Protocol of the Session on April 24, 2007

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Das ist kein bürokratischer Unsinn der Behörde, sondern das führt dazu, was mich so unheimlich gefreut hat wiederum im dritten Jahr bei meinen Besuchen in den Ostercamps: Die Kinder wollen! Sie bekommen das Signal vom Staat: Der Staat, die Lehrerinnen und Lehrer und alle Personen, die uns betreuen, wollen, dass wir das Ziel schaffen, versetzt zu werden. Das ist ein ganz deutliches Signal, und dieses Signal für die Kinder ist so wichtig, dass sie sehen: Das ist ein Motivationsschub, der mich dazu bringen soll, das Klassenziel – die Versetzung in die nächste Klasse – zu erreichen. Ich bin ganz sicher, die Zahlen werden wir nachher in der Fragestunde noch einmal erörtern, das ist ein richtiges Signal für die Kinder, und wenn wir hier weitermachen, werden die Zahlen auch deutlich besser.

(Beifall bei der SPD)

Ich muss, bevor ich einen kleinen Ausblick mache, noch einmal auf Frau Stahmann eingehen, weil ich mich sehr über ihre Darstellung meiner Reaktion auf die Überlastanzeigen geärgert habe, dass ich quasi per Gericht gezwungen werden muss, mich da zu unterhalten. Das ist eine üble Unterstellung von Ihnen! Ich habe jedem einzelnen Lehrer – es waren mehrere Hundert, die diese von der GEW vorbereiteten Zettel auf der letzten oder vorletzten Personalversammlung an mich in den Rembertiring geschickt haben – persönlich geantwortet. Es war die Bitte des

Personalrats, doch die Sorgen der Lehrer ernst zu nehmen.

Wir haben jedem einzelnen Lehrer angeboten, in die Behörde zu kommen, um mit uns, mit den Oberschulräten, mit den zuständigen Beamten zu reden, wie wir die Überlastung reduzieren können, in jedem einzelnen, persönlichen Fall! Viele sind aber nicht erschienen, viele Kolleginnen und Kollegen sind nicht erschienen. Dadurch ist bei mir doch ganz klar der Eindruck entstanden, es war eher ein politisches, ein bildungspolitisches, ein gesellschaftspolitisches, ein arbeitspolitisches Signal in Richtung Rembertiring: Entlastet uns von solchen Förderberichten und anderen Dingen, mit denen ihr uns in der letzten Zeit belastet habt!

Was ich nicht gemacht habe: Ich habe nicht verhandelt über die geforderten 4 Prozent mehr Lehrerstellen, weil mir im Haushalt dazu jegliche Möglichkeit genommen ist, und ich denke im Traum nicht daran, eine einzige Unterrichtsstunde meinen Schulkindern wegzunehmen, damit ich an anderer Stelle eine Entlastung für die Förderberichte bekomme! Dazu stehe ich auch heute noch hundertprozentig.

(Beifall bei der SPD)

Und jetzt sind wir, liebe Frau Stahmann, dabei, jeden Monat rede ich einmal mit dem Personalrat, schon seit 8 Jahren, und nicht ein einziges Mal habe ich da gekniffen oder den Dialog verhindert. Jedes Mal, wenn sie mich zu Personalversammlungen eingeladen haben, habe ich gesagt, jawohl, ich komme! Wenn ich aber sehe, dass ich in eine Personalversammlung am Morgen eingeladen werde, und durch meine Teilnahme fällt womöglich mehr Unterricht als ohne meine Teilnahme aus, dann sage ich ihnen, bitte, liebe Kolleginnen und Kollegen, das habe ich ihnen vor 4 Jahren gesagt, ladet mich bitte zu den auch stattfindenden Nachmittagsveranstaltungen ein, da komme ich gern. Ich habe aber leider keine Einladung bekommen, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, nicht alles, was wir gemacht haben, war hundertprozentig richtig. Ich sage Ihnen, das ist eine fünfzigseitige Leistungsbilanz. In verschiedenen Bereichen, würde ich sagen, das mit den Noten, mit den Leistungs-/Lernentwicklungsberichten, das würde ich vielleicht ein bisschen anders sehen. Ich hätte vielleicht auch früher mit den Bildungslandschaften beginnen müssen, dass man sagen kann, hier bekommen wir es hin, Kinder nicht zu trennen, sondern nach Möglichkeit, wie es jetzt mittlerweile in einzelnen Stadtteilen auch geht – übrigens sehr einvernehmlich auch in der Deputation –, zu Bildungslandschaften zu kommen, dass wir in jedem Stadtteil den Eltern etwas anbieten können, was

nicht unübersichtlich ist, sondern immer wieder auch die Durchlässigkeit für Schülerinnen und Schüler ermöglicht, dass niemand nach der vierten Klasse aussortiert wird.

Ich würde übrigens, wenn Sie entsprechende Gespräche führen mit Eltern, einmal auf die Entwicklung der Gesamtschulzahlen in Bremen verweisen. Da wird niemand selektiert, sondern da kann man bis zum Abitur in die Gesamtschule gehen. Also, wenn Sie noch einmal so etwas behaupten, dann denken Sie daran, dass es unser Schulgesetz möglich macht, dass die Kinder in Gesamtschulen angemeldet werden, dass wir die Elternwünsche sehr ernst nehmen! Das ist auch ein Erfolg der Großen Koalition, liebe Frau Stahmann!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Jetzt, meine Damen und Herren, der allerletzte Satz! Im Ausblick unter den vielen Aufgaben – da sind noch viele! – bleibt eine Aufgabe der Bildungspolitik in unserem Land vorrangig und zentral. Sie haben gesagt, der schulische Erfolg hängt vom Geldbeutel der Eltern ab. Das ist falsch! Der schulische Erfolg unserer Kinder hängt davon ab, ob sie vom Elternhaus und von Freunden, von der Gesellschaft, von der Schule mitgenommen werden. Wenn Sie einmal ein gutes Beispiel für gelungene Integration hätten sehen wollen, dann hätte ich Ihnen empfohlen, zu „Jugend debattiert“ zu kommen. Da waren hier und da 8 Jugendliche bei „Jugend debattiert“ von 600, die angefangen haben, an dem Wettbewerb teilzunehmen, Frau Stahmann! Hören Sie einen ganz kleinen Augenblick zu!

(Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/ Die Grünen]: Ich höre zu!)

Nein, Sie waren eben gerade im Gespräch mit Frau Linnert, aber das macht nichts! 8 Jugendliche saßen hier, davon 4 mit Migrationshintergrund. Derjenige, der uns vertritt, Dimitry, das ist einer, der vor 9 Jahren noch kein Wort Deutsch gesprochen hat, er ist der Stolz der Schule Hermann-Böse-Gymnasium. Auf ihn können wir alle sehr stolz sein. Da gibt es keine dicke Geldbörse zu Hause, sondern er hat eine tolle Familie, die dahintersteht, dass dieser Junge eine glänzende Integration erfährt.

Das, meine Damen und Herren, ist die eigentliche Aufgabe unserer Bildungspolitik in diesem Land! Das ist keine Wahlkampfrede, sondern das ist mir völlig gleichgültig, welche Koalition oder welche Partei dazu die Kraft findet. Die Ungerechtigkeit in unserem Bildungssystem zu beheben, um mehr Jugendlichen aus einer sozial schwachen Familie, ob mit Migrationshintergrund oder ohne, das ist völlig gleichgültig, das ist die Aufgabe, der wir uns stellen müssen, weiterhin stellen müssen! Deshalb reden wir das nicht klein,

was wir hier als Leistungsbilanz vorzulegen haben, sondern sind stolz darauf. – Vielen Dank!

(Lang anhaltender Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Stahmann.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Im SPD-Programm steht, dass die Bildung von der sozialen Herkunft der Eltern abhängt. Herr Senator Lemke, ich sage einmal, Dimitry Yaskov ist ein hervorragender Schüler, begabt. Ich habe aber gesagt, wir haben einen Migrantenanteil von 50 Prozent bei den Schülern, und ich sage, wenn Eltern arbeitslos sind, Hartz IV empfangen, hat man überhaupt nicht die Mittel, seinem Kind die gleichen Chancen zu bieten wie ein Akademikerpaar, das in Schwachhausen wohnt, das das Kind ganz anders fördern kann, mit Musikunterricht, mit Ausflügen, mit Fahrten. Ich finde, das muss doch auch ein SPD-Bildungssenator erkennen, dass man hier nicht Äpfel mit Birnen vergleichen kann.

(Abg. Frau H ö v e l m a n n [SPD]: Das hat er doch erkannt!)

Doch, er hat gesagt, es stimme nicht, dass der Bildungsweg von der sozialen Herkunft abhänge!

(Widerspruch bei der SPD)

Natürlich hängt er nicht nur von der sozialen Herkunft ab. Er hängt aber auch von der sozialen Herkunft ab, und er hängt natürlich auch davon ab, was für ein Klima in der Familie herrscht, ob Bildung wichtig ist.

(Abg. Frau H ö v e l m a n n [SPD]: Kein Wort hat er davon gesagt!)

Aber, Kollegin Hövelmann, wenn die Eltern kein Geld haben, um Nachhilfe zu bezahlen, dann landet das Kind nicht auf dem Gymnasium, da machen Sie sich doch nichts vor!

(Abg. Frau H ö v e l m a n n [SPD]: Das ist doch eine Binsenweisheit!)

Da lügen Sie sich doch selbst etwas in die Tasche! Das ist einfach nicht so!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen) ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft. Herr Rohmeyer, (Abg. K l e e n [SPD]: Wir kämpfen schon seit 100 Jahren gegen so etwas!)

jetzt frohlocken Sie doch nicht! Sie haben hier doch eben das Kommando „Rettet Willi Lemke!“ ins Leben gerufen.

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Quatsch!)

Ja, da müssen Sie sich hier jetzt nicht über das rotgrüne Klima belustigen. Ich habe zum Bildungssenator gesagt, das Problem der sozialen Kopplung in Bremen ist größer. Man darf es nicht kleinreden.

(Abg. R o h m e y e r [CDU]: Wer tut das denn?)

Es ist gut, wenn Schüler aus Migrantenelternhäusern einen guten Bildungsweg gehen. Darauf kann man auch stolz sein, darauf kann auch Willi Lemke stolz sein. Man darf aber nicht den Fehler machen, dass man darüber insgesamt die Förderung von Kindern mit Migrationshintergrund vernachlässigt. Das habe ich eben da herausgehört, dass man versucht, sich da herauszulavieren, und Sie selbst versuchen, sich ein gutes Zeugnis auszustellen. Das darf man nicht machen!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Hövelmann.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Stahmann, ich bin völlig überrascht, nicht über Ihren emotionalen Ausbruch, den schätze ich ja oft sehr und auch Ihre Wortgewandtheit, ich bin völlig überrascht über das, was Sie gesagt haben,

(Beifall bei der SPD)

oder ich muss auf einer anderen Veranstaltung gewesen sein als Sie! Wir sind doch aber beide im gleichen Raum und können doch beide hören.

Also, der Senator – übrigens auch ich in meiner Rede – hat gerade darauf hingewiesen, dass das das dringendste Problem ist, was gelöst werden muss. Ich kann überhaupt nicht verstehen, selbst wenn Sie hier mit einer rasanten Rhetorik versuchen zu erzählen, dass die SPD-Fraktion und den sozialdemokratischen Bildungssenator Willi Lemke dieses Thema nicht interessiert. Ich kann überhaupt nicht verstehen, wie Ihnen das überhaupt in den Kopf kommen kann nach der ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

gesamten langen Zusammenarbeit, die wir gehabt haben.

Das enttäuscht mich auch persönlich, denn jede Maßnahme, seitdem wir dieses Fördern und Fordern mit der Gießkanne abgeschafft haben, steht unter dem Prüfsiegel, ob sie dabei mithilft, die soziale Benachteiligung wegen Herkunft oder des Geldbeutels der Eltern zu erleichtern oder aufzuholen. Wir haben beide eben gesagt, sowohl Senator Lemke als auch ich vorher in meiner Rede, dass das die Hauptaufgabe ist. Ich habe das Haus noch in meiner Abschiedsrede gebeten, darauf zu achten, dieses absolut vordringliche Thema noch mehr in den Fokus zu stellen. Deshalb weise ich das für die SPD-Fraktion und meine Partei,

(Beifall bei der SPD)

Sie haben unser Parteiprogramm zitiert, ausdrücklich zurück und kann noch einmal sagen, ein biss

chen enttäuscht bin ich auch, das habe ich eigentlich nicht erwartet! – Danke schön!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats, Drucksache 16/1367, auf die Große Anfrage der Fraktionen der CDU und der SPD Kenntnis.