Protocol of the Session on February 18, 2009

Den jungen Leuten fehlen bekanntlich Perspektiven, es fehlt die gute Ausbildung und die Perspektive auf eine Beschäftigung, und bekanntlich gibt es eine pädagogische Unterversorgung in allen Bereichen, das sagen alle Fachleute. Die Demonstration der Lehrerinnen und Lehrer hat wieder die ganze Wut, was sie alles schultern und richten sollen, mittrans––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

portiert, es ging dort nicht nur um die Bezahlung. Bei den Schülerinnen und Schülern war es ähnlich, dann demonstrieren gelegentlich die Polizisten, die das ausbaden sollen. Es wird Ihnen von verschiedenen Seiten klargemacht, wenn Sie es schon nicht verstehen, wenn ich oder DIE LINKE es Ihnen im Parlament erklären. Vielleicht schaffen wir es mit den Betroffenen zusammen! Es gibt einfach eine Unterversorgung, die wir durch wachsende Kooperation und wachsenden Polizeieinsatz nun wirklich nicht ausgleichen können. Das ist eine Richtung, vor der ich nur warnen kann und wo ich nur hoffen kann, dass die Proteste zunehmen, um Sie von diesem Weg abzubringen.

Sie haben allerdings gerade heute wieder einen Schritt in diese Richtung getan, Sie haben verabredet, in den nächsten zehn Jahren jedes Jahr noch 30 Millionen Euro zu kürzen. Es ist ganz klar, dass dies zu Verhältnissen führt – Sie können es sich alle ausrechnen –, die denjenigen des verarmten Staates der öffentlichen Armut ähneln, wie sie in den USA vorexerziert worden ist, wo man entsprechend mehr Konjunktur in den Gefängnissen hat. Diese Lösungswege sind natürlich ein Skandal, und wir werden versuchen, Sie zu animieren, dies immer wieder zu sehen. Wir werden in den einzelnen Punkten immer wieder darauf hinweisen, was fehlt, wo etwas über Jahre zu kurz gekommen ist; das frisst sich fest!

(Widerspruch bei der CDU)

Armutsprozesse werden auf Dauer toxisch, sie fressen sich in den Familien und Generationen fest. So wie das Geld, das Sie nach oben schaufeln, toxisch wird und sich letztlich in der Finanzkrise äußert, wird auch die Armut toxisch, weil sie sich in den Familien und den Menschen festfrisst, und dann werden natürlich Auswege in veraltete Rollenverständnisse gesucht.

(Zuruf von der CDU: Wo sind denn Ihre Lösungsansätze?)

Viele gehen unauffällig in den inneren Rückzug, werden depressiv, die Untersuchungen sind bekannt, aber nur diejenigen, die auffallen und kriminell werden, werden Ihnen bekannt.

Es werden nur diejenigen bekannt, die kriminell und laut werden, insofern habe ich sie, das haben Sie wohl nicht verstanden, Herr Fecker, als Spitze des Eisbergs bezeichnet. Es ist die Spitze des Eisbergs der sozialen Desintegration, und die nimmt zu, wenn Sie nicht massiv gegensteuern, und das geht leider nicht ohne Mitteleinsatz. Sie haben heute leider – und das ist wirklich traurig – beschlossen, dass Sie den gegenteiligen Weg gehen wollen. Herr Kollege Rupp hat es als trickreich bezeichnet, wenn man die Länder erst finanziell austrocknet, und dann sollen sie sich an einen Tisch setzen und eine Lösung finden,

wie sie damit umgehen. Dieses Spiel haben Sie mitgespielt, da übernehmen Sie eine schlimme Verantwortung, und wir weisen auf die Defizite hin. Zusammen mit den wachsenden Protesten werden Sie irgendwann umkehren! – Vielen Dank, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Möllenstädt.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Beilken, als jemand, dem man sicherlich nicht unterstellen kann, naiv oder gutgläubig an solche Themen heranzugehen, will ich Sie doch wissen lassen: So viel bösen Willen würde ich dem Handlungskonzept nicht unterstellen, wie Sie es hier in Ihrem Redebeitrag getan haben.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Lassen Sie mich ergänzend zu dem Redebeitrag meines Kollegen Dr. Buhlert, der sich in seinem Bereich mehr auf die Themen der Bildungs- und Jugendpolitik konzentriert hat, noch zwei Punkte für unsere Fraktion ergänzen, die mehr im Zusammenhang mit dem Thema Jugendliche im Strafverfahren im Zusammenhang stehen! Zum einen – das werden diejenigen, die damals beteiligt waren, wissen – haben wir, übrigens fraktionsübergreifend, im Zuge der Aufstellung des Doppelhaushaltes darauf gedrungen, dass die Mittel für das Personal bei den Gerichten und insbesondere bei den Staatsanwaltschaften entsprechend verstärkt wurden. Dies ist ein richtiger Schritt gewesen, wie sich im Nachhinein gezeigt hat.

