Protocol of the Session on April 29, 2009

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Fecker.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Dezember beriet die Bürgerschaft über die Große Anfrage der CDU mit dem Titel „Zunehmende Gewaltbereitschaft gegenüber Polizeibeamtinnen und -beamten“. In der Antwort des Senats dazu wurde klargestellt, dass sich nicht so sehr die Anzahl der Delikte erhöht hat, sondern vielmehr die Qualität eben jener. Auch wies der Senat darauf hin, dass die Justiz im Lande Bremen gerade bei diesen speziellen Delikten absolut vorbildlich ist, oder wie ich es in der damaligen Debatte gesagt habe, Straftaten gegen Polizeibeamte in Bremen dürfen nicht auf die lange Bank geschoben werden.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

In der Debatte selbst haben alle fünf Fraktionen die Gewalt geächtet und sich damit auch deutlich hinter die Beamtinnen und Beamten gestellt. Ich hätte mir gewünscht, Herr Timke, dass Sie sich damals in diese Debatte eingebracht hätten und uns vielleicht gleich mit Ihrem Antrag beglückt hätten, so müssen wir eine Debatte innerhalb von vier Monaten gleich doppelt führen.

(Abg. T i m k e [BIW]: Nein, Sie müssen nur zustimmen!)

Das kann man machen, das macht das Parlament aber nicht gerade spannender. In erster Linie geht es um eine politische Aussage; es geht darum, dass wir als Parlament ein Zeichen setzen, dass wir hinter unserer Polizei stehen. Der Ruf nach einer Verschärfung der bestehenden Gesetze kommt nicht überraschend und ist auch nicht neu. Die Polizei fühlt sich als Prügelknabe der Nation, wie man in der Zeitung lesen konnte, und klagt immer wieder über die Gewalt, die ihr bei Großeinsätzen begegnet.

(Vizepräsidentin D r. M a t h e s über- nimmt den Vorsitz.)

Aber ist eine Strafverschärfung in der Tat das richtige Mittel? Hilft ein höherer Mindeststrafrahmen

wirklich, den verloren gegangenen Respekt wieder zurückzubringen? Dahinter setzen wir Grünen ein dickes Fragezeichen. Für uns ist grundsätzlich die Strafverschärfung allein kein Mittel, um einem Problem zu begegnen. Wir glauben auch nicht, dass sich irgendjemand von einem Jahr mehr Strafe von einer Widerstandshandlung abhalten lassen wird, schon gar nicht – und auch das ist in der Großen Anfrage der CDU damals klar geworden – im betrunkenen oder berauschten Zustand, in dem sich viele Täter befinden.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Der Präventionsgedanke also, der hinter Ihrem Antrag steht, greift in Wirklichkeit nicht. Das heißt für uns Grüne nicht, dass wir derlei Angriffe gutheißen. Wer Gewalt ausübt, wer Menschen angreift, beleidigt oder schädigt, muss im Rahmen der geltenden Gesetze und entschieden von einer unabhängigen Justiz dafür die Konsequenzen tragen. Wir greifen allerdings gern ein Ergebnis der damaligen Debatte auf, dass nämlich die Datenbasis deutlich verbessert werden muss, das hat der Kollege Herr Hinners in seinem damaligen Redebeitrag auch erwähnt, um dann anhand konkreter Zahlen über die Gesamtproblematik und weitere Schritte zu beraten. Darauf hat sich die Koalition verständigt, und das erscheint uns insgesamt der seriösere Weg zu sein. – Herzlichen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Tschöpe.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Fecker hat schon darauf hingewiesen, dieses Thema haben wir im Dezember bereits diskutiert, und auch die Frage der Verschärfung des Paragrafen 113 Strafgesetzbuch wurde in dieser Debatte angesprochen. Ich zitiere einmal den Kollegen Herrn Hinners, der damals dazu ausführte: „Dabei sollte auch die Forderung der Gewerkschaft der Polizei nach höheren Mindeststrafen dieses Deliktes, wie in Skandinavien und Großbritannien bereits geregelt, bundesweit geprüft werden.“ Herr Timke, Sie haben sich an dieser Debatte nicht beteiligt.

