Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 17/346 unter Berücksichtigung der soeben vorgenommenen Änderung seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Gesetz zur Änderung des Bremischen Behindertengleichstellungsgesetzes Mitteilung des Senats vom 8. April 2008 (Drucksache 17/349) 1. Lesung
Änderungsantrag der Fraktionen Bündnis 90/ Die Grünen und der SPD vom 3. Juni 2008 (Drucksache 17/346)
Dazu als Vertreterin des Senats Frau Senatorin Rosenkötter. Meine Damen und Herren, gemäß Paragraf 34 Absatz 1 der Geschäftsordnung findet in der ersten Lesung zunächst eine allgemeine Besprechung statt. Ihr folgt in der Regel die Einzelberatung. Ich schlage Ihnen jedoch vor, dass wir den Änderungsantrag, Drucksache 17/436, mit in die allgemeine Aussprache einbeziehen. Ich höre keinen Widerspruch, dann können wir so verfahren. Meine Damen und Herren, bevor ich dem ersten Redner das Wort erteile, darf ich auf der Tribüne ganz herzlich Herrn Dr. Steinbrück, unseren Landesbehindertenbeauftragten, begrüßen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Was lange währt, wird endlich gut! Mit dem heutigen Gesetzentwurf wird die Position des Landesbehindertenbeauftragten nun im Bremischen Behindertengleichstellungsgesetz verankert. Für seine wichtige und wirksame Tätigkeit bekommt er jetzt die Rechtsgrundlage, die er braucht. Damit ist die Zeit der Einsetzungs- und Verlängerungsbeschlüsse der Bürgerschaft beendet. Die Einrichtung der Funktion des Landesbehindertenbeauftragten hat sich bewährt.
Es hat sich bewährt, dass der Landesbehindertenbeauftragte auch beim Parlament angesiedelt ist, also bei der Bremischen Bürgerschaft. Während andere Behindertenbeauftragte, zum Beispiel im Bund oder in den Ländern, häufig den Sozialministerien zugeordnet sind, kann der Bremer Behindertenbeauftragte unabhängig von Rücksichtnahmen gegenüber Behörden oder Ministerien seine Querschnittsaufgabe zur Herstellung von Barrierefreiheit und gegen Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen wahrnehmen. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Zum Beispiel hat er beim Sozialzentrum Süd zusammen mit den Behindertenverbänden dafür gesorgt, dass die Barrierefreiheit nun nachträglich hergestellt wird. In der gegenwärtigen Schuldebatte setzt er sich intensiv für die Einbeziehung behinderter Schüler ein. Mit dem Bauressort pflegt er eine intensive Zusammenarbeit, wenn es darum geht, die Barrierefreiheit von Gebäuden, Straßen und Plätzen zu beurteilen. Nur in der jetzt verankerten unabhängigen Position als Beauftragter der Bürgerschaft kann er diese Rolle gut wahrnehmen.
Wichtig ist auch, dass der Behindertenbeauftragte über einen Erfahrungsschatz verfügt, den nur eine behinderte Person erworben hat. Daher muss es das Ziel sein, eine geeignete behinderte Person zu finden, die diese Funktion kompetent ausüben kann. Mit dem Änderungsantrag der Koalition, auf den ich gleich eingehen will, um dessen Zustimmung ich Sie auch bitte, soll sichergestellt werden, dass der Vorschlag des Präsidenten der Bremischen Bürgerschaft, bevor er dann der Bürgerschaft unterbreitet wird, mit dem verbandsklageberechtigten Verbänden zur Stellungnahme besprochen und vorgelegt wird. Der Landesbehindertenbeauftragte ist darauf angewiesen, dass er in seiner Funktion vertrauensvoll mit diesen Verbänden zusammenarbeiten kann. Deswegen ist eine Kooperation mit den Verbänden sehr wünschenswert.
Dass der Behindertenbeauftragte ein Akteneinsichtsrecht besitzt, musste nicht extra in dem Gesetz verankert werden, hier ist das Informationsfreiheitsgesetz einschlägig. Besonders wichtig an dem Gesetzentwurf ist es, dass er auch an allen Vorhaben des Senats beteiligt wird. Dies muss noch etwas in das Bewusstsein des Senats dringen. Das ist einfach eine neue Funktion. Es wird schon einmal auch vom Wirtschaftssenator vergessen, wenn er zum Beispiel über das Vergabegesetz beraten lässt. Auch dort gehen europäische Verordnungen vor, dass die Barrierefreiheit dort zu berücksichtigen ist, und auch da ist er zu beteiligen. Die Beteiligung vermeidet, wenn sie rechtzeitig erfolgt, später viel Ärger und Kosten, weil die Berücksichtigung der Interessen behinderter Menschen in der Regel kaum etwas kostet, aber einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag zum Zusammenleben darstellt.
Gut ist auch, dass sich der Landesbehindertenbeauftragte bei Verstößen gegen das Bremische Behindertengleichstellungsgesetz sowohl an das zustän
dige Mitglied des Senats als auch an den Präsidenten der Bürgerschaft wenden kann. Er kann sich also sowohl an die Exekutive als auch an die Legislative wenden. Das ist eine Besonderheit des bremischen Landesbehindertenbeauftragten. Das ist ein wesentlich weitergehendes Recht, als wir es bei anderen Behindertenbeauftragten kennen.
Wir haben nach der ersten Lesung die Möglichkeit, die einzelnen Bestimmungen im Rechtsausschuss noch einmal anzusehen, zum Beispiel die Frage, ob die Tatsache, dass er für sechs Jahre berufen wird, ausreicht oder ob man auch bei der Wahl eine sechsjährige Dauer schon in das Gesetz hineinschreiben soll. Das können wir dann noch einmal prüfen. Deswegen wollen wir, dass dieser Antrag auch an den Rechtsausschuss überwiesen wird. Der Gesetzentwurf des Senats ist eine gute oder, man kann auch sagen, eine sehr gute Rechtsgrundlage für seine wichtige Arbeit. Ich bitte daher um die Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf! – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mit der Novellierung des Bremischen Behindertengleichstellungsgesetzes wollen wir die Position des Landesbehindertenbeauftragten stärken. Der Bundestag hat bereits mit einstimmiger Zustimmung des Bundesrates das Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen im Februar 2002 beschlossen. Dem folgten fast alle Länder, auch Bremen, im Jahr 2003. Hier im Haus wurde am 9. Dezember 2003 das Gesetz in erster und zweiter Lesung verabschiedet. Die Debatte war – wie man dem Protokoll entnehmen konnte – insbesondere dadurch gekennzeichnet, die Bedeutung dieses Gesetzes im Hinblick auf die Ermöglichung von mehr Teilhabe von behinderten Menschen und die Verhinderung von Benachteiligung hervorzuheben.
Es wurde von unserem damaligen sozialpolitischen Sprecher, Herrn Pietrzok, deutlich gemacht, dass Bremen viel erreicht und nicht bei Null begonnen hat, zum Beispiel, was die Behindertengerechtigkeit angeht. Im öffentlichen Nahverkehr befinden wir uns im Städtevergleich hier auf einem sehr hohen Niveau. Nach meiner Einschätzung wurde auch deutlich, dass in der Diskussion zum Gesetzentwurf Kompromisse eingegangen werden mussten. Scharfe Kritik kam von der Opposition. Sie wollte, dass dieses Gesetz ohne Haushaltsvorbehalt geltend gemacht wird, und wichtig war ihr auch die Frage, inwieweit die Gesellschaften von diesem Gesetz betroffen sind. ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
Die aktuelle Mitteilung des Senats vom April 2007 beinhaltet die Berichterstattung. Sie zeigte auf, dass, abweichend vom Behindertengleichstellungsgesetz des Bundes und auch im Vergleich zu anderen Ländergesetzen, wir hier in Bremen ein Beispiel für weiterreichende Regelungen haben. So ist bei der Umsetzung des Bremischen Behindertengleichstellungsgesetzes vorgesehen, dass die als verbandsklagefähig anerkannten Verbände behinderter Menschen bei der Vorbereitung der Rechtsverordnung zu beteiligen sind. Dies hat auch gerade schon mein Kollege Herr Frehe ausgeführt. Des Weiteren zeigt der Bericht systematisch auf, in welchen Regelungen wir im Behindertengleichstellungsgesetz des Bundes und der Länder abweichen. Heute geht es darum, die Novellierung des Bremischen Behindertengleichstellungsgesetzes in erster Lesung zu verabschieden, unter Einbeziehung des Ihnen vorliegenden Änderungsantrages. Mit dem Gesetz soll die Position und die Funktion des Landesbehindertenbeauftragten im Bremischen Behindertengleichstellungsgesetz ausgewiesen werden. Dies ist ein großer Erfolg für alle Menschen mit Handicaps und anderen Beeinträchtigungen, die ihr Leben in unserem Land organisieren, aber auch für deren Angehörige ist es wichtig, eine verlässliche Person in der Funktion des Landesbehindertenbeauftragten zu finden.
Das Amt des Landesbehindertenbeauftragten soll hier, wie das Verfahren festlegt, mit dem die beauftragte Person gewählt, vorgeschlagen und ernannt wird – –. Für die Aufgaben, die dieses Amt erfordert, ist es sicherlich von Vorteil, wenn die beauftragte Person möglichst ein Mensch mit Behinderung ist. Wichtig ist, dass sie in der Wahrnehmung des Amtes unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen ist. Neu hinzu kommen die Aufgaben und Befugnisse. Hierbei geht es darum, für gleichwertige Lebensbedingungen für Menschen mit und ohne Behinderung in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens zu wirken. Die bisher getroffenen Regelungen im Einsetzungsbeschluss haben sich bewährt und werden hier übernommen. Der Landesbehindertenbeauftragte hat sich bisher in hervorragender Weise mit verschiedenen Stellungnahmen für die Belange der Behinderten eingebracht, so zu geplanten Verkehrsmaßnahmen, zu Gesetzentwürfen und zu den Rechtsgrundlagen des persönlichen Budgets. Wir als SPD begrüßen deshalb ganz besonders die Novellierung des Gesetzes, weil es die beauftragte Person stärkt, die personelle Ausstattung verbessert und eine finanzielle Ausstattung gewährleistet.
Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit, die Sie diesem wichtigen Thema gewidmet haben, und gehe von der Zustimmung Ihrerseits aus.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch die CDU-Fraktion wird diesem Antrag der Gesetzesnovellierung und dem Änderungsantrag zustimmen. Es ist ja über die Fraktionen schon ein langes Thema. Ich erinnere an die damalige Zeit, als wir uns mit Beschlüssen geholfen haben, hier im Hause den Landesbehindertenbeauftragten einzusetzen. Damals gab es hier einen großen Konsens im Haus, aber dennoch hat es lange gedauert. Ich freue mich, dass wir heute diese Novellierung in erster Lesung haben, denn – man muss es einfach sagen – diese Position des Landesbehindertenbeauftragten hat sich tatsächlich bewährt.
Die Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen in der Barrierefreiheit, aber auch Diskriminierungen, sind ein Thema, mit dem wir uns kontinuierlich in einem Prozess beschäftigen müssen. Das ist nicht irgendwann beendet. Sicherlich sind wir, was die baulichen Gegebenheiten in Bremen, aber auch in Bremerhaven anbelangt, schon ganz gut aufgestellt, aber wir können nicht dahinter zurückstehen. Ich muss sagen, der bisherige Landesbehindertenbeauftragte war für unsere Fraktion immer ein guter Ratgeber und ein guter Gesprächspartner. Ich möchte mich an dieser Stelle sehr herzlich bei Herrn Dr. Steinbrück bedanken!
Das liegt wahrscheinlich auch an seiner Person, aber, wissen Sie, wir sind alle keine Fachleute, was das Thema anbelangt, in den seltensten Fällen. Wir sind Fachpolitiker, und oft erschließt es sich uns nicht auf den ersten Blick, wo Barrieren für Menschen mit Behinderungen sind. Es ist gut, dass wir dort einen Botschafter, einen Anwalt für die Belange von Menschen mit Behinderung installierten haben.
(Beifall bei der CDU, bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der Linken und bei der FDP) ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Meine Damen und Herren, es ist auch gut, dass wir die Neutralität dieser Person auch in diesem Maße im Gesetz verankert haben. Hier in der Bremischen Bürgerschaft angesiedelt macht das Sinn, auch, dass wir den Behindertenbeauftragten über eine längere Zeit installieren und er nicht abhängig ist von wechselnden Mehrheiten hier im Haus. Von daher ist es gut, dass wir heute diese Beratung haben. Ich hoffe, dass wir dann auch schnellstmöglich in die zweite Lesung kommen.
Ich will aber doch etwas Wasser in den Wein gießen! Es ist gut, dass wir den Landesbehindertenbeauftragten auf der einen Seite haben, aber es gibt natürlich auch die Menschen selbst, die eine Behinderung haben, die sich für ihre Interessen einsetzen. Da nenne ich die „Landesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe“, die in den letzten Jahren sehr gute Beiträge zum Thema Barrierefreiheit gemacht hat, die leider in den Haushaltsberatungen auch von Kürzungen betroffen war, die sich damit keinen hauptamtlichen Geschäftsführer mehr leisten kann. Ich finde, dass es nicht in Ordnung ist, dass man das ehrenamtliche Engagement an dieser Stelle, an der es auch ein kleiner Betrag ist, nicht fördert. Ich finde, dass sich die Menschen mit Behinderungen auch in einer solchen Landesarbeitsgemeinschaft organisieren können müssen und dann auch fachkundige Beiträge geben können.
Das kann nicht alles der Landesbehindertenbeauftragte leisten. Wer weiß, wie voll der Terminkalender von Herrn Dr. Steinbrück ist, wenn man einen Termin haben will, dann liegt das nicht daran, dass er nur Akten wälzt, sondern dass er sich in der Stadt herumtreibt, dass er sich um die einzelnen Themen kümmert.
Unsere Position ist, dass auch die „Landesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe“ hier in ihrer Arbeit unterstützt werden muss.
Meine Damen und Herren, da die Redezeit nur begrenzt ist, möchte ich mich für die Aufmerksamkeit bedanken und sagen: Wir werden der Novelle zustimmen, aber eben auch dem Änderungsantrag. – Vielen Dank!