Das Ziel, um das es Ihnen als Fraktion DIE LINKE offenbar geht, wird in einem Satz Ihres Antrags auch deutlich, in dem Sie andeuten – das ist in der unteren Hälfte der ersten Seite –, dass Sie es als ungerecht empfinden, dass Menschen bei gleicher Arbeit unterschiedlich bezahlt werden. Dieses Empfinden würde ich grundsätzlich durchaus teilen, nur weise
Teilweise hat es etwas damit zu tun, dass unterschiedliche Dienstaltersstufen vorhanden sind, es hat etwas damit zu tun, dass sich Unternehmen auch manchmal verändern,
es ist übrigens, Frau Nitz, auch völlig normal und auch zwingend notwendig, dass man sich Strukturveränderungen stellt. Auch das Diakonische Werk tut dies nicht, wie Sie unterstellen, aus bösem Willen, sondern aus der Notwendigkeit, sich an den Kostendruck, der nun einmal in einem Haushaltsnotlageland objektiv vorhanden ist, anzupassen, sich an Wettbewerbsvoraussetzungen und -bedingungen anzupassen und an die Erfordernisse der Menschen, denen geholfen werden soll, anzupassen. Das ist doch ausdrücklich zu wünschen und zu unterstützen! Sie können doch nicht generell jede Strukturveränderung ablehnen, weil es aus Ihrer Sicht nicht vorteilhaft ist! Ich halte es für vollkommen normal und legitim, dass damit Veränderungen einhergehen, wo man immer wieder neu nach Lösungen suchen muss.
Es ist doch klar: Früher waren vielleicht mehr Menschen Beamte. Heute ist das nicht mehr so. Heute geht man mehr in Angestelltenverhältnisse. Dadurch verändert sich fundamental das gesamte Tarifgefüge. Natürlich können Sie dann wieder lamentieren und sagen: Da werden Leute unterschiedlich bezahlt! Ich glaube, Sie picken sich hier einen Einzelfall heraus, der sich noch nicht einmal sonderlich gut eignet, um Ungerechtigkeiten anzuprangern. Das möchte ich an dieser Stelle auch sagen: Ich habe großes Vertrauen, dass das – Herr Willmann hat es beschrieben –, was sich dritter Weg nennt, nämlich die Gemeinschaft von Dienstgebern und Dienstnehmern, all die Probleme, die dort anstehen, vernünftigerweise lösen kann. Davon bin ich zutiefst überzeugt. Ich glaube, es bedarf keiner Einmischung des Senats, die kann auch gar nicht hilfreich sein, weil jede Einmischung eher hinderlich wäre, eine Einigung zu erzielen, die von beiden Partnern vernünftig getragen wird. Deshalb, glaube ich, ist dieser Antrag absolut daneben, er ist reiner Populismus!
Sie wollen sich hier profilieren, Sie haben überhaupt keinen sinnvollen Vorschlag in dem ganzen Papier gemacht, Sie fordern den Präsidenten des Senats auf, sich nicht nur in Tarifverhandlungen einzubinden, sondern sich auch bei der Zuwendung von Mitteln –
wie Sie unterstellen – dafür einzusetzen, dass Mindestlöhne gezahlt werden. Es stellt sich nun heraus – das wurde ja eben in der Debatte schon angesprochen –, dass das dort längst erfolgt, jedenfalls auf dem Niveau, wo so etwas allgemein angesehen wird. Ich glaube, dass es ziemlich daneben ist und übrigens kein Beispiel für die ganz hervorragende Arbeit, die Ihre Kollegin Frau Cakici uns heute Morgen für Ihre Fraktion andienen wollte.
Das ist wirklich ein Beweis dafür, dass Sie völlig inhaltsleer versuchen, für sich zu punkten und offenbar noch nicht einmal besonders gut informiert sind. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Im Gegensatz zu meinem Vorredner möchte ich betonen, dass wir von der SPD-Fraktion ausdrücklich das Anliegen der Mitarbeitervertreter und der Beschäftigten in der Diakonie und in Friedehorst unterstützen!
