Protocol of the Session on February 19, 2009

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich will etwas sagen, weil ich immer noch glaube, dass es missverstanden wird, was zu dem Haushaltsvorbehalt gesagt ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

wurde. Ich bin sicher, dass wir uns da einig werden können, Frau Winther! Wir haben hineingeschrieben, die Initiatoren müssen das nicht in ihr Gesetz hineinschreiben, wie sie es gegenfinanzieren, aber sie müssen dem Publikum, denjenigen, die das unterschreiben, und der Öffentlichkeit klarmachen, in welchen Alternativen sie solche politischen Vorschläge denken. Das müssen wir übrigens auch! Ich finde es nicht unbillig, von Initiatoren von Volksentscheiden Ähnliches zu verlangen wie das, was wir hier tagtäglich machen müssen, wenn wir Entscheidungen treffen, etwas zu verändern, Neues einzuführen oder dieses und jenes zu machen.

Wir haben mehr Möglichkeiten und müssen das auch in Gesetzesform machen, deswegen, weil wir auch das Gesetz machen, ja! Aber die Volksinitiatoren sollten wenigstens in ihre Begründung mit hineinschreiben, was ihre Vorstellung ist, wie sie es finanzieren, eine Vorstellung davon, was es kosten wird, da gibt es die Pflicht und auch das Recht, beraten zu werden sowohl vom Rathaus, wie von der Bürgerschaft, wie von der Finanzsenatorin, alles Rechte, die wir festschreiben, auf Beratung. Wenn die wahrgenommen werden, dann, glaube ich, ist es nicht unbillig, dass sie auch sagen sollen, wie das im Grundsatz zu anderen Dingen im Verhältnis steht und worauf man sich einlässt, wenn man sagt, ja, das will man. Das finde ich okay, das finde ich nicht unbillig.

Falsch wäre es, wenn man sagen würde, ihr müsst das in Gesetzesform machen, weil man das nicht kann, wenn man hier nicht im Gesetzgebungsverfahren im Parlament ist. Das ist dann auch der Unterschied in dieser Frage zwischen Volksgesetzgeber und Parlament. Den Unterschied können wir nicht wegdiskutieren, er bleibt ja. Wir wollen dem Volksgesetzgeber nur ermöglichen, mehr machen zu können als bisher.

Der zweite Punkt – schauen Sie sich das noch einmal genau an! –, es soll nicht Teil des Gesetzes sein, wir bleiben dabei, eine Volksinitiative muss ein Gesetzestext sein, aber die Finanzierung ist nicht Teil des Gesetzestextes, darüber haben wir lange und ausführlich diskutiert und sind uns auch einig, dass wir das so wollen.

Was die Frage der Änderung der Verfassung angeht, bin ich überzeugt davon, dass wir gemeinsam einen Weg finden werden. Ich weiß heute nicht, wie er aussieht, aber das wird dann auch die Aufgabe sein, dass wir einen Weg finden, in dem wir klar machen, dass erstens Verfassungsänderungen keine so einfache Sache sind, wie ein Gesetz zu ändern. Das glauben wir, denke ich, alle. Bis 1990 war das in Bremen fast ganz unmöglich. Da sind wir jetzt ein bisschen weiter, aber Respekt vor der Verfassung haben wir alle, anderseits müssen wir aber auch klarmachen, dass es besonders bei schwerwiegenden und bedeutenden Dingen die Möglichkeit geben muss, auch so etwas per Volksentscheid machen zu wollen, also den Wunsch nach Erleichterung und gleichzeitig ein Ver

fahren, das nicht nur der Verfassung Respekt zollt, sondern auch denjenigen, die in einer bestimmten Tradition auch sagen, für uns hat die Verfassung eine besondere Bedeutung, die das so empfinden. Wobei ich sagen muss, es gibt Länder, auch mit langer sozialdemokratischer Regierungsbeteiligung und -tradition, die das anders machen. Ich glaube, man kann einen Weg finden zwischen dem Respekt vor der Verfassung und einem doch pragmatischen Weg der Erleichterung; ich werde jedenfalls dafür eintreten. Am Ende ist es kein Basar, sondern es ist ein politischer Kompromiss, den wir finden müssen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der CDU)

