schläge der Bundesbildungsministerin geprüft hat, wird er mit den anderen Bundesländern prüfen, ob die eingeschlagenen Handlungslinien dadurch sinnvoll ergänzt und unterstützt werden können. Bislang liegt allerdings kein ausgearbeitetes Konzept, sondern lediglich eine Interviewäußerung der Bildungsministerin vor, in der sie eine „Offensive für den Bildungseinstieg ins Leben“ vorschlägt.
Zu Frage 3: In der Schulstatistik des Bundes wie auch der Länder ist der Begriff „Schulabbrecher“ nicht geläufig, vielmehr werden Schulabgängerinnen und Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss zur Quantifizierung der am schwächsten qualifizierten Jugendlichen herangezogen. Für das Land Bremen wird jährlich der Anteil der Absolventinnen und Absolventen ohne Hauptschulabschluss berechnet. Dieser Wert betrug 2001 9,6 Prozent und 2005 8,7 Prozent. Der Wert liegt im Mittel seit 2001 etwa 0,5 Prozent über dem Bundesdurchschnitt, aber unter den Vergleichswerten der anderen Stadtstaaten und Niedersachsens.
Die genannten Werte sind immer noch eindeutig zu hoch, und weitere Anstrengungen sind notwendig, um hier eine signifikante Verringerung zu erreichen. Der Senat setzt dabei unter anderem auf die mittelfristige Wirksamkeit seiner bereits auf den Elementar- und besonders auf den Primarbereich zielenden Maßnahmen früher Förderung sowie der veränderten Bildungsangebote in der Sekundarstufe I. – Soweit die Antwort des Senats!
Eine Nachfrage habe ich an Sie, Herr Senator. Durch die Föderalismusreform – das haben Sie geschildert – hat man eigentlich das Gegenteil erreicht: Bund und Länder können jetzt nur noch in ganz wenigen Feldern im Bereich der Bildungsevaluation zusammenarbeiten. Sie haben gesagt, und der Senat antwortet: enggefasste Maßnahmen! Was bedeutet denn das? So, wie es jetzt ist, kann der Bund kein Geld mehr in die Hand nehmen, den Ländern geben und sagen: Mit diesen Maßnahmen, die wir verabredet haben, verringert eure Quote! Das geht jetzt derzeit nicht mehr. Wie kann das denn in Zukunft aussehen?
Das ist völlig richtig dargestellt, Frau Stahmann. Wir müssen versuchen, Wege zu finden, wenn das Konzept der Bundesministerin auf dem Tisch liegt, das auch von ihr richtig definierte Ziel – und da kann niemand aus dem Haus etwas dagegen haben, wenn man sich ein solches Ziel setzt – hinzubekommen. Wir müssen versuchen, trotz der Föderalismusreform mit den Möglichkeiten, die wir haben – wir haben das hier enggefasst definiert –, Wege zu finden, um mit gemeinsamen Anstrengungen, das
heißt auch übrigens mit zusätzlichen finanziellen Anstrengungen, dieses große Ziel gemeinsam zu erreichen.
Ich kann das aber unmöglich jetzt konkret definieren, weil ich nur die Interviewäußerung von der Bundesministerin kenne. Der stehen wir alle positiv gegenüber, aber wir brauchen jetzt Butter bei die Fische. Wir müssen ein Konzept haben, das wir überprüfen müssen, und dann sagen, wie können wir das jetzt hinbekommen, ohne dass das Bundesverfassungsgericht uns sagt: So geht das nicht!
Herr Senator, Schulabbrechungen passieren ja, sage ich einmal in Anführungsstrichen, ganz häufig bei Schülerinnen und Schülern, die in der Schullaufbahn häufig Frust erlebt haben, so also auch schon Ehrenrunden hinter sich haben. Bremen hat etliche Anstrengungen unternommen, um Wiederholungsquoten zu senken. Meine Frage ist, ob sich zum Beispiel die Sommerbeziehungsweise auch Ostercamps niederschlagen in der Verringerung der Schulabbrecherquote.
