Ich will, weil vieles von dem, was ich hier vortragen wollte, Kollege Liess im Prinzip vorgetragen und mir aus vollem Herzen gesprochen hat, Ihnen aber noch einmal einen Tipp und eine Empfehlung geben. Das Programm des Ersten Deutschen Fernsehens hat eine Sendung, die heißt „Plus-Minus“. „Plus-Minus“ hat am Dienstag, den 27. November, eine Sendung über Lärm und krank machenden Lärm gemacht. Es gibt die weltweit größte Lärmstudie rund um den Frankfurter Flughafen, etwa 800 000 Menschen sind befragt worden, und man hat in der Tat, finde ich, auch sehr erschreckende Ergebnisse erzielt.
Dass Lärm nicht gesund ist, ahnte man. Auch ich wusste, dass es bestimmt nicht witzig ist, an einer Hauptstraße zu wohnen. Aber wie krank Lärm tatsächlich macht und dass er mittlerweile eine der größten Umweltbelastungen in unserer Gesellschaft ist, können Sie in diesem Beitrag von „Plus-Minus“ sich noch einmal sehr gut erklären lassen. Deshalb glaube ich, dass wir den Flughafen in sehr enger, sensibler Abstimmung mit den Anwohnern sozusagen betreiben, diskutieren und bearbeiten müssen.
Wir haben im Wahlkampf, da waren Sie ja dabei, Frau Winther, vor Ort versucht, die Wogen ein wenig zu glätten. Es ist doch klar, dass Menschen, die in einer Flugschneise wohnen, kein Interesse daran haben, dass noch häufiger noch mehr Flugzeuge starten und landen. Das ist für mich jedenfalls unmittelbar nachvollziehbar.
Aus wirtschaftlichen Gründen kann ich sagen, der Flughafen ist immer noch nicht an der Lastgrenze angekommen. Wir haben immer noch Kapazitäten frei, ohne irgendwelche rechtlichen Rahmenbedingungen ändern zu müssen. In dem Rahmen soll der Flughafen zunächst aus meiner Sicht einmal weiterentwickelt werden. Da kann Ryanair noch einige andere Orte anfliegen, ohne dass wir da Probleme bekommen. Wo mit uns aber überhaupt keine Diskussion stattfinden kann, ist das Nachtflugverbot!
Da sage ich Ihnen hier ganz deutlich: Dass da die Flugzeiten des Nachts ausgewiesen werden sollen oder Ähnliches mehr, das ist mit uns mit Sicherheit
nicht zu machen! Ich glaube, dass Sie das auch nicht wünschen. Ich habe nicht den Eindruck gehabt, dass das Ihr Interesse ist, aber ich will es an dieser Stelle ganz deutlich sagen, dass wir aus Sorgfalt auch gerade den Anwohnern in diesen Stadtteilen gegenüber verpflichtet sind, das Nachtflugverbot einzuhalten, und ich bin auch hochgradig daran interessiert, dass Ausnahmeregelungen wirklich die Ausnahme bleiben und nicht die Ausnahmeregelung im Nachtflugverbot zur Normalität wird. Das wollen wir alles nicht.
Ich würde sagen, dass ich das insgesamt mit Herrn Liess in etwa vorgetragen habe, was die Koalition dazu denkt, und ich würde jetzt unheimlich gern den Senator extrem freudig am Pult hören. Deswegen beende ich an diesem Punkt erst einmal die Rede und freue mich auf einen freudvollen Senator. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD – Präsident W e b e r über- nimmt wieder den Vorsitz.)
Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Für uns als FDP steht außer Frage, dass die erfolgreiche Akquisition des LowCost-Carriers Ryanair positive Effekte für den Arbeitsmarkt in Bremen mit sich bringt, und insofern halte ich es auch für richtig, dass wir hier debattieren. Sie können das auch daran sehen, dass bei meiner Fraktion großes Interesse an dem Thema ist, offenbar größeres Interesse als bei der CDU-Fraktion, wo sich die Reihen zwischenzeitlich sehr gelichtet haben, obwohl sie diese Anfrage hier gestellt hat.
Es ist unbestreitbar ein Erfolg, den auch ich nicht kleinreden möchte, aber wie so oft gilt es auch bei diesem Thema etwas genauer hinzuschauen, und zwar kann man das, finde ich, auch tun, lieber Herr Möhle, ohne hier so eine Scheindebatte aufzumachen. So weit sind wir doch noch lange nicht, dass wir hier jetzt über massenhafte Neuansiedlungen von Billigfluglinien sprechen würden. Lassen Sie uns darüber diskutieren, wenn es so weit ist!
Die Ansiedlung von Ryanair am Flughafen Bremen dem Akquisitionsgeschick des bremischen Wirtschaftsressorts seinerzeit zuzuschreiben, wäre aus unserer Sicht bei aller Wertschätzung gegenüber dem Ressort eventuell doch ein wenig anmaßend. Schließ
lich haben Querelen um die Subventionen am Standort Lübeck sicherlich ihren Teil dazu beigetragen, dass Ryanair sich auch für den Standort Bremen als Standort für eine Basis entschieden hat.
