Protocol of the Session on February 19, 2009

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Buhlert.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist ein Anliegen von uns allen, dass sich die Bevölkerung im Lehrkörper wiederfindet, und das ist lange nicht erreicht, und daran müssen wir arbeiten. Aber es ist vieles nicht verwunderlich, wenn wir wissen, dass wir in Deutschland einen Migrantenanteil – das hängt auch von der Definition ab – in der Größenordnung von 20 Prozent haben, aber in den Grundschulen bei Schülern und Schülerinnen einen Anteil von über 50 Prozent. Damit ist klar, in welche Richtung sich die Gesellschaft entwickelt, gleichzeitig ist auch klar, dass es sehr viele junge Menschen in dieser Gruppe gibt, die noch gar nicht das Ziel erreicht haben, überhaupt studieren zu können. Wenn wir dann noch wissen, dass der Bildungserfolg der Migranten nicht der ist, den die restliche Bevölkerung hat – die Pisastudien und so weiter sagen das ja –, ist doch klar, wo wir den Hebel ansetzen müssen.

Der Hebel muss nicht nur in der Universität angesetzt werden, da sind viele Vorschläge auf dem Tisch, über die man sinnvollerweise diskutieren kann, sondern der Hebel muss auch und weiter vorne im Bildungssystem angesetzt werden: von der frühen Sprachförderung über die Grundschule über die Sekundarstufe I bis in die Sekundarstufe II. Denn die Abiturientenquote ist in diesem Bereich noch sehr gering, sodass überhaupt nur wenige den Weg ins Studium finden. Es ist in diesem Zusammenhang natürlich zu Recht auf das Image des Lehrerberufs hingewiesen worden. So wie ich das wahrnehme, ist das Image der Ingenieure in diesem Teil der Bevölkerung immer noch ein sehr viel höheres. Da sind entsprechende Studienentscheidungen dann auch schon vorgeprägt.

Wir haben viele ungenutzte Potenziale, wie auch die Studie des Berlin-Instituts überschrieben ist, die uns da noch ein bisschen mehr Aufschluss gegeben hat und die ich im Vorfeld dieser Debatte noch einmal gelesen habe. Da ging es nämlich um die Lage der Integration in Deutschland. Da sind wesentliche Details deutlich geworden, die auch in die Diskussion um die Große Anfrage einfließen müssen. So werden die unterschiedlichen Integrationserfolge, ich habe es angedeutet, der verschiedenen Migrantengruppen deutlich gemacht. Auch da wird, glaube ich, deutlich, dass man nicht von den Migranten sprechen kann und auch nicht sagen kann, dass es dort überall Probleme gibt, sondern man braucht individuelle Lösungen für die unterschiedlichen Gruppen.

Wir haben Aussiedler, wir haben Türkischstämmige, wir haben Araber, wir haben Südeuropäer, wir haben Afrikaner, wir haben Osteuropäer, wir haben einen ganz bunten Mix, und die sind auch unterschiedlich vertreten. Wir reden hier ja nicht über die Wirtschaftselite, die als Migranten unterwegs sind, in der wir inzwischen auch etliche Lehrerinnen und Lehrer haben, die aus Schweden, die aus England oder sonst wo her kommen. Das sind nicht die Menschen, über die wir reden und die uns fehlen. Es fehlen uns andere, und über die müssen wir reden. Insofern gibt es einen Nachholbedarf, der in den verschiedenen Gruppen unterschiedlich ist, und das muss, glaube ich, weiter dezidiert für die einzelnen Gruppen diskutiert werden.

Außer Acht gelassen wird hier sowohl vom Fragesteller als auch dann in der Antwort die Heterogenität der Menschen mit Migrationshintergrund. Ein Aussiedler ist eben nicht mit einem Mitbürger mit türkischen Wurzeln zu vergleichen, und dass eine Gruppe von Zuwanderern mit der besonderen Zuwanderungsgeschichte der sogenannten Gastarbeiter nicht einen repräsentativen Bevölkerungsdurchschnitt darstellt, ist gerade an einem Industriestandort wie Bremen, glaube ich, auch klar. Wer das erst mit der Frage, die den Kern der Probleme eben nicht berührt, herausfinden muss, hat seine Hausaufgaben, und das muss ich den Grünen dann sagen, beim Thema Zuwanderung nicht gemacht.

Unberücksichtigt bleiben im Übrigen auch die Berufsperspektiven. Wer zu Recht auf die Notwendigkeiten einer pluralen Gesellschaft im globalen Umfeld verweist, sollte dann auch ganz pragmatisch Themen wie das Beamtenrecht mit angehen. Die Schwierigkeiten, die sich hier für viele Ausländer ergeben, finden sich in der Anfrage auch noch nicht wieder. Wer aber eine ungewisse Berufsperspektive bei der Betrachtung außer Acht lässt, muss sich dann auch den Vorwurf gefallen lassen, hier nur etwas für die Galerie produzieren zu wollen. Der Antrag fängt das wieder etwas auf. Wir werden den Antrag unterstützen, denn da muss weiter diskutiert werden, und wir müssen dann auch Perspektiven erarbeiten.

Uns geht es, wie gesagt, darum, nicht nur über die Fragen an den Hochschulen und der Universität zu reden, sondern über die Fragen: Was machen wir gegen die geringe Abiturientenquote? Wie können wir Herkunftssprachen, beispielsweise Türkisch, weiter und besser in den Bildungskanon integrieren? Wie können wir es schaffen, dass das anerkannt wird, dass das als Zweit- und Fremdsprache in entsprechende Prüfungsleistungen eingebracht wird? Wie können wir es schaffen, dass gerade bildungsbenachteiligte Jungen mit migrantischem Hintergrund dort zu ihrem Recht kommen? Wie schaffen wir es, dass gerade die männlichen Lehrer, die uns sowohl bei den deutschen als auch bei den migrantischen fehlen, in die Schulen gehen. Gerade in Kindergärten und Schulen sind das diejenigen, die auch als Vorbilder feh

len, das Jungenthema haben wir gestern ja ausreichend diskutiert.

Insgesamt muss ich dann noch einmal feststellen, es sind hier viele Programme in der Antwort des Senats genannt, die richtig sind, aber eines ist klar, es muss weit mehr getan werden, denn die Programme schaffen die Masse nicht, die wir brauchen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der FDP)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Beilken.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Auch wir unterstützen diesen Antrag mit einem besonderen Hinweis auf das, was auch der Kollege Dr. Buhlert ironischerweise hervorgehoben hat, dass man insgesamt mehr für die Bildung tun muss, nur, er will natürlich nicht mehr investieren. Wie er das machen will, bleibt das Geheimnis der FDP: Nachtwächterstaat auf der einen Seite, auf der anderen Seite immer darauf hinweisen, wo mehr getan werden muss. Wo mehr getan werden muss, das kommt im Antrag selbst vor. Das Konzept soll eine Strategie enthalten, bei der die zu schaffenden Voraussetzungen auch aufgezeigt werden.

Diese zu schaffenden Voraussetzungen sind in der Bildung zu suchen, wie ironischerweise gerade von der FDP hier angemerkt worden ist. Wir haben nur 15 Prozent der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund, die Abitur machen, die Hälfte derjenigen, die diesen Migrationshintergrund eben nicht haben, und wir haben dann eben mehr bei der Hauptschule und der Abteilung ohne Abschluss. Dies alles ist seit langem bekannt, und wir wissen auch, wie man dem entgegenwirken kann. Deswegen stand auch in den Wahlprogrammen bei Rot-Grün, die frühe Selektion abzuschaffen. Das hat durchaus etwas damit zu tun, dass Migrantinnen und Migranten bis zur vierten Klasse schon getestet werden, das Testen wollen Sie sogar verschärfen! Dann können Sie sich auch nicht mehr im Losverfahren für das Gymnasium bewerben, weil noch mehr als bisher der Versuch gemacht wird, objektiv festzustellen, ob man darf oder nicht.

Diese frühe Selektion behalten Sie bei, Sie können sich das ja für den übernächsten Wahlkampf vormerken, dass Sie dann noch einmal eine Schule für alle ins Programm schreiben, um den Migrantinnen und Migranten in der Hinsicht entgegenzukommen. Dasselbe gilt für das Thema Investition für individuelle Förderung, es wäre gut, wenn Sie das im Bildungsbereich auf europäisches Niveau heben. Im Moment sehen wir den Willen immer noch, aber der Glaube, dass Sie das in dieser Legislaturperiode machen, wird geringer und geringer. Insofern wünschen wir Ihnen ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

alles Gute dabei, diese Richtung irgendwann wieder aufzugreifen, denn nur das bringt die Grundlage für Migrantinnen und Migranten, auch wirklich an eine Teilhabe zu kommen, die über die skandalösen acht Prozent Beteiligung an der Studienwirklichkeit hinausgeht, und das wirkt sich dann auch im Lehramtsbereich aus, wo die Beteiligung noch geringer ist.

Die Maßnahmen sind zahlreich, und insofern ist glaubwürdig, dass Sie da wirklich etwas ändern wollen, aber wie in anderen Bereichen auch, es wird nur an der Oberfläche etwas verändert. Da, wo die Kinder auffallen, da, wo das Kind kurz davor ist, in den Brunnen zu fallen, da wird investiert. Da, wo die Probleme am Ende herauskommen, versuchen Sie, etwas zu ändern, aber Sie versuchen nicht genügend an der Basis, die Richtung zu verändern, das gilt auch an diesem Punkt. Insofern muss das Konzept eine Strategie enthalten, die die zu schaffenden Voraussetzungen aufzeigt. Das ist der Punkt, den wir besonders betonen, und an diesen Voraussetzungen müssen wir gemeinsam arbeiten. – Danke schön!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Spieß.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir alle wissen, dass in den Schulen die Anzahl der Schüler mit Migrationshintergrund steigt, und es wird in den nächsten Jahren so weit sein, dass wir mehr als 50 Prozent der Schüler mit Migrationshintergrund haben werden. Deshalb ist es für uns sehr wichtig, dass wir die Anzahl der Lehrer, sprich der Studierenden zum Lehramt, mit Migrationshintergrund steigern, dass wir die Anzahl einfach deutlich erhöhen. Deshalb finden wir die Große Anfrage, die die Fraktionen von Bündnis 90/ Die Grünen und der SPD eingebracht haben, gut, denn auch wir unterstützen das sehr. Wir finden es wichtig, dass ein solcher Weg beschritten wird. Aus der Antwort des Senats geht eindeutig hervor, dass es Programme gibt, die genau da ansetzen, wo es wichtig ist, also den Weg dafür bereiten, diese Steigerung der Studierenden mit Migrationshintergrund auch zu bekommen.

Es sind folgende Wege möglich. Es ist zum einen natürlich wichtig, dass Schülern in der Schule bereits durch Vorbilder, die sie vielleicht in den Familien noch nicht haben, gezeigt wird, was für Möglichkeiten sie haben, was sie eigentlich alles auch werden können und wie sie es mit Hilfe gestalten können, dass sie das, was sie werden möchten, auch erreichen können. Die Programme hierzu sind schon von Frau Böschen genannt worden, das eine ist die Stiftung Mercator. Auch wird mit Mitteln des Wissenschaftsressorts die Möglichkeit angestoßen, die sprachliche und die individuelle Förderung der Schülerinnen mit Migrationshintergrund zu stärken. Dazu sind eben

auch Lehramtsstudierende in die Schulen gegangen und haben versucht, die Schüler zu motivieren, ihnen zu sagen, welche Möglichkeiten sie haben. Was natürlich auch immer ein großer Faktor ist – was auch schon angesprochen worden ist –, ist die sprachliche Förderung, denn das ist meistens die größte Barriere, und das ist eigentlich auch der Schlüssel zum Erfolg. Dies wird hier aufgebaut, ich finde das sehr gut. Auch wenn wir der Antwort des Senats entnehmen, wie viele Schülerinnen und Schüler daran teilnehmen, sehen wir eigentlich, dass es da auch eine gute Zusammenarbeit zwischen Lehramtsstudierenden und Schülern gibt und dass man auch daraus ersehen kann, dass das zwar ein erster Weg ist, aber ein guter Weg. Ich glaube, dass wir diese Wege auch weiter fortschreiten müssen.

(Beifall bei der CDU)

Wir merken dann, dass es auch ein Programm gibt, und da ist es wichtig, dass ein lückenloser Anschluss stattfindet, dass man die Schüler der gymnasialen Oberstufe in der Sekundarstufe II abholt und sie auf dem Weg ins Studium begleitet. Auch hier gibt es bereits ein Programm, es ist schon benannt worden, das MiCoach-Programm. Das finde ich auch sehr wichtig, denn meistens ist es doch so, dass man sich überlegt, was man eigentlich machen möchte und ob man sich das zutraut. Wenn man gerade auf diesem Weg nicht auch fachliche Unterstützung hat, dann ist es oftmals so, dass viele uns dabei verlorengehen. Hier ist es eben ganz besonders wichtig, dass das weiter fortgesetzt wird.

Wir haben Informationstage an der Universität Bremen, bei denen in diesem Jahr ein Schwerpunkt sein wird, dass zukünftig Studierende mit Migrationshintergrund sich informieren können. Das halte ich auch für ganz wichtig, dass es hierfür Möglichkeiten gibt. Es ist ebenfalls so, dass etwas, was wir auch schon debattiert haben, nämlich die Anerkennung von Abschlüssen, noch einmal auf Bundesebene diskutiert und da versucht wird, ein Angebot für Personen mit Migrationshintergrund zu schaffen, indem man sagt, man will hier spezielle Lösungen finden und zum Beispiel auch Möglichkeiten einer Teilanerkennung schaffen.

Das ist auch schon ein Weg, der ganz wichtig ist und der beschritten werden muss. Hier in Bremen ist es so, dass die Hochschule und die Universität Möglichkeiten erwägen, Anpassungsqualifizierungen und Ergänzungsqualifizierungen anzubieten. In dieser Kombination werden wir mit der Möglichkeit der Teilanerkennung, welche vom Bund auch gefördert wird, in Bremen Möglichkeiten haben, das zu unterstützen, damit wir noch mehr Studierende mit Migrationshintergrund bekommen können. Ich glaube, dass das auch ein ganz wichtiger Weg ist, den wir mit unterstützen müssen.

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte die Senatorin für Bildung und Wissenschaft auch noch einmal auffordern, mit den Möglichkeiten, die sie besitzt, die Anerkennung der Abschlüsse auf Bundesebene einzubringen. Wir werden den Antrag mit unterstützen, wir finden wichtig, dass es ihn gibt. Ich möchte nun auch noch einmal darauf hinweisen, Frau Schön, dass es bereits Programme gibt, die in der Antwort des Senats genannt worden sind. Wir finden es wichtig, dass diese Programme – der Weg, der beschritten worden ist – weiter fortgesetzt werden. Insofern denke ich, wird es vielleicht schwierig sein, bis November etwas Effektiveres zu finden, aber ich glaube, der Weg, der hier mit dem Antrag beschritten wird, ist der richtige. – Vielen Dank!

(Beifall)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Mohammadzadeh.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wegen der Bedeutung des Themas für Bildung, für Integration, für alle diese Bereiche hatte ich das Bedürfnis, doch einige Worte aus der Perspektive der Integration an Sie trotz kurzer Zeit und Überziehung der Vormittagssitzung zu richten.

Einige von Ihnen haben vielleicht den Eindruck, hier geht es um den üblichen Multikultiansatz, so ist das nicht. Im Bildungswesen steht mehr auf dem Spiel. Meine Damen und Herren, wenn ich Sie frage, ob die Kinder unsere Zukunft sind, wären Sie, glaube ich, alle damit einverstanden. Aber auch die Kinder mit Migrationshintergrund sind unsere Zukunft.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich meine – ganz wörtlich – die Zukunft für uns alle.

Wir stehen vor der Frage, ob wir die Herausbildung von Werten und die Aneignung von Einstellungen dem Wildwuchs überlassen oder ob wir Kinder und Jugendliche unterschiedlicher kultureller Prägung in eine Gesellschaft hineinholen wollen, die von Demokratie, Pluralität und Chancengleichheit, aber auch Chancengleichheit der Geschlechter lebt. Diese Kinder und Jugendlichen brauchen, mehrmals wurde das gesagt, Rollenvorbilder. Sie brauchen Pädagogen, die ihnen glaubhaft vorleben, dass die menschliche Gesellschaft eben nicht so homogen ist, die ihnen den Weg zu weiteren Horizonten einer pluralen Weltsicht ebnen. Das können zwar die qualifizierten einheimischen Lehrkräfte genauso gut wie die qualifizierten Migrantinnen und Migranten. Die jungen Menschen, die Kinder mit Migrationshintergrund müssen aber ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

die Realität gesellschaftlicher Vielfalt schon in der Schule als positiv erleben.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Deshalb brauchen wir mehr Pädagogen mit Migrationshintergrund. Wir brauchen diese Pädagogen in Lehramtsberufen und sozialen Berufen und nicht nur wegen des Ideals der Chancengleichheit, meine Damen und Herren. Wir brauchen sie in der Schule und in der Ausbildung, damit wir diese Jugendlichen mehr integrieren, in eine Gesellschaft zurückholen können, wo sie ja schon auf dem Weg ins Abseits sind. Deshalb ist die Frage, warum so wenig Studierende aus Migrantenfamilien ein pädagogisches Studium wählen, sehr wichtig. Alle bisherigen Erfahrungen zeigen, dass die Lehrkräfte mit Migrationshintergrund durch ihre große Glaubwürdigkeit nach beiden Seiten vermittelnd wirken.

Auch in der Elternarbeit können Lehrkräfte und Sozialpädagogen mit Migrationshintergrund zwischen Lehrer- und Elternschaft wertvolle Brücken bauen.

Meine Damen und Herren, in den meisten Fällen entscheidet heute bei der Berufswahl der jungen Menschen die Frage, welchen Weg sie einschlagen, ob er ihnen langfristig den Lebensunterhalt sichert. Deshalb sollten wir nach Wegen suchen, die ihnen die Entscheidung für das Lehramtsstudium leichter macht, als es bisher der Fall ist. Dies macht das Land Bremen auch, hier wurden ja einige Projekte aus der Senatsantwort genannt, aber ich möchte gern auf unser erfolgreiches Projekt im Polizeidienst in Bremen eingehen, das ja ein gutes Beispiel dafür ist, mehr Migranten in den Polizeidienst zu bringen. Solch einen Ansatz brauchen wir meiner Ansicht nach auch im Bereich des Lehramts und der pädagogischen Fachrichtungen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Wenn Sie schon einmal in Asien oder Afrika gewesen sind, meine Damen und Herren, und in der Schule Erfahrungen gesammelt haben, dann werden Sie gesehen haben, mit welchem Bildungshunger die Kinder dort in die Schule gehen. Sie wollen vorankommen. Sie wissen, Ihre einzige Chance, die sie haben, um sich aus den sozialen Problemen herauszuholen, ist Bildung. Ist das der Grund, warum manche Migrantenkinder auch zum Beispiel in Deutschland so weit kommen und es so weit bringen?

Es gibt so viele Untersuchungen, PISA, vor zwei Wochen die Berliner Studie zur Integration der Migranten und so weiter, die aufzeigen, dass verschiedene Bevölkerungsgruppen hier und da nichts können, keine Bildungschancen haben. Es wird in diesen Studien gezeigt, wo es nicht klappt. Vielleicht sollten wir aber einmal aufzeigen beziehungsweise un

tersuchen, warum es manche Kinder schaffen, und vielleicht zeigen, wo es klappt,

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

mit positiven Fragestellungen die Situation zu untersuchen, und dann werden wir erfahren, was zu tun ist, damit die Migranten mehr Chancen zum Studieren haben und schließlich als Lehrkraft einen Arbeitsplatz bekommen! – Vielen herzlichen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächste Rednerin erhält das Wort Frau Senatorin Jürgens-Pieper.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn der Senat an der Reihe ist, dann ist ja schon vieles gesagt, insofern kann ich meine Ausführungen angesichts der Zeit kurz fassen. Ein paar Gedanken noch dazu: Es ist in der Tat so, dass die Gruppe der Menschen mit Migrationshintergrund groß ist – in Bremen liegt sie bei 20 Prozent – und dass sie in der Altersgruppe der Schülerinnen und Schüler ständig wächst, in manchen Stadtteilen bis zu 50 Prozent. Allerdings ist die Definition, was wir unter Kindern mit Migrationshintergrund verstehen, sehr unterschiedlich, und wir müssen in der Tat – das ist hier in den Wortbeiträgen ja schon differenzierend gesagt worden – besonders die im Auge haben, die aus ausbildungsfernen Elternhäusern kommen.

Wir haben, glaube ich, in der Berliner Studie nichts Neues erfahren. Es ist einfach bestätigt worden, wenn Kinder mit Migrantenhintergrund aus bildungsfernen Elternhäusern kommen, haben sie es schwer, und da haben wir eben eine große Gruppe, insbesondere der türkischen Jugendlichen, die an dieser Stelle große Probleme haben, durch das Schulsystem zu kommen. Wir haben das diskutiert mit der Sprachförderung und allen Dingen, die wir da angesetzt haben.

Wir sehen, dass natürlich die Integration eine zentrale gesellschaftliche Aufgabe ist. Sie kann nicht verordnet werden, und wir können auch die Berufswahl nicht verordnen. Das ist nun einmal eine freie Wahl in der Bundesrepublik Deutschland. Deshalb geht es tatsächlich nur so, wie hier vorgeschlagen wurde, mit Kampagnen, mit Motivation. Wir dürfen, denke ich, an dieser Stelle auch das Kind insofern nicht mit dem Bade ausschütten, als wir nicht unseren deutschen Lehrkräften, die viel Mühe und Kraft da hineinstecken, die jetzt in sozialen Brennpunkten mit Kindern mit Migrationshintergrund arbeiten, signalisieren, dass es eigentlich nur mit anderen geht. Nein, es geht gemischt mit beiden, denke ich.