Protocol of the Session on March 18, 2009

Ich will aber deutlich sagen, dass wir, glaube ich, für diesen Prozess, der hier bevorsteht und bei dem es ja um hohe dreistellige Millionenbeträge geht, eine sichere Hand, einen klaren Blick und ein verantwortungsvolles Handeln brauchen. Ich halte nichts davon, Anteilseignerverhandlungen hier im Parlament zu führen.

(Beifall bei der SPD)

Das ist der falsche Ort, meine Damen und Herren! Lassen Sie uns an der Stelle nicht überschätzen und nicht in Fehlentwicklungen eingehen.

Die Bedeutung der swb und die Bedeutung, warum wir eingreifen und warum wir uns dort engagieren, liegt in vier Bereichen. Erstens, die swb sichert eine große Zahl von Arbeitsplätzen, dort sind Arbeitsplätze, die auch wir sichern wollen, es geht um Standortsicherung, es geht darum, dass wir weiter Energieerzeugung am Ort vornehmen können, dass die Firmenzentrale weiter in Bremen ist und dass wir hier keine Steuerungsfunktion abgeben. Das ist das erste, wichtige Element.

(Beifall bei der SPD)

Der zweite Punkt ist, dass damit auch Wirtschaftskraft für unsere Region verbunden ist, und Wirtschaftskraft bedeutet auch Einnahmen für den Haushalt des Landes. Der Steuersitz muss in Bremen bleiben, auch ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

darum geht es bei der Entscheidung, die bevorsteht, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Das dritte Element ist, dass Energiepolitik, Energieversorgung, auch das, was die Unternehmen in dem Bereich tun, viel zu tun hat mit Nachhaltigkeit, mit Umweltschutz. Wir wollen, dass die swb in den Stand gesetzt wird, ihr weiter die Möglichkeit gegeben wird, auf regenerative Energien zu setzen, KraftWärme-Kopplung zu fördern, Effizienzsteigerung voranzutreiben und auch etwas für die Senkung des Verbrauchs zu tun. Nachhaltigkeit ist ein drittes Ziel, das wir verfolgen, wenn wir uns bei der swb engagieren!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Der vierte Punkt ist der Verbraucherschutz, dass es natürlich darum geht, Versorgungssicherheit zu gewährleisten, angemessene Preise zu realisieren und eine Unternehmenspolitik zu betreiben, die soziale Aspekte sehr wohl beachtet und in ein Zentrum der Unternehmenspolitik stellt. Auch darum haben wir ein Auge auf die swb und wollen die Zukunft der swb schützend und perspektivisch gestalten, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Jetzt aber wird es erst spannend! Jetzt stellt sich die Frage, wie man das macht. Da gibt es, glaube ich, eine Reihe von Illusionen, was Einflussmöglichkeiten angeht. Ich habe gewisse Zweifel, ob man das machen kann, Kollege Rupp hat es gesagt, was der von mir sehr geschätzte Rudolf Hickel angesprochen hat, ob man nämlich wirklich den Wohnungsmarkt und unseren Umgang mit der Gewoba vergleichen kann mit dem Energiemarkt. Ich habe da sehr große Zweifel, denn wir haben im Unterschied zu dem Sektor, der mit Immobilien umgeht, hier einen Bereich, der mittlerweile hochgradig konzentriert ist, wo auf internationaler, auf europäischer Ebene allemal, die Entscheidungen fallen und das mit hoher Mobilität. Energiepolitik ist heutzutage keine regionale Angelegenheit mehr, dieser Markt ist in einer Weise zumindest europäisiert, sodass man die Steuerungsmöglichkeiten, auch wenn man über 50,1 Prozent bei einem Unternehmen der Größe wie der swb als Stadtgemeinde verfügen würde, nicht überschätzen darf, sie sind aus meiner Sicht ausgesprochen gering.

Die swb AG ist ein David auf dem Energiemarkt, und wir wären mit 50,1 Prozent als Bremen erst einmal ein kleiner David, der da mitspielt. Ich bezweifle, dass wir deshalb einen Vergleich zwischen unserem richtigen Engagement bei der Gewoba und im wohnungs

