Herr Präsident, liebes Präsidium, meine sehr geehrten Damen und Herren! ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Vor einer Woche verkündete das Bundesverfassungsgericht sein Urteil über die Verfassungsbeschwerde des Deutschlandradios, ZDF, der ARD-Rundfunkanstalten, darunter auch von Radio Bremen. Die Rundfunkanstalten hatten Verfassungsbeschwerde eingelegt gegen die Entscheidung der Ministerpräsidenten, die Rundfunkgebühr nicht in dem Maße zu erhöhen wie von der KEF, Kommission zur Überprüfung und Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten, empfohlen. Damit hat sich auch der damalige SPD/CDU-Senat das fällige Stoppzeichen eingefangen.
(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Der rot-rote Senat in Berlin hat, glau- be ich, auch zugestimmt!)
Es ist bedauerlich, wenn Gerichte Ausflüge in eine Privatisierungspolitik stoppen müssen. Wir sind Gott sei Dank ja wohl nicht in Italien, wo dies immer weiter in eine Konfrontation führt, die wir auch auf anderer Ebene – Stichwort Stadtteilschule – hier in Bremen leider erleben müssen.
Herr Kollege, können Sie bestätigen, dass die Landesregierung von Berlin, damals von der SPD und der PDS geführt, dem Staatsvertrag zugestimmt hat?
(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Ach! – Zurufe von der SPD und vom Bündnis 90/Die Grünen)
Ich kann hier jetzt für andere Landesregierungen, auch unter rot-grüner Beteiligung, nicht in jeder Weise und zu jedem Zeitpunkt sprechen. Wir sind hier in der Bremer Bürgerschaft, und wir machen zusammen hier in Bremen eine Politik, die auch bundesweit einen innovativen Charakter haben soll und bundesweit die Politik voranbringen soll, nicht nur in dieser Frage, auch in sozialen Fragen!
Aber lassen Sie uns zum Rundfunk zurückkommen! Also: Schließlich hat der Senat, um das zu sagen, im Oktober 2004 hier in diesem Haus vorgetragen, das
nunmehr vorgesehene Procedere erfülle den staatsvertraglichen Auftrag. Dem ist allerdings nicht so, wie das Bundesverfassungsgericht jetzt festgestellt hat. Mit der damaligen Entscheidung der Ministerpräsidenten wurden dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk für die Gebührenperiode 2005 bis 2008 Gebühren in der Höhe von 440 Millionen Euro entzogen.
Den Entscheidungen der Ministerpräsidenten im Jahr 2004 waren heftige Angriffe auf das öffentlichrechtliche System vorangegangen. Schließlich verständigten sich die Länderchefs darauf, den Rundfunkanstalten nicht das Geld zukommen zu lassen, was die KEF errechnet hatte. Der Bremer Senat hatte damals den Präsidenten des Senats ermächtigt, den 8. Rundfunkänderungsstaatsvertrag zu unterschreiben, Begründung: „Nach den bisherigen Beratungen zeichnet sich ab, dass eine Gebührenerhöhung geringer ausfallen kann als von der KEF empfohlen.“
Die einmalige Entscheidung in der Geschichte des öffentlichen Rundfunks halte ich auch für unverständlich angesichts der finanziellen Situation von Radio Bremen damals und auch heute. Die Länderchefs haben auch eine Begründung dafür genannt, warum sie die Gebühren um 88 Cent im April 2005 nicht um 1,09 Euro ab Januar 2005 steigern wollten. Die Begründung lautete: „Nicht zuletzt durch die von den Anstalten abgegebene Selbstverpflichtung, Personalreduzierung, Begrenzung der Aufwendung für Online- und Marketingaktivitäten et cetera wird die Gebührenerhöhung aller Voraussicht nach unter der Empfehlung der KEF bleiben.“
Hier bekommen wir wieder das altbekannte Rezept: weniger Personal, weniger Kosten und so weiter. Ich glaube, wir bekommen hier die Kurve, dass wir so Politik nicht weiter machen sollten, nicht in diesem Land und auch nicht in diesem Bundesland.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, verstehen Sie mich nicht falsch! Mehr Personal, mehr Geld für teure Produktionen sind keine Garantie für eine hervorragende Arbeit. Die Verwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in dubiose Sportveranstaltungen wird auch von der Linken angeprangert. Geldverschwendung, teure Superstars, Fernsehunterhaltung sind nicht unsere Vorstellung vom angemessenen Umgang mit dem Geld der Gebührenzahler.