(Abg. T i m k e [BIW]: Ich handele und rede nicht! Der Antrag handelt und redet nicht!)

Herr Timke, Sie waren damals Mitglied dieses Parlaments, es ist Recht jedes Abgeordneten, seine Meinung zu sagen, und ob dieser Antrag handelt, wollen wir dann gleich noch einmal sehen, weil ich glaube, Sie haben sich natürlich nicht angeschaut, wie denn eigentlich die strafrechtliche Systematik in diesen Tatbeständen ist. Ich glaube, Sie sind demselben

Irrtum aufgesessen wie die schwarz-rote Landesregierung in Sachsen, die einen entsprechenden Vorschlag gemacht hat, den, so glaube ich, Sie einfach ohne den entsprechenden Begründungsteil kopiert haben. Die strafrechtliche Systematik ist so, dass überall dort, wo Vollzugsbeamte verletzt werden, sowieso der Straftatbestand der Körperverletzung greift und der Paragraf 113 Strafgesetzbuch sowohl in der Variante 1 als auch in der Variante 2 einen Auffangtatbestand darstellt immer nur für den Fall, dass die Polizeibeamten nicht verletzt worden sind.

Das heißt, das, was Sie hier als Begründung für die Verschärfung gegeben haben, kann die Auswirkungen, die Sie sich erhoffen, gar nicht erreichen. Ich bin ja als Sozialdemokrat durchaus bereit – und viele andere in diesem Haus –, darüber nachzudenken, wie man der Polizei Handwerkszeuge an die Hand geben kann, die sie besser schützen. Aber wenn es darum geht, Gewalttaten gegen Polizisten zu verhüten, und wenn man daran glaubt, dass Strafnormen irgendwelche Gewalttaten verhüten können, dann müssen Sie doch fordern, dass es einen Qualifizierungstatbestand der Körperverletzung gibt und nicht eine Verschärfung des Paragrafen 113 Absatz 2 Strafgesetzbuch. Jeder, der mit einigermaßen juristischem Sachverstand auf diesen Antrag schaut, stellt fest, dass das, was Sie als Begründung abgegeben haben, überhaupt nicht zu Ihrer Forderung passt. Deshalb handelt er auch nicht, sondern ist schlicht und ergreifend das Drücken auf eine Tube weißer Salbe, und das macht der Rest des Parlaments nicht mit! Das haben nämlich unsere Polizisten auch nicht verdient.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der LINKEN und bei der FDP)

Entscheidend ist doch, und deshalb ist der Antrag, den Rot-Grün hier vorgelegt hat, sinnvoll: Aus der damaligen Antwort des Senats geht der Befund für Bremen hervor, dass es kein Quantitätsproblem, sondern ein Qualitätsproblem ist. Das heißt, die Angriffe auf unsere Polizeibeamten sind härter und brutaler geworden, es sind nicht mehr geworden. Die Frage, die sich stellt, ist: Ist das ein repräsentativer Befund? Ist das bundesweit genauso? Wenn es bundesweit genauso ist, müssen wir gegebenenfalls entsprechende Konsequenzen bei der Ausgestaltung des Tatbestands der Körperverletzung ziehen. Wenn man bundesweit zu einem anderen Ergebnis kommt, dass es nämlich ein Quantitätsproblem ist, müssen wir in der Tat darüber reden, wie wir Paragraf 113 neu ausgestalten können.

Das heißt, ich halte das, was Sie hier gemacht haben, dieses Plagiat von Schwarz-Rot ohne Begründung vorzulegen, für die Verabreichung von, ich habe das vorhin gesagt, weißer Salbe, und ich meine, Sie benutzen unsere Polizisten, um politisch Stimmung zu machen. Das finde ich schofelig, Herr

Timke, und das hätte ich von Ihnen auch nicht erwartet.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Doch, ich schon!)