Davon bin ich fest überzeugt, und wenn wir deutlich bessere Werte haben als Hamburg und Berlin und dann noch bessere Werte als Niedersachsen, ist das ohne Frage als Erfolg zu bezeichnen. Ich bin ganz sicher, dass wir in den nächsten Jahren, wenn die vielen Maßnahmen, die wir im Elementarbereich und in den Leseintensivkursen, den Standardüberprüfungen in der Grundschule, dem zusätzlichen Unterricht in der Grundschule haben, greifen und diese Schülerinnen und Schüler eines Tages ihren Hauptschulabschluss machen, diese noch zu hohe Quote von 8,6 Prozent drücken können in Richtung auf 6 oder 5 Prozent. Das wäre eine optimale Zielsetzung. 5 Prozent ist in etwa die Quote, die wir in Finnland haben mit Schülerinnen und Schülern, die nicht den eigentlichen Abschluss nach Klasse 9 dort schaffen. Das ist eine inhaltliche Zielsetzung, an der wir sehr intensiv arbeiten. Aber Sie haben völlig recht, die Maßnahmen beginnen zu wirken.
Jugend-Diversions-Projekt „Teen-Court“ als ergänzender Baustein zur Prävention von Jugend- und Kinderdelinquenz
Gemäß Paragraf 29 unserer Geschäftsordnung hat der Senat die Möglichkeit, die Antwort auf die Große Anfrage in der Bürgerschaft mündlich zu wiederholen. Ich gehe davon aus, dass davon nicht Gebrauch gemacht wird, sodass wir gleich in die Aussprache eintreten können.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sprechen hier heute Morgen über das Thema Teen-Courts. Sie wissen, Jugendliche machen viele gute Dinge, aber Sie tun auch manches, was nicht in Ordnung ist. Sie stehlen, sie prügeln sich, sie beleidigen, sie bedrohen und sie nötigen. Das alles beschäftigt eine Vielzahl von Institutionen, von der Polizei über die Staatsanwaltschaft und die Jugendgerichtshilfe bis hin zum Jugendgericht. Wir sprechen heute Morgen darüber, ob solche Fälle, um die es geht, in Bremen künftig vor sogenannten Schülergerichten „Teen-Courts“, wie das so neudeutsch heißt, verhandelt werden können.
In Bayern gibt es solche Einrichtungen. Dort sollen – das sagt die bayerische Landesregierung, sie nennt sich nicht Landes-, sondern Staatsregierung – diese Teen-Courts messbare Erfolge haben. Bis zum Jahr 2004 sind dort über 300 Fälle verhandelt worden. Diese Teen-Courts, die Schülergerichte, geben ihre Urteile als Empfehlung an die Staatsanwaltschaft oder an das Jugendgericht, und in 97 Prozent der Fälle wird den Empfehlungen der Teen-Courts durch das Jugendgericht oder durch die Staatsanwaltschaft gefolgt. Es geht dabei nicht um Strafen im rechtlichen Sinne, sondern es geht immer um Erziehungsmaß
Es gibt eine Studie der Universität München, ein Zwischenergebnis über die Arbeit dieser Teen-Courts. Demnach ist ein Projekt in Aschaffenburg zum Beispiel sehr erfolgreich. Dort soll die Rückfallquote bei Jugendlichen, die sich einem solchen Verfahren stellen mussten, um 12 Prozent geringer sein als in anderen Fällen, in denen nur das Jugendgericht tätig geworden ist. Der Grund soll darin liegen, und das ist ja auch plausibel, dass die Jugendlichen, die urteilen, eine größere Nähe zum Täter haben, dass sie die Täter besser beurteilen können und dass sie auch den Sachverhalt aus ihrer Sicht als Gleichaltrige besser beurteilen können, als es die Staatsanwaltschaft und der Jugendrichter können.
Nun könnten wir sagen, ich schaue meine Kollegen von der CDU an, nicht alles, was aus Bayern kommt, ist gut. Das kann man aber hier nicht sagen. Aber es ist auch nicht alles schlecht, was aus Bayern kommt. Wir wissen aus vielen anderen Bereichen, gerade im Justizbereich, dass die Bayern durchaus eine sehr erfolgreiche, seriöse Arbeit leisten. Man muss also schauen, wie es im Einzelfall wirklich geht und ob es passt. Weil wir in Bremen bei der Bekämpfung von Jugendkriminalität und Gewalt an den Schulen ein Maximum erreichen wollen, meinen wir, dass es sich lohnt, auch in Bremen auf das bayerische Modell zurückzugreifen und zu schauen, ob man dieses Modell für Bremen, für die bremische Situation nutzen kann.
