Protocol of the Session on November 13, 2008

(Abg. T i t t m a n n [parteilos])

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab.

Kunsthochschulgesetz Bremen (HfK-Gesetz)

Antrag der Fraktion der CDU vom 2. September 2008 (Drucksache 17/527)

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Senatorin Jürgens-Pieper.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Motschmann.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Kunst und Kunstausübung und damit natürlich auch künstlerische Lehre unterscheiden sich gravierend von wissenschaftlicher Forschung und Lehre. Es gibt auch Wissenschaft in der Hochschule für Künste, aber zum großen Teil sind es künstlerische Fächer. Das Hervorbringen und die Vermittlung von ästhetischen Kategorien folgt ganz eigenen Regeln, und weil das so ist, schlägt Ihnen die CDU-Fraktion vor, ein eigenes Kunsthochschulgesetz zu machen. Die Koalition hat ja während dieser Bürgerschaftssitzung und vielen davor immer von der Opposition eingefordert: Macht doch einmal einen konstruktiven Vorschlag! Hier habt Ihr einen! Der ist konstruktiv, positiv und kostet kein Geld, außer etwas Verwaltungsarbeit.

(Beifall bei der CDU)

Die besondere Berücksichtigung der künstlerischen Belange liegt im Interesse der Betroffenen an der Hochschule. Ich habe viele Gespräche geführt, eines auch mit dem Rektor und mit Frau Dr. Spieß. Das hat er auch ganz offiziell bei der Senatorin angemeldet. Insofern war das keine Geheimaudienz, sondern ein ganz normaler Vorgang.

Das bestehende Bremer Hochschulgesetz ist an vielen Stellen nicht kompatibel für den Arbeitsalltag der Hochschule für Künste. In Nordrhein-Westfalen gibt es ein eigenes Kunst- und Musikhochschulgesetz, und auch wenn dieses Bundesland nun wesentlich größer ist als unseres, macht es Sinn, auch bei uns so etwas zu machen. Was für mehrere gut ist, ist auch für eine Hochschule gut.

(Beifall bei der CDU – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Wir haben auch für eine Sparkasse ein Sparkassengesetz!)

Ja, wir haben auch ein Seilbahngesetz, obwohl wir gar keine Seilbahn haben!

Nun kann man natürlich darüber nachdenken, ob man ein eigenes Gesetz macht oder ob man das bestehende Gesetz verändert. Das ist ein Abwägungsprozess. Ich persönlich komme zu der Überzeugung, dass es klarer, sauberer ist, dies zu trennen und bin gespannt, Frau Senatorin, wie Sie das einschätzen. Ich will einige Beispiele dafür nennen, wo unser bestehendes Hochschulgesetz nicht kompatibel ist mit den Belangen, der Arbeit und dem Arbeitsalltag der Hochschule für Künste.

In Paragraf 52 geht es um die Studienziele. Da kommt Kunst überhaupt gar nicht erst vor. Das geht natürlich nicht. In Paragraf 18 geht es um Einstellungsvoraussetzungen, und dort ist ausschließlich von Wissenschaft die Rede. Auch das geht nicht, weil wissenschaftliche Arbeit und künstlerische Arbeit zwei verschiedene Dinge sind. An einer Kunsthochschule gibt es übrigens ganz andere Kriterien für Aufnahmeprüfungen in den künstlerischen Fächern. Das leuchtet ja ein: Die müssen gut Geige oder Klavier spielen, gut ihre Instrumente spielen, und insofern müssen sie Aufnahmeprüfungen machen, die das dann auch belegen. In Nordrhein-Westfalen hat man, und das finde ich sehr sinnvoll, eine Genieklausel eingefügt, die das dann auch so aufnimmt.

In Paragraf 16 des Bremischen Hochschulgesetzes liegt nun das größte Problem, da geht es um Dienstpflichten von Professorinnen und Professoren, und dies berücksichtigt überhaupt nicht, was an der Hochschule für Künste getan wird und Praxis ist. Das ist auch für den Rektor ein schwieriger Punkt, denn er muss genehmigen, was er eigentlich nicht genehmigen darf, wenn er in sein Hochschulgesetz sieht. In NordrheinWestfalen hat man deshalb einen Passus eingefügt, der die besonderen Belange der völlig anderen Zeitverpflichtung und Präsenzzeiten, Dienst und Dienstverpflichtung an einer Kunsthochschule regelt. Dort heißt es in Paragraf 32: „Im Dienstvertrag sind besondere Regelungen über Nebentätigkeiten und Sonderurlaub möglich.“ Professoren, die zum Beispiel Gesang oder Instrumentalfächer unterrichten, müssen auf die Bühne, und zwar nicht nur auf die heimischen Bühnen, sondern auf die internationalen Bühnen. Wenn sie da nicht sind, sind sie keine gu

ten Professoren mehr, und wenn sie da nicht sind, werden sie auch keine Schüler von außerhalb mehr akquirieren können, weil nur ein Professor für Instrumentalfächer, der auch ein internationales, überregionales Renommee hat, für Studenten interessant ist. Insofern muss man da auch ganz andere Präsenzzeiten einsetzen.