Wir fordern die angemessene Ausstattung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Wir fordern eine angemessene Gebührenhöhe, die einerseits unabhängige Medien garantiert und andererseits auf breite Akzeptanz bei Mediennutzerinnen und -nutzern stößt. Wir fordern ausreichendes Gebührenaufkommen, damit Radio Bremen auch eine Zukunft hat, eine Zukunft, die nicht aus einer Rumpfredaktion besteht, die alle technischen Leistungen von ausge
liehenen Unternehmen zukaufen muss, sondern eine eigenständige, produktionsfähige Rundfunkanstalt der ARD.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Unterschied zur Preisfindung in allen möglichen Bereichen unseres Lebens ist die Preisgestaltung der Rundfunkanstalten stark geregelt. Keine Aktienkursschwankungen, keine erhöhte Nachfrage in China können zum Vorwand genommen werden, um den Bürgerinnen und Bürgern Geld aus der Tasche zu ziehen. Die KEF hat die Aufgabe, sich anzusehen, wie viel Geld Rundfunkanstalten benötigen, damit sie ihrem verfassungsgemäßen Auftrag nachkommen können. Sie prüft den wirtschaftlichen Umgang mit den Gebühren und die Sparsamkeit der Haushaltsführung der Sender. Erst danach legen die Sender die Gebühren fest, und zwar für gewöhnlich in dem Umfang, wie es die KEF festgestellt hat.
Wir sind für dieses Verfahren, das jetzt ja auch vom Bundesverfassungsgericht bestätigt worden ist. So soll sichergestellt werden, dass das zwingende Gebot der Trennung von Medienpolitik und Gebührenfestsetzung eingehalten wird. Das Bundesverfassungsgericht hat die Weigerung der Ministerpräsidenten, den Rundfunkanstalten ausreichende Gebührenerhöhungen zuzugestehen, für verfassungswidrig erklärt. Auch wenn es einigen hier im Haus anscheinend nicht passt, muss ich mir für die Zukunft möglicherweise Sorgen machen. Ich lasse einmal weitere Kommentare in der Hinsicht!
Damit wird vom höchsten Gericht noch einmal deutlich hervorgehoben: Eine Einflussnahme des Staates auf die Programmgestaltung ist über das Mittel der Gebührenfestsetzung weiterhin nicht zulässig. Das begrüßen wir ausdrücklich, auch wenn der Kulturinformationsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Rahmen der sogenannten Grundversorgung hervorgehoben wird.
Die Rundfunkanstalten haben sich erfolgreich gegen das Eingreifen des Staates in die Programmautonomie gewehrt. Das freut uns als Linke, und nun sind auch die Rundfunkanstalten gefragt, ihr Recht auf Programmautonomie aktiv wahrzunehmen. Sie werden im Hörfunk und Fernsehen darauf achten müssen, dass das qualitative Angebot im Sinne des Auftrags sichergestellt ist.
Was heißt das für Radio Bremen? Viel Geld fließt zurzeit in Neubauten im Faulenquartier. In den nächsten Wochen werden die restlichen Abteilungen umziehen, aber nicht nur von außen wird Radio Bremen neu. Beim Blick auf die Strukturen fällt auf, dass sich das Unternehmen Radio Bremen stark gewandelt hat. Wer sich die Homepage des Senders ansieht, der sieht inzwischen ein ganzes Geflecht von Radio-BremenFirmen.
