diesem Bereich tätig bin, die Information von dem zuständigen Ressort, von der Landesvertretung in Berlin genauso wie in Brüssel, sehr gut stattfindet. Wir bekommen manchmal fast zu viele Informationen, um das alles zu bewältigen. Auch dort muss man sich gut überlegen, was man eigentlich schafft. Wir haben keinen solch ausgewiesenen Verwaltungsapparat, der alles im Detail zuarbeiten kann, man muss sich konzentrieren. Ich finde, dass wir bis jetzt sehr frühzeitig und umfassend informiert worden sind. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle auch bedanken.
Was der Kollege Dr. Kuhn auch schon angesprochen hat, ist noch einmal die Frage der Beratungszeit. Es ist natürlich notwendig, dass wir gerade als ein Teilzeitparlament eine ausreichende Beratungszeit haben, um wirklich die Mitsprachemöglichkeiten auch zu nutzen. Ich denke, dass das gerade auch durch sinnvolle Verfahrensabläufe im Bundesrat so organisiert werden wird, aber es ist ambitioniert. Ich würde mich freuen, wenn auch alle fachpolitischen Sprecherinnen und Sprecher sowie alle Abgeordneten diese Verantwortung auch wirklich mit im Herzen tragen und mit übernehmen.
Neben diesen rechtlich formalen Ausführungen zur europäischen Integrationsverantwortung möchte ich abschließend kurz noch einmal auf die Ziele eingehen. Wir sprechen von Integrationsverantwortung, ohne überhaupt zu wissen, was wir eigentlich wollen, wohin wir wollen, wie eine Integration in der Europäischen Union entwickelt werden soll. Schon im Dezember 2007 haben wir hier in der Bremischen Bürgerschaft über den Lissabon-Vertrag debattiert. Damals formulierte ich als Ziel der europäischen Integration für die SPD die Stärkung der sozialen Dimension des europäischen Einigungsprozesses. Mit den neuen Möglichkeiten, die wir jetzt haben, müssen wir die friedliche und sozial gerechte Gestaltung der Globalisierung in Angriff nehmen, heute noch mehr als 2007. Als SPD engagieren wir uns nach wie vor für ein europäisches Sozialmodell, das wirtschaftliche Dynamik mit weitreichenden sozialen und ökologischen Standards verbindet. Daraus folgt für uns der Auftrag, uns für die Rechte von europäischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern einzusetzen.
Lohn- und Sozialdumping müssen europaweit bekämpft werden! Dies muss Zielrichtung der europäischen Integration sein, und dafür sind die Grundlagen des europäischen Handelns, wie sie in dem
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Dr. Kuhn hat Ziel, Zweck und Sinn dieses Antrags sehr gut vorgestellt, sodass ich mich kurzfassen kann. Ich möchte nur noch einmal darauf hinweisen, dass der Lissabon-Vertrag, solange er in der Diskussion war und die Gefahr bestand, dass er vielleicht nicht ratifiziert werden könnte, das Interesse von Medienöffentlichkeit und Politik hatte. Wir haben gespannt auf Irland, Tschechien und auch nach Karlsruhe geblickt, wo von ganz links bis Gauweiler Klagen vorlagen.
Das würde ich so nicht sagen, Herr Dr. Kuhn, da müssen wir vorsichtig sein, weil mit diesem Begriff schlimme Erinnerungen verbunden sind!
Die Entscheidung ist gefallen, und sie ist so gefallen, dass die Klagen zum Glück abgewiesen worden sind, aber dem Bundesrat, dem Bundestag und damit auch den Länderparlamenten eben doch Kontrolle und Gestaltung des Vertrags jetzt verstärkt in die Hände gefallen sind. Das ist gut so, und diese Verantwortung müssen wir natürlicherweise auch wahrnehmen. Deshalb ist dieser Antrag eingebracht worden. Ich finde es auch gut, dass wir hier so schnell sind im Vollzug.