Es gibt schließlich viele Gründe, die Verbraucherinnen und Verbraucher veranlassen können, auf eine eigene Kontoverbindung zu verzichten.
Hierzu zählt etwa die Vermeidung beziehungsweise die Erschwerung des Zugriffs von Gläubigern auf Vermögenswerte. Zur Ermittlung der Anzahl kontoloser Personen gibt es eigentlich kaum valide Verfahren. Es kann eigentlich nur auf die Anzahl der sogenannten kostenfreien Zahlungsanweisungen zur Verrechung an die Leistungsbezieher zurückgegriffen werden. Diese kostenfreien Zahlungen erfolgen überwiegend durch die Bundesagentur für Arbeit und werden richtigerweise nur dann gewährt, wenn der Empfänger unverschuldet über keine Kontoverbindung verfügt.
Im Januar 2006 wurden nur 9079 der gut 16 Millionen Lohnersatz- und Kindergeldzahlungen als kostenfreie Zahlungsanweisungen abgewickelt. Das entspricht gerade einmal einem Anteil von lediglich 0,06 Prozent. Im Übrigen ist es selbstverständlich, dass diese über 9000 Fälle nicht mit 9000 Personen gleichzusetzen sind.
konto verfügen, liefert auch die Stellungnahme der Bundesvereinigungen der kommunalen Spitzenverbände in der Anhörung des Bundestagsfinanzausschusses am 29. November 2006. Da heißt es: „So ist nach unseren Recherchen auch in Großstädten mit mehr als 5000 Einwohnern die Zahl der Barauszahlungen aufgrund des Nichtvorhandenseins von Girokonten auf circa 100 Fälle begrenzt.“ Meine Damen und Herren, diese Zahlen relativieren die Bedeutung des Themas nach unserer Auffassung ganz erheblich!
Es ist mehrfach angesprochen worden: Bereits 1995 haben sich die Spitzenverbände der Kreditwirtschaft im Zentralen Kreditausschuss für eine Empfehlung ausgesprochen. Diese Selbstverpflichtung durch die Kreditinstitute zeigt inzwischen sehr positive Ergebnisse. Die Anzahl der auf dieser Basis neu eingerichteten Girokonten ist inzwischen auf etwa 2 Millionen Konten angestiegen. Dass es mitunter zu Unstimmigkeiten bei der Entscheidung eines Kreditinstituts gegen die Führung eines Girokontos kommt, will ich gar nicht bestreiten. Es gibt eine Reihe von unseres Erachtens durchaus nachvollziehbaren Gründen, die es aus Sicht der Kreditinstitute unzumutbar machen, ein Girokonto anzubieten, so etwa, wenn ein Kunde Leistungen des Kreditinstituts missbraucht, Falschangaben macht oder Mitarbeiter des Instituts grob belästigt oder gefährdet.
Das von den Bankenverbänden angebotene Streitschlichtungsverfahren, das hier in der Debatte schon angesprochen worden ist, halten wir gegenüber einer bundesgesetzlichen Regelung für den sachgerechteren Weg. Die Zahl derer, die diese Möglichkeit zur Streitschlichtung annehmen, ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Dies erklärt sich zum einen vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Lage und der Entwicklung am Arbeitsmarkt und ist zugleich aber auch ein deutlicher Hinweis auf die wachsende Bekanntheit dieses Angebots. Daher hat auch die rot-grüne Bundesregierung in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion vom 30. Mai 2005 hervorgehoben, dass die Verbraucher über die Funktionsweise des Schlichtungssystems und dessen Vorteilhaftigkeit sehr gut informiert seien.
Die Möglichkeiten zur Streitschlichtung bieten den Vorteil, dass die Betroffenen dies kostenlos in Anspruch nehmen können. Die von SPD und Grünen geforderte bundesgesetzliche Regelung würde aus unserer Sicht dazu führen, dass künftig die Entscheidungen von Streitfällen an die Gerichte verlagert würden. Dies kann nicht im Interesse der Betroffenen sein, da sie die Kosten hierfür zu tragen hätten und mitunter lange Verfahrensdauern in Kauf nehmen müssten.