Das ist etwas anderes, und dafür werde ich werben. Wenn ich das richtig verstanden habe, sind die Grünen auch daran, diesen nichtständigen Ausschuss einzuberufen, und ich werde auch von der Seite mein Mögliches tun. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Möllenstädt.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich nicht gemeldet, um die Debatte in die Länge zu ziehen. Mir ist es aber wichtig, auf zwei Punkte, vielleicht in Würdigung der übrigen Redebeiträge, noch einmal einzugehen. Zum einen muss jedem, der sich am Ende nicht zu einer Zustimmung zu diesem Gesetz oder einer entsprechenden Weiterentwicklung entschließen kann, klar sein, dass wir wieder beim Status quo wären, und ich habe von allen Fraktionen mitgenommen, dass das eigentlich keine Fraktion will.

(Beifall bei der FDP)

An dieser Stelle kann ich deshalb nur appellieren, dass wir uns in dem Sinne, wie es der Kollege Dr. Kuhn eben angesprochen hat, noch einmal gemeinsam zusammenfinden und überlegen, ob es nicht doch sinnvoller und in unser aller Interesse ist, diesen wichtigen Schritt jetzt gemeinsam zu gehen, als dort stehen zu bleiben, wo wir jetzt sind, in dieser unbefriedigenden Situation.

Der zweite Aspekt ist die Frage von Verfassungsänderungen durch den Volksgesetzgeber, also im Wege eines Volksbegehrens, die in dem zweiten Teil der Debatte eine Rolle gespielt hat. Man muss sich im Klaren über die Wichtigkeit solcher Möglichkeiten sein. Grundsätzlich, denke ich, geht hier niemand leichtfertig mit Änderungen der Verfassung um. Ich persönlich würde dennoch der Auffassung zuneigen, ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

dass es nun nicht unbedingt der wahrscheinlichste Fall ist, dass eine überwiegende Zahl von Volksbegehren sich nun ausgerechnet auf die Änderung der Bremischen Landesverfassung bezieht. Der überwiegende Teil der Themen, die bisher in Volksbegehren in anderen Regionen in Deutschland befasst worden sind, aber auch der Themen, die einem selbst vielleicht einfallen könnten, haben mit der Bremischen Landesverfassung überhaupt nichts zu tun. Wir sollten wirklich schauen, dass wir unser Augenmerk jetzt nicht zu sehr auf Dinge richten, die vielleicht gar nicht unbedingt die Wichtigkeit in dem gesamten Gesetzgebungsvorhaben haben. Es wäre auch meine Bitte an die Kolleginnen und Kollegen, insbesondere auch von der Fraktion der CDU, im Blick zu behalten, dass dies nur eine Facette des ganzen Themas ist. – In diesem Sinne danke ich für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der FDP, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das Wort hat Staatsrat Professor Stauch.

Meine sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Nur noch wenige Gesichtspunkte möchte ich ansprechen! Es geht um das Verhältnis von direkter zu repräsentativer Demokratie und um ganz grundlegende verfassungsrechtliche Fragen. Deshalb möchte ich hier noch einiges in Erinnerung bringen.

Zwei Punkte möchte ich ansprechen, erstens, die Höhe der Quoren, zweitens, den Haushaltvorbehalt. Man kann sich die Frage stellen: Warum gibt es überhaupt Hürden für direkte Demokratie? In der direkten Demokratie spricht das Volk unmittelbar. Dann kann man natürlich fragen: Warum behindert man oder warum schränkt man eine Antwort des Volkes auf wesentliche Fragen der Politik überhaupt ein? Das geht in der Tat an grundlegende Fragen der Demokratie und des Parlamentarismus. Hürden sind deshalb erforderlich, weil die Entscheidung durch das Volk, durch Volksgesetzgebung, die gleiche Qualität haben muss wie die Entscheidung des Parlaments selbst; das erfordert das Demokratiegebot. Das Demokratiegebot beinhaltet, dass jede Entscheidung durch Mehrheit getragen sein muss. Das gilt auch für die Entscheidung im Rahmen der Volksgesetzgebung. Es muss im Rahmen der Volksgesetzgebung gewährleistet sein, dass eine Entscheidung, die durch Volksentscheid zustande kommt, von einer Mehrheit der Stimmberechtigten getragen wird. Sonst hat man ein Problem mit dem Demokratiegebot, und das muss gewährleistet sein, das ist ein ganz zentraler Punkt.

Ich habe in dem Bericht gelesen, die Fraktion der FDP und die Fraktion der LINKEN fordern, dass für einfache Gesetze auf ein Zustimmungsquorum ganz verzichtet werden soll. An dieser Stelle sehe ich ein Problem, muss ich deutlich sagen, weil auch für die

Volksgesetzgebung das Mehrheitsprinzip gewährleistet sein muss.

Volksgesetzgebung ist auch dadurch gekennzeichnet, dass jeweils Einzelfragen zur Entscheidung gestellt werden, also keine grundlegenden Fragen in einem größeren Zusammenhang, sondern Einzelfragen. Bei Einzelfragen kann man natürlich ganz anders mobilisieren als bei zusammenhängenden grundlegenden Fragen. Darin liegt ein großes Problem! Also auch für diese Einzelfragen muss im Grunde eine vernünftige Mehrheit gewährleistet werden. Das ist Gegenstand Ihrer Beratung. Die Quoren müssen diesen Anforderungen entsprechen.

Zu der Frage, wie es mit dem Haushaltsvorbehalt aussieht, welchen Sinn er hat! Der Haushaltsvorbehalt dient der Sicherung des Budgetrechts des Parlaments, weil das Parlament verpflichtet ist, für jedes Haushaltsjahr einen Gesamtausgleich der Einnahmen und Ausgaben zu gewährleisten. Es gibt keine Nebenhaushalte, jedenfalls sieht das Haushaltsrecht das so vor, Ausnahmen gibt es an wenigen Punkten, aber der Kern des Haushaltsrechts ist: Alle Einnahmen und alle Ausgaben gehören in den Haushalt, und das Parlament ist verpflichtet, diese Ausgaben durch Einnahmen zu decken.

Das bekommt eine besondere Aktualität dadurch, dass wir jetzt ganz neue Schuldengrenzen bekommen, die sehr eng gesetzt werden. Auch dadurch steigen natürlich die Anforderungen, und wenn Volksentscheide haushaltswirksam werden, dann hat man ein Problem mit der Deckung. Das ist ein ganz wesentlicher Punkt. Die Regelungen, die hier vorgeschlagen sind, sehen Vorschläge für die Gegendeckung, keine Gegendeckung, vor. Darüber wird man diskutieren können. Auch über die Auslegungsfähigkeit der gesetzlichen Regelungen wird man diskutieren können. Ich glaube, dass der Ausschuss noch viel Arbeit vor sich hat, aber es ist zentral, dass das Mehrheitsprinzip gesichert wird und der Haushaltsausgleich durch das Parlament gesichert bleibt, das heißt durch die Bürgerschaft selbst. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer das Gesetz zur Neuregelung des Volksentscheids, Drucksache 17/594, in erster Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE, FDP und Abg. T i m k e [BIW])

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

(CDU und Abg. T i t t m a n n [parteilos])

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt das Gesetz in erster Lesung.

Meine Damen und Herren, gemäß Artikel 125 der Landesverfassung hat die Bürgerschaft (Landtag) Anträge auf Verfassungsänderung nach der ersten Lesung an einen nichtständigen Ausschuss zu überweisen.

Interfraktionell ist vereinbart worden, dass dieser Ausschuss aus 11 Mitgliedern und 11 stellvertretenden Mitgliedern bestehen soll.

Wir kommen zur Abstimmung über die Einsetzung des Ausschusses sowie zur Wahl der Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder.

Ich lasse zuerst über die Einsetzung des Ausschusses abstimmen.

Wer der Einsetzung des nichtständigen Ausschusses gemäß Artikel 125 der Landesverfassung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) setzt den Ausschuss ein.

(Einstimmig)

Jetzt lasse ich über die Wahlvorschläge für diesen soeben eingesetzten Ausschuss abstimmen.

Die Wahlvorschläge liegen Ihnen schriftlich vor.

Wer den Wahlvorschlägen zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) wählt entsprechend.

(Einstimmig)