Vorbereitung auf eine solche Debatte noch einmal damit auseinandersetzt, wird man feststellen, dass sie doch einen beachtlichen Schmelztiegel der Geschichte darstellt, und zwar für alle Fraktionen dieses Hauses von ganz links bis ganz rechts. Es ist ja schon interessant, dann noch einmal zu lesen, dass da ein junger Redakteur mit Namen Friedrich Engels mitmischt, der bei einem Provinzblatt, das von einem Karl Marx herausgegeben wird, mitschreibt, wenn in Sachsen bei den Auseinandersetzungen mit den 12 000 bewaffneten Aufständigen ein gewisser Michail Bakunin, späterer Begründer oder damals auch schon Begründer des Anarchosyndikalismus, mitmischt.
Wenn dann auf der anderen Seite natürlich auch – dies war für mich auch noch einmal eine interessante Erinnerung, da ich gern bei der Friedensbewegung in Bremerhaven vor der Carl-Schurz-Kaserne demonstriert hatte – zu sehen ist, dass damals ein Carl Schurz auch mitmischte, der nach Amerika gegangen ist, dort hohe Ämter versehen hat, und so auch der Name dieser Kaserne entstanden ist.
Alles in allem: Diese Revolution von 1848 ist eine sehr – auch geschichtlich – interessante Sache, die es sicherlich wert wäre aufzuarbeiten. Für uns als LINKE, das mag man vielleicht auch anerkennen mögen oder auch nicht, ist es natürlich so, dass wir eine Bewertung haben, dass wir sagen: Die 1848er Revolution ist gescheitert, denn das, was die CDU hier als Erfolg des demokratischen Parlamentarismus angibt, endete formal zumindest in einem Stück Parlamentarismus, aber mit dem Ziel der institutionellen Monarchie. Ich finde, das ist nicht so das große Ziel gewesen, und selbst das hat man geschichtlich nicht erreicht.
Von daher ist das Scheitern dieser Revolution auch an vielen Stellen festzustellen, oder man kann es zumindest aus den unterschiedlichen Lagern sehr verschieden bewerten. Von daher sprechen wir überhaupt nicht gegen eine Auseinandersetzung mit 1848 und der Revolution, und ob man vielleicht als Parlament tatsächlich, wie die CDU es in ihrem zweiten Punkt anbietet, einmal eine Auseinandersetzung und eine Veranstaltung über alle Fraktionen hier in der Bürgerschaft veranstalten soll, dagegen steht aus Sicht der LINKEN gar nichts.
Als dritten Punkt möchte ich anführen das mit der DDR mit dem 18. März. Für 1989 und dem Tag der parlamentarischen Demokratie, und damit dieser Volkskammerdebatte, die da erlebt wurde, muss man – und das finden wir als LINKE allerdings in der Tat relativ typisch an dem CDU-Antrag, es geht Ihnen formal einfach nur ein Stück um diese parlamentarische Demokratie –, so gut und richtig dieser Tag der ersten freien Volkskammer in der praktisch schon ehemaligen DDR damals gewesen ist, auf der anderen Seite doch auch deutlich sagen, dass in dem Moment, wo sich die parlamentarischen Parteien konstituiert haben – und das hat die Kollegin von den Grünen hier auch kurz angesprochen –, zu dieser Zeit
die eigentlichen Triebfedern der friedlichen Revolution in der DDR im Grunde genommen schon machtlos waren. Das waren die runden Tische und die Bürgerbewegungen gewesen, die im Grunde genommen die Triebfedern dieser Revolution wurden. In der Volkskammer wurden sie durch die Parteien und die ganzen Blockflöten alle wieder eingesammelt, und es hat ein Formierungsprozess stattgefunden, dem man sehr kritisch gegenüberstehen kann. Ähnliches sehe ich auch in der Entwicklung bei der Paulskirche.
Das heißt also abschließend: Mit der LINKEN ist sicherlich ein Tag der Demokratie zu machen, das ist wichtig in Bezug auf die DDR, in Bezug auf 1848, aber nicht auf die Art und Weise, wie es hier von der CDU vorgetragen wurde. Von daher werden wir auch diesen Antrag ablehnen!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dem Vergessen entgegenzuwirken, das ist ja hier in allen Reden schon angeklungen, ist die wichtigste Aufgabe auch der parlamentarischen Demokratie und auch unsere Aufgabe, jeden Tag daran zu erinnern, unter welchen schwierigen Voraussetzungen und schwierigen Gegebenheiten das erkämpft werden und täglich durchgesetzt werden muss.