Nun wollen wir aber nicht so tun, als ob wir in Bremen gar nichts haben, sondern ich sage, eigentlich sieht es gut aus in Bremen! Es gibt eine ganze Reihe von Projekten, die sich mit Gewaltbekämpfung an den Schulen, mit Streitschlichtung, beschäftigen. Wir haben zum Beispiel eine Studie aus dem Jahr 2004, 2005 gibt es dann noch ein neue, mit der Überschrift „Schulleiterbefragung Gewaltprävention“, in der eine Fülle von Projekten untersucht wird, die mehr oder weniger, aber überwiegend sehr erfolgreich an den Schulen durchgeführt werden. Es werden aber auch Defizite genannt, denen man nachgehen muss. In diesen Projekten werden Lehrer, Schüler, Eltern beteiligt, die Streitschlichtung läuft demnach auf ganz unterschiedlichen Wegen. Ich möchte insbesondere auch darauf verweisen, dass wir in Bremen einen sehr gut funktionierenden Täter-Opfer-Ausgleich haben, der sehr gut läuft.
Wenn wir uns anschauen, wie die Taten sich verteilen, wo die Probleme liegen, dann sagen uns die Berichte, dass es an den Gymnasien und an den gymnasialen Oberstufen sehr wenige Probleme mit Gewalt gibt. Auch die übrigen Schulen sind eher unauffällig, sagt uns diese Studie. Es ist nicht so, dass es dort große Probleme gibt. Aber wir wissen ja auch, dass dort, wo es zunächst unauffällig läuft, plötzlich riesige Probleme auftauchen können. Wir haben ja
Wichtig ist für uns aber auch, dass die Ergebnisse dieser Studie uns sagen, es gibt eine gute Einbindung der Polizei, es ist also nicht so, dass es zwischen den Schulen, den Lehrern und der Polizei einen Graben gibt, der geschlossen werden muss. Das wird in der politischen Debatte zwar gern behauptet, aber da läuft die Zusammenarbeit sehr gut. Außerdem, darauf will ich an dieser Stelle auch hinweisen, gibt es in Bremerhaven besonders positiv laufende Projekte zum Beispiel an der Georg-Büchner-Schule. Da gibt es ein Projekt Ausbildung zu Streitschlichtern. Dieses Projekt ist im Jahre 2005 übrigens von der SPD-Landesorganisation mit dem Jugendpreis der SPD ausgezeichnet worden, also eine gute Sache. Ich meine, nicht nur der Jugendpreis der SPD ist eine gute Sache, sondern auch das, was in Bremerhaven läuft, ist prima.
Einige Beispiele: Es gibt in Bremen das „BuddyProjekt“, das Projekt „Faustlos“, „Fit for Life“, also eine Vielzahl von Dingen läuft hier, die richtig gut sind und die natürlich Geld kosten. Nun können wir den Senat verstehen, wenn er skeptisch ist, ob sich zusätzliche Maßnahmen angesichts unserer Haushaltslage finanzieren lassen. Aber ich muss auch sagen, dass uns die Argumente des Senats doch nicht so ganz überzeugen, wenn er sich im Grundsatz, also nicht nur aus finanziellen Gründen, sondern im Grundsatz, kritisch äußert. Ich darf zitieren mit Erlaubnis des Präsidenten:
„Dem Senat liegen bislang noch keine hinreichenden Erkenntnisse über die Erfahrung in diesen Projekten vor, um eine Entscheidung über die Einrichtung entsprechender Schülergerichte empiriegeleitet treffen zu können. Der Senat legt bei der Aufarbeitung von Jugendkriminalität sehr großen Wert auf die Einbeziehung der Opfer. Die Opferinteressen kommen nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstands des Senats bei Schülergerichten zu kurz. Dort steht allein der Täter im Mittelpunkt. Das Opfer wird nicht gehört, es bleibt außen vor. Die Idee der Teen-Courts verfolgt damit eher einen kriminalpolitischen Ansatz, dem der Senat skeptisch gegenüber steht.“ Und so weiter!
Davon ist vielleicht ein Teil richtig, aber die Vorteile dieser Schülergerichte, wie sie in Bayern praktiziert werden, sind eben, dass die Schüler stärker einbezogen werden, die Mitschüler einbezogen werden, also die gleiche Altersgruppe, dass ihre sozialen Kompetenzen genutzt werden, dass ihre Kenntnisse genutzt werden, und das ist etwas anderes als das, was in anderen bremischen Projekten zum Teil läuft. Wir meinen eben, dass man nicht nur die Täter im Auge haben muss, die mit der Tat konfrontiert werden und mit der Reaktion von Gleichaltrigen, son
dern dass es auch gut ist, wenn Schüler lernen, dass Sachverhalte sorgfältig aufgeklärt werden müssen, bevor man ein Urteil spricht, dass man alle Beteiligten zu Wort kommen lässt und dass man abwägt.
