Herr Abgeordneter, ich bitte Sie, die Würde dieses Hauses zu respektieren und entsprechende Äußerungen in der Form zu unterlassen.
Das mache ich doch, Frau Präsidentin, oder habe ich etwa die Unwahrheit gesagt? Meine Damen und Herren, bringen Sie beschlussfähige Anträge ein, die eine intensive Zusammenarbeit der zuständigen Behörden – sprich Polizei, Beratungsstellen und so weiter – beinhaltet sowie eine Änderung des Bremischen Polizeigesetzes, dass zum Beispiel Wohnungen verdächtiger Personen von der Polizei jederzeit auch ohne richterliche Anordnung zur Abwehr dringender Gefahren betreten werden dürfen. Solchen Anträge werde ich dann selbstverständlich zum Schutz unzähliger ausgebeuteter und gefolterter Frauen und Mädchen zustimmen.
Ich sage Ihnen in aller Deutlichkeit: Selbstverständlich wird eine verstärkte Polizeipräsenz mit den entsprechenden konsequenteren polizeilichen Kontrollen dazu führen, dass die Ausuferung der Kriminalität in diesem Milieu viel wirkungsvoller und effektiver bekämpft werden kann, ja sogar viel rigoroser bekämpft werden muss. Aber und jetzt kommt das Aber, Sie schreiben in Ihrer Anfrage so großartig, Bordellbetreiber viel stärker kontrollieren. Prima, das hört sich im ersten Moment ja wirklich gut an, dafür bin ich ja auch! Sie verschweigen aber ganz, erstens, dass Sie mit dieser unsäglichen Polizeireform im hohen Maße mit dazu beigetragen haben, dass meines Erachtens die Polizei auf Grundlage eines dramatischen Personalabbaus personell gar nicht dazu in der Lage sein wird, hierzu dringend erforderliche verstärkte Kontrollen auch durchführen zu können. Zweitens, und das ist eine traurige Tatsache, dass verantwortliche Politiker schon lange, schon viel zu lange die Kontrolle über die ausufernde Kriminalität auch in diesem Bereich verloren haben. Sie haben doch schon viel zu lange auf dem Rücken der Polizei und zulasten der inneren Sicherheit vor den Verbrechen kapituliert. Unsere Bürgerinnen und Bürger fragen sich schon praktisch zu Recht, in was für einem Bundesland leben wir eigentlich, wo es möglich ist, dass zum Beispiel zwei mehrfach vorbestrafte ausländische Gewalttäter einen jungen Menschen halb tot schlagen, sein junges Leben grundlos brutal zerstören, seine Zukunft grausam vernichten, dass solche Gewalttäter immer und immer wieder, ich weiß nicht zum wievielten Male, eine sehr geringe, lächerliche Bewährungsstrafe bekommen und praktisch frei kommen,
Hier rate ich Ihnen dringend, stellen Sie nicht nur großartige Forderungen in großartigen, populistischen
Gut, ich komme zum Schluss. Dazu haben Sie unzählige Male die Möglichkeiten gehabt, auch in der großen Koalition. Sie haben es nicht getan. Das ist Ihre verfehlte Politik auf Kosten der inneren Sicherheit zulasten unserer Bürgerinnen und Bürger. – Ich danke Ihnen!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße es ausdrücklich, dass hier das Thema Prostitution mehrheitlich sachlich und angemessen diskutiert wird. Bei diesem Thema geht die CDU in eine Richtung, die wir in Teilen unterstützen können.
Zuvor muss ich jedoch eines anmerken: In der Debatte muss die Situation der Prostituierten ein zentrales Element sein. Es geht nicht nur um Gesetze und Verordnungen, sondern es geht um Menschen. Wir dürfen deren Belange und vor allem die Auswirkungen von Gesetzen auf diese Menschen nicht außer Acht lassen. In Ihrer Anfrage, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, wird leider nicht auf die Situation der Prostituierten eingegangen. Menschenhandel mit dem Ziel der sexuellen Ausbeutung sind ernst zu nehmende und erschütternde Probleme der Branche. Doch ein Teil der Prostituierten bietet aus freien Stücken sexuelle Dienstleistungen an, aus welchen Gründen auch immer, das ist heute nicht das Thema, aber ich denke, an entsprechender Stelle muss darüber auch inhaltlich diskutiert werden.
Wenn man die Situation im Rotlichtmilieu diskutiert, so muss es auch um diese Menschen gehen. Zur Mitteilung des Senats Folgendes: Wir teilen nicht die Auffassung des Senats, dass das Gewerbe- und Gaststättenrecht kein geeignetes Kontrollinstrument der Prostitution darstellt, lassen Sie es mich begründen. Betroffene und Insider der Branche haben sich für die Anwendung des Gewerberechts in allen Bereichen der Prostitution ausgesprochen. Dafür gibt es folgende Gründe: Zwar wurde mit dem Prostitutionsgesetz von 2002 die Prostitution de facto als nicht sittenwidrig ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
anerkannt, doch die Konsequenz, diese Auffassung auch in das Gewerbe- und Gaststättenrecht aufzunehmen, wurde – wie es der Senat dargestellt hat – verhindert. Die Begründung dafür war, dass Prostitution in der Gesellschaft immer noch als sittenwidrig angesehen wird. Ich frage mich, warum diese Skrupel und diese Hemmungen? Es wäre der konsequente zweite Schritt gewesen, denn es ist, rein sachlich gesprochen, ein Dienstleistungsgewerbe, in deren Größenordnung manch anderes dahinter verfällt, und auf die Frage, wie viel für welche Dienstleistung bezahlt wird, kann ich nur antworten: für Geld. Ich war auch berufstätig und habe für Geld gearbeitet. Dazu möchte ich anmerken, dass es bei der rechtlichen Frage vor allem darum geht, die Rechte und Arbeitsbedingungen der legalen Prostitution zu verbessern. Das wäre durch die Ausweitung und Ausdehnung des Gewerberechts auf Prostitution der Fall.
Das Gewerbeamt könnte die Situation der Prostituierten besser kontrollieren. Dadurch würde sich die rechtliche, gesundheitliche, soziale und gesellschaftliche Situation der Prostituierten verbessern. Laut Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Dortmunder Mitternachtsmission – einer Prostituiertenorganisation – werden die Prostituierten seit der Anwendung des Gewerberechts als Dienstleisterinnen und Dienstleister anerkannt. Die rechtliche Stellung wirkt sich also auf die gesellschaftliche Anerkennung aus, dies bestätigen auch Prostituierte, die bei ver.di organisiert sind. Durch die Ausweitung des Gewerberechts würde die Prostitution in Deutschland als das behandelt, was sie ist: Eine legale Dienstleistung. Dies schließt nun logischerweise nicht nur die gewerblichen Rechte, sondern auch die Pflichten wie zum Beispiel Steuern ein. Die gewerbliche Meldepflicht für Prostitution würde zu einer größeren Transparenz führen und den einzelnen Organen wie zum Beispiel dem Ordnungsamt, Gesundheitsamt und so weiter die Überwachung der Arbeitsbedingungen und die Bekämpfung gegen Menschenhandel, illegale Prostitution und so weiter erleichtern, ich sage ausdrücklich: erleichtern.
Das wiederum hätte zur Folge, dass die Kriminalität besser und effektiver bekämpft werden könnte. In der Mitteilung des Senats haben wir Widersprüche festgestellt. In der Antwort zur Frage 10 wird das Dortmunder Modell als durchaus interessant und erwägenswert dargestellt. Die in Dortmund praktizierte gewerberechtliche Anmeldung von Prostitutionsstätten ermöglichen eine bessere Kontrolle, sagt der Senat. Schon bei der nächsten Antwort werden diese gewerberechtlichen Kontrollmöglichkeiten aber als begrenzt bewertet.
in die Illegalität triebe und Menschenhändler ermuntern würde. Ich bin der Meinung, dass die Prostitution zurzeit in eine Grauzone gedrängt wird und unter unklaren rechtlichen Bedingungen stattfindet. Ich teile aber die Ansicht des Senats, dass die jetzigen polizeilichen Möglichkeiten zur Kontrolle der Prostitution und deren kriminellen Begleiterscheinungen ausreichen. Es darf nicht sein, dass die Polizei jederzeit in eine legale Arbeitsstätte einmarschieren kann. Gefahr im Verzug und Paragraf 21 des Bremischen Polizeigesetzes genügen als Instrumente. In diesem Sinne hoffe ich, dass Bremen als moderne Hansestadt auch eine moderne Auffassung vertritt und in der Zukunft sich neuen Modellen gegenüber offen zeigt. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Seit dem 1. Januar 2002 ist das Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten – das sogenannte Prostitutionsgesetz – in Kraft. Ziel des Gesetzes war und ist es, die rechtliche und soziale Lage der Prostituierten zu verbessern. Nun kann sehr kontrovers darüber diskutiert werden, ob das Gesetz dieses Ziel bereits erreicht hat. In vielen Bundesländern haben sich die Behörden recht zurückhaltend hinsichtlich verwaltungsrechtlicher Konsequenzen gezeigt, also beispielsweise die rechtliche Anerkennung der Prostitution, das haben wir hier ja in der Debatte gehört. Wir von der FDP-Fraktion sind sehr froh, dass diese Debatte sehr sachlich geführt wird, dass wir uns eigentlich über alle Parteigrenzen hinweg einig sind, dass etwas geschehen muss, dass wir hier aus der Grauzone und aus der Illegalität herausmüssen und dass wir von der Doppelmoral wegmüssen.
Wir müssen in diesem Zusammenhang hin zu einer modernen Dienstleistungsauffassung, wenn ich es einmal so sagen darf, und wir können dem sogenannten Dortmunder Modell, das hier auch schon öfter angesprochen worden ist, sehr viel abgewinnen. Ich denke, wir sollten es einmal sehr genau prüfen, denn dort gäbe es viele Möglichkeiten, sozusagen das Ganze in die Legalität zu holen. Wir würden uns darüber freuen – Herr Kollege Fecker hat uns zwar vergessen, aber wir würden uns natürlich dieser Sache anschließen –, wenn wir in der Innendeputation sehr ausführlich darüber debattieren können, es gibt natürlich immer noch den Spannungsbogen, den man schlagen muss, was beispielsweise bei einer gewerbsmäßigen Anmeldung von Wohnungen passiert, was ist, wenn diese Wohnungen überprüft werden sollen.
Es ist auf der einen Seite die Unverletzlichkeit der Wohnung dabei zu berücksichtigen, aber auf der anderen Seite auch die Frage, dass man den einzelnen Prostituierten helfen will. Das ist ein sehr schwieriger Prozess der Abwägung, den wir zu führen haben und auch nicht so einfach am grünen Tische zu entscheiden ist. Deshalb, denke ich, sollten wir uns das sehr genau anschauen und das sehr genau abwägen. Ich glaube, bei dieser Antwort des Senats ist klar geworden, dass es einen Handlungsbedarf gibt, und dass man sich nicht einfach hinter einfachen Antworten verstecken kann, indem man sagt: Ja, der Wirtschaftssenator hält das aber nicht für so gut oder nicht für praktikabel. Ich denke, wir sollten hier neue Wege suchen, und in diesem Sinne freue ich mich auf die weiteren Debatten. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eigentlich wollte ich dem Kollegen der Splitterpartei, die auch Schwierigkeit mit dem Rechtsstaat hat, einen Literaturtipp zu seiner Forderung „Betretungsrechte von Polizei“ geben, nun ist er aber wieder einmal nicht hier im Raum. Für die, die es interessiert, das, was er gefordert hat, ist natürlich in Paragraf 21 des Bremischen Polizeigesetzes geregelt das Betretungsrecht für Wohnungen zur Verhütung drohender Gefahren. Herr Tittmann, wenn Sie das irgendwie im Radio hören,
kann man sich das vielleicht noch einmal aufschreiben! Jetzt kommen wir aber zu dem, was eigentlich wirklich wichtig ist. Herr Hinners, eigentlich fand ich Ihre Anfrage richtig gut, weil Sie den Finger in ein gesellschaftliches Problem legen, das in der Tat noch nicht bewältigt worden ist. Ihren Redebeitrag fand ich weniger gut, weil man irgendwie den Eindruck gewinnen konnte, dass das älteste Gewerbe in Bremen bis 1995 existiert hat, dann für zwölf Jahre während der Großen Koalition verschwunden ist und am 13. Mai 2007 plötzlich auf die Erde in Bremen zurückkam und jetzt ein völlig intransparentes Milieu darstellt.
(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Das hat uns auch überrascht!)
Nichtdestoweniger ist es natürlich so, wenn nun die Transparenz des Milieus hergestellt werden kann, indem man die CDU an der Regierung beteiligt, wenn
das Ihre einzige politische Funktion sein soll für die nächsten drei Jahre, können wir auch darüber sprechen, Herr Kollege, aber Spaß beiseite.
Ich glaube, eine Sache ist ganz wichtig, und das ist das, was Herr Kollege Hinners hier auch ausgeführt hat. Es geht in dieser Angelegenheit um folgende Fragestellungen: Wie kann sichergestellt werden, dass Sexarbeiterinnen nur mit ihrem freien Willen beschäftigt werden oder tätig sind? Das ist die zentrale Kernfrage. Wie kann sichergestellt werden, dass Sexarbeiterinnen einen ordentlichen Zugang zur Gesundheitsversorgung haben? Wie kann sichergestellt werden, dass Sexarbeiterinnen der erhebliche und überwiegende Anteil des erwirtschafteten Entgeltes zur Verfügung gestellt wird? Last, not least, wie kann sichergestellt werden, dass eine in Deutschland milliardenschwere Industrie auch besteuert wird wie andere Gewerbezweige? Darauf bietet das Gewerberecht aus der überzeugenden Begründung des Senats allein keine Antwort.
Das Gewerberecht bietet Ansätze, aber ich glaube, man muss diese mit ganz vielen Dingen kombinieren, man muss noch einmal darüber nachdenken, welche anderen Möglichkeiten der Einwirkung jenseits von Polizeirecht denn eigentlich vorhanden sind. Welche Möglichkeiten von sozialer Kontrolle hat man? Welche Möglichkeiten des Baurechts gibt es? Ich würde mich freuen, mit allen Fraktionen, die in der Innendeputation sachlich diskutiert haben, zusammenzukommen, um dieses einmal zu erörtern, sodass wir in diesem Sinne für die Frauen etwas schaffen können, für die Frauen Transparenz schaffen, und ich freue mich da auf eine angeregte Diskussion. Vielleicht kann man die Innendeputatiossitzung dann auch im Radio ausstrahlen, sodass Herr Tittmann vielleicht auch noch einmal teilnehmen kann. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin sehr froh, dass ich die Gelegenheit habe, zu einem fast Konsensthema das erste Mal etwas zu sagen in der Bürgerschaft. Es ist so, dass beinahe alle Sprecher hier richtig ein gewisses Auseinanderfallen von Möglichkeiten des Gewerberechts und der Nutzung festgestellt haben, das liegt aber ganz einfach daran, dass es tatsächlich ein Prozess ist, den wir erst einmal begleiten und untersuchen müssen. Es ist auch ein Riss durch die Länder festzustellen, es gibt Länder, die gewerberechtliche Möglichkeiten gesehen haben, im Zusammenhang mit Bordellbe
trieben und Prostitution mehr Kontrolle auszuüben. Es gab aber auch erhebliche Bedenken bei anderen Ländern, dass tatsächlich eine solche Maßnahme dazu führen könnte, dass die Prostituierten in ein Dunkelfeld getrieben werden, das sie im Moment nicht zu fürchten haben. Deswegen auch unser Angebot, in der Innendeputation noch einmal genau zu erörtern, in welcher Weise die beispielsweise in Dortmund gesammelten Erfahrungen übertragbar auf Bremen sind und ob die dort gesammelten Erfahrungen tatsächlich so positiv sind, dass wir uns so wie in Nordrhein-Westfalen mit den gewerberechtlichen Möglichkeiten verhalten können. Insofern freue ich mich auf eine Zusammenarbeit und glaube, dass wir zu einem vernünftigen und tragfähigen Ergebnis kommen werden. – Danke!
Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats, Drucksachen-Nummer 17/511, auf die Große Anfrage der Fraktion der CDU Kenntnis.