Protocol of the Session on March 18, 2009

Wir werden hier keinen Keil treiben lassen zwischen die beiden Stadtgemeinden, uns geht es nicht um Einzelinteressen, sondern um das Wohl des gesamten Landes.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Uns liegen – der Ausschussvorsitzende hat es schon angeführt – diverse Änderungsanträge der LINKEN vor. Einerseits sind das konkrete Änderungsanträge zum Konjunkturprogramm, andererseits Ergänzungsanträge zum Nachtragshaushalt. Im Haushaltsausschuss sind diese alle mehrheitlich abgelehnt worden. Übergeordneter Grund war die damit einhergehende Ausweitung der Schulden, wir müssten 33,7 Millionen Euro mehr Kredite aufnehmen, wenn wir das so machen würden. Der Haushaltsausschussvorsitzende hat es schon gesagt: Der entsprechende Antrag zur Höhe der Kreditermächtigung müsste konsequenterweise auch noch vorliegen. Bei der formalen Ablehnung möchte ich es aber nicht bewenden lassen, da es, glaube ich, der parlamentarische Respekt untereinander gebietet, sich auch inhaltlich mit den Anträgen der linken Opposition auseinanderzusetzen. Ich möchte es jetzt nicht bei jedem Antrag tun, sondern exemplarisch bei zweien oder dreien, um unsere Ablehnung zu verdeutlichen!

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der LINKEN, Sie tun drei Dinge, weswegen wir es ablehnen müssen! Erstens versuchen Sie, den fünften Schritt vor dem ersten zu machen, dabei gerät man manchmal ins Stolpern. Da ist zum einen der Antrag 17/722, in dem Sie die Löhne für 600 öffentlich geförderte Stellen auf 1 400 Euro im Monat erhöhen wollen. Wir sind mit Ihnen einig, dass wir auskömmliche Löhne auch im Niedriglohnsektor brauchen. Die Sozialdemokratie hat sich schon lange vor Ihnen für armutsfeste Mindestlöhne eingesetzt. Sie konnten vorgestern alle in einer Bremer Tageszeitung nachlesen, wie viel – oder eher wie wenig – das sein kann, auf jeden Fall bedauerlicherweise weniger als 1 400 Euro. Da geraten

wir in eine Schieflage. Es ist in unserer auf solidarischem Geben und Nehmen ausgelegten Gesellschaft eben nicht zu vermitteln, dass Teilnehmerinnen und Teilnehmer an öffentlichen Beschäftigungsprogrammen aus Steuergeldern mehr Einkommen hätten als regulär im ersten Arbeitsmarkt beschäftigte Gebäudereinigerinnen oder Verkäuferinnen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wir sind uns einig, dass wir das Lohnniveau insgesamt erhöhen müssen, aber dann können wir das nicht, indem wir den fünften vor dem ersten Schritt tun und so neue Ungerechtigkeiten an anderer Stelle produzieren.

Zweitens, Sie versuchen, uns zu überholen, ohne dafür ein angemessenes Trainingsprogramm zu haben. Im Antrag 17/724 wollen Sie im Jahr 2009 über 650 neue Lehrerinnen und Lehrer einstellen, das macht insgesamt 18,9 Millionen Euro. Die rot-grüne Regierung wird in den Haushaltsberatungen 2010/ 2011 natürlich Schwerpunkte im Bildungsbereich setzen, Stichwort Jugendgewalt, Sprachförderung, Schulentwicklung. Das wird in diesen beiden Jahren circa 20 Millionen Euro aus Umschichtungen im Gesamthaushalt ausmachen. Wo Sie allerdings jetzt so eben einmal schnell 650 Lehrer und Lehrerinnen hernehmen und die auch noch im Jahr 2009 adäquat einsetzen wollen, das bleibt mir in Ihrem Antrag schleierhaft.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wir werden neue Lehrer und Lehrerinnen einstellen, das aber mit Augenmaß Schritt für Schritt mit ordentlichen Konzepten. Viel hilft nicht mehr viel!

Drittens, Sie laufen uns hinterher! Im Antrag 17/302 fordern Sie 0,7 Millionen Euro mehr für das Jugendanpassungskonzept im Jahr 2009. Das Problem ist ausgeräumt, das Sozialressort wird die durch die Kostensteigerungen entstehenden Mehrkosten in diesem Jahr wie schon im Jahr 2008 auffangen können. Für die nächsten beiden Haushaltsjahre wird die rot-grüne Regierung auch in diesem Bereich die entsprechenden Schwerpunkte setzen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wie gesagt, ich respektiere Ihre parlamentarische Arbeit an der Stelle sehr, am Ende gehört es aber auch zum parlamentarischen Geschäft, dass die rot-grüne Mehrheitsfraktion Ihre Anträge ablehnen wird.