Wir glauben auch, dass diese Schülergerichte ein Instrument sind, um bei den Schülern eine Vorstellung zu wecken, wie ein gerechtes Verfahren stattzufinden hat, und dass es ein guter Beitrag dazu ist, auch die Entscheidungsfähigkeit, in diesem Alter zu stärken. Wir sind der Meinung, dass man das durchaus in Bremen modellhaft ausprobieren sollte. Deshalb sind wir jedenfalls am Ende dann doch etwas zufrieden gestellt, wenn der Senat uns in seiner Antwort erklärt, dass er bereit ist, einige Aspekte gründlich zu prüfen, nämlich inwieweit es neuere Erkenntnisse gibt, inwieweit der Partizipationsgedanke, also, das ist das, das ich eben geschildert habe, die Beteiligung der Jugendlichen auch im Bereich der Dritten Gewalt unter Beachtung hoheitlicher Zuständigkeit stärker berücksichtigt werden kann und inwieweit rechtsstaatliches Wertebewusstsein durch eine solche Einrichtung auch den anderen Beteiligten, also nicht nur dem Täter, vermittelt werden kann.
Wir hoffen, dass es gelingen wird, ein solches Projekt in Bremen auf den Weg zu bringen. Es gibt dazu Vorschläge zum Beispiel vom Verein Täter-OpferAusgleich, der dazu Vorschläge hat, die wir begrüßenswert fänden, und wir hoffen, dass es dem Senat gelingen wird, ein solchen Projekt auf den Weg zu bringen. Wir wollen aber auch ganz deutlich sagen, wir möchten nicht, dass die im Übrigen positiv laufenden Projekte gefährdet werden. Aber wir haben die Hoffnung, dass das alles gelingen wird. Mit etwas Augenmaß kann man das sicherlich hinbekommen. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich war etwas gespannt, muss ich gestehen, wie die Debatte heute ablaufen würde, war auch überrascht, dass ich jetzt direkt schon nach der SPD das Wort bekomme. Warum ich gespannt war auf die Debatte, ist die Situation, dass, ich glaube, das ist aus der Rede von Herrn Grotheer auch deutlich geworden, die beiden Fraktionen hier im Hohen Hause von SPD und CDU mit ihrer Großen Anfrage sehr deutlich versucht haben, dem Senat das Instrument dieser Teen-Courts nahezulegen, dass aber die Antwort des Senats gleichermaßen sehr ablehnend und sehr schroff dahingehend war zu sagen, nein, das brauchen wir nicht, das passt nicht ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Es ist doch für eine Oppositionsfraktion eine relativ seltene Situation, dass wir hier erkennbar zwischen Parlament und Senat einen Dissens in der Sache, und zwar auch in der Grundsache, haben. Wir als grüne Fraktion haben es da relativ leicht, wir könnten uns eine von beiden Positionen sozusagen aussuchen und uns dafür dann stark machen. Wir haben uns, und da brauchten wir gar nicht so lange zu diskutieren, für den Standpunkt des Senats entschieden, nämlich dafür, wie die Teen-Courts bislang praktiziert werden.
Natürlich kann man das konzeptionell dann immer verändern, Herr Grotheer, da stimme ich Ihnen auch schon zu, aber es gibt doch erst einmal einen Vorschlag, der konkret im Raum steht, und den muss man sich anschauen. So, wie er im Raum steht, bedeutet das nichts anderes, als dass durch die Teen-Courts tatsächlich der Täter in den Mittelpunkt und das Opfer aus der Perspektive herausgerät, und so wollen wir das nicht. Für uns bedeutet es immer, dass man sowohl den Täter als auch das Opfer in der Perspektive behalten muss. Nur wenn man beides gleichermaßen macht, kann man die Probleme vernünftig aus der Welt schaffen.
Ich sage einmal so: Der Grundsatz ist, dass wir schauen müssen gerade bei Jugenddelinquenz, gerade an Schulen, wo sich uns ein auch relativ breites Podium bietet, wie können wir es schaffen, dass Vergehen von Jugendlichen nicht einfach von irgendeinem Erwachsenen geahndet werden, und dann ist es gut, sondern wie können wir den Jugendlichen das Gefühl geben, dass sie bei Konflikten, die in ihren Schulklassen beispielsweise entstehen, an der Lösung dieser Probleme, an der Lösung dieser Konflikte auch selbst beteiligt sind und dass sie an Wiederherstellung von Gerechtigkeit, zumindest der Täter und das Opfer, mitbeteiligt sind und dass das nicht von übergeordneten erwachsenen Stellen ihnen aufoktroyiert wird, was zu geschehen hat.