Weil die Bürgerschaft (Landtag) gemäß Artikel 125 der Landesverfassung Anträge auf Verfassungsänderung nach der ersten Lesung zu überweisen hat, lasse ich jetzt über die Überweisung abstimmen.
Wer der Überweisung des Gesetzes zur Neuregelung des Volksentscheids mit der Drucksachen-Nummer 17/594 an den soeben eingesetzten Ausschuss nach Artikel 125 der Landesverfassung seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) überweist den Gesetzesantrag zur Beratung und Berichterstattung an den nichtständigen Ausschuss gemäß Artikel 125 der Landesverfassung.
Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft (Landtag) von dem Bericht des nichtständigen Ausschusses Erleichterung der Volksgesetzgebung und Weiterentwicklung des Wahlrechts, Drucksache 17/594, Kenntnis.
Antrag der Fraktionen der CDU, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 17. Februar 2009 (Neufassung der Drs. 17/668 vom 20.01.09) (Drucksache 17/695)
Dazu als Vertreterin des Senats Frau Senatorin Rosenkötter, ihr beigeordnet Staatsrat Dr. SchulteSasse.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! In den letzten acht Jahren hat sich die Anzahl derjenigen Kinder und Jugendlichen, die wegen Komasaufens oder Rauschtrinkens oder Kampftrinkens – das sind die Begriffe, die von den Beteiligten gebraucht werden – in Krankenhäuser eingeliefert werden mussten, nahezu verdoppelt. Im Jahr 2007 waren es insgesamt circa 20 000 Kinder und Jugendliche, die in Krankenhäusern behandelt werden mussten. Auf Bremen bezogen waren es etwa 200 Kinder. Meine Damen und Herren, ich glaube, dass wir diesen Gesichtspunkt nicht einfach hinnehmen können, sondern dass wir als Bürgerschaft hier handeln müssen!
Die behandelnden Ärzte haben darüber hinaus festgestellt, dass in circa 20 Prozent der Fälle, die bei Kindern und Jugendlichen wegen dieses exzessiven Alkoholgenusses behandelt werden mussten, der Alkohol offensichtlich schon ein Suchtproblem darstellt und als Problemlöser gegolten hat. Diese sozialpsychologische Betreuung, die dort erforderlich ist, sollte bei den weiteren Maßnahmen natürlich eine wesentliche Rolle spielen. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Es gibt sicherlich eine ganze Reihe von Ursachen für diese Maßnahmen, die die Jugendlichen und Kinder dazu verführen, dass sie Alkohol missbrauchen, aber es gibt mindestens genauso viele Präventionsoder Bekämpfungsmöglichkeiten. Unser Antrag, den wir für die heutige Sitzung gestellt haben, betrifft eher die Bekämpfungsmöglichkeiten, nämlich Alkoholtestkäufer einzusetzen, um eine größere Sensibilität im Bereich der Verkäufer zu erzeugen, denn eines hat sich gezeigt: Die Kinder und Jugendlichen kommen offensichtlich sehr leicht an Alkohol heran, und zwar ist in diesem Zusammenhang hochprozentiger Alkohol gemeint. Es hat sich in Niedersachsen bei Testverkäufen in den letzten Monaten erwiesen, dass in circa 70 Prozent der Fälle, bei denen Jugendliche als Testkäufer eingesetzt worden sind – es waren in der Regel sechzehn- bis siebzehnjährige Polizeischüler –, die Testkäufe aus der Sicht der Käufer erfolgreich waren, sie haben also den Alkohol bekommen. Das, denke ich, ist nicht hinzunehmen, und es zeigt deutlich auf, wie wenig die Verkäufer offensichtlich bereit sind, den Verkauf zu kontrollieren, insbesondere was das Alter der Käufer angeht. Darüber hinaus hat sich gezeigt, dass bei wiederholten Testkäufen die Quote der Verkäufe deutlich heruntergeht, also kann man an der Stelle deutlich sagen, wenn die Sensibilität erzeugt wird, dann ist auch der Erfolg da, das zeigt die Erfahrung in Niedersachsen. Insofern plädieren wir sehr dafür, dass die Bürgerschaft heute diesem von uns eingebrachten Antrag insgesamt zustimmen wird. Wir freuen uns darüber, dass die Koalition diesem Antrag beigetreten ist, waren allerdings ein bisschen verwirrt, als die redaktionellen Änderungen der Koalition in den letzten Tagen doch sehr umfangreich eingingen und offensichtlich zwischen Rot und Grün untereinander nicht so sehr abgesprochen wirkten. Wenn das zwischen Rot und Grün immer so sein sollte, dann ist nicht so ganz viel Gutes an der Stelle zu befürchten.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP – Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Da war einmal das Faxgerät kaputt. Mehr ist nicht darin!)
Wir freuen uns trotz allem, dass Rot-Grün diesem Antrag beigetreten ist, weil die Sache eigentlich zu wichtig ist, als dass wir uns im Hause der Bürgerschaft auseinanderdividieren. Wir hoffen sehr, dass FDP und LINKE sich diesem Antrag auch anschließen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Abstimmungsprobleme gegeben, aber ich finde, das ist auch Sorgfalt; es musste einiges geklärt werden, wir müssen auch das Jugendschutzgesetz beachten. Von daher ist das der richtige Weg, den wir jetzt gemeinsam gehen wollen, Sie haben aufgezeigt, was für ein gesellschaftliches Problem das Ganze ist.