An Geschichte muss immer wieder erinnert werden, damit nicht gleiche Fehler noch einmal passieren und damit nicht in gleiche Sackgassen gelaufen wird wie in der Vergangenheit.
Wir von der FDP warnen allerdings davor, eine Inflation der Gedenktage einzuführen und herbeizuführen, und deshalb werden wir diesen Antrag der CDU auch ablehnen.
Wir finden es gut, sich mit Geschichte auseinanderzusetzen, wie ich gesagt habe, aber ich denke, wir sollten da dann auch das Verbindende betonen. Wir sollten nicht – und das sehen wir hier in dem Antrag der CDU ein wenig gegeben – Gedenktage konstruieren und Gedenktage konstruiert herbeiführen. Ich denke, das kann man hier auch sehr deutlich an der Formulierung sehen: „ihr wesentliches Ziel erreicht“. Da ist sich der Antragsteller nicht so ganz sicher, ob das nun wirklich das Ziel war oder nur das wesentliche Ziel, deshalb werden wir das ablehnen.
Ich denke, wir haben sehr gute Gedenktage, an denen wir an die parlamentarische Demokratie erinnern können, an denen wir an die deutsche Einheit erinnern können und an denen wir auch an die Wege und die Geschichte, die zur deutschen Einheit geführt haben, erinnern können.
Ich denke, am 3. Oktober kann man ganz eindeutig daran erinnern. Das ist der Feiertag, der die deutsche Einheit sozusagen besiegelt, und auf diesen Tag muss man mit Recht stolz sein.
Ein weiterer Tag, der sich hier hervorragend anbietet, ist natürlich der Tag, an dem das Grundgesetz verkündet wurde, und an diesem Tag kann man auch sehr gut über die deutsche Geschichte debattieren. Ich sehe die Gefahr, wenn man noch einen weiteren Gedenktag herbeiführt, dass man das Gedenken an viele andere Ereignisse sozusagen marginalisiert, unter anderem an den 17. Juni und auch an den Fall der Mauer. Wir von der FDP-Fraktion sind deshalb der Überzeugung, dass dieser Antrag abzulehnen ist. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist Demokratie: Der, der die Mehrheit hat, kann über solche Anträge entscheiden, ob sie gemacht werden oder nicht gemacht werden.
Ich möchte aber trotzdem noch auf ein paar Sachen eingehen und zumindest noch einmal auf etwas Formales! Warum das ein Dringlichkeitsantrag ist – Frau Kummer, Sie hatten das ja angesprochen –, das hängt damit zusammen, dass sich der Bundesrat demnächst mit diesem Thema wieder beschäftigen wird. Das hat jetzt nichts mit dem September zu tun, dann hätte man das ja lieber in die Oktober-/Novembersitzung legen können, in dem man ja nicht unbedingt so symbolhafte Daten hätte. Das ist der ganz schlichte, simple Grund.
Was mich bei dieser ganzen Diskussion gestört hat, ist, dass zu sehr auf die deutsche Einheit und somit auf den 3. Oktober eingegangen wird. Wir hatten – nicht Sie jetzt, so allgemein –, und das ist zwar wichtig – –.
Die deutsche Einheit, wie sie vollzogen wurde, ist, glaube ich, ein großer Sieg auch für die parlamentarische Demokratie, aber das ist nicht nur der Ansatz. Der Ansatz ist einfach, dass wir mittlerweile eine Generation sind, die eigentlich nichts anderes kennt – außer vielleicht Frau Kummer und ich und noch paar andere hier im Haus, die auch noch einmal eine andere Gesellschaftsform kennengelernt haben –, aber für viele Jugendliche oder auch Ältere ist parlamentarische Demokratie etwas Selbstverständliches, und das ist eigentlich der Ansatz, darauf noch einmal hinzuweisen, und dies in Form eines Gedenktages,
natürlich, ein Gedenktag, völlig isoliert, wenn wir hier eine Feierstunde machen, das ist klar, das reicht nicht. Tagtäglich versuchen wir auch, den Jugendlichen und Kindern und auch vielen Erwachsenen beizubringen, dass die parlamentarische Demokratie der Garant für Freiheit und persönliche Entwicklung ist. Aber wenn wir mit diesem Tag ein Symbol schaffen, glaube ich, dass wir diese Arbeit besser und noch weiter ausbauen können. Deswegen wäre ich wie einige meiner Vorredner ein bisschen vorsichtig, diese Diskussion über Gedenktage oder die Inflation von Gedenktagen oder Ähnlichem anzufangen, weil dieser Umkehrschluss, den einige machen, könnte ja auch auf andere Gedenktage – –.