(Glocke)

Sie wollen mich schon zum Ende bringen, ich bin auch sofort am Ende!

Die Gleichsetzung von Forschung und künstlerischer Entwicklung in Paragraf 77 geht ebenfalls nicht; Teilzeitstudien oder Fernstudien sind in künstlerischen Fächern kaum zu realisieren, und so könnte ich jetzt fortfahren.

Darum ist es sinnvoll, meine Damen und Herren, hier neu nachzudenken und auch zu handeln. Gerade künstlerische und ästhetische Ausbildung und Lehre braucht Freiräume für ihre erfolgreiche Entfaltung, und diese sollte man ihnen gewähren und sie dann auch gesetzlich organisieren. Ich denke, hier ist ein Schwachpunkt. Ich hoffe, dass wir das alle sehen, und ich hoffe auch, dass Sie bereit sind, mit uns diesen zu beheben. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Schön.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin irgendwie jetzt etwas erstaunt, Frau Motschmann, dass Sie ihren Antrag hier in der Bürgerschaft aufrechterhalten. Wir haben das ja ausführlich im letzten Wissenschaftsausschuss diskutiert

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

und sind da eigentlich auch zu einem Ergebnis gekommen.

Das Ergebnis war unter anderem auch, dass die Kunsthochschule überhaupt kein eigenes Gesetz haben will. Von daher bin ich irgendwie ziemlich erstaunt, dass Sie hier weiter auf Ihren Antrag bestehen, wo doch auch die Kunsthochschule selbst sagt, sie braucht kein eigenes Gesetz, sondern es müssen einige Paragrafen im Bremischen Hochschulgesetz angepasst werden, und das hat sie auch zu Protokoll gegeben. Sie hat da eine PowerPoint-Präsentation gemacht, welche Paragrafen davon aus ihrer Sicht betroffen sind. Von daher wäre ich jetzt eigentlich davon ausgegangen, dass sich Ihr Antrag hier erle––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

digt, und daraus ergibt sich auch letztendlich unsere Ablehnung.

Ich möchte aber trotzdem noch kurz auf Ihren Antragstext eingehen, und dazu möchte ich mit Genehmigung des Präsidenten diesen Text kurz zitieren. Da steht: „Die Bürgerschaft fordert den Senat auf, in Abstimmung mit der Hochschule für Künste ein Kunsthochschulgesetz zu erarbeiten und zusammen mit den erforderlichen Änderungen des Bremischen Hochschulgesetzes der Bürgerschaft bis Herbst 2009 zur Beschlussfassung vorzulegen.“ Allein dieser Text ist überhaupt gar nicht beschlussfähig. Erstens glaube ich nicht, dass es sinnvoll ist, hier etwas zu beschließen, was die betroffene Hochschule selbst gar nicht will. Das hat Herr Wortmann, wie gesagt, da auch erklärt. Ich habe selbst mit Herrn Cordes telefoniert, der auch gesagt hat, er brauche so etwas nicht.

Zweitens: Dann glaube ich auch, dass es überzogen ist, für eine einzige Hochschule ein einzelnes Gesetz hier in Bremen zu machen. Das kann man ins Bremische Hochschulgesetz einarbeiten.

Dritter Punkt: Sie wollen es nach dem Vorbild Nordrhein-Westfalens, da hat die CDU/FDP-Regierung das sogenannte Hochschulfreiheitsgesetz verabschiedet. Von dem Gesetz halte ich ohnehin nichts, ich will das jetzt hier auch gar nicht weiter erläutern. Jedenfalls ist genau dieses Gesetz ein Problem für kleinere Hochschulen, es ist an der Stelle insbesondere ein Problem für Kunsthochschulen, und deswegen haben die an der Stelle zum Schutz der Kunsthochschulen ein eigenes Kunsthochschulgesetz gemacht, das brauchen wir hier in Bremen nicht, weil wir ein Bremisches Hochschulgesetz haben, in das wir die entsprechenden Sachen dann auch einarbeiten können.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Dann der letzte Punkt: Wir sind ohnehin gerade dabei, das Bremische Hochschulgesetz zu novellieren, deswegen haben wir den Kunsthochschulbereich ja auch auf die letzte Tagesordnung des Wissenschaftsausschusses genommen, Sie erinnern sich vielleicht. Die Frauenquote muss ins Bremische Hochschulgesetz noch eingearbeitet werden. Wir haben den Hochschulzugang ohne Abitur beschlossen, der muss noch eingearbeitet werden, und es gibt noch diverse Fragestellungen, die sich aus der Föderalismuskommission I ergeben haben, die noch eingearbeitet werden. Daher fanden wir es sinnvoll, das da dann auch schon zu diskutieren. Wir sind jetzt dabei, das zu novellieren, und wir werden uns jetzt um die Belange kümmern und nicht erst im Herbst 2009, und daher glaube ich, dass Ihr Antrag nicht zielführend ist, die Hochschule will ihn nicht, er ist überflüssig, und deswegen lehnen wir ihn ab. – Danke!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Ella.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mir als Liberalen widerstrebt es, hier jemandem etwas aufzuzwingen, was er nicht möchte.

