Protocol of the Session on May 27, 2009

Erstens, und das ganz deutlich, wir stimmen dem Antrag der LINKEN nicht zu, denn wir brauchen – das hat die FDP immer gefordert – eine wirksame Schuldenbremse im Grundgesetz. Haushalte ohne Schulden, das ist auch schon gesagt worden, müssen der Normalfall sein, denn sonst häufen wir für die nachfolgenden Generationen – das haben die letzten 60 Jahre der Bundesrepublik gezeigt, die ersten 30 vielleicht ein bisschen ausgenommen, aber vor allem die danach – immer höhere Schuldenberge an, und damit kann man letztlich nichts anfangen.

(Beifall bei der FDP)

Es ist allerhöchste Zeit, dass die öffentliche Verschuldung gebremst wird und dieses deutliche Signal auch gesetzt wird. Ich finde auch, dass die Unruhe der vergangenen Tage niemandem gedient hat, vor allem nicht der SPD, ich fand es hektisch und aufgeregt, in letzter Minute noch an den Stellschrauben herumdrehen zu wollen, aber das ist vielleicht auch dem Wahlkampf geschuldet.

(Abg. D r. S i e l i n g [SPD]: Wie wird sich denn die FDP im Bundestag verhalten?)

Wir werden uns im Bundestag, soweit ich weiß, enthalten.

(Abg. D r. S i e l i n g [SPD]: Das ist sehr liberal!)

Ich spreche gerade für Bremen. Sie sind ja auch elegant der Frage ausgewichen, wie sich die SPD und einzelne Leute in der SPD verhalten. Ich finde, das ist ja alles in Ordnung, aber wir sind hier in der Bremischen Bürgerschaft, und nun lassen Sie uns noch einmal über Bremen reden! Zu Bremen sage ich noch einmal, wir haben es damals für richtig befunden, das Ergebnis der Föderalismusreform II zu unterstützen. Wir waren mit einigen Punkten unzufrieden, aber unsere Position war – und diese bleibt auch so – der Spatz in der Hand ist besser als die Taube auf dem Dach.

(Beifall bei der FDP)

Natürlich hätten wir uns auf allen Ebenen mehr gewünscht, aber ein zählbarer Erfolg bleibt auf alle Fälle. Die 300 Millionen Euro jährlich, also die 2,7 Milliarden Euro an Konsolidierungshilfen, sind mitnichten ein Tropfen auf den heißen Stein, sondern für Bremen besonders wichtig.

(Beifall bei der FDP)

Wir haben die Einigung begrüßt, weil wir ohne Wenn und Aber zur Selbstständigkeit Bremens stehen und dadurch perspektivisch – das ist hier auch schon gesagt worden – die Selbstständigkeit gesichert werden kann. Die Diskussion um die Steuern finde ich auch unredlich, aber ich sage noch einmal, lieber Kollege Dr. Sieling, wir es müssen noch einmal im Protokoll nachlesen, aber die Formulierung, die Sie gebraucht haben, erinnerte mich an einige Formulierungen, die der Kollege Westerwelle, den Sie ja neulich auch einmal angesprochen hatten, in seiner Rede auch gebraucht hat. Wir müssen die niedrigen und unteren Einkommen, die die Hauptlast tragen, entlasten.

(Beifall bei der FDP)

Da stehen wir für die Diskussion bereit, wir haben sicherlich alle unterschiedliche Einstellungen zu bestimmten anderen Positionen, aber wir sind für die Debatte offen. Deshalb finde ich auch nicht, dass das jetzt Betrug oder versuchter Betrug ist, wenn man vor einer Wahlentscheidung ganz deutlich sagt, unser langfristiges Ziel ist es, die Steuern zu senken, das ist doch nicht unredlich!

(Beifall bei der FDP – Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grünen]: Aber gleichzei- tig die Schulden abbauen, das muss man er- klären!)

Ja, das kann man aber nicht in zwei Sätzen erklären, aber man kann das sicherlich machen. Ich würde immer sagen, dass der Bundeshaushalt – jetzt bewege ich mich auf den Bundeshaushalt zu – genug Luft – –.

(Zuruf des Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/ Die Grünen])

Sie haben mich doch gerade gefragt, Herr Kollege, hören Sie doch einfach zu! Der Bundeshaushalt beispielsweise und auch die anderen Haushalte haben in vielen Punkten – darüber haben wir vorhin debattiert – noch genug Luft, Sachen herauszulassen.

(Beifall bei der FDP)

Mit genau diesem Geld können wir auch Steuersenkungen finanzieren. Ein letzter Satz von mir: Es gilt, auch in schwierigen Zeiten, einen kühlen Kopf zu bewahren und nicht in Hektik auszubrechen, wenn einmal von rechts oder links etwas gefordert wird. In diesem Sinne lehnen wir den Antrag der LINKEN ab. – Vielen Dank!