Weiterhin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, ist eine solche Regelung mit einer zusätzlichen Belastung der Gerichte verbunden, die den Zielen der Deregulierung und des Bürokratieabbaus zuwiderlaufen würde.
Der hier vorgeschlagene Kontrahierungszwang, der Kreditinstitute zwingen soll, Girokonten anzubieten, selbst wenn das unzumutbar ist, stellt einen weitgehenden Eingriff in die Privatautonomie dar. Die FDP hält daher eine gesetzliche Verpflichtung der Kreditwirtschaft zur Einrichtung von Girokonten für schlicht nicht erforderlich, für unverhältnismäßig. Das, was Sie vorschlagen, hilft den Menschen, denen Sie eigentlich helfen wollen, überhaupt nicht, weil es sie mit Kosten und mit bürokratischen Schwierigkeiten mehr belastet, als dass es ein Problem löst.
Im Übrigen ist überhaupt nicht klar, wer tatsächlich dann am Ende die Kosten für diese neu einzurichtenden Girokonten tragen soll. Wenn der Bundesgesetzgeber diese tragen müsste, was ich logisch fände, und man Kreditinstitute damit beauftragte, wäre es ja geradezu ein Kinderspiel für die Banken, Menschen ein Konto zu verweigern, um ihre Einnahmen hieraus zu steigern. Das kann nicht Ziel einer solchen Gesetzgebung sein.
Ich möchte Ihnen hier für meine Fraktion sagen: Hängen Sie sich hier nicht ein mildtätiges Mäntelchen um, sondern arbeiten Sie gemeinsam mit der Bankwirtschaft daran, dass noch mehr Menschen wissen, wie dieses Schlichtungsverfahren funktioniert! Ich bin auch persönlich der Überzeugung, dass dem in den meisten Fällen auch wirklich ohne Probleme abgeholfen werden kann.
Im Übrigen sind sehr große Anstrengungen unternommen worden, und alle größeren Banken sind auch Mitglieder der Bankenverbände, die sich hier verpflichtet haben, und diese Selbstverpflichtung wird auch von allen großen Banken, die hier in Bremen vertreten sind, so anerkannt, das kann man auch noch einmal deutlich sagen. Es ist mitnichten so, dass die Banken und Sparkassen sich regelmäßig daran nicht gebunden fühlen. Sprechen Sie einmal mit denjenigen, die diese Schlichtungsverfahren durchführen! Sie werden feststellen: Nur ein ganz geringer Teil kann am Ende nicht einvernehmlich entschieden werden. – Herzlichen Dank!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Dr. Möllenstädt, wir haben uns bei denjenigen informiert, die Menschen vertreten und ihnen helfen, ihre
Schulden zu regulieren. Wir haben also mit Schuldnerberatungsstellen gesprochen. Es ist in der Tat nicht so in Bremen, dass sich die meisten Banken an diese Selbstverpflichtung gebunden fühlen.
Ich muss akzeptieren, dass Sie sagen: Es gibt keine validen Zahlen darüber. Die Zahlen, die wir haben, mögen vielleicht überhöht sein, aber es ist ein nennenswerter Prozentsatz von Menschen, die zum Beispiel Pfändungen laufen haben und dann ständig von Bank zu Bank laufen müssen, um eine Bank zu finden, die ihnen vielleicht ein Konto einrichtet und die dann häufig kein Konto gewährt bekommen.
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts hätte es nicht gegeben, wenn diese Streitschlichtung so effektiv gewesen wäre. Ein solches Streitschlichtungsverfahren, das in der Tat existiert, kann kein Ersatz für eine gesetzliche Verpflichtung sein. Die Banken hatten Zeit genug, das zu regeln und als Selbstverpflichtung freiwillig zu regeln. Jetzt, denke ich, muss der Gesetzgeber sprechen.
Sie sagen, ja, wenn sie den Rechtsweg beschreiten müssen, dann gehen sie ein großes wirtschaftliches Risiko ein. Wenn sie gewinnen, muss es der Unterlegene bezahlen.
Richtig, das ist ein Risiko, das sie eingehen müssten! Aber ich gehe davon aus, wenn eine gesetzliche Verpflichtung existieren würde, würden die Banken sich auch eher daran halten und einen solchen Prozess nicht riskieren.