(Beifall bei der FDP)

Wir haben es schon mehrfach gehört, der Kanzler der Hochschule für Künste, Herr Wortmann, hat es letzte Woche Mittwoch in der Sitzung des Wissenschaftsausschusses eindeutig ausgedrückt, ein eigenes Kunsthochschulgesetz ist in Bremen nicht notwendig. Dabei, meine Damen und Herren, könnte man es bewenden lassen, doch einige Anmerkungen gestatte ich mir an dieser Stelle dennoch.

Mein Parteifreund und Vorstandskollege in Nordrhein-Westfalen, Andreas Pinkwart, ein höchst erfolgreicher Wissenschaftsminister, gehört zu den größten Verfechtern eines eigenständigen Kunsthochschulgesetzes und hat dieses in diesem Jahr in den Düsseldorfer Landtag eingebracht. Doch was für solch ein Flächenland mit seinen Kunst- und Musikhochschulen richtig ist, muss für unseren Zweistädtestaat nicht unbedingt die beste Wahl sein, zumal wir, liebe Kolleginnen und Kollegen, in Bremen auch – Frau Schön hat es schon gesagt – kein Hochschulfreiheitsgesetz wie in Nordrhein-Westfalen haben, auch, und das sei angemerkt, wenn wir uns ein solches für unser Bundesland Bremen doch sehr wünschen würden.

Das nordrhein-westfälische Kunsthochschulgesetz beinhaltet unter anderem große Gestaltungsmöglichkeiten bei der Hochschulverfassung, der Binnenorganisation und der Wahl der Abschlüsse; Freiheiten, die wir für die Novellierung des Bremischen Hochschulgesetzes für alle Hochschulen in unserem Land haben möchten,

(Beifall bei der FDP)

Freiheiten, die selbstverständlich sein sollten im Wissenschaftsbetrieb, Freiheiten, die in einem Bundesland mit vier staatlichen Hochschulen allerdings auch in einem Gesetz untergebracht werden können.

(Beifall bei der FDP)

Wir haben in Bremen gute Erfahrungen damit gemacht, den Hochschulen Freiheiten zu geben, und wir sollten diesen Weg mutig fortsetzen.

Die Anforderungen, die der Kanzler der Hochschule für Künste im Wissenschaftsausschuss an eine Novellierung des Hochschulgesetzes gestellt hat, sind beinahe durchweg der Wunsch nach mehr Autonomie.

(Beifall bei der FDP)

Dabei möchte ich insbesondere die Frage der Berufung hervorheben. Im künstlerischen Bereich zeigt sich die Notwendigkeit einer flexiblen Regelung noch deutlicher als im Wissenschaftsbereich, es ist auch schon angesprochen worden. Die Eingriffsmöglichkeiten der Behörde gehören abgeschafft. Gerade im künstlerischen Bereich greifen klassische Kriterien, die bei Berufung als Maßstäbe angelegt werden, nicht. Es ist aus unserer Sicht schon problematisch, wenn der Staat entscheidet, wer für eine Ausbildung von Künstlern geeignet sein soll und wer nicht. Damit ist auch der Grundstein gelegt für den Versuch, die Kunst in gewisse Bahnen zu lenken; wie wir finden, ein erfolgloses und nicht gerade freiheitliches Unterfangen.

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Haben wir in den vergangenen Jahren damit Probleme gehabt?)

Diese eine Forderung der freien Personenwahl kann aber wie auch die restlichen Forderungen ohne Schwierigkeiten in einem Hochschulgesetz untergebracht werden, welches wenige Rahmenbedingungen definiert. Mit der Zielvereinbarung kann ein ausreichender Einfluss auf Entwicklungen genommen werden. Detailregelungen für die Frage, welche Abschlüsse vergeben werden, müssen nicht in einem eigenen Gesetz festgelegt werden. Hier brauchen wir den Mut zu mehr Freiheit, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der FDP)