Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es werden in Deutschland jedes Jahr sage und schreibe circa 120 Millionen männlicher Ferkel ohne Betäubung bei vollem Bewusstsein, unter unerträglichen Schmerzen grausam und qualvoll, völlig unnötig kastriert, und das nur, um dem sogenannten Ebergeruch vorzubeugen. Es werden 120 Millionen Tieren bei vollem Bewusstsein grausam und unter unerträglichen Schmerzen, völlig unnötig und ohne Betäubung qualvoll die Hoden weggeschnitten. Meine Damen und Herren, eine solch grausame betäubungslose Kastration spart den Landwirten zwar sehr viel Geld und Zeit, eine solche Tierquälerei ist aber eine große Schande für die Menschheit. Eine solche Grausamkeit ist menschenunwürdig, und kein Mensch hat jemals das Recht dazu, irgendeinem Tier solche qualvollen Grausamkeiten anzutun und zuzufügen.
Dass einige gewinnsüchtige Interessenverbände gegen eine dringend notwendige Änderung des Tierschutzgesetzes sind, kann ich mir sehr gut vorstellen. Ihnen ist, wie so oft der Fall, Geld viel wichtiger als der Tierschutz. Das ist erbärmlich, und damit muss endlich Schluss gemacht werden! Wenn Sie auch diesen Antrag von mir ablehnen, beweist es mir und der Öffentlichkeit wieder einmal, dass Ihnen der Tierschutz insgesamt völlig egal ist. Diese erschreckende Tatsache ist eine große menschliche und politische Schande für das ganze Parlament. Damit haben Sie – und ich weiß, dass Sie es ablehnen werden – hier das Recht verwirkt, jemals wieder andauernd und scheinheilig – verlogen darf ich ja nicht sagen – un
Meine Damen und Herren, es geht auch anders! Man kann eine solche Kastration auch anders durchführen, indem nämlich die männlichen Ferkel vorher narkotisiert und ihnen zusätzlich Schmerzmittel verabreicht werden. Sie sehen, eine schmerzfreie Kastration wäre überhaupt kein Problem, das wäre endlich einmal ein großer effektiver Beitrag zum wichtigen, von Ihnen so hoch gelobten und propagierten Tierschutz. Aber bis jetzt haben alle Parteien im Landtag und auch im Bundestag nur große scheinheilige Alibireden zum Thema Tierschutz gehalten. Grundsätzliche, wirkungsvolle Maßnahmen zum Schutz von Millionen und Abermillionen grausam gequälter und schwer misshandelter Tiere gibt es nicht, ganz im Gegenteil, denn eine solche grausame und schmerzvolle, betäubungslose Kastration ist trotz Tierschutzgesetz bis zum siebten Lebenstag sogar noch erlaubt. Das nenne ich Tierquälerei pur, das ist für mich im wahrsten Sinne des Wortes eine unerträgliche Schweinerei!
Meine Damen und Herren, in anderen Ländern geht es doch auch! In der Schweiz zum Beispiel, in Norwegen und in vielen anderen Ländern auch sind betäubungslose Kastrationen generell verboten. Das nenne ich endlich einmal einen praktischen, effektiven und umsetzbaren Tierschutz zum Wohle der Tiere! Und nun frage ich Sie: Warum geht so etwas nicht in Deutschland? Eine solche Maßnahme wäre auch in Deutschland schon längst überfällig.
Ich sage Ihnen in aller Deutlichkeit, zum wichtigen Thema Tierschutz gibt es überhaupt keine Alternative! Tierschutz muss uneingeschränkt Ihr politisches Denken und Handeln bestimmen. Entweder man will den Tierschutz insgesamt zum Wohle der Tiere politisch umsetzen, verbessern, oder aber man verzichtet zugunsten dementsprechender Lobbyisten oder vielleicht sogar aus Eigennutz auf den Tierschutz im Allgemeinen. Wenn man sich aber seiner politischen und menschlichen Verantwortung gegenüber Millionen, Abermillionen grausam gefolterter, misshandelter Tiere bewusst ist und folgt, wie es eigentlich sein sollte, nur seinem Gewissen, sollten Sie, ja dann müssten Sie sogar, meinem Antrag „Verbot betäubungsloser Ferkelkastration durch Änderung des Tierschutzgesetzes“ uneingeschränkt zustimmen. – Ich danke Ihnen!