Sie haben es ja teilweise schon gesagt: Warum machen wir denn Gedenktage über bestimmte schicksalhafte Ereignisse in diesem Land? Weil wir gegen das Vergessen und dieses so Hinnehmen, ja, das war nun einmal so, und das ist nun einmal so, an diesen Gedenktagen immer wieder darauf hinweisen: Wir dürfen es nicht vergessen, dies darf nicht vergessen werden!
Das ist im Grunde genommen der Sinn dieses Gedenktages. Ob nun der 18. März, den Vorwurf kann man natürlich machen, das ist konstruiert, aber ich glaube, es passt so gut, weil es einerseits – wahrscheinlich zufällig – die ersten und letzen freien Volkskammerwahlen waren, die zur deutschen Einheit führten, weil da die Barrikadenkämpfe waren. Da ist natürlich auch eine Revolution von 1848 bis 1849, das hing natürlich mit der föderalistischen Struktur der damaligen Kleinstaaterei zusammen, Deutschland gab es zu dem Zeitpunkt ja gar nicht, aber man muss sich ein Datum herausnehmen, das ist ganz klar. Deshalb dieser 18. März, und ich möchte Sie noch einmal eindringlich bitten, dies zu überdenken und unserem Antrag zuzustimmen! – Vielen Dank!
Herr Präsident, sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte dem Antragsteller dafür danken, dass wir die Gelegenheit hatten, über die deutsche Geschichte hier so ernsthaft zu diskutieren mit einem unterschiedlichen Ergebnis. Ich gehe davon aus, dass die Bremische Bürgerschaft diesen Antrag ablehnen wird. Ich glaube aber, dass wir durchaus diese Debatte nutzen sollten, um darüber nachzudenken, wie es weitergeht.
Wir haben im nächsten Jahr einen Anlass zu feiern: Das Grundgesetz, das am 24. Mai 1949 in Kraft getreten ist, jährt sich zum sechzigsten Mal. Ich glaube, das sollte hier für die Bremische Bürgerschaft ein Signal sein, um in einem würdigen Rahmen gemeinsam mit dem Senat dieses Ereignisses zu gedenken.
Das Grundgesetz ist die Magna Charta für uns, die unsere demokratische Demokratie geprägt hat. Es ist eine der wichtigsten Errungenschaften in der deutschen Geschichte, und wenn man über einen Gedenktag nachdenken sollte, dann, finde ich, ist eigentlichdas Inkrafttreten des Grundgesetztes durchaus ein geeignetes Ereignis. Alles andere ist problematisch.
Wenn wir nach Frankreich schauen, uns den 14. Juli jedes Jahr anschauen, wissen wir, warum Frankreich feiert. Das ist eine Sache, die jedes Kind kennt, da muss man nicht erst in einem Lexikon nachschauen, was nun die beiden Märztage miteinander verbindet. Ich wusste, dass am 18. Mai – nicht im März! – 1848 die Paulskirchenversammlung zum ersten Mal zusammengetreten ist, aber alles andere, das ist schon etwas für Historiker, diese Feinheiten zu ermitteln, und die Barrikadenkämpfe mit der ersten Volkskammerwahl in Verbindung zu bringen, das finde ich schon ein bisschen sehr weit hergeholt.
Mein Hauptproblem ist dabei einfach, dass solche Daten nicht vermittelbar sind, und ich denke, nationale Gedenktage müssen auf einem breiten Konsens basieren. So etwas kann man hier nicht einmal eben mit einem Dringlichkeitsantrag einbringen, ich glaube, das löst in der Diskussion nur Kopfschütteln aus. Deswegen denke ich, wir sollten zurückkommen zu dem, was wir hier diskutiert haben.
Wir sollten in Bremen im nächsten Jahr durchaus der Demokratie gedenken. Demokratie ist keine Sache, die man nur an einem Tag einmal begehen kann, sondern was wir hier machen, das ist die tägliche Arbeit. Die Demokratie gilt es jeden Tag zu verteidigen, und ich glaube, dazu war diese Debatte heute durchaus sehr sinnvoll. – Schönen Dank!
Wer dem Antrag der Fraktion der CDU mit der Drucksachen-Nummer 17/518 seine Zustimmung geben möchte, bitte ich um das Handzeichen!