Ich mache an dieser Stelle Schluss. Herr Dr. Kuhn, das geht ja so ins Protokoll. – Ich danke Ihnen!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Das Wort hat der Abgeordnete Tittmann.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gab in Deutschland einmal eine Zeit, da galten Polizeibeamtinnen und -beamten noch als Freund und Helfer, die man mit Achtung und Respekt zu behandeln hat. Diese Zeiten sind aber leider schon lange vorbei. Heutzutage können unsere Polizeibeamtinnen und -beamten oftmals nicht einmal mehr sich selbst helfen. Polizeibeamtinnen und -beamte werden bei ihren lebensgefährlichen Einsätzen immer häufiger selbst Opfer brutalster Gewalttaten. Diese großen Probleme sind Ihnen aber auch schon lange bekannt, werden aber von den politisch Verantwortlichen schon seit Jahren ignoriert oder schöngeredet.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Das ist die Ur-Wahrheit!)

Das bei solchen ehemals politischen Verantwortlichen wie zum Beispiel der Ex-Außenminister und grüner Putzteufel, Polizistenschläger, Vorzeigedemokrat Joschka Fischer – –.

(Glocke)

Herr Abgeordneter Tittmann, ich bitte Sie, die Regeln dieses Hauses zu beachten und hier nicht mit solchem Vokabular zu reden.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ja, das mache ich doch! Das sind Ihre Aussagen! Ich wundere mich über Ihre Aussagen schon lange nicht mehr, Herr Fecker. Der Ex-Außenminister kann es Ihnen aus eigenen Erfahrungen hautnah selbst bestätigen, dass sich unsere Beamtinnen und Beamten schon länger als Prügelknaben der Nation fühlen.

Meine Damen und Herren, unsere Polizeibeamtinnen und -beamten sind deutlich unterbezahlt und das, obwohl sie täglich ihr Leben und ihre Gesundheit für uns alle, also auch für Sie, aufs Spiel setzen. Sie werden

schon viel zu lange von der Politik zum Prügelknaben der Nation gemacht. Unsere Polizeibeamten werden verstärkt in der Mehrzahl von ausländischen Jugendlichen angepöbelt, bespuckt, oftmals als Nazischweine bezeichnet, brutal zusammengetreten,

(Abg. Frau T r o e d e l [DIE LINKE]: Das ist Rassismus!)

gnadenlos zusammengeschlagen, mit Waffen angegriffen und schwer verletzt oder sogar mit Mordabsichten wie in Bremen-Gröpelingen feige in einen Hinterhalt gelockt, wobei anschließend das natürlich sehr milde Urteil für diesen eindeutigen Mordversuch an den Beamtinnen und Beamten mit Sicherheit nicht im Namen des Volkes gesprochen worden ist.

Meine Damen und Herren, solche gewalttätigen Übergriffe gegen Polizeibeamte häufen sich in einer nicht mehr länger hinzunehmenden Art und Weise. Zum Beispiel werden nach Aussage eines Polizeibeamten in der Zeitschrift „Focus“ in Berlin sage und schreibe – danach können Sie sich ja wieder lustig darüber machen – 90 Prozent der brutalsten Gewalttaten gegen Polizeibeamte von Personen mit Migrationshintergrund ausgeführt, und das nicht nur in Berlin! Das sind Zahlen und Fakten, die sogar Sie nicht einmal beschönigen oder totschweigen können, obwohl Sie das gern möchten.

