Protocol of the Session on May 28, 2009

(Dagegen SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE und Abg. T i m k e [BIW])

Stimmenthaltungen?

(FDP)

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Punkt zwei des Änderungsantrages ab.

Ich lasse jetzt über die Punkte eins, drei und vier des Änderungsantrages abstimmen.

Wer den Punkten eins, drei und vier des Änderungsantrages der Fraktion der CDU mit der DrucksachenNummer 17/783 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür CDU und DIE LINKE)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, Bündnis 90/Die Grünen, Abg. T i m k e [BIW] und Abg. T i t t - m a n n [parteilos])

Stimmenthaltungen?

(FDP)

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt die Punkte eins, drei und vier des Änderungsantrages ab.

Ich lasse jetzt über die Artikel 1 und 4 des Gesetzes über die Neuregelung des Volksentscheids, Drucksache 17/594, in zweiter Lesung abstimmen.

Wer die Artikel 1 und 4 des Gesetzes zur Neuregelung des Volksentscheids in zweiter Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und Abg. T i m k e [BIW])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen CDU, DIE LINKE und Abg. T i t t m a n n [parteilos])

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt die Artikel 1 und 4 des Gesetzes in zweiter Lesung.

Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft (Landtag) von dem Bericht des nichtständigen Ausschusses gemäß Artikel 125 der Landesverfassung Kenntnis.

Meine Damen und Herren, es ist interfraktionell vereinbart worden, nach den miteinander verbundenen Tagesordnungspunkten 12 und 13 den Tagesordnungspunkt 17, nämlich Anerkennung von im Ausland erworbenen Abschlüssen – ein Beitrag zur Bekämpfung des Fachkräftemangels –, aufzurufen, um dann in der Tagesordnung fortzufahren.

Anerkennung von im Ausland erworbenen Abschlüssen – ein Beitrag zur Bekämpfung des Fachkräftemangels

Mitteilung des Senats vom 12. Mai 2009 (Drucksache 17/779)

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Senatorin Rosenkötter.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Mohammadzadeh.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Namen der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen danke ich den beiden Senatorinnen für Soziales und Bildung für den Zwischenbericht. Darin sind erfreuliche Entwicklungen enthalten, die in ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

die richtige Richtung gehen. Hoffnung macht auch, dass die zusätzliche Stelle innerhalb der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen, sofern sie denn wirklich beschlossen und eingerichtet wird, den Bremer Bildungshaushalt zunächst nur mit 1 000 Euro belasten würde. Das ist ein Betrag, den wir für eine so dringend benötigte Drehscheibe für die Anerkennung von Qualifikationen übrig haben sollten.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Vize- präsident R a v e n s übernimmt den Vor- sitz.)

Gestatten Sie mir aber zwei Anmerkungen zu dem Zwischenbericht. In dem Bürgerschaftsbeschluss wurde der Senat unter anderem gebeten – ich darf mit Erlaubnis des Präsidenten zitieren –: „Gemeinsam mit anderen Bundesländern an den oben beschriebenen Maßnahmen zur Verbesserung der Anerkennung beruflicher, akademischer und nicht akademischer Qualifikationen mitzuwirken und sich für die Vereinheitlichung der Anerkennungsverfahren unter Einbeziehung der EU-Richtlinien einzusetzen.“ Auf das Vorhandensein solcher Richtlinien wird zwar in dem Bericht kurz angespielt, jedoch fehlt eine qualitative Konkretisierung, inwieweit an der Umsetzung gearbeitet wird. Sie werden mir nachsehen, wenn ich mit der Formulierung, dass der Bremische Senat schon seit Jahrzehnten dafür Sorge trägt, nicht ganz zufrieden sein kann. In diesem Richtlinienpaket 36/2005 ist ausdrücklich die Anerkennung von Berufsbildungsabschlüssen angesprochen, die von Drittstaatsangehörigen vorgelegt werden können. Gerade auf sie kommt es doch an, wenn es um Zugangsbarrieren zum Arbeitsmarkt geht. Für Drittstaatler werden bisher keine oder so gut wie keine Anerkennungsverfahren durchgeführt. Wie der Senatsbericht ja sehr ausführlich darlegt, können nur Spätaussiedler und auch die EU-Bürger diese Anerkennungsverfahren beantragen. Weiterbildungen sind für Neuzuwanderer und Neuzuwanderinnen aber kaum verfügbar. Auch der nachrangige Arbeitsmarktzugang ist ein Problem. Eine fehlende Arbeitserlaubnis verhindert meist die Anerkennung. Die Folgen kennen wir: das ist die hohe Arbeitslosigkeit, das sind die niedrigen Beschäftigungsquoten und vor allen Dingen die Dequalifizierung von Menschen. Nach Schätzung der Universität Oldenburg gibt es zurzeit in der Bundesrepublik Deutschland 500 000 zugewanderte Akademiker, deren Abschlüsse nicht anerkannt werden. Es zeichnet sich ab, dass die Nichtanerkennung ein ebenso großes Integrationshindernis ist wie die Arbeitslosigkeit.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wenn wir alle Ja zur Integration sagen und das auch ganz ernst meinen, müssen wir auch dafür sein, die europäischen Regeln für die Anerkennung, die sich auch auf Drittstaatsangehörige beziehen, anzuwenden.