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Mit einem haben Sie, Herr Tittmann, recht, wir werden diesen Antrag ablehnen! Das hängt damit zusammen, dass Sie dazu auffordern, dass geeignete Initiativen unterstützt werden sollen. Dann wäre es an Ihnen gewesen, diese geeigneten Initiativen hier vorzutragen, sachlich zu
begründen, sodass der Antrag, den Sie hier stellen, auch wirklich zustimmungsfähig ist. Das sehe ich hier nicht, daher können wir diesem Antrag auch überhaupt nicht stattgeben, dem zustimmen, das geht leider nicht.
Was ich innerhalb Ihrer Rede ja wieder einmal völlig vermisse, ist, dass Sie sich überhaupt nicht sachlich mit diesem Thema auseinandergesetzt haben, denn dann wüssten Sie, dass zum Beispiel eine Narkose und ein Schmerzmittel nicht gleichzeitig verabreicht werden. Die Vergabe von Schmerzmitteln an die Tiere wird jetzt erst einmal übergangsweise ab dem 1. April 2009 vorgenommen. Das wird jetzt von den meisten Schweinefleisch verarbeitenden Betrieben so gehandhabt. Das geht aus einer Eigenerklärung der Qualität und Sicherheit GmbH hervor. Warum jetzt dieser Schritt noch nicht gegangen wurde, dass es zu einer betäubungslosen Kastration kommt, liegt daran, dass es natürlich verschiedene Methoden gibt, die im Raum stehen, die ich jetzt hier auch gleich kurz darstellen möchte, damit dann auch wirklich nach außen klar wird, dass wir uns mit diesem Thema Tierschutz auseinandersetzen und auch wissen, warum es noch keine Gesetzesinitiative gibt. Es gibt zum Beispiel die Möglichkeit der Züchtung von Ebern ohne Ebergeruch, denn das ist ja das Problem. Die Tiere sollen vor der Geschlechtsreife kastriert werden, damit sie nicht diesen Ebergeruch haben, den man nur bei gebratenem Schweinefleisch riecht. Das riechen auch nicht alle Menschen, aber es gibt einige, die es riechen können. Wir haben eben gerade vor diesem Antrag über das Thema Verbraucherschutz geredet, und das ist auch ein wichtiger Aspekt innerhalb dieses Themas, denn auch dieser Verbraucherschutz, die Menschen, die dann das Fleisch verzehren, müssen mitbedacht werden. Bei einer weiteren Methode, der Impfung, die eine Kastration über Impfung und nicht mit Hormongaben darstellt, ist auch das Thema Arbeitsschutz mit zu bedenken, denn bei solchen Impfungen kann es auch sein, dass die Menschen, die diese Spritze verabreichen, sich selbst impfen und dann ebenfalls kastriert sind, das kann nicht das Ziel sein. Solche Sachen muss man mit im Blick haben. Ein solches Mittel ist EUweit auch noch nicht zugelassen, und auch die Verbraucherakzeptanz in diesem Punkt ist nicht gegeben, weil es eben noch keine ausgereifte Technik ist. Man könnte des Weiteren zur Jungschweinemast übergehen, das hieße dann die Schlachtung eines Tieres vor der Geschlechtsreife. Geschlechtsreife tritt ungefähr bei einem Gewicht von 90 Kilogramm ein. Das hieße dann aber, für die nötige Fleischmenge, die produziert werden soll, noch mehr Tiere zu töten, und das ist dann auch wieder bedenklich. Es gibt zum Beispiel auch die Möglichkeit, dass über eine elektronische Nase geprüft werden kann, ob das