(Beifall bei der FDP)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp.

Frau Präsidentin, verehrte Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen! Was ich ausgesprochen interessant fand, war der Vorwurf, ich als Ingenieur könne zwar rechnen und messen, hätte aber gar keine Ahnung von Politik.

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: So ist es nicht gesagt worden!)

Politik ist natürlich etwas anderes als Ingenieurwissenschaft, aber mein Eindruck ist, dass ein bisschen mehr messen und ein bisschen mehr rechnen auch in der Politik nicht schaden könnte. Vor allem wüsste man dann möglicherweise, dass es manchmal sinnvoll ist, Reihenfolgen einzuhalten. Uns wurde nun erklärt, das Neuverschuldungsverbot ist auch eine Steuersenkungsbremse. Das kommt ein bisschen spät, denn das, was wir an Schulden angesammelt haben, ist überwiegend Folge – nicht der letzten zwei Jahre, sondern davor – von Steuersenkungen.

(Abg. W o l t e m a t h [FDP]: Das ist doch keine Frage von Steuersenkungen!)

Natürlich! Die öffentliche Armut in Deutschland und die nicht auskömmliche Finanzierung von Kommu––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

nen, Bund und Ländern ist im Wesentlichen durch Steuerausfälle entstanden, und diese Steuerausfälle sind im Wesentlichen durch Steuergeschenke finanziert worden.

(Beifall bei der LINKEN)

Ja, es gibt natürlich mehr Kaufkraft, aber trotzdem sind die öffentlichen Hände überwiegend arm. Belassen wir es bei der Reihenfolge!

Es wurde gerade gesagt, wir müssen selbstverständlich – und das begrüße ich sehr – über die Frage diskutieren, wie die Schulden zu finanzieren sind. Da begrüße ich die Initiative einer Vermögensabgabe, selbstverständlich wären wir sofort dafür. Ich möchte nur einmal darauf hinweisen, dass die Reihenfolge vielleicht interessant ist, das heißt, man sorgt erst dafür, dass man auskömmlich finanziert ist, und dann kann man sagen, wir brauchen ein Neuverschuldungsverbot, oder vielleicht hat es sich dann auch erübrigt.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich finde es bemerkenswert, dass immer wieder betont wird, wir wollen mit aller Macht etwas, von dem wir noch gar nicht wissen, wie es aussieht. Wir kennen noch nicht die Verwaltungsvereinbarung, die uns auf diesen Sanierungspfad bringt, wir wissen noch gar nicht, was wir eigentlich tun müssen, um die 300 Millionen Euro einzuhalten, aber wir wollen es mit aller Kraft.

Auf die Frage, was eigentlich eine Haushaltssperre bringt, habe ich im Haushalts- und Finanzausschuss überhaupt keine Antwort bekommen. Es gibt nicht einmal eine Idee, wie viel das einspart, aber man macht es erst einmal mit aller Kraft und findet es klasse. Das heißt, es wird Politik auf einer Grundlage gemacht, auf der man besser richtig keine Verträge schließen könnte, deshalb werbe ich dafür, zum jetzigen Zeitpunkt noch einmal darüber nachzudenken. Die Geschäftsgrundlage ist weg, deswegen ist eine Zustimmung zu dem Neuverschuldungsverbot meines Erachtens, insbesondere zum gegenwärtigen Zeitpunkt, richtig Unsinn.

(Beifall bei der LINKEN)

Es hat eben noch die Bemerkung gegeben, das, was gekürzt werden müsste, das müssen die Haushaltspolitiker entscheiden. Das finde ich sehr streng! Die Haushaltspolitiker sind im Wesentlichen dafür da, es umzusetzen. Wo gekürzt wird, was man möglicherweise spart und was man strukturell ändert, das sind keine Fragen von Haushaltspolitik, das ist sind Fragen von Politik insgesamt, das ist sind Fragen von Sozialpolitik, Gesundheitspolitik, das ist eine Frage der Perspektive dieser Stadt, und die geht keinesfalls

nur die Haushaltspolitikerinnen und die Haushaltspolitiker etwas an.

(Beifall bei der LINKEN)

Am 1. Mai 2009 war ich mit Interesse auf dem Domshof. Dort hat Michael Sommer sehr vehement gegen die Einführung eines solchen Neuverschuldungsverbots gesprochen. Ich stelle mir die spannende Frage, wenn wir gleich über unseren Antrag abstimmen – und ich beantrage an dieser Stelle namentliche Abstimmung –, wie dann die Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter in diesem Raum zu dieser Frage stehen. – Vielen Dank!