Wie gesagt, der Alkoholgenuss ist insgesamt rückläufig, aber es gibt eben das Extremtrinken von einigen Jugendlichen. Daher sagen wir, wir sollten alle Instrumente nutzen, um das zu verhindern. Für uns ist das ein Viererpaket, wie wir vorgehen. Das sind die Ursachenforschung, die Prävention, die Aufklärung, aber auch verschiedene Verbotsmaßnahmen. Ich meine, dieser Vierklang ist genau richtig, und wir müssen natürlich alle Maßnahmen, die vernetzt und in Strukturen laufen sollen, immer wieder überprüfen, ob sie noch zeitgemäß sind und ob sie noch die richtigen Zielgruppen treffen.
Bei der Ursachenforschung müssen wir herausfinden, warum trinken denn die Jugendlichen? Das ist inzwischen kein Frustsaufen mehr, sondern hat eher den Anschein von Experimentieren. Es gehört inzwischen in vielen Jugendcliquen dazu, ordentlich vorzuglühen, wie es heißt, und die Getränke zu mischen und sich dann zu treffen. Das ist fast schon ein Ritual, und ich glaube, dem müssen wir entgegentreten. Das ist kein Arme-Leute-Phänomen, sondern es trifft alle gesellschaftlichen Schichten.
Allerdings wurde festgestellt, bei Jugendlichen mit muslimischem Hintergrund ist Alkohol kein Thema.
Das ist ein Thema, das uns eher betrifft. Das deckt sich mit Umfragen an Schulen und in unseren Stadtteilen.
Meine Damen und Herren, insbesondere sind auch die Eltern gefordert, denn die Eltern sollten genauer hinschauen, was ihre Kinder tun. Ein gutes Taschengeld reicht nicht aus, sondern elterliche Fürsorge bedeutet Zuneigung und Interesse. Das Thema Alkohol muss eben auch Gesprächsthema zu Hause sein!
Welche gesetzlichen Möglichkeiten haben wir? Wir haben hier in der Bürgerschaft schon das Gaststättengesetz verändert, das Flatrate-Saufen haben wir verboten, wir haben auch über höhere Steuern versucht, Einschränkungen bei den Alcopops zu finden, was im Bundestag verabschiedet wurde, das haben wir unterstützt. Ich glaube, wir müssen noch mehr tun, denn der Jugendschutz muss eben auch in Kios
Das fängt damit an, wie man heute in der Zeitung lesen konnte, dass es bei Karstadt ein Förderband gibt, das piept, wenn Alkohol darauf ist, damit wird die Verkäuferin aufmerksam gemacht nachzusehen, ob der Käufer volljährig ist oder nicht. Bei dieser anstrengenden und eintönigen Tätigkeit ist das ein gutes Rezept, etwas genauer hinzusehen.
Wir selbst sind dem Antrag beigetreten und sagen, warum sollen wir nicht von Zeit zu Zeit Testkäufer einsetzen, aber es muss im Rahmen des Jugendschutzes passieren, das heißt, wir müssen auch eine Begleitperson dabei haben, die nachher den Alkohol wieder einkassiert. Von daher sollten wir den Versuch über diese Testkäufe starten. Wir haben es letzte Woche in der Zeitung gelesen, in Hannover gab es acht Testkäufe in Läden; die Jugendlichen kamen immer wieder an Hochprozentiges heran.
Deshalb sollten wir den Versuch starten. Wichtig ist auch, dass es an die Öffentlichkeit kommt und damit eine abschreckende Wirkung erzeugt wird. Ich finde, es ist der richtige Weg, und wir sollten ihn gehen, es ist ein Instrument. Ende Mai soll uns der Senat berichten, was er auf diesem Gebiet getan hat und welche Möglichkeiten er sieht.
Ich kann mir auch gut vorstellen, dass diese Möglichkeit der Testkäufe im Projekt „Stopp der Jugendgewalt“ einen Stellenwert haben kann. Wir sollten hier pragmatisch sein und alle Wege gehen, um zu verhindern, dass Jugendliche an den Alkohol geraten und auf die schiefe Bahn geraten. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Alkoholmissbrauch ist ein gesellschaftliches Problem und muss auch als gesellschaftliches Problem bekämpft werden. Als bekennender Nicht-Alkoholtrinker denke ich, dass man auch sehr gut ohne Alkohol leben kann und dass man das auch ganz deutlich machen muss.
Jetzt möchte ich keinem erwachsenen Menschen das Alkoholtrinken verbieten, das wäre ja auch überzogen, aber ich glaube, gerade in Jugendcliquen und
Jugendgruppen muss man darauf einwirken. Man muss darauf hinweisen, welche Gefährdung von diesem Alkoholmissbrauch ausgehen kann.
Gerade dem Aufklärungs- und Präventionsgedanken sollten wir einen Moment hinterherhängen und ihm besondere Aufmerksamkeit widmen, denn – wir wissen es nahezu alle aus eigener Erfahrung – gerade in Jugendcliquen, die altersmäßig bunt gemischt sind, kauft der Älteste den Alkohol, der dann doch in der Clique gebraucht wird, obwohl dieser Älteste über 18 Jahre alt ist und den Alkohol dadurch legal erwerben kann. Uns liegt besonders die Prävention und die Aufklärung am Herzen. Wir als FDP haben ein gewisses Problem damit – und deshalb haben wir uns dem Antrag auch nicht in Gänze angeschlossen –, Jugendliche, die nicht 18 Jahre alt sind, zu Testkäufern zu machen und darüber zu versuchen, Aufklärung und Prävention zu betreiben. Deshalb können wir dem Antrag in der vorliegenden Form leider nicht zustimmen. Wir stehen aber hinter dem Gesamtgedanken der Aufklärung und der Prävention.