wirtschaftlichen Bereich ziehen dürfen mit diesem hoch komplexen und komplizierten Bereich der Energieversorgung. Deshalb muss ich sagen, dass die einfache Antwort, nehmt da Einfluss, nehmt euch gar die unternehmerische Führerschaft, Herr Rupp hat es hier angesprochen, viel zu kurz springt. Das ist blauäugig, meine Damen und Herren, das wird so einfach nicht funktionieren!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wir müssen aber natürlich unser Ankaufsrecht nutzen, um zu gestalten, wie die zukünftige Eigentümerstruktur aussieht. Es kommt auch angesichts der wirtschaftlichen Konzentrationseffekte, die ausgelöst worden sind durch das, was auf europäischer Ebene 1996 mit der Liberalisierung ausgelöst worden ist, eher darauf an. Das hat nicht zu einer Preissenkung geführt, das hat nicht zur stärkerer Ökologisierung der Produktion geführt, sondern hat vor allem zur Herausbildung neuer Energiemonopole auf europäischer Ebene geführt. Das bringt uns in diese schwierige Situation, die wir aber aus einem kleinen Bundesland heraus nicht verändern können. Umso stärker müssen wir aber ein Interesse daran haben, dass wir die generellen Ziele, die wir mit der swb verfolgen, auch angehen und darauf auch Einfluss nehmen. Diese Chance, dieses Zeitfenster haben wir jetzt, und das muss der Senat, das sagt unser Antrag sehr deutlich, wahrnehmen, meine Damen und Herren, und das werden wir auch wahrnehmen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich bin dahingehend ganz froh über den CDU-Antrag, wir werden das gleich noch erläutert bekommen, ich bin darauf gespannt, dass er eine neue Position umfasst gegenüber dem, was wir vor zwei, drei, vier Wochen in der Zeitung lesen konnten. Da sagte die CDU: Hands off, lasst die Finger davon, die müssen machen, was sie wollen, das ist ein freier Markt! Jetzt kommen Sie mit der grandiosen Forderung, 7,5 Prozent dort zu nehmen. Ich weiß gar nicht, was 7,5 Prozent eigentlich wirklich bewegt, wenn man diesen Weg macht, dann muss man über 25,1 Prozent reden. Mein Eindruck ist, Sie schwanken zwischen Merkel und Merz auch in dieser Frage, das ist Ihr Grundproblem, Sie wissen nicht, wohin Sie wollen! Ich bin sehr gespannt auf die Erläuterungen, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Widerspruch bei der CDU)

Zustimmungsfähig und zukunftsorientiert ist diese Position jedenfalls nicht.

Ich will am Schluss nur noch einmal darauf hinweisen, dass wir natürlich vor dem Hintergrund der

Haushaltslage unseres Bundeslandes darauf angewiesen sind, den Übergang und den Umgang mit dieser Chance so zu gestalten, dass wir dabei überhöhte finanzielle Risiken für das Land vermeiden. Aber eines ist auch klar, wir werden alles dafür tun, dass keine Finanzinvestoren hier auf das Unternehmen Zugriff nehmen. Wir brauchen eine industrielle unternehmerische Beteiligung für die swb, das ist unser Ziel, das wir vertreten!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Vor diesem Hintergrund sage ich zusammenfassend, wir lehnen den Antrag der LINKEN ab, wir lehnen auch den Antrag der CDU ab. Wir denken, dass wir als Koalition einen guten Vorschlag gemacht haben, der am Ende dazu führt, dass wir hier eine zukunftssichere Lösung bekommen, die das Unternehmen swb wirtschaftlich stark hält, Arbeitsplatze sichert und dafür sorgt, dass der Energiedienstleister am Ort für die Menschen, für die Bremerinnen und Bremer, für die Bremerhavenerinnen und Bremerhavener für eine sichere und preisgünstige Versorgung stehen kann. – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Schrörs.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Erinnern Sie sich noch daran, wie es 1994 um die Stadtwerke stand? Ich zitiere mit Genehmigung der Präsidentin: „Die Umsatzrendite der Stadtwerke ist weit unterdurchschnittlich. Die Personalkosten sind weit überdurchschnittlich. Die Produktivität ist mangelhaft. Diversifizierung und Erschließung neuer Geschäftsfelder sind unterentwickelt, und das Unternehmen ist gekennzeichnet von bürokratischen, wenig markt- und kundengerechten Unternehmensstrukturen mit hohen Verwaltungskosten.“

Meine Damen und Herren, soweit die Diagnose der Unternehmensberatung HGS 1994! So sehen Unternehmen aus, in denen keine unternehmerischen Entscheidungen gefallen sind, sondern Entscheidungen ausschließlich oder überwiegend unter politischen Gesichtspunkten.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, so etwas darf es bei den Stadtwerken und auch bei den anderen städtischen Betrieben nicht wieder geben.

(Beifall bei der CDU)

Selbst die Sozialdemokraten haben 2000 ein Einsehen gehabt und einer Privatisierung zugestimmt. Ich denke, alle Horrorszenarien, die von der SPD-Parteibasis ausgemalt wurden, sind nicht eingetreten. Im Gegenteil, wir haben heute ein starkes Unternehmen, die swb AG, vor uns.

(Beifall bei der CDU)

Warum gibt es diese Debatte? Im Juni 2000 hat der niederländische Energieversorger Essent N. V. die Mehrheit an der swb AG von der Freien Hansestadt Bremen gekauft. Die restlichen 49 Prozent sind in den Jahren 2003 und 2004 an die Oldenburger EWE verkauft worden. Nunmehr plant der Energiekonzern RWE den Kauf des Energieversorgers Essent, aus kartellrechtlichen Gründen soll die Beteiligung an der Bremer swb AG verkauft werden. Im Kaufvertrag aus dem Juni 2000 ist ein Vorkaufsrecht für Bremen im Fall des Weiterverkaufs der swb-Anteile durch Essent festgeschrieben. Dem Senat liegt inzwischen das Kaufangebot des Unternehmens Essent vor, die Frist läuft am 6. April 2009 ab. Es liegen Ihnen bei dieser Debatte drei Anträge vor: ein Antrag der CDU, einer von SPD und Bündnis 90/Die Grünen und ein Antrag von der LINKEN, die FDP hat es wahrscheinlich bis zum heutigen Tag wegen der momentanen Schwierigkeiten nicht geschafft, einen Antrag zu diesem nicht ganz unwichtigen Teil einzureichen.

(Abg. D r. B u h l e r t [FDP]: Wir wollten einfach keinen schreiben!)

Sie wollten vermutlich keinen schreiben, das vermute ich auch.

Meine Damen und Herren, für die Bremer CDU kommt aus ordnungspolitischer Sicht ein Kauf von Anteilen oder eine dauerhafte Beteiligung an Wirtschaftsunternehmen, die sich erfolgreich am Markt behaupten können, nicht in Frage.

(Beifall bei der CDU)

Im Einzelfall ist zu prüfen, wie standortpolitische und arbeitspolitische Interessen Bremens gewahrt werden können. Bei der Wahrung dieser Interessen muss jedoch klar sein, dass die Politik weder auf die Unternehmens- noch auf die Energiepolitik Einfluss nehmen darf. Was dann droht, habe ich zu Beginn beschrieben. Daher werden wir auch dem Antrag der LINKEN nicht zustimmen.

Es geht nämlich nicht nur um die Sicherung des Standorts als solchem und nicht nur um die Sicherung der vorhandenen Arbeitsplätze, sondern es geht um die Grundfrage: Entwickle ich ein Unternehmen auch mit der Perspektive, dass es in viele andere Dienstleistungsbereiche hereinwächst, sodass am Standort Wachstum entsteht? Nur durch Wertschöpfung entstehen Arbeitsplätze, und nur durch starke

Partner ist ein solches Wachstum möglich. Mit stark ist insbesondere das Kapital gemeint, nicht nur im Hinblick auf Investitionen, wo es um das schnöde Kapital geht, sondern stark meint, es geht darum, dass für innovative Investitionsprojekte Geld benötigt wird. Geld, das Bremen nicht hat und das Bremen auch zukünftig, in den nächsten Jahren, nicht haben wird. Im Übrigen – damit auch einen schönen Gruß an Herrn Professor Dr. Hickel! – ohne Kapitalzufluss ist eine gute Dividende nachhaltig nicht zu erwirtschaften.

(Beifall bei der CDU)

Weil wir nur eine so aufgestellte und zukünftig starke und wettbewerbsfähige swb AG in Bremen haben wollen, sollte der Senat das Kaufangebot der Mehrheitsanteile an der swb AG von Essent in Höhe von 51 Prozent annehmen, das darf aber nur vorübergehenden Charakter haben. Innerhalb der 60Tage-Frist, also bis zum 6. April 2009, sollen sowohl der Verkauf als auch der Weiterverkauf des Großteils des Aktienpakets gewährleistet sein.

Warum innerhalb der Frist von 60 Tagen? Nur wenn innerhalb eines Zeitraums eine abschließende Entscheidung über die Zusammensetzung der strategischen Partner fällt, ist sichergestellt, dass für parteipolitische Überlegungen und Störfeuer kein Raum mehr übrig bleibt. Die Formulierung des Antrags von SPD und Bündnis 90/Die Grünen lässt Schlimmes befürchten. Ich zitiere mit Genehmigung der Präsidentin: „Es muss darum nach dem Ausscheiden von Essent möglichst kurzfristig ein Gesellschafterkreis erhalten“ und so weiter. Ich sehe schon das Szenario nach dem 6. April 2009 vor uns: Die Anteile sind gekauft, das Vorkaufsrecht wurde in Anspruch genommen, und nun beginnt ein erbitterter Streit, Grüne gegen SPD, Grüne gegen Grüne, SPD gegen SPD.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Und worum soll es gehen? – Abg. D r. S i e l i n g [SPD]: Und wo bleibt da die CDU? – Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/ Die Grünen]: Worum soll der Streit gehen?)

Ich habe ja gesagt, wir wissen, wie wir uns verhalten wollen. Denn wir haben gesagt, wir wollen uns vor dem 6. April entscheiden. Ich male das Szenario nach dem 6. April aus.

(Beifall bei der CDU)

Dann werden Parteitage einberufen, vor allen Dingen kann man endlich wieder in Parteigremien über Energiepolitik diskutieren, Standortfragen und arbeitsmarktorientierte Fragen spielen plötzlich keine Rolle mehr. Vorsichtshalber werden dann erst einmal die Anteile nicht weiterverkauft, und die Republik lacht sich kaputt, dass sich Bremen als Sanierungsnotlageland nun auch noch ein eigenes Energieunterneh

men leistet. Meine Damen und Herren, unvorstellbar!

(Abg. D r. S i e l i n g [SPD]: Sie schlagen ja einen Halbsozialismus vor! – Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Sie schlagen ja 7,5 Prozent vor, das tun wir nicht!)