Noch zu dem, was Herr Bartels gesagt hat, zu dem Sonderopfer! Da kommen mir die Tränen! Wir haben jetzt in den letzten Tagen lesen können, dass es doch erhebliche Beratungsbereitschaft von deutschen Banken gab, jemanden über Liechtensteiner Stiftungen und die Art und Weise, dort Steuern finanzieren zu können, zu beraten. Die aufwendigen Beratungen dort waren keineswegs eine zu große Belastung der Banken. Hier standen natürlich möglicherweise entsprechende Gewinne gegenüber, die ihnen aufgrund der gesetzeswidrigen Lage eigentlich nicht zugestanden hätten, aber ich finde, es ist auf keinen Fall ein Sonderopfer, wenn man den Banken abverlangt, ein solches Konto zu führen.
Nun zu dem Zwang, einen Vertrag abzuschließen, juristisch Kontrahierungszwang! In vielen Bereichen haben wir Kontrahierungszwänge, zum Beispiel bei
der Gas-, bei der Wasser- und bei der Stromversorgung. Überall dort, wo etwas der Grundversorgung dient, ist ein solcher Kontrahierungszwang vorgesehen. Ich denke, ein Girokonto gehört heute bei dem bargeldlosen Zahlungsverkehr ebenso zur Grundversorgung wie die Versorgung mit Gas und Wasser.
Es hat sich gezeigt, dass freiwillige Lösungen nicht funktionieren. Deswegen bitte ich Sie dennoch, es sich vielleicht anders zu überlegen und hier dem Antrag der Regierungsfraktionen zuzustimmen! – Danke schön!
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Was ist wohl das politische Interesse, Herr Dr. Möllenstädt, das Problem so herunterzuspielen, die Zahlenbasis anzugreifen? Ich glaube, es gibt dafür eine ganz einfache Erklärung. Diese Art von Marktversagen, die einer nicht kleinen Gruppe in Deutschland das Leben gewaltig und unnötig schwer macht, passt einfach nicht in Ihr Weltbild, und deshalb wird es hier kleingeredet!
Ich kann Ihnen nur sagen, auch aus meiner Zeit als sozialpolitische Sprecherin der grünen Bürgerschaftsfraktion, es ist ein sozialpolitischer Dauerbrenner. Wenn Sie in die Beratungsstellen für Menschen, die arbeitslos sind oder von Sozialhilfe leben, gehen, ist da ein ganz großer Prozentsatz von Menschen, die sehr große Schwierigkeiten haben und nur unter größten Anstrengungen und Kosten ihren Alltag bewältigen können, weil sie es nicht schaffen, sich ein Girokonto auf Guthabenbasis einzurichten. Das will ich noch einmal sagen! Es kann nicht sein, dass mit solchen Konten die Banken geschädigt werden, dass sie es nicht schaffen, ein solches Konto auf Guthabenbasis einzurichten. Ich finde, es ist allerhöchste Zeit, das zu ändern.
Es handelt sich, wie Herr Frehe gesagt hat, um etwas, das man in dieser modernen Gesellschaft als Grundlage braucht: ein solches Konto. Der Senat ist froh über den Auftrag der Bremischen Bürgerschaft, im Bundesrat tätig zu werden. Wir hoffen, dass es jetzt vielleicht im Moment eine gute Zeit ist, um diesem sozialpolitischen Dauerbrenner, den viele Leute über
Die Benachteiligung der Menschen, weil sie „von Pontius zu Pilatus“ laufen beziehungsweise große Kosten und Mühen auf sich nehmen müssen, um ihren Zahlungsverkehr zu regeln, hat auch Nachteile für die Kommunen. In Bremen werden ungefähr 8000 Euro, das haben wir herausbekommen, dafür aufgewandt, dass eben eine nicht ganz kleine Anzahl von Personen mit Verrechnungsschecks und Barzahlungen versehen werden muss. Die Zahlen kennen wir. Es sind 4000 Menschen, die in Bremen Leistungen nach SGB II und SGB XII erhalten, die Verrechnungsschecks und Barzahlungen bekommen. Das werden Leute sein, die kein Konto haben, denn warum sollte man sonst diesen umständlichen Zahlungsverkehr nutzen? Insofern ist die Zahlenbasis nicht so schlecht, wie Sie hier gesagt haben.