Meine zweite Anmerkung bezieht sich auf den mehrsprachigen Wegweiser. Die Bürgerschaft hat es in ihrem Beschluss für notwendig gehalten, dass ein mehrsprachiger Wegweiser erstellt wird. Er soll und wird den Informationszugang für Migranten verbessern, indem er alltagstaugliche Hilfestellung geben soll. Allein die verwirrende Liste der Behörden und sonstiger Stellen, die in Bremen für die Anerkennung der Qualifikationen in verschiedenen Sektoren von Bildung und Ausbildung zuständig sind, ist ein Argument, ihn zu erstellen. Dieser Bürgerschaftsbeschluss sollte jetzt nicht im Nachhinein mit einem Hinweis auf die Kosten konterkariert werden. Ich weiß, die Frage der Anerkennung der Qualifikationen ist keine leichte, aber lassen Sie mich trotzdem hier eines ganz deutlich sagen: Die Nichtanerkennung von Qualifikationen, die ein Mensch gleich welcher Herkunft erworben hat, ist eine persönliche Zurückweisung, deren psychische Folgen kaum schlimmer sein können, aber integrationspolitisch ist das eine Katastrophe.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wir dürfen nicht Menschen mit guter Schulausbildung, mit guter Berufsausbildung und auch mit guten Qualifikationen aus den Hochschulen zu Taxifahrern, zu Putzfrauen und Zeitungsausträgern machen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Es liegt im Interesse Bremens, im Interesse unserer Gesellschaft, im Interesse Deutschlands, Wege aufzuzeigen, wie man diese ungenutzten Potenziale ausschöpfen kann.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wir sind gespannt auf den Abschlussbericht. Wir hoffen, dass es im Abschlussbericht neue Impulse gibt, dass wir praktisch ein Stück auf diesem Weg weiter sind als heute. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der LINKEN)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Spieß.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben gehört, es handelt sich hier um einen Zwischenbericht. Ich knüpfe da an, wo meine Vorrednerin praktisch aufgehört hat. Der Zwischenbericht zeigt uns zum einen noch einmal ganz deutlich, dass es auf Landesebene sehr viele Probleme gibt, die aber eigentlich auf Bundesebene gelöst werden müssten. Das ist der ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

erste Ansatz, der auch hier erkennbar wird, dass man versucht, bei der Anerkennung von im Ausland erworbenen Abschlüssen im Hochschulbereich, also im akademischen Bereich, auf Bundesebene zusammenzuarbeiten. Es ist eine Arbeitsgruppe genannt worden, die dies jetzt auch zum ersten Mal getan hat. Man hat sich im März zusammengesetzt, und erste Ergebnisse werden Mitte dieses Jahres vorliegen. Wir von der CDU-Fraktion hoffen ganz stark darauf, dass dann in dem Abschlussbericht auch konkrete Dinge genannt werden können und dass endlich einmal fassbar wird, wie da konkret eben nicht nur auf Landesebene vorgegangen werden soll, sondern auch auf Bundesebene. Das, was wir in dem Bericht sehen, ist ja hier noch einmal ganz detailliert dargestellt, wie komplex – das wurde auch schon angesprochen – die Verfahren sind, um einen Abschluss anerkannt zu bekommen. Es ist darauf hingewiesen worden, dass man im akademischen Bereich, also im Hochschulbereich, eine schriftliche Bewertung bekommen kann, dass diese kostenpflichtig ist, dass diese aber nicht durchgeführt werden kann, wenn sie zum Beispiel von Abschlüssen aus nicht EU-Ländern besteht, weil die Vergleichbarkeiten da sehr schwierig sind. Das ist etwas, bei dem ich mir vorgestellt hätte, dass es noch konkreter abgebaut werden kann und dass man daran auch arbeitet. Das habe ich hier leider so nicht gefunden, und ich würde mir wünschen, dass wir daran in Zukunft, vielleicht auch in Bremen als Vorreiter, deutlich arbeiten könnten. Wir haben gesehen, dass die Handwerkskammer auf Bundesebene bei nicht reglementierten Abschlüssen oder auch Berufen und den Abschlüssen aus dem Ausland bundesweit zusammenarbeitet. Man versucht, ein erstes Projekt zu machen. Auch Bremen beteiligt sich daran. Die Handelskammer versucht ebenfalls, bundesweit daran zu arbeiten und dort dann eben auch die Barrieren abzubauen, aber leider konnten hier noch keine konkreten Maßnahmen genannt werden, sondern man hat nur erste Versuche unternommen. Wie gesagt, wir wünschen uns sehr, dass wir dann in dem Abschlussbericht, der uns irgendwann vorliegen wird, sehen werden, wie da die Erfolge sind. Es ist schon gesagt worden, dieses Thema beschäftigt uns ja nicht erst seit neuestem und seit dem Beschluss, den wir hier von der Bürgerschaft gefasst haben, sondern es ist ein Problem, das schon seit langem existiert. Dass wir Fachkräftemangel haben, wissen wir auch schon seit längerem, und mir macht die Aussage in dem Zwischenbericht nur wieder deutlich, dass es ein sehr langwieriges Verfahren ist – so habe ich jedenfalls den Eindruck –, bei dem wir auch nicht schnell genug handeln können, und dass wir dadurch eben auch viele Migranten verlieren, die hier schon sehr stark und sehr deutlich arbeiten könnten.

