Jens Crueger
Appearances
16/4
16/5
16/6
16/11
16/17
16/18
16/21
16/22
16/27
16/28
16/29
16/34
16/37
16/38
16/46
16/47
16/49
16/52
16/53
16/54
16/58
16/60
16/71
16/72
16/73
16/74
16/76
16/77
16/80
16/82
16/83
Last Statements
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine letzte Rede steht noch bevor – im Wollpullover, das ist richtig –, aber erst heute Nachmittag. Jetzt möchte ich dann doch noch zum Thema sprechen! ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Herr Bartels, Sie haben völlig recht, wir unterstützen Ihren Gesetzentwurf. Sie können uns auch gern Bedenkenträger nennen, nur einen Punkt möchte ich so nicht stehen lassen, nämlich, dass wir unsere Bedenken mittlerweile abgelegt hätten und jetzt Ihrem ursprünglichen Entwurf zustimmen würden. Da verkennen Sie dann doch ein bisschen die Tatsachen. Schauen Sie sich doch einmal Ihren Entwurf an, und vergleichen Sie das mit dem, was Sie hier in der Debatte seinerzeit gefordert haben! Da hieß es, wir brauchen verpflichtende Vorsorgeuntersuchungen, normalerweise gehört zu einer Verpflichtung auch immer eine Sanktionierung, und dann war die Frage, wie kann man das jetzt wohl sanktionieren, wenn Eltern ihre Kinder dann doch nicht zur Vorsorgeuntersuchung schicken, will man denen etwa das Kindergeld kürzen, lauter solche Sachen schwirrten ja in der bundespolitischen Debatte.
Da haben wir gesagt: Das ist doch hanebüchen, man schadet doch den Kindern damit, wenn man das Kindergeld kürzt, und man nützt ihnen doch damit nicht! Das war doch der ursprüngliche Punkt, und jetzt schauen Sie sich doch einmal an, was jetzt in Ihrem Entwurf steht, keine Sanktionierung mehr! Wir waren ja damals auch nicht die Einzigen, die das kritisiert haben, wir als Grüne, sondern wo Sie sich umgeschaut haben außerhalb der Politik, ob Sie mit dem Kinderschutzbund gesprochen haben, ob Sie mit den Kinder- und Jugendärzten gesprochen haben, ob Sie mit dem Deutschen Jugendinstitut gesprochen haben, diese alle haben gesagt, sie sind gegen verpflichtende Vorsorgeuntersuchungen.
Im Wesentlichen waren es 2 Argumente, die all diese Akteure, die sich sicher, das werden Sie nicht bestreiten, mit der Sache auskennen, dazu bewogen haben, die gleiche Meinung zu teilen wie wir Grüne. Es war nämlich zum einen die Sanktionierung, und der zweite Punkt war, dass man gesagt hat, es besteht das große Risiko, dass das Vertrauensverhältnis zwischen Kinderarzt und Patient, das ein sehr sensibles ist, gestört wird und dass wir die Familien, die wir gerade sozusagen näher an unsere staatlichen Systeme, an unsere staatlichen Instrumente heranholen müssen, eben gerade mit solchen martialischen Maßnahmen wie einer verpflichtenden Ladung noch weiter in die Isolation treiben, und im Endeffekt verschlimmern wir das Problem, statt es zu verbessern. Das war die wesentliche Kritik.
Ich glaube, zur Sanktionierung habe ich schon etwas gesagt, auch das Problem des Vertrauensverlusts zwischen Kinderarzt und Patient ist in dem vorliegenden Entwurf solide gelöst. Es gibt eine Positivmeldung. Keine Familie, die nicht zum Kinderarzt kommt, wird davon etwas merken, keine Familie wird hinterher den Eindruck haben, dass ihr Kinderarzt sich
ihnen gegenüber illoyal verhalten haben wird. Es ist dann auch einfach nicht so gewesen, sondern es gibt dann lediglich eine Meldung an das Jugendamt, und in der Ultima Ratio wird dann das Jugendamt die Schritte vornehmen, die wir ja auch immer schon vom Jugendamt erwartet haben, nämlich zur Kindeswohlsicherung auch einmal einen Hausbesuch zu machen und sich auch einmal freundlich sozusagen in der Familie vorzustellen und zu schauen, ob man da mit irgendwelchen Hilfen vielleicht der Familie weiterhelfen kann oder ob man sagt, nein, es ist alles in Ordnung, sie gehen trotzdem nicht zur Vorsorgeuntersuchung, dann ist es eben so, aber für das Kind besteht keine Gefahr.