(Beifall bei der SPD)

Zur parlamentarischen Arbeit der FDP brauche ich momentan, glaube ich, nicht viele Worte verlieren, der Vorsitzende ist nicht da.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Er hat vier Stellvertreter!)

Ich würde mich auch angesichts der gewünschten parlamentarischen Buntheit hier im Parlament freuen, wenn endlich einmal alle wieder vollständig und sortiert an Deck sind, und wenn das dann irgendwann einmal so ist, warten wir ab, was Sie da einzubringen haben!

(Abg. D r. S i e l i n g [SPD]: Ich wusste gar nicht, dass es so viele Gelbtöne gibt!)

Bei der CDU ist mir auch nach der Diskussion im Haushaltsausschuss noch etwas unklar, was Sie eigentlich genau mit dem Konjunkturprogramm wollen. Einerseits stimmen Sie unumwunden zu, wie auch in Ihrem letzten Newsletter von der ehemaligen Kollegin Dr. Hannken nachzulesen war. Ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten: „Das Land Bremen hat mit dem Konjunkturprogramm eine einmalige Chance bekommen, zusätzliche Mittel in die Qualifizierung der Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen in Bremen und Bremerhaven zu investieren.“ Tun wir, sehr geehrte Frau Dr. Hannken! 77 Millionen Euro, zwei Drittel der Mittel, gehen in Einrichtungen der frühkindlichen Infrastruktur, Schulsanierungen, Hochschulen, Forschung und Weiterbildung.

Nach dieser eindeutigen Zustimmung zum Konjunkturprogramm an sich wird es offensichtlich schwierig mit der Zustimmung. Den einzelnen Projekten im Haushaltsplan können Sie nicht zustimmen. Sie haben sich mangels Alternativen für Enthaltung entschieden. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU, lieber Herr Röwekamp, mit solch einer eindeutig klaren politischen Haltung wie der Enthaltung kann man, glaube ich, keine zukunftsgerichtete Politik für dieses Land betreiben.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Sie orientieren sich, wenn es an das Konkrete geht, offensichtlich, wie es Kollege Möhle von den Grünen formuliert hat, an der Anleitung zum Unglücklichsein, Sie nölen und nörgeln. Sie kritisieren zum einen im Haushaltsausschuss, Herr Röwekamp, Willkür und Intransparenz bei der Projektauswahl. Dann sagen Sie doch, was Sie anders wollen! Die LINKEN haben das vorgemacht: Sie wollen lieber die Turnhalle Oslebshauser Weg sanieren als ein Polizeiboot kaufen. Sagen Sie doch, welches Polizeirevier statt welcher Schule Sie sanieren wollen oder von mir aus auch um

gekehrt, dann kann man sich damit auseinandersetzen! Das ist parlamentarische Arbeit!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Sie kritisieren auch – aus dem Haushaltsausschuss zitiert – irgendwelche Malerarbeiten in den Schulen, das sei nicht nachhaltig. Energetische Gebäudesanierung ist nicht nachhaltig? Wo leben Sie denn, in welcher Zeit leben Sie? Das ist zukunftsgerichtete Wirtschaftspolitik, kein Kleinkram!

(Beifall bei der SPD)

Fenster- und Fassadensanierung, energetische Gesamtsanierungen, Wärmeerzeugungsanlangen, Beleuchtungsanlagen, Schadstoffsanierung, das sind hoch technisierte, hoch qualifizierte Handwerks- und Ingenieurarbeiten, damit ist in der deutschen Wirtschaft der Mittelstand groß geworden, und damit rettet sie sich hoffentlich über die globale Wirtschaftskrise hinweg.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Sie kritisieren, das war anlässlich der ersten Lesung, irgendwelche Stadtteilinteressen würden bedient werden, und führen dann das Freibad Blumenthal an. Mit Verlaub, Herr Röwekamp, welche Arroganz! Da setzen sich viele Bürger und Bürgerinnen für ihren Stadtteil ein, der wahrlich nicht mit schönen Dingen gesegnet ist, und für Sie sind das irgendwelche Stadtteilinteressen!

(Beifall bei der SPD)

Gerade der soziale Zusammenhalt, um den es hier auch geht, ist in Krisenzeiten ein Garant auch für das wirtschaftliche Überleben, das dürfte sich mittlerweile auch bis in die CDU herumgesprochen haben.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Diese Ihre Einlassungen, Herr Röwekamp, haben übrigens im Haushaltsausschuss den Kollegen Pflugradt, CDU, zu der Protokollerklärung veranlasst, dass er aber dafür sei, dass das Bad erhalten bliebe.

(Abg. D r. S i e l i n g [SPD]: Bravo!)

Der Senat nutzt gerade hier die Chance, die das Konjunkturprogramm bietet, um ein sinnvolles, ansonsten schwer finanzierbares Stadtteilprojekt doch noch zu sichern. Manchmal habe ich eine Ahnung, Herr Röwekamp, was Sie eigentlich wollen: Sie wollen schöne neue große Dinge, den großen Wurf, große Projekte

wie in der Großen Koalition, nicht diesen langweiligen Kleinkram wie Fassadensanierung, Freibäder, Radwege. Für die rot-grüne Regierung sind aber dreißigmal eine Million Euro Investitionen in Schulsanierung mindestens genauso viel Wert wie einmal 30 Millionen Euro Investition in eine neue Straße.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Glocke)

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident! Vielleicht nutzen Sie aber jetzt die Chance, liebe Kollegen und Kolleginnen von der CDU, stimmen Sie nicht nur dem Gesamtpaket zu, sondern auch dem, was konkret enthalten ist! Vielleicht hilft es Ihnen, wenn wir die einzelnen Teile einzeln abstimmen, dann können Sie Kreuze machen per Hand heben. Auch wenn wir jetzt konkret nicht auf Ihre Stimmen angewiesen sind, Konjunkturpakete an sich brauchen eine große, breite, gesellschaftliche Unterstützung. Beziehen Sie Stellung, enthalten Sie sich nicht! – Danke für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall)

Meine Damen und Herren, bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, begrüße ich recht herzlich auf der Besuchertribüne eine 10. Klasse der Schule St. Johann aus Bremen. – Seien Sie herzlich willkommen!

(Beifall)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Röwekamp.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schon etwas mühsam mit anzusehen, Frau Kummer, wie Sie versuchen, der CDU-Fraktion, der FDP-Fraktion und der Fraktion der LINKEN zu erklären, wie Opposition geht. Sie mögen vielleicht von vielem etwas verstehen, Frau Kummer, aber von Oppositionen haben Sie nun wirklich keine Ahnung.

(Beifall bei der CDU – Abg. Frau B u s c h [SPD]) : Und das ist auch gut so!)

Ich finde, das ist irgendetwas, das Sie noch lernen können, und ich bin auch sehr dafür, dass Sie das noch lernen sollten.

(Beifall bei der CDU – Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grünen]: Es sieht im Mo- ment nicht danach aus!)

Da bin ich mir nicht ganz sicher; innerparteilich ist es bei der SPD auch nicht gerade so, dass Sie in einer Lage sind, in der Sie sich über die FDP lustig ma

chen können, das will ich auch einmal sagen, wir erleben hier ein Schaulaufen von SPD-Abgeordneten um die Frage, wer in Zukunft Fraktionsvorsitzender wird, da versucht der eine den anderen auszustechen, gestern Herr Pohlmann, heute Frau Kummer. Ich bin einmal gespannt, wann Frau Busch noch an das Mikrofon geht. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das wird der Sache nicht gerecht!

(Beifall bei der CDU)

Ich will ganz kurz für die CDU-Fraktion noch einmal erklären, weshalb wir – das ist auch Gegenstand der Debatte gewesen – natürlich in Prinzip dafür sind, dass Bremen sich an diesem Konjunkturprogramm beteiligt, das habe ich schon in der ersten Lesung in der letzten Woche am Montag gesagt, und offensichtlich ist das insbesondere bei den Kolleginnen und Kollegen der SPD noch immer nicht angekommen. Wir halten es für zwingend erforderlich, dass in dieser Phase, in der viele Menschen um Ihren Arbeitsplatz Sorge haben, in der viele Menschen von Kurzarbeit bedroht oder tatsächlich schon von Kurzarbeit betroffen sind, auch in Bremen trotz klammer Kassen die Signale des Senats eindeutig auf mehr Wachstum und mehr Beschäftigung stehen: Deswegen wird die CDUFraktion, wie auch schon in der ersten Lesung und wie im Haushalts- und Finanzausschuss, dem Konjunkturprogramm an sich seine Zustimmung geben. Wir wollen, dass diese Impulse auch in Bremen und Bremerhaven gesetzt werden.