(Beifall bei der CDU und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wir gehen hier einen Weg, dass wir sagen, wir schließen uns der Bundesebene an. Wir haben aber gesehen – jetzt auch gerade in Ihrem Bereich, Frau Rosenkötter, in den Gesundheitsberufen –, dass es Sache des Bundeslandes ist, in bestimmten Dingen auch zu entscheiden, ob der Abschluss anerkannt wird oder nicht. Man hat also bestimmte Freiheiten auf Länderebene, die wir aber jetzt zum Teil wieder an die Bundesebene abgeben, wobei in dem Bericht steht, dass man dadurch keine Spielräume verlieren würde. Ich kann mir das so nicht ganz vorstellen, und deshalb hätte ich auch gern eine Aussage gehabt, gerade von Ihnen, Frau Rosenkötter: Wie konkret wirken Sie da mit, dass diese Spielräume, die wir brauchen, genutzt werden? Natürlich kann nicht verglichen werden, dass man auch die Sprachbarrieren hat, die man nicht einfach abbauen kann. Wie konkret gehen Sie da vor? Das habe ich leider dem Bericht jetzt nicht entnehmen können. Ich würde mir wünschen, dass wir da auf eine andere Basis kommen und da erheblich weiter sind. Es ist gesagt worden, dass Nachqualifizierungen stattfinden müssen, wenn die Abschlüsse nicht anerkannt werden müssen. Es ist in dem Bericht aber überhaupt nicht darauf hingewiesen worden, wo und wann und in welchem Bereich die Nachqualifikationen stattfinden können. Das gilt für alle Bereiche. Da würde ich mir jetzt ganz besonders wünschen – –. Ich finde es gut, dass wir einen Zwischenbericht haben und darauf vielleicht auch noch einmal hinweisen können, dass wir bei dem Bereich der Nachqualifizierung, das heißt, wir haben zum Beispiel bei den Hochschulen die Module, wo wir über den Bachelor oder in anderen Bereichen noch nachqualifizieren können. Dazu ist hier gar keine konkrete Aussage gemacht worden, und da, finde ich, sind wir noch viel zu weit zurück. Da sollten wir den Bologna-Prozess nutzen, da sollten wir auch andere Möglichkeiten nutzen, die wir in der Ausbildung haben. Das fordere ich hier für die CDU-Fraktion noch einmal ein, dass wir diesen Bereich der Nachqualifizierung, wenn wir sie eben nicht anerkennen können, noch sehr viel stärker in Betracht ziehen müssen. Die Arbeit auf Bundesebene – um das auch noch einmal zu sagen – bezieht sich auf alle Bundesländer, und da einen gemeinsamen Konsens zu finden, ist meistens sehr schwierig.

(Glocke)

Deshalb auch noch einmal meine Anregung, sich stärker mit den Nachbarländern auseinanderzusetzen und da erste Erfolgsergebnisse zu schaffen, um so diesen Prozess auch sehr viel schneller in Bewegung zu setzen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Nitz.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Für DIE LINKE geht es nicht nur um einen Beitrag zur Bekämpfung des Fachkräftemangels, das hatten wir auch in der ersten Debatte schon deutlich gemacht. Für uns geht es um ein Menschenrecht, und zwar für alle und nicht nur für EU-Bürgerinnen und -Bürger. Das Recht auf Anerkennung von Qualifikation ist ein Aspekt globaler, sozialer Rechte, der auch immer wichtiger wird, weil ohne dieses Recht auch das Recht auf Arbeit in unzulässiger Weise eingeschränkt wird, oder, um es ganz salopp zu formulieren: Wer „aus dem falschen Land“ kommt, wird auf unterqualifizierte Tätigkeiten festgeschrieben.

Hintergrund der Mitteilung des Senats ist die Beauftragung, die vor sieben Monaten die Bürgerschaft hier vorgenommen hat. In der Mitteilung des Senats wird festgestellt: Erstens: Um die Anerkennung akademischer Abschlüsse kümmert sich zukünftig zentral die ZAB. Um die Anerkennung nicht akademischer Abschlüsse und Qualifikationen kümmern sich Handwerkskammer und Handelskammer. – Gut! Zweitens: Die Erstellung eines mehrsprachigen Wegweisers wird geprüft. Drittens: Es gibt Integrationskurse des Bundes, es gibt auch Integrationskurse in Bremen, und in der Fachkräfteinitiative kommt auch das Problem ausländischer Arbeitskräfte vor. Diese Aussagen findet DIE LINKE mehr als dürftig, nach sieben Monaten Bedenkzeit, sieben Monaten Zeit, diesen Zwischenbericht hier zu erstellen.