Als nächster Redner hat das Wort Herr Bürgermeister Böhrnsen.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Dies ist das Gesetzespaket als Ergebnis der Föderalismusreform, und darüber steht jeweils „Gesetzesantrag der Länder Baden-Württemberg und Bremen“. Wir haben besondere Verantwortung in der Föderalismusreform übernommen, Bremen hat die Länder mit SPD-Ministerpräsidenten koordiniert, Baden-Württemberg die mit CDU- oder CSU-Ministerpräsidenten, ich selbst war stellvertretender Vorsitzender dieser Kommission. Sie glauben doch nicht allen Ernstes, dass wir so mit dem Klammerbeutel gepudert wären, dass wir das, was wir dort als Ergebnis erzielt und in einen solchen Antrag eingebracht hätten, nicht mit Nachdruck weiterverfolgen werden, bis es im Grundgesetz steht!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

So wird es sein. Der Antrag der Fraktion DIE LINKE erwartet vom Senat schlicht nichts anderes, als dass er auf 2,7 Milliarden Euro für Bremen verzichtet. Das sollen Sie einmal jemandem außerhalb Bremens erklären, das ist antibremisch und verrückt obendrein, sage ich.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wir haben hier über die Ergebnisse der Kommission bei anderer Gelegenheit ausführlich diskutiert, aber erinnern muss man doch noch einmal daran. Das Ergebnis ist ein fein ziselierter Kompromiss. Wenn man eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag und im Bundesrat braucht, muss man sich aufeinanderzubewegen, Bund und Länder, A- und B-regierte Länder, da müssen die Fraktionen und Parteien des Bundestages sich aufeinanderzubewegen. Es ist ein Kompromiss herausgekommen, den man sich auch anders vorstellen könnte. Aber aus bremischer Sicht einen Kompromiss zu attackieren, der aus einer Schuldenbremse und einer Konsolidierungshilfe für Bremen

besteht und in dem wir den größten Anteil dieser Konsolidierungshilfe, der von Bund und Ländern aufgebracht wird, erhalten, dazu gehört schon eine besondere politische Begabung, die ich an Ihrer Stelle so nicht, jedenfalls nicht in einem bremischen Parlament, vermutet hätte.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Noch einmal zur Erinnerung: Die Schuldenbremse, die eingeführt wird, ist eine solche, die im Jahre 2020 ein ambitioniertes Ziel für die Länder ins Grundgesetz schreibt, nämlich mit den laufenden Einnahmen den Haushalt zu bestreiten. Was ist eigentlich an einem Ziel auszusetzen, dass man sagt, die notwendigen Staatsausgaben sollen durch die Einnahmen des Staats gedeckt werden? Wir wissen doch in Bremen ein Lied darüber zu singen, dass Schuldenaufnahme nur scheinbar und im Übrigen sehr kurzfristig die Handlungsmöglichkeiten des Staats erweitert, aber langfristig zum Gegenteil führt, nämlich zur Einschränkung von Handlungsfähigkeit. Wer über 15 Milliarden Euro Schulden hat wie wir, dem müssen wir doch nicht sagen, dass wir Zinsen für dieses Geld aufbringen müssen.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Ja, das vergessen die meisten!)

Wenn wir die 600 bis 800 Millionen Euro, die wir für Zinszahlungen aufbringen müssen, für etwas ausgeben könnten, für Investitionen in Arbeitsplätze, in Bildung, in sozialen Zusammenhalt, dann hätten wir das Ziel erreicht und könnten sagen, wir haben das Fundament für eine soziale Politik geschaffen. Wir haben es aber im Moment nicht in dem Maße, in dem wir es brauchen. Deswegen brauchen wir ein so ambitioniertes Ziel, und deswegen ist es ein ureigenes bremisches und im Übrigen auch im Sinne einer sozialen Politik verfolgtes Interesse, dass wir sagen, wir wollen diese Föderalismusreform, wir stehen zu diesen Zielen, und deswegen gibt es überhaupt kein Abrücken von diesem gemeinsamen Ziel!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich habe gestern schon mehrfach gesagt, natürlich hat mich die Äußerung des brandenburgischen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck überrascht, zumal Brandenburg in der Föderalismuskommission natürlich die zwei Jahre dabei und gut vertreten war und am Ende das Ergebnis auch mitgetragen hat. Ich darf daran erinnern, dass es Berlin war, das sich enthalten hat, dass Mecklenburg-Vorpommern sich dagegen ausgesprochen hat und Schleswig-Holstein es noch nicht so genau weiß. Jedenfalls sehe ich die Zweidrittelmehrheit auf der Ebene des Bundesrates nicht als gefährdet an, das ist eine gute Perspektive.