In der Einleitung der dieser Debatte zugrunde liegenden Großen Anfrage konstatieren die Kollegen von der CDU-Fraktion eine deutliche und zugleich positive Trendwende am Bremer Flughafen. Das sollten wir lieber erst einmal abwarten, finde ich. Jahrelang hat die Flughafen Bremen GmbH Verluste ausgewiesen, im vergangenen Jahr noch etwas höher als im Vorjahr. Auch das Gesamtprojekt Airport City ist mit erheblichen Mängeln behaftet, und ich finde, das verdient, hier doch auch einmal gesagt zu werden.
Eine realistische Einschätzung der wirklichen Verhältnisse gewinnt man, wenn man einmal überlegt, in welcher Situation sich der Flughafen ohne die Ansiedlung von Ryanair befände. Vom Aufschwung der Luftverkehrsbranche hat der Flughafen Bremen bis zur Ansiedlung von Ryanair, lieber Herr Liess, leider fast gar nicht profitiert. Steigerungen der Fluggastzahlen waren kaum zu verzeichnen. Kaum als Erfolgsgeschichte lässt sich die Entwicklung des Gewerbegebiets Airport City direkt um den Flughafen herum verkaufen. Von 104 dort angesiedelten Unternehmen waren nach Auskunft des Senats auf eine Anfrage vom 30. Januar dieses Jahres lediglich zwölf wirkliche Neuansiedlungen oder Neugründungen. Mindestens die Hälfte der angesiedelten Unternehmen sind reine Umsiedlungen.
Bremen hat in den vergangenen Jahren immer wieder horrende Summen ausgegeben, um diesen Gewerbestandort zu sichern und zu erhalten, so sind Millionen Steuermittel für den Umzug von Teilen der Hochschule, den Umzug des Großmarktes und Millionen Subventionen durch Grundstücksgeschäfte mit Airbus vor dem Hintergrund des Autobahnbaus bewegt worden.
Meine Damen und Herren, erfreulich ist, dass es dort einige neue Arbeitsplätze gibt, das will ich auch ausdrücklich sagen. Das ist erfreulich, und das ist der eigentliche Erfolg für Bremen an dieser Geschichte.
Zum Tourismus kann ich Ihnen nur sagen, es ist aus unserer Sicht nun wirklich nicht Kernaufgabe des Wirtschaftssenators, Tourismusangebote vorzuhalten. Wir sind der Überzeugung, Nachfrage wird ihr Angebot auch hier in diesem Bereich finden.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, zu hoffen bleibt, dass das, was dort an Positivem erreicht worden ist,
sich endlich auch in der Entlastung der Bremer Steuerzahlerinnen und Steuerzahler niederschlagen wird, dass es uns gelingt, die Verluste der Flughafen GmbH weiter zu reduzieren. Das wäre eigentlich das Ziel, worauf man hinaus müsste, und bevor das nicht so weit ist, das will ich auch ganz klar sagen, seien Sie lieber vorsichtig damit, dort weiteres Geld zu verbrennen. Wir werden Sie bei allen positiven Maßnahmen zur weiteren Entwicklung des Flughafens Bremen als FDP gern unterstützen.
Herr Präsident, verehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube in der Tat, die Erfolgsgeschichte von Ryanair ist eine Erfolgsgeschichte, aber in erster Linie für Ryanair und für kaum jemanden sonst. Ich möchte zunächst einmal darauf hinweisen, weil ich vorhin die Zwischenfrage gestellt habe, dass ich hinsichtlich der Berechnung von Besucherinnen- und Besucherzahlen, von Umsatzerlösen und ähnlichen Dingen immer noch ein bisschen skeptisch bin. Ich habe in Bremen erlebt, dass es schon andere Projekte gegeben hat, die mithilfe von Besucherinnen- und Besucherzahlen und so etwas, ich sage einmal vorsichtig, etwas optimistischer gerechnet worden sind, als sie sich hinterher herausgestellt haben. Das möchte ich aber gern unvoreingenommen prüfen, weil ich daran interessiert bin, wirklich einmal zu schauen, wie der Besucherinnen- und Besuchersaldo ist und was am Ende wirklich dabei herauskommt. Da lasse ich mich gern klüger machen.
Das Zweite ist allerdings, dass ich davon überzeugt bin: Wenn es so ist, dass wir tatsächlich in Bremen einen Mehrumsatz von 28 Millionen Euro, ich sage einmal, pro Jahr – so ist es wohl gerechnet – haben, und wenn ich weiß, dass Ryanair im letzten Jahr ungefähr mehr als 400 Millionen Euro Gewinn nach Steuern gemacht hat, dann wage ich zu behaupten, dass diese Form von Unternehmen nicht mehr angewiesen ist auf eine ganz bestimmte Form von staatlicher Unterstützung, staatlicher Subvention.
Diese Unternehmen können selbst für ihre Kundinnen und Kunden sorgen und sind nicht darauf angewiesen.
Ich bin sicher, Ryanair war eine Erfolgsgeschichte, aber sie hat Wurzeln, die uns zu denken geben müssen. Es ist sozusagen eine Erfolgsgeschichte von unberechtfertigt eingeheimsten Subventionen, nicht nur in Frankreich, sondern auch in Lübeck. Wie eben ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
schon angesprochen wurde, hat der Europäische Gerichtshof deutlich hingeschaut und irgendwie festgestellt, dass die Form von Subventionierung dieses Unternehmens in mehrerer Hinsicht fragwürdig ist, und hat die Gelder auch zurückgefordert, wobei Ryanair dann regelmäßig woanders hingeht.
Aber Ryanair ist auch eine Erfolgsgeschichte zulasten von Verbraucherinnen und Verbrauchern. Wer sich einmal die Allgemeinen Geschäftsbedingungen ansieht und die Möglichkeit, bestimmte Kosten zurückzuerstatten und Ähnliches, wird feststellen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher, wenn denn einmal ein Flug ausfällt oder Ähnliches, eher nicht die besonders gehegten und gepflegten Kundinnen und Kunden sind, die man gemeinhin meint zu sein, wenn man irgendwo hinfliegt.
Herr Kollege Rupp, ist Ihnen bekannt, dass für die Ansiedlung von Ryanair das Terminal ausgeschrieben ist und dass es da überhaupt keine Mauscheleien gab, sondern dass es sozusagen europakompatibel gemacht worden ist?
Ich bitte, mich nicht falsch zu verstehen! Ich habe nicht gesagt, dass es hier in Bremen ein ähnliches Problem gibt. Ich habe nur gesagt, ein Teil der Erfolgsgeschichte dieses Unternehmens beruht mehr oder weniger auf Subventionen an anderer Stelle, nicht hier in Bremen, das will ich ganz deutlich unterscheiden.
Nein, nein! Ich kann da schon unterscheiden, und ich meine das genauso, wie ich es gesagt habe! Trotzdem darf man das nicht verleugnen. Es gibt offensichtlich Orte, an denen man versucht hat, Ryanair mit bestimmten staatliche Subventionen zu ködern, und damit auf die Nase gefallen ist, um es vorsichtig zu sagen. Hier in Bremen ist das nicht der Fall, aber trotzdem bezieht sich der Erfolg des Unternehmens unter Umständen auch darauf.
Ryanair ist auch eine Erfolgsgeschichte zulasten der öffentlichen Hand, das habe ich schon gesagt, aber zu guter Letzt, und es wurde auch schon angedeutet, ist der wirtschaftliche Erfolg von Ryanair im Wesentlichen eine Erfolgsgeschichte zulasten von Ar
beitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Vorhin ist es vergleichsweise vorsichtig ausgedrückt worden: Die Beschäftigungsverhältnisse bei Ryanair sind offensichtlich eher mittelalterlich als modern.
Zwei, drei Zahlen: Wer bei Ryanair anfangen will, muss zunächst 2000 Euro zahlen, um ausgebildet zu werden. Wenn man die Prüfung nicht schafft, sind die 2000 Euro weg. Nach ver.di-Angaben erhalten Berufsanfängerinnen und Berufsanfänger für eine volle Stelle ungefähr 1100 Euro. Wir werden hier an dieser Stelle irgendwann einmal diskutieren, dass wir den Mindestlohn für Ryanair-Beschäftigte irgendwie einfordern oder sicherstellen müssen, denn ich sage einmal, 1100 Euro geteilt durch 160 Monatsstunden ergibt ungefähr 6,80 Euro. Darin liegt der Erfolg begraben.
Wir sagen, was schon angesprochen ist, Erfolgsgeschichte auch zulasten von Umwelt! Wir wissen alle, dass Fliegen nicht die umweltschonendste Art der Fortbewegung ist, und wir wissen auch, dass die Lärmbelastung von Menschen in Flughafennähe nicht gering zu schätzen ist. Das ist schon gesagt worden. Deswegen wäre ich deutlich vorsichtig, und deswegen wird es auch deutlich, dass bestimmte Dinge, wenn sie vonseiten der CDU oder der FDP kommen, eine Form von Doppelmoral haben: Auf der einen Seite Umweltschutz einklagen, auf der anderen Seite unkritisiert diese Form von Erfolgsgeschichte eines Unternehmens auf Kosten von Menschen, auf Kosten von Umwelt als Erfolgsgeschichte zu verkaufen! Das geht mit der Linken gar nicht. Deswegen denke ich, dass wir richtig daran tun, diese Erfolgsgeschichte sehr skeptisch zu beurteilen und auf jeden Fall nicht dieses Unternehmen noch einseitig zu subventionieren. – Danke!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich finde, es wird hier völlig verdreht, worüber wir eigentlich überhaupt debattieren. Es geht darum, dass sich etwas zum Guten dieser Stadt entwickelt hat, eine Erfolgsgeschichte für diese Stadt ist, und es geht weder darum, wer daran beteiligt ist, noch welche Unternehmen das sind.