Ein bisschen mehr Führsorge, ein bisschen mehr auf die Leute zugehen, nicht immer nur erwarten, dass sie zu einem kommen, das, finde ich, ist der Schlüssel, wie erfolgreiche Hilfesysteme funktionieren müssen. Damit erreichen wir gerade auch die Familien, die wir bislang mit unseren statischen Systemen, mit unseren Komm-Strukturen nicht erreichen, und von daher, denke ich, ist das eine gute Sache. Ich wünsche mir, dass es im Ergebnis auch die Erfolge bringt, die wir uns davon versprechen.
Letzter Satz! Wir wissen alle, das ist nicht die Lösung für die Probleme, die wir gerade hier im Zusammenhang mit dem Untersuchungsausschuss diskutiert haben, und wir wissen auch, der wesentliche Akteur auch bei diesem vorliegenden Gesetz ist im Endeffekt das Jugendamt. Das Jugendamt muss im letzten Schritt dann handeln, und deshalb brauchen wir ein handlungsfähiges Jugendamt, darum kommen wir nicht herum, aber sozusagen vonseiten des Gesundheitsamtes ist, glaube ich, nachdem wir dieses Gesetz heute beschlossen haben, alles gut aufgestellt, und die zukünftige Aufgabe in der kommenden Legislaturperiode wird dann für die Kolleginnen und Kollegen darin bestehen, das Jugendamt auf Vordermann zu bringen. – Danke schön!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich nehme die allgemeine Erheiterung im Plenum wahr. Ich hatte hier gestern schon Schwierigkeiten, meine 5 Minuten hier auskosten zu können, weil Sie mich mit Ihrem Gelächter hier dauernd abgelenkt haben. Ich bitte also um ein bisschen Zurückhaltung. Das ist meine letzte Rede jetzt hier! Ich habe den Pullover angezogen, Sie haben es heute in der Zeitung gesehen, das Brusthaartoupet habe ich zu Hause gelassen. Das tat dann nicht mehr not.
Ich habe selbst bei „Jugend im Parlament“ 2002 teilgenommen, und nachdem ich „Jugend im Parlament“ 2002 durchlebt und durchlitten hatte, was eine sehr schöne Veranstaltung war, dachte ich mir, ja, in die Bürgerschaft, das wäre schon einmal etwas! Ich glaube, in diesem Sinne verstehen wir als Grüne auch „Jugend im Parlament“.
Das ist eine politische Bildungsveranstaltung, das muss man ganz klar sagen. Sie hat nichts mit Jugendbeteiligung zu tun. Das wird nichts daran ändern, dass wir Grünen weiterhin den Missstand anprangern werden, dass in Bremen und anderswo Entscheidungen getroffen werden, die Jugendliche betreffen, Entscheidungen getroffen werden unmittelbar für Jugendliche: Wie gestalten wir Jugendfreizeitheime, welche Jugendangebote finanzieren wir? Da werden die Jugendlichen kein einziges Mal beteiligt, kein einziges Mal gefragt! Am Ende werden sie dann mit den Ergebnissen beglückt und sollen dann zufrieden sein. Dieses Problem besteht weiterhin, das ist ganz klar.
„Jugend im Parlament“ ist aber eine Bildungsveranstaltung, und in diesem Sinne ist es eine sehr wichtige Sache, die wir unterstützen. Wir freuen uns auch, dass es in den künftigen Jahren, nunmehr jährlich, eine solche Veranstaltung geben wird. Wir Grünen ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
haben auch im vorletzten Sommer in der Sommerpause eine Initiative ergriffen, mit der wir dann auch versucht haben, den Präsidenten ein bisschen zum Jagen zu tragen.
Wir haben gesagt, wir würden uns vorstellen, dass man „Jugend im Parlament“ noch anders konzipiert, als es bislang der Fall ist. Wir sollten noch stärker von dem jetzigen Verfahren wegkommen, dass 83 Jugendliche hier zusammenkommen, zweieinhalb Tage hier diskutieren und entscheiden, