Bevor Sie uns jetzt wieder mit Vorwürfen einer reaktionären Politik kommen, ich bin mir sicher, dass wir in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren eine gesellschaftliche Entwicklung haben werden, bei der auch diese Ziffernnoten sicherlich irgendwann der Vergangenheit angehören. Aber zurzeit haben wir eine Situation, wir haben Eltern, die mit diesen Ziffernnoten aufgewachsen sind, und Sie können nicht einfach von oben herab, nur weil Ihnen persönlich etwas besser gefällt, hier auf diese Noten verzichten. Nicht die organisierte Elternschaft, sondern die große Mehrheit der Eltern möchte Noten haben, meine Damen und Herren! Diesem Gedanken tragen wir als CDU Rechnung.
(Beifall bei der CDU – Abg. Frau S t a h - m a n n [Bündnis 90/Die Grünen]: Gerücht, Herr Rohmeyer!)
Darüber hinaus ist es notwendig, dass wir in diesem Antrag auch noch einmal darauf eingehen, dass es neben den Lern- und Leistungsnoten auch das, was wir in der Großen Koalition in Bremen wieder eingeführt haben, nämlich die Kopfnoten gibt. Es geht auch darum, dass in der Schule eine Rückmeldung darüber gegeben wird, wie eine Schülerin oder ein Schüler mitarbeitet, wie das Lernverhalten und das Sozialverhalten sind. Ich glaube, dass es richtig ist, dass wir ein gutes kombiniertes Zeugnis haben.
Sie haben mit Ihrer Mehrheit bisher einen, wie wir finden, falschen Weg beschritten. Wir fordern Sie in unserem Antrag auf, zum Leistungsgedanken im Bremer Schulsystem zurückzukehren! Geben Sie den Eltern und den Schülern eine Rückmeldung über die Leistung! Ich bin für jede Weiterentwicklung, für jedes zusätzliche beratende Elterngespräch, für jede zusätzliche Beratung, aber das, was am Ende eines Halbjahres bei den Schülern und Eltern zu Hause ankommt, muss verständlich sein! Dafür brauchen wir knappe, präzise Lernentwicklungen und einen gut dargestellten Leistungsstand. Stimmen Sie unserem Antrag zu! – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Es ist doch schon einmal ein Fortschritt, man glaubt es nicht, dass der Kollege Rohmeyer nun auch für die Zukunft die abnehmende Tendenz der Bedeutung von Ziffernnoten konzediert.
Es muss doch gesagt werden, nachdem die CDU nun schon auch die Trennung ab Klasse 4 zwischendurch nicht mehr für zeitgemäß erklärt hat, wie von Herrn Rohmeyer im „Weser-Kurier“ zu lesen war, dass jetzt auch die Ziffernnoten als nicht der Fortschritt an sich dargestellt werden und man nur bedienen will, dass es zum Teil gewünscht wird. Es ist dann allerdings schockierend, wenn ich lese, dass ab Klasse 3 Ziffernnoten sein müssen und ohne Ausnahme verpflichtend sind. Hier wird also eine gewisse Rigidität nach rückwärts propagiert. Ich bewundere da Ihren Spagat an der Stelle, dass man hier also rigide rückwärtsgewandte Lösungen vorschlägt und gleichzeitig zugibt, eigentlich gehen der Weg, der Fortschritt in die andere Richtung. Das ist doch interessant zu beobachten. Ich glaube, damit kommen wir auch der Sache so weit näher, dass es diese Probleme, diese unterschiedlichen Sichtweisen auch innerhalb der Elternschaft gibt. Ich sage einmal ganz allgemein, der Druck nimmt zu, nicht nur auf diejenigen, die an den Rand gedrängt sind, sondern der Druck nimmt auch auf den Mittelstand zu, das ist bekannt. Dieser zunehmende Druck ergibt natürlich auch Tendenzen, die rückwärts gewandt sind: Lasst es uns wie früher machen, einer soll das Sagen haben,
Schluss mit diesem ganzen Debattieren und klare Zensuren, klare Ansagen und so weiter! Das ist eine rechte Variante. Wir stehen überall für Demokratie und für das Aufnehmen des Fortschritts.
(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Das wäre ja wie bei Ihnen! Das wäre ja furchtbar!)
Lieber Herr Kollege Dr. Güldner, ich weiß wirklich nicht, was Sie jetzt daraus machen. Ich erkläre Ihnen gerade, die rückwärtsgewandte Variante ist die eine,
Damit gehe ich im Thema weiter, denn natürlich, Entwicklungsberichte sind konzediert vorwärtsgewandt, und dazu gehört Reformpädagogik, dazu gehören aber auch Elemente wie selbstorganisiertes Lernen, die auch im betriebswirtschaftlichen Bereich schon lange angewendet werden, die dort dann vielleicht auch von der Reformpädagogik gelernt worden sind. Dort gibt es also moderne Entwicklungen, bei denen wir vorn liegen, und da sind wir dann gleichzeitig bei der Chancengleichheit, die dadurch erhöht werden kann, dass Kinder nicht abgestempelt werden, wie auch von der Kienbaum-Studie gefordert.
Ich habe schon einmal gesagt, spätestens wenn die Unternehmerverbände in diese Richtung Druck machen, wird auch die CDU dort nicht mehr die Rückwärtsgewandte spielen. Deswegen, denke ich, werden wir gemeinsam diesen Antrag ablehnen, um dieses Spiel nicht mitzumachen. – Danke!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! „Notengebung an den Schulen im Lande Bremen“ ist das Thema, das die CDU hier eingereicht hat, über das wir jetzt reden wollen. Die CDU-Fraktion bezieht sich bei ihrer Argumentation auf die Grundschulen. Das ist nachvollziehbar, weil die weiterführenden Schulen Notenzeugnisse erteilen, hin und wieder mit ergänzenden Bemerkungen. Auch ich will mich – der CDU folgend – auf die Grundschulen begrenzen!
Zeugnisse dienen den Erziehungsberechtigten und Verwandten, vor allem aber den Kindern selbst als Hinweis auf ihre erreichten Lernziele und ihren Leistungsstand nach dem Halbjahr beziehungsweise Schuljahr. Zeugnisse, so sagt die CDU, sollen der Leistungssteigerung, der Transparenz und der Rückmeldung an Eltern und Schüler dienen. Die CDU fordert, dass Zeugnisse die Schülerinnen und Schüler motivieren sollen. Die SPD sagt Ja zu diesen Forderungen, ein uneingeschränktes Ja!
Dieser Weg ist sogar falsch, und das möchte ich an einem realen Beispiel deutlich machen! In diesem Beispiel geht es um eine Schülerin einer Grundschule, die einen Lernentwicklungsbericht erhalten hat. Gestatten Sie, dass ich ihn original vortrage!
lern. Du hast immer Spaß daran, Aufgaben in der Klasse zu übernehmen und kannst sie dann auch sorgsam erledigen. Mit unseren gemeinsamen Absprachen und Regeln kommst du gut zurecht und bist immer bereit, anderen zu helfen und ihnen zur Seite zu stehen. Am Unterrichtsgeschehen bist du zumeist interessiert und kannst häufig auch deine eigenen Ideen und Sachen dazu beitragen. Du arbeitest gern mit anderen zusammen und kannst Arbeitsanweisungen und -aufträge verstehen und auch umsetzen.“
„Deine Arbeiten kannst du zumeist selbstständig erledigen und brauchst auch nur noch selten Hilfe. In der letzten Zeit hast du es ganz toll geschafft, auch in der entsprechenden Zeit deine Arbeiten zu erledigen, zum Teil sogar noch vor der Zeit. Das ist ein ganz großer Erfolg für dich! Es gibt aber auch Tage, an denen bist du mit dir selbst so beschäftigt, dass du es nur mit ganz viel Hilfe und Mühe schaffst, an deine Arbeit zu gehen und auch davon etwas zu erledigen. Diese Zeit fehlt dir dann hinterher, und du hast immer große Mühe, dann alles rechtzeitig fertig zu haben. Beim Schreiben von geübten Wörtern, Sätzen und kleinen Texten machst du nur noch selten Fehler, auch bei ungeübten Wörtern und Sätzen wirst du immer sicherer. Du kannst schöne kleine Geschichten zu Bildern und auch selbst ausgedachte Geschichten schreiben. Deine Schrift ist sauber und gut lesbar. Das Lesen von fremden Texten und Geschichten bereitet dir keine Schwierigkeiten. Du kannst den Inhalt verstehen und auch wiedergeben. Das Vorlesen von Texten bereitet dir keine Mühe, und du kannst sie mit Ausdruck und Betonung vorlesen.
„In Mathematik“, Herr Rohmeyer, „kannst du selbstständig im Zahlenraum bis 100 und auch schon darüber hinaus rechnen. Du kannst auch schwierige Plus- und Minusaufgaben bearbeiten und lösen. Ganz toll hast du das kleine Einmaleins gelernt. Da konntest du schon ganz schnell und sicher alle Aufgaben im Kopf rechnen.“
„Auch die Geteiltaufgaben, die dazugehören, kannst du schon ganz sicher lösen. Sachaufgaben kannst du verstehen, bearbeiten und lösen. Du kannst mit dem Lineal umgehen, kennst Maße, Längen, kannst mit Geld rechnen und kannst die Uhrzeiten einteilen und zuordnen. Versuche aber auch in Mathematik, dich mehr auf deine Aufgaben zu konzentrieren, dann kannst du sie schneller erledigen. Setze dir eine Zeit,
wie lange du für die ausgewählten Aufgaben brauchen willst.“ Ich höre auf, weil die Konzentration des Plenums ein Stückchen am Ende ist.
Dieses Zeugnis gab hilfreiche Hinweise auf die Störungsquellen, aber auch auf die Stärken, und zwar ohne den tatsächlichen Leistungsstand zu beschönigen. Es zeigt die Wertschätzung der Schülerin, ihre Anstrengungen und individuellen Lernfortschritte. Hier wird das Kind motiviert, an seinen Schwächen zu arbeiten, ohne ihm das Gefühl des Versagens zu geben.
Dieses Zeugnis, mit den Eltern auf dem Zeugniselternsprechtag besprochen, teilt nicht ein in Könner und Nichtkönner in Form von Zeugnisnoten 1 bis 6, sondern erfasst das Kind in seiner ganzen Persönlichkeit. Selbst die von der CDU immer wieder angesprochenen Kopfnoten finden ihren Platz. Diese Zeugnisform des Lernentwicklungsberichtes, an der gern noch gefeilt werden darf, führte nicht zu den fruchtlosen und häufig verletzenden Dialogen zwischen Erwachsenen und Kind: Du musst mehr üben, du musst besser schreiben, du musst deine Hausaufgaben regelmäßiger machen. Das kennen wir alles.
Quintessenz: Notenzeugnisse sagen bei Weitem nicht das aus, was Lernentwicklungsberichte aussagen unter Berücksichtigung der Leistungsbeschreibung. Deswegen lehnen wir als SPD diese Form der Notengebung ab und plädieren für die pädagogisch sinnvolle, hilfreiche und deutlich wertvollere Bewertung unserer Kinder. – Danke!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Kommen wir zur Debatte zurück! Kinder sind strebsam, wollen leisten, und sie wollen wissen, wie gut sie sind. Kinder und Jugendliche sind im Grunde ehrgeizig. Jedes Kind,
jeder Jugendliche will am besten sein, gleichzeitig erleben sie Misserfolge. Naturgemäß können nicht alle gleich gut sein, entsprechend ist es eine Aufgabe von Schule, Leistung zu fördern und den Leistungswillen von Kindern immer wieder anzuspornen, und das gelingt am besten durch Erfolge. Diese gilt es zu vermitteln und dem Kind und den Eltern gegenüber darzustellen, und zwar immer wieder, und es gilt, dabei konsequent auf Leistung zu achten.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, die FDP ist für autonome, eigenständige Schulen, dafür setzen wir uns ein.