Fleisch diesen Ebergeruch hat, aber auch da ist es noch nicht soweit gediehen, dass dieses Mittel, diese Nase, schon funktioniert. Weitere Methoden sind das Spermasexing. Dann würden nur noch weibliche Tiere geboren werden, das hieße, dass darauf eingewirkt werden muss, wie sich das Sperma zusammensetzt. Das wäre natürlich eine Verschlechterung des Materials, die Mortalitätsrate ist dabei auch ein Problem. Von daher ist diese Methode nicht ausgereift. Eine Betäubung würde immer erforderlich machen, dass ein Tierarzt sie vornimmt, was per se nicht das Problem ist, aber es müssten bewegliche Geräte mitgenommen werden, und dadurch erhöht sich die Infektionsgefahr. Die Tiere, die sehr klein sind, kühlen aus und können sterben. Das ist also immer noch nicht das, womit wir das Ziel wirklich erreichen können. Ein Gas, das zur Anwendung gebracht werden kann, wirkt sich auch unter Umständen auf die Anwender aus. Sie hoben hervor, dass sich irgendwelche Landwirte aus Kostengründen dagegen sperren. Ich glaube noch nicht einmal, dass das so auf sie abzuwälzen ist, dass jetzt die Landwirte, die Produzenten dieses Fleisches, sich dagegen sperren. Sie würden es natürlich machen, wenn es ausgereifte Techniken gäbe. Soweit sind wir leider noch nicht, von daher ist es jetzt nicht angezeigt, eine Gesetzesinitiative zu starten, weil sie im Moment noch keinen Inhalt hat, der wirklich eine Verbraucherakzeptanz mit sich bringt und für die Tiere unbedenklich ist. Aus diesen Gründen kann eine Gesetzesinitiative von uns jetzt nicht ausgehen. Es ist auf Bundesebene von den Grünen bereits ein Antrag gestellt worden, der dieses Thema aufgreift, der die Unterstützung der SPD hat und insgesamt konsensual betrachtet wird. Die eine EU-Öko-Verordnung besagt, dass ein Verbot einer solchen betäubungslosen Kastration ab Ende 2011 erreicht werden soll. Bis dahin ist also noch eine ganze Menge Zeit, sich mit diesen von mir eben gerade genannten, kurz ausgeführten Methoden auseinanderzusetzen, sodass dann das Ziel, das am Ende angestrebt wird, auch erreicht werden kann. Bloß haben Sie, eingangs von mir schon gesagt, irgendwie keine geeignete Initiative genannt, kein Mittel, das Sie hier ausführlich dargestellt haben, das uns in die Lage versetzen würde, jetzt sofort eine Gesetzesinitiative zu starten. Von daher müssen wir dem Ganzen hier eine Absage erteilen. – Danke!
(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Sie hat sich mit dem Thema eben befasst, im Gegensatz zu Ihnen!)
Man kann das auch durch unsere Bundesratsinitiative unterstützen oder einbringen, aber von Ihrer Seite passierte nichts. Genau das ist das Problem, das ist das Grundübel der ganzen Politik hier im Allgemeinen, wie mit dem Thema Tierschutz umgegangen wird. Über das Problem Tierschutz wird einfach zu lange diskutiert ohne politisch zu handeln. Sie sehen, ich habe die anderen Länder genannt, in denen das problemlos geht. Nur in Deutschland, aus welchen Gründen auch immer, Lobbyinteressen oder was weiß ich, dauert es immer unendlich lange, bis überhaupt irgendetwas nur ansatzweise passiert.
Viele von Ihnen mögen meinen Antrag ja sehr lustig finden, weil es sich Ihrer Meinung nach nur um kleine Ferkel handelt. Das zeigt wieder einmal Ihr wahres Gesicht. Mir hingegen ist es mit dem Tierschutz sehr ernst, und es ist mir dabei völlig egal, um welche Tierart es sich hierbei handelt, und es ist mir auch völlig egal, welche Partei einen Antrag zum Schutz der Tiere einbringt. Jedes Tier empfindet und erleidet unerträgliche Schmerzen und unendlich grausame Qualen. Ich finde es überhaupt nicht witzig, wenn Millionen Tiere täglich grausam gequält und schwer misshandelt werden. Ihnen mag es ja vielleicht völlig am Mors vorbeigehen, für mich ist es aber grausam, unerträglich und menschenunwürdig. Mit einer solchen grausamen Schande können wir alle jedenfalls nicht leben. Wir müssen die Augen offen halten, und wir müssen alles tun, damit der Tierschutz einen viel höheren Stellenwert in unserer Gesellschaft erreicht.