Auch hier in Bremerhaven und Bremen gibt es doch schon lange Stadtteile, in die sich unsere Polizeibeamten allein nicht mehr hineintrauen können. Hinzu kommt noch der fehlende politische Rückhalt für unsere Polizeibeamten. Ich selbst habe schon oft genug erlebt,

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Was für ein Blödsinn!)

dass bei Veranstaltungen andersdenkender Menschen Polizeibeamte sich von den ach so friedlichen, vermummten Gutmenschen bespucken, beleidigen und treten lassen mussten

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Sie meinen Neonazis!)

und vielleicht auf Befehl von ganz oben sich nicht einmal wehren durften und auch dann noch tatenlos zusehen mussten, wie gerade ältere Versammlungsteilnehmer von den so friedlichen Demonstranten gewalttätig angegriffen worden sind. Bestes Beispiel ist dieses aussagekräftige Foto, ich darf es zeigen, ein Foto, das zornig macht: Chaoten posieren vor einem umgestürzten Polizeiauto. Beamte müssen wegschauen, da ist unser Rechtsstaat. Meine Damen und Herren, das sind keine Einzelfälle! Solche Fotos sind eine Schande für alle unsere politisch Verantwortlichen und deren Parteien.

Ich sage in aller Deutlichkeit, selbstverständlich müssen Zuwiderhandlungen und Verfehlungen auch von Polizeibeamten lückenlos aufgeklärt und verfolgt werden, das ist ganz klar, aber sie dürfen sich nicht andauernd wehrlos von den ach so friedlichen Gutmenschen ohne politischen Rückhalt würdelos zum Deppen der Nation machen lassen.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Was für ein Schwachsinn!)

Das haben unsere mutigen Polizeibeamtinnen und -beamten nicht verdient. Im Zusammenhang mit lückenloser Aufklärung fällt mir gerade der Fall des Passauer Polizeichefs Mannichel ein. Nach anfänglichem großen und einigen äußerst widersprüchlichen Aussagen hört man absolut nichts mehr über die wahren Hintergründe des Tatherganges oder der Tätergruppe, da ist eine lückenlose Aufklärung zum Schutz des Beamten dringend erforderlich.

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Was hat das mit der Polizei zu tun?)

Selbstverständlich werde ich diesem Antrag zustimmen. Wer unsere Polizeibeamtinnen und -beamten angreift, greift uns alle an. Die gewalttätigen Übergriffe gegen unsere Polizeibeamten häufen sich, sie werden immer schlimmer und vor allem brutaler. Ich aber sage Ihnen, unsere Beamtinnen und Beamten haben ein uneingeschränktes Anrecht darauf, bei ihrem sehr schweren, oft lebensgefährlichen, aufopferungsvollen Schichtdienst wieder gesund und wohlbehalten zu ihren Familien nach Hause kommen zu können, meine Damen und Herren! Sie haben es aber nicht verdient, bei den politisch Verantwortlichen und deren Parteien unfair und würdelos zu Prügelknaben und zu Deppen der Nation gemacht zu werden. Damit muss Schluss gemacht werden, und das ist schon lange überfällig, darum werde ich diesem Antrag zum Wohle unserer Polizeibeamtinnen und -beamten selbstverständlich zustimmen. – Ich danke Ihnen!

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Troedel.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Im vorliegenden Antrag wird ein Anstieg der Widerstandshandlungen gegen Polizei- und Justizbeamtinnen und -beamte beklagt, auf den ersten Blick sicherlich nicht zu Unrecht. Die Steigerung betrug innerhalb der letzten zehn Jahre circa 20 Prozent, allein im Jahr 2008 wurden fast 30 000 solcher Straftaten gegen Polizistinnen, Polizisten und Justizangestellte aktenkundig. Das gilt übrigens nicht für Bremen, wo kein Anstieg zu verzeichnen ist, wenn auch eine verstärkte Aggressivität der Angreifer zu erkennen ist.

Die Bürger in Wut, ich werde zukünftig BIW sagen, fordern daher in schweren Fällen vollmundig eine Verschärfung des Paragrafen 113 Absatz 2 des Strafgesetzbuches. Erstaunlicherweise findet sich diese Definition übrigens nur in einer kürzlich veröffentlichen Presseerklärung der BIW wieder, während sich im vorliegenden Antrag an die Bürgerschaft keinerlei Begründung für die Beweggründe erkennen lässt. Auch im persönlichen Vortrag und in der Darstellung des Antrags konnte ich nichts erkennen.