Wir sind der Meinung, dass wir in der Bürgerschaft an der richtigen Stelle sind, eine solche öffentliche Unterstützung auszusprechen. Ich sage gleich noch etwas zur Sache, aber meine Kritik an dem Antrag der LINKEN ist, dass er die falsche Stoßrichtung hat. Wir haben keine Staatskirche, wir haben keine Rechtsund Fachaufsicht des Kirchensenators gegenüber der Kirche. Wenn es so gemeint ist, Frau Nitz, dass Sie gesagt haben, der Kirchensenator soll in dieser Eigenschaft mit der Kirche darüber sprechen, dann würde ich einen solchen Weg auch für unterstützenswert und richtig halten, dazu müssen wir ihn aber nicht auffordern. Wir sind hier in der Bürgerschaft Manns und Fraus genug, selbst zu sagen, was wir für richtig halten, und ich glaube, dass wir damit auch Gehör finden werden.
Jetzt aber zur Sache selbst! Ich glaube, es ist nicht zu leugnen, dass sich die Kirche als wichtiger Arbeitgeber gefallen lassen muss, sich an den Maßstäben messen zu lassen, die sie selbst an andere anlegt. Zu solchen Maßstäben passt es nicht, wenn durch Ausgliederung oder Ausgründung oder durch Gründung einer eigenen Leiharbeitsfirma, die man ja ausdrück
lich mit dem Ziel gründet, selbst eigene Festanstellungen zu vermeiden, Lohnsenkung betrieben wird und Mitarbeitervertretungen geschwächt werden. Das denke ich völlig unabhängig davon, ob es nun der dritte Weg ist oder was auch immer.
Im Übrigen ist unsere Position ohnehin so, dass wir sagen, dass Leiharbeiter beim Einsatz in den Betrieben mit den regulär Beschäftigten gleichgestellt werden müssen. Wenn aber vonseiten Friedehorst und der Diakonie argumentiert wird, dass man sich auf der einen Seite als Wirtschaftsunternehmen in einem wirtschaftlichen Markt befindet und sich der Konkurrenzsituation ausgesetzt sieht und deswegen auch wirtschaftlich handeln muss, dann, meine ich, geht es aber nicht, dass auf der anderen Seite die Beschäftigten dieses Unternehmens rechtlos bleiben, dass ihnen die normalen Arbeitnehmerrechte, mit denen sich normale Arbeitnehmer in normalen Wirtschaftsbetrieben zur Wehr setzen und sich Gehör verschaffen oder sich durchsetzen können, vorenthalten werden. Deswegen unterstützen wir auch die Forderung der Mitarbeitervertreter, dass, wenn dieser dritte Weg eben nicht eingehalten wird, die normalen Arbeitsrechte und die normalen Arbeitnehmerrechte bis hin zur Möglichkeit ihrer Durchsetzung gegeben werden müssen.
Herr Nestler, ich möchte noch etwas zur kirchlichen Rechtsprechung sagen: Das Problem ist, dass das Kirchengericht natürlich sehr wohl Recht gesprochen hat, auch nach den Maßstäben dieses dritten Weges, aber dass dies nicht durchschlagend ist. Ich darf einmal zitieren aus einer Petition der Mitarbeitervertretung an den Deutschen Bundestag, in der sie bitten, dies entsprechend zu überprüfen. Dort heißt es: „Leider hat diese klare Rechtsprechung in der Praxis so gut wie nichts bewirkt. Das Kirchengericht konnte gegenüber Friedehorst die Umsetzung seiner Urteile nicht erzwingen. Da den kirchlichen Gerichten keinerlei Sanktionsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, haben Einrichtungen bei Rechtsverstößen mit keinen ernsthaften Konsequenzen zu rechnen.“ Ich denke, das ist eine rechtliche Situation, in der man wirklich überlegen muss, ob nicht Arbeitnehmer die Rechte haben müssen, sich dagegen zur Wehr zu setzen.
Ich möchte zum Schluss noch ganz kurz sagen: Auch wir sehen natürlich die schwierige Situation im Pflegebereich. Die Konkurrenz, übrigens nicht nur durch die großen Wohlfahrtsverbände, denn auch die unterliegen tariflichen Bedingungen. Wenn jetzt hier ein Wohlfahrtsverband wie die Diakonie ausschert, gibt es dort eine Lohnkonkurrenz nach unten. Insofern ist
wünschenswert, dass die gleichen tariflichen Bedingungen in diesem Bereich herrschen, aber eben auch bei privaten Pflegebetrieben. Deswegen fordern wir, auch im Hinblick auf das, was wir gestern über die Dienstleistungsrichtlinie diskutiert haben, dass der Pflegebereich dringend in den Geltungsbereich der Entsenderichtlinie aufgenommen werden muss, und zwar müssen dort tarifliche Mindestlöhne auch im Hinblick auf die kommende europäische Konkurrenz aufgenommen werden. Das müssen nicht 7,50 Euro sein, Herr Nestler, das sollen tarifliche Mindestlöhne sein wie im Baugewerbe, wie im Gebäudereinigungsgewerbe oder bei den Postdienstleistungen, aber wir brauchen einen Schutz gegen unterwertige Konkurrenz. Das muss auf diese Weise gesetzlich geregelt werden!