Deshalb werde ich auch zu jeder Zeit vehement zum Schutz aller Tiere, sei es parlamentarisch oder sei es privat, rigoros kämpfen und mich hundertprozentig für den Tierschutz einsetzen. Ob es Ihnen passt oder nicht, ob Sie es lustig finden oder nicht, das ist mir völlig egal. Darum sage ich noch einmal, das, was der Mensch den Tieren insgesamt an schrecklichen Grausamkeiten angetan hat und weiterhin auch antun wird, kann er in seinem ganzen Leben nie wieder, aber auch nie wieder gutmachen.
Ich glaube, meine Herren, wenn man bei Ihnen eine betäubungslose Kastration vornehmen würde, dann würde Ihnen das Lachen sehr schnell vergehen, und sogar Sie würden meinem Antrag ganz schnell zustimmen. Stimmen Sie aus einer moralischen und menschlichen Verantwortung heraus für eine dringend erforderliche Änderung des Tierschutzgesetzes, damit endlich eine betäubungslose Kastration generell
bundesweit verboten wird. Hören Sie auf Ihre innere Stimme, hören Sie auf Ihr Herz und stimmen Sie im Sinne des Tierschutzgesetzes zum Schutz von Millionen geschändeter und gequälter Tiere diesem Antrag zu. – Danke!
Wer dem Antrag des Abgeordneten Tittmann (par- teilos) mit der Drucksachen-Nummer 17/674 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Konjunkturpaket II ist sozial ungerechtes und wenig hilfreiches Stückwerk – notwendige Schritte der Bremer Politik
Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, soweit sollten Sie mich kennen, dass ich die Dinge meistens nicht zweimal sage, zumindest wenn ich den Eindruck habe, dass einige Dinge angekommen sind, auch wenn da andere Meinungen vorherrschen.
Nein! Klar ist natürlich, dass sich ein Teil dieses Programms durch die aktuellen Ereignisse erledigt hat ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
weil sich vor allen Dingen der erste Teil ein Stück weit relativiert hat und wir umfangreich darüber debattiert haben. Es gibt die Punkte 3, 4 und 5, bei denen ich noch einmal um Aufmerksamkeit bitte, dass wir in der Situation sind, was ich vorhin gesagt habe, nämlich in einer Art von Haushaltsfalle, und wir jetzt eigentlich vor der Frage stehen, wer finanziert eigentlich die Krise, oder wer bezahlt die Krise? Wir wissen, alles, was wir heute an Konjunkturprogramm beschlossen haben, ist auch auf Bundesebene kreditfinanziert, und wir werden auch Haushaltsbelastungen in Bremen haben.
Ich möchte für zwei Dinge werben: Erstens, weil die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler diese Form von Krise bezahlen müssen, indem sie die jetzt aufgenommenen Kredite irgendwann einmal über ihre Steuern zurückbezahlen müssen, dass man einmal schaut, ob man nicht eine gewisse Form von Steuergerechtigkeit wieder herstellt. Es ist ja nicht nur unsere Ansicht, sondern es ist ja auch ein Stück weit rechnerisch nachgewiesen, dass bestimmte steuerliche Maßnahmen der letzten zehn Jahre dazu beigetragen haben, dass genug Geld vorhanden war, um diese Finanzmarktkrise oder diesen Finanzmarktbruch zu füttern, und dass auf der anderen Seite die Reallöhne nicht gestiegen sind. Das heißt, ich möchte als Erstes dafür werben, dass wir auf Bundesebene noch einmal darüber nachdenken, auch vonseiten Bremens, über ein Steuerkonzept zu diskutieren und auch dahingehend initiativ zu werden, dass eben große Vermögen, Erbschaften, Börsenumsätze und ähnliche Dinge wieder so besteuert werden, dass wir uns diese Form von Krisenmanagement überhaupt leisten können und es nicht dieselben Menschen bezahlen, die jetzt schon am meisten unter dieser Krise gelitten haben.