Ich will an dieser Stelle anmerken: Die Linke fordert: keine weiteren Auslagerungen, keine Privatisierung! Aber gut, das ist ein Thema, das wir noch
in den vorgesehenen Aufsichtsratsgremien besprechen werden. Ich will damit sagen: Die den Rundfunkanstalten vom Bremer Senat abgetrotzte Selbstverpflichtung zur Personalreduzierung darf nicht zu einer Aushöhlung von Radio Bremen führen. Radio Bremen darf auch kein Landesrundfunkhaus des NDR werden.
Die Gebührenentscheidung des Bundesverfassungsgerichts gibt auch Radio Bremen Rechtssicherheit in seiner Entscheidung, ein qualitativ hochwertiges und interessantes Programm zu gestalten. Dafür muss der Sender seinen Anteil an einem ausreichenden Gebührenaufkommen erhalten. Ich hoffe sehr, dass die Entscheidung des Senats von 2004 die letzte Entscheidung war, die als Niederlage von der Bremer Regierung, vom Bremer Senat kassiert werden musste.
Was den Umfang der Finanzierung betrifft, haben wir nun eine klare Ansage. Wir haben da, wie gesagt, ein Stoppschild vom Bundesverfassungsgericht, dass daran nicht gerüttelt werden soll. Wir haben nun noch eine Diskussion über die Art der Finanzierung, die meine Vorrednerinnen und Vorredner angesprochen haben, zu führen. Da ist Innovation nötig, und meine Intention ist selbstverständlich die, dass wir dies sozial gestalten. Eine Kopfpauschale ist traditionell keine besonders soziale Regelung, da gehört nicht viel Fantasie dazu, um das nachzuvollziehen. Eine Möglichkeit, dies sozial zu gestalten, erhöht auch die von einigen Rednern angesprochene, infrage gestellte Akzeptanz dieser Finanzierung durch die Bürger dieses Landes.
Ich mache einen Vorschlag schon einmal für die Diskussion. Dieser Vorschlag bezieht sich darauf, dass wir in dieser Frage von Österreich lernen, und zwar ist es dort so, dass die Geringverdiener von der Gebühr befreit sind. Wir müssen diese Grenze natürlich anheben. Nicht nur Arbeitslosengeld-II-Empfänger darf das betreffen, das werden wir in einem anderem Zusammenhang auch noch haben. Wenn die Geringverdiener von der Gebühr befreit werden, dann ist es in Österreich so, dass der Staat diese Kosten ersetzt.
Wenn wir es auch in Deutschland hinbekommen würden, dann hätten wir 15,52 Euro an Rundfunkgebühr und eine insgesamt gerechtere Lösung. Dies als ersten Schritt für die kommende Diskussion! – Vielen Dank, meine Damen und Herren!
Meine Damen und Herren, bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, möchte ich auf der Besuchertribüne recht herzlich die Klas
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Da kann ich ja froh sein, dass ich mit meinem Namen schon viele wundersame Wendungen erlebt habe, sodass ich da absolut und überhaupt völlig unempfindlich bin, aber wenn man so einen Namen hat, darf man auch nicht empfindlich sein, denke ich einmal. Dafür ist der Vorname ja relativ einfach!
Zum Thema! Die FDP begrüßt das Thema als Rechtsstaatspartei, weil es für die notwendigen Klarstellungen gesorgt hat. Auf der anderen Seite begrüßen wir das Urteil natürlich auch, weil es für Rechtssicherheit bei Radio Bremen sorgt, und entgegen aller Gerüchte wiederhole ich es noch einmal: Wir sind für die Eigenständigkeit von Radio Bremen, dafür haben wir uns immer ausgesprochen. Da hat es in der Vergangenheit offensichtlich Missverständnisse gegeben, aber ich sage es hier noch einmal ganz deutlich.