Zum Abschluss: Wir hätten gern selbst einen Antrag in diesem Sinne gestellt, aber mit unserem Koalitionspartner war dies nicht möglich. Sie werden aber aus dem Kreise der rot-grünen Koalition mitnehmen, dass Ihr Anliegen von uns breiteste Unterstützung findet! – Danke!
Ich möchte nur zwei kurze Bemerkungen machen. Erstens: Es geht in unserem Antrag keineswegs ausschließlich darum, den Bürgermeister und Kirchensenator zu irgendetwas aufzufordern, sondern auch darum zu sagen, wenn wir als Bürgerschaft oder öffentlicher Auftraggeber zu entscheiden haben, dann schauen wir selbstverständlich auch bei den Kirchen und ihren Einrichtungen, ob sie dort entsprechende faire Bedingungen für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben. Ähnlich wie beim Vergabegesetz können wir dann auch Einfluss nehmen auf die Auftragsvergabe, das ist Punkt eins!
Punkt zwei: Es ist in der Tat so, Frau Kollegin Ziegert, dass wir möchten, dass Herr Böhrnsen in seiner Eigenschaft als Sozialdemokrat und Christ mit den Leuten redet und dort politisch aktiv wird. Sie haben uns das ja auch zugesagt. Ich habe einmal den Versuch gemacht herauszufinden, ob es sozialdemokratische und andere Bedingungen gibt. Grundlagen gibt es genug. Aber es gibt auch in der Bibel eine ausgesprochen nette Stelle, wo es genau gegen die Umgehung von Rechten und gegen Niedriglöhne geht. Es heißt dort im Dritten Buch Mose: „Du sollst dei––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
nen Nächsten nicht berauben. Es soll des Tagelöhners Lohn nicht bei dir bleiben bis zum Morgen.“ Daran können wir uns halten, und danach können wir auch handeln. – Danke schön!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte zu dem Antrag kurz Stellung nehmen. Der Antrag fordert den Senat auf, auf Tarifauseinandersetzungen – die Arbeitsbeziehungen innerhalb der Diakonie – einzuwirken, und ich möchte anhand von drei kurzen Punkten begründen, weswegen der Senat nicht beabsichtigt, diesem Ansinnen zu folgen.
Erstens: Es gibt klare verfassungsrechtliche Regelungen zu Fragen der Tarifautonomie wie auch zu der besonderen Stellung der Kirchen gerade auch in arbeitsrechtlicher Hinsicht im Grundgesetz. Der Senat sieht zurzeit keine Veranlassung, für eine Veränderung dieser Bestimmungen einzutreten. Aus diesen Bestimmungen folgt nun einmal eine Neutralität, die in Tarifauseinandersetzungen von der Exekutive zu wahren ist.
Zweitens: Der Senat tritt eindeutig für Schutzrechte und Mitbestimmungsrechte von Arbeitnehmern und auch für deren Stärkung ein, das hat der Senat in vielerlei Hinsicht und in vielerlei geeigneter Form in den letzten Wochen, Monaten, Jahren deutlich gemacht. Er wird das auch in geeigneter Form zu weiteren Anlässen deutlich machen.
Drittens: Diese Grundhaltung spiegelt sich selbstverständlich auch bei den Verhandlungen über Entgelte und Zuwendungen im Bereich von Sozialleistungen und sozialen Dienst- oder Unterstützungsleistungen, die vom Senat in Auftrag gegeben worden sind. Das Prinzip ist immer, dass bei solchen Verhandlungen zunächst die fachlichen Standards festzulegen sind, die gewährleistet werden, und anschließend die Umrechnung in Preise erfolgt. Die Personalkosten, die wir anerkennen, richten sich grundsätzlich nach den Tarifbestimmungen im öffentlichen Dienst. Diese enthalten Mindeststandards, sodass wir nicht davon ausgehen, dass über diese Verhandlungen irgendwie zu einem Lohndumping beigetragen wird. Insofern sehen wir diesen Punkt auch als erfüllt an. – Vielen Dank!
Wer dem Antrag der Fraktion DIE LINKE mit der Drucksachen-Nummer 17/600 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!