Die freiwillige Empfehlung ist vor Jahren als der endgültige Durchbruch verkauft worden. Jetzt stellen wir fest, nach 13 Jahren und auch nach den ganz eindeutigen Berichten der Bundesregierung – die Bundesregierung aus Schwarz und Rot, die es selbst sagt –, dass es große Mängel gibt und nach wie vor einer großen Anzahl von Menschen ein Girokonto auf Guthabenbasis verweigert wird und dass auch das vorgesehene Mediationsverfahren nicht funktioniert, weil die Leute das entweder gar nicht wissen oder nicht darauf hingewiesen werden. Auch das funktioniert nicht! Dieses Verfahren hat sich – nachdem man es 13 Jahre lang mit dem, was Sie von der FDP gern haben, versucht hat, nämlich möglichst keine gesetzlichen Zwänge, sondern alles auf freiwilliger Basis – als unzureichend erwiesen. Jetzt muss man als Gesetzgeber tätig werden und kann nicht immer nur weiter darauf vertrauen, dass sich das irgendwie schon regeln wird, zumal es eben eine Bevölkerungsgruppe trifft, die sich nur sehr schwer wehren kann.
Es gibt zwei verschiedene Möglichkeiten, wie man das regeln kann, und ich würde Sie auch bitten zu akzeptieren, dass der Senat sich nicht festlegt, auf welchem der beiden Wege wir versuchen wollen, die Rechtsgrundlage zu verbessern.
Die eine Möglichkeit ist, dass man einen gesetzlichen Anspruch im Bürgerlichen Gesetzbuch fasst, der dann einen Kontrahierungszwang für die Kreditwirtschaft nach sich zieht. Das hat Vorteile und Nachteile. Auf jeden Fall muss es so sein, dass dann auch Ausnahmeregelungen, die dann auch gerichtsfest sein müssen beziehungsweise beklagt werden können, vorgesehen werden. Da könnte möglicherweise – das wird jedenfalls als Kritik vorgetragen – das eintreten, was von der FDP befürchtet wird, nämlich eine neue Klagewelle vor Gericht. Ich glaube es nicht, aber das ist jedenfalls die BGB-Lösung.
Die andere Möglichkeit wäre, dass man im Kreditwirtschaftsgesetz einen Passus vorsieht, der dann letztendlich, wenn es Schwierigkeiten für die Kreditinstitute gibt – zwingend nach dem belgischen Vorbild, das ist auch eine gute Idee, es hat in Belgien nach Einführung die Anzahl der Menschen ohne Konto innerhalb von zwei Jahren drastisch reduziert –, dort ein Mediationsverfahren mit einer festen Stelle einrichtet, die dann in aller Regel zu einer Lösung führt.
Wir werden das Agieren Bremens im Bundesrat so halten, dass wir uns nicht auf eine dieser beiden Lösungen festlegen, sondern versuchen, flexibel zu bleiben, um auch in alle Richtungen hin zu sehen: Was kann uns am meisten helfen? Ich bin ganz optimistisch, dass wir das schaffen, dass der Bewusstseinsstand zumindest steigt. Ob wir eine Mehrheit dafür zusammen bekommen, wollen wir einmal sehen, aber es ist jedenfalls eine gute Initiative, die auch zu Bremen passt, weil wir an diesem Punkt schauen können, dass sich das für den Staat und für die Gesellschaft nicht nur finanziell, sondern auch kulturell auszahlt.
Einen Satz noch zu Herrn Dr. Möllenstädt! Niemand hat davon gesprochen, dass der Staat die Kontoführungsgebühren bezahlen muss. Selbstverständlich müssen auch Menschen, die ein Girokonto auf Guthabenbasis haben, Kontoführungsgebühren, natürlich im korrekten und vertretbaren Rahmen, bezahlen. Es handelt sich da nicht um eine neue verdeckte oder offene Sozialleistung, sondern um etwas, das zum modernen Leben dazugehört und eben auch von einer modernen Kreditwirtschaft bereitgestellt werden sollte.