Einige Vorredner haben es schon erwähnt, ich glaube, im Zusammenhang mit dem Urteil müssen wir auch dringend darüber debattieren, wie denn in Zukunft die Gebühreneinnahme organisiert werden soll. Ich bin schon selbst des Öfteren davon betroffen worden, nette Briefe von der GEZ zu bekommen. Dann schreibe ich der GEZ zurück: Ich zahle seit 25, 26 oder 27 Jahren immer brav meine Rundfunkgebühr. Dann bekomme ich 3 Wochen später wieder einen Brief, ob ich denn jetzt nicht endlich antworten wollte, und gelegentlich hat auch schon einmal jemand bei mir vor der Tür gestanden. Eventuell liegt es ja an meinem ungewöhnlichen Namen, aber ich denke schon, dass das Leute nervt und so nicht sein kann, dass man hier einfach mehr Fingerspitzengefühl und auch eine bessere Organisation haben muss, und da pflichte ich dem Kollegen Schildt einfach bei: Das müssen die Rundfunkanstalten in den Griff bekommen.
Ich will jetzt nicht in Nostalgie schwelgen, aber früher konnte man ganz wunderbar bei Radio Bremen in ein nettes Häuschen gehen, da war die GEZ von Radio Bremen. Mit ihr konnte man alles besprechen und alles klären. Jetzt schickt man Korrespondenz nach Köln und wieder zurück, und ich denke, man könnte auch einmal über Regionalisierung nach
Ich glaube aber auch nicht, dass man Gebühren vom Programm so unendlich trennen kann. Man muss sich über das Programm schon ein bisschen Gedanken machen, vielleicht nicht unbedingt über die Inhalte, aber wie viel Programme man haben will. Das hat natürlich ganz erhebliche Auswirkungen darauf, welche Kosten man produziert.
Gelegentlich muss ich sagen: Wenn ich in den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten – und ich bin ja auch so ein leidenschaftlicher Zapper – hin- und herzappe, dann weiß ich manchmal nicht: Bin ich jetzt im Privatrundfunk oder bin ich jetzt wirklich im öffentlich-rechtlichen Rundfunk? Da hat es teilweise eine Qualitätsannäherung nach unten gegeben, und da, muss ich sagen, kann ich schon verstehen, wenn manche Leute sagen: Ich bin nicht bereit, dafür Rundfunkgebühren zu bezahlen. Ich glaube, Herr Kollege Strohmann hat gesagt: Das öffentlich-rechtliche Fernsehen besteht ja auch nicht nur aus Tour de France, Thomas Gottschalk, der Sportschau mit der Fußball-Bundesliga und manch anderem Ereignis. Da ist mir bei manchen Dingen, gerade auch im Rückblick zur Tour de France, was da gelaufen ist, eigentlich das Gebührengeld viel zu schade. Da muss man noch einmal genauer hinsehen und genauere Definitionen finden, was denn eigentlich laufen sollte.
Wir haben ja auch das Problem mit der Schleichwerbung, dem Sponsoring und dem Product-Placement gehabt. Da muss man ganz einfach sehen, das kann nicht funktionieren.
Auch bei der Ausgliederung von Tochtergesellschaften, die dann quasi unkontrolliert wundersame Filme drehen und vielleicht demnächst die HeidiNeuauflage, 17. Teil oder so etwas, ausstrahlen, muss ich einfach sagen, das wird bei den Leuten nicht die Akzeptanz hervorrufen, dass sie sagen, das ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk, für den ich bereit bin, Geld zu bezahlen. Ich will auch noch einmal lobend dazu erwähnen, ich schaue die Nachrichtensendung in der Regel auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, weil man sich da letztendlich auf Qualität verlassen kann. Ich will damit jetzt aber keine Schelte des Privatrundfunks betreiben, um da nicht missverstanden zu werden.