(Beifall bei der FDP)

In dem Kontext gilt es aber zum anderen aus unserer Sicht, jetzt des Weiteren zu prüfen, ob die weiteren Institutionen, die an dem Prozess mittelbar oder unmittelbar beteiligt sind, auch verstärkt werden müssen. Das betrifft aus unserer Sicht insbesondere die Personalausstattung der Jugendhilfe im Strafverfahren, die unabhängig von der Feststellung einer Schuld oder Unschuld Hilfebedarfe von Jugendlichen im Strafverfahren ermittelt und Möglichkeiten zur Hilfe aufzeigt. Das ist ein ganz wichtiger Teil der Sozialarbeit im Bereich des Strafverfahrens, den wir weiter ausbauen und stärken sollten. Wir haben den Eindruck, dass insbesondere hier, in Bremen-Stadt, eine Personalverstärkung angebracht ist, weil die Intensivierung dieses Bereichs natürlich dort auch zu mehr Aufwendungen führt und, denke ich, diesem ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Bereich auch ein besonderes Augenmerk geschuldet werden muss.

(Beifall bei der FDP)

Ein zweiter Aspekt, der bereits hier angesprochen worden ist, ist die Debatte, die uns vor einigen Wochen beschäftigt hat, die unter der Überschrift „Urteile statt Einstellungen im Jugendstrafverfahren“ teilweise auch sehr emotional geführt worden ist. Herr Kollege Hinners ist in seinem Redebeitrag darauf eingegangen. Ich möchte hier noch einmal in Erinnerung rufen, dieses Handlungskonzept, das wir heute beraten, läuft teilweise ein wenig Gefahr, dass wir es nur am Beispiel von einzelnen Statistiken diskutieren. Das darf uns bei diesem Thema nicht passieren! Es müssen tatsächlich der Straftäter im Einzelnen, Prävention, aber auch die Frage, wie man Wiederholungstaten verhindern kann, im Vordergrund stehen. Wenn man es so sieht, denke ich, sollten wir Acht darauf geben, dass wir nicht Gefahr laufen, es allein als eine statistische Debatte zu begreifen.

Auffassung der FDP-Fraktion ist es auch, dass ein unter Auflagen eingestelltes Strafverfahren dazu beitragen kann, dass der jugendliche Straftäter es so wahrnimmt, dass Strafe tatsächlich auf dem Fuß folgt und dass eine Strafe auch wirklich erfolgt ist.

(Beifall bei der FDP)

Diese Debatte ist aus unserer Sicht ein wenig unredlich und auch ziemlich überflüssig, und es ist auch überflüssig, Zeit darauf zu vergeuden, deshalb sind wir dankbar, dass dieses Thema zu einem Abschluss gekommen ist. Diese beiden Punkte sind uns an dieser Stelle noch einmal wichtig gewesen, um auch deutlich zu machen, dass wir auch in dem Bereich Inneres und Justiz ein waches Auge auf dieses Handlungskonzept und auf die Umsetzung haben. Wir sind jederzeit bereit, dies konstruktiv mit Vorschlägen zu unterstützen, wir werden aber natürlich, das ist klar, den Senat auch an seinen Erfolgen auf diesem Gebiet messen. – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der FDP)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Fecker.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich streife einmal kurz die einzelnen Redebeiträge.

Herr Kollege Erlanson, ich danke Ihnen erst einmal für die sachliche Darstellung. Ich glaube, im Bereich Datenschutz sind wir uns einig, dass dieser nicht nur für Erwachsene, sondern auch für Jugendliche gilt, und dass wir natürlich schauen müssen, wie wir diesen

Datenschutz gewährleisten, aber auch, wo Datenschutz wichtig ist und an welcher Stelle er auch nur vorgeschoben wichtig ist.

Herr Kollege Hinners, Sie haben Ihren Redebeitrag vorhin damit begonnen, dass Sie gesagt haben, es sei viel Zeit vergeudet worden. Ich meine, wenn wir uns anschauen, womit es anfing, war das eine Verwaltungsvorschrift zwischen der Senatorin für Bildung und dem Senator für Inneres, bei der es um Datenweitergabe ging. Da haben wir Grüne – bereits in Regierungsverantwortung – damals sogar noch gesagt, das finden wir teilweise ein bisschen schwierig. Danach entwickelte sich aber sehr rasant innerhalb des Senats die Erkenntnis, dass es bei dieser Verwaltungsvereinbarung nicht bleiben kann. Ich finde, anstatt zu sagen, es wurde Zeit vergeudet, muss ich sagen, auch im Namen meiner Fraktion, der Senat hat diese Zeit sinnvoll genutzt und sie nicht vergeudet.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Dann die Fragen, muss es eigentlich immer etwas Neues sein, und muss man sich immer ins stille Kämmerlein setzen und sich Gedanken machen, das Rad zum vierten Mal neu zu erfinden? Aus meiner Sicht nicht. Ich habe vorhin deutlich gemacht, dass ich kein Freund davon bin, einfach zu sagen, das, was wir jetzt haben, ist gut, sondern wir müssen uns jede Maßnahme, die wir im Bereich der Prävention, der Reaktion oder der Justiz machen, jede Frage entsprechend ansehen und dann gemeinsam schauen, ob wir die Ziele erreichen, die wir erreichen wollen.

(Abg. H i n n e r s [CDU] meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Ich habe so viel auf dem Zettel, Herr Kollege Hinners, vielleicht können Sie es in einem zweiten Redebeitrag oder als Kurzintervention unterbringen. Immerhin haben Sie es geschafft, mich aus dem Konzept zu bringen!

Ich war dabei stehengeblieben, dass wir wirklich hinter jede Frage ein Fragezeichen machen müssen, dass wir uns anschauen müssen, was damit erreicht wird, ob es noch die Richtigen erreicht oder nicht. Da komme ich aber auch so ein bisschen auf die Debatte von heute Morgen zurück. Wir haben alle hier in dieser Debatte gesagt, Prävention sei wichtig, dann wird teilweise dem Sozialressort vorgeworfen, es täte zu wenig. Ich glaube, da sind wir heute an einem dieser Punkte, bei denen wir dann zum Treueschwur kommen, weil nämlich immer wieder seitens einer Fraktion hier im Hause versucht wird, gerade im Sozialbereich, gerade dort, wo wir Präventionsarbeit machen und wo sie nicht gesetzlich vorgeschrieben, aber sie gesellschaftlich notwendig ist, entsprechend den Kürzungshebel anzusetzen. Dazu sagen wir als grü

ne Bürgerschaftsfraktion gemeinsam mit der SPD Nein. Wir setzen unsere Schwerpunkte auch weiterhin in diesem Bereich, das muss auch in Zeiten schwieriger Haushalte möglich sein!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Insofern, Herr Kollege Beilken, die Panikmache, die dann immer wieder kommt – in Bremen wird demnächst alles dunkel, finster und kalt, und wir stellen die Lampen aus, und wir ziehen uns zurück in unser stilles Kämmerlein und bejammern uns –, ich glaube, Frau Bürgermeisterin Linnert hat es heute Morgen sehr deutlich gemacht, das ist der absolut falsche Weg. Wir müssen selbstbewusst nach vorn schauen und uns dieser Aufgabe stellen! Aber ich habe eben deutlich gemacht, für diese Koalition gibt es Schwerpunkte, und dazu gehören ganz sicher die innere Sicherheit und die Prävention genauso wie auch der Bildungsbereich.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Sie haben bemängelt, dass man Jugendlichen keine Perspektive gibt, Herr Beilken. Auch da muss ich Ihnen widersprechen. Das Konzept der Werkschule, das Frau Senatorin Jürgens-Pieper vorgeschlagen hat, ist gerade eines, bei dem wir sagen, wir nehmen diejenigen Schülerinnen und Schüler mit, die aus verschiedensten Gründen – weil sie eine ganz schwierige Situation zu Hause haben, weil sie mit großen Sprachproblemen eingeschult worden sind, weil wir da auch vielleicht insgesamt im Bildungsbereich nicht gut waren, das will ich gar nicht in Abrede stellen – in diese Lage gekommen sind. Diese Schülerinnen und Schüler wollen wir mitnehmen, damit sie einen Schulabschluss bekommen, damit wir sie auch wieder in die Gesellschaft hineinbekommen und damit wir ihnen eine Perspektive eröffnen können. Da kann ich ehrlicherweise die Kritik, die Sie gerade getätigt haben in diesem Bildungsbereich, nicht nachvollziehen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Ich kann das für eine Opposition durchaus verstehen, aber dass Sie uns das Ziel unterstellen – das klang so ein bisschen durch, ich glaube nicht, dass Sie es wollten, aber ich möchte es einfach richtigstellen –, es ginge jetzt darum, dass wir den Präventionsbereich abbauen und letzten Endes alle in die Freiheitsstrafe schicken wollen, gerade das ist es nicht. Wir wollen unsere Justizvollzugsanstalten möglichst entlasten. Da gibt es einen Bereich, der läuft im Bereich der Prävention, also im Vorhinein, und es gibt Bereiche innerhalb des Strafvollzugs, das hatte ich eben in mei

nem Redebeitrag ausgeführt, Gruppenvollzug, offener Vollzug, Entlassungsstrategien, auch dort sind wir dabei. Doch das an dieser Stelle zu debattieren, das wird, glaube ich, ein bisschen zu komplex. Dafür ist der Rechtsausschuss richtig zuständig. Aber Ziel der rot-grünen Politik und auch Ziel des Senats ist es nicht, unsere Gefängnisse zu füllen, sondern unser Ziel ist es, die Jugendlichen zu gewinnen, dass sie Bestandteil dieser Gesellschaft bleiben. – Danke schön!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Hinners.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn Herr Fecker meine Frage gestattet hätte, dann wären wir damit schon beendet. Herr Fecker, Sie haben eben gesagt, man müsse das Rad nicht immer neu erfinden. Das ist sicherlich richtig, aber wenn man weiß – und ich hatte vorhin darauf hingewiesen –, dass innerhalb von 20 Jahren die Jugendgewaltkriminalität in Deutschland um das Vierfache gestiegen ist, dann muss man sich – alle Beteiligten, ich lasse hier jetzt keinen außen vor – aus meiner Sicht darüber Gedanken machen, sind die Konzepte, die wir in diesen 20 Jahren auch angewendet haben, richtig gewesen, oder müssen wir sie neu überdenken? Das Rad muss man deswegen nicht neu erfinden, aber man muss sich jedes einzelne Konzept sehr genau anschauen.

Ich will noch einmal die Frage der Prävention aufgreifen, weil ich glaube, dass ich vorhin nicht tief genug darauf eingegangen bin. Frau Garling, ich glaube, Sie haben gesagt, ich hätte von Prävention keine Ahnung. Da muss ich Ihnen widersprechen! Als ehemaliger Kriminalbeamter habe ich mich sehr intensiv – –.

(Abg. Frau M ö b i u s [SPD]: Nie würde sie das sagen!)

Nie würde sie das sagen – okay! Prävention ist aus meiner Sicht der Schlüssel zum Erfolg an dieser Stelle. Bei Jugendkriminalität und Jugendgewaltkriminalität ist Prävention wichtiger als alles andere. Deswegen habe ich in der Vergangenheit Soziales durchaus kritisiert, Sie haben das im vorauseilenden Gehorsam schon gemacht, ohne dass ich etwas gesagt oder darauf hingewiesen hatte.

(Abg. Frau G a r l i n g [SPD]: In der Deputation habe ich das gesagt!)

Deswegen habe ich in der Vergangenheit darauf hingewiesen, dass ich Soziales kritisiere, weil diese Prä––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

vention offensichtlich nicht in dem ausreichenden Maße vollzogen worden ist. Ich habe heute noch einmal darauf hingewiesen, dass ich ein großes Präventionsprojekt darin sehe, in die prekären Familien hineinzugehen und dort Erziehungshilfe zu leisten, um zu verhindern – –.

(Abg. Frau G a r l i n g [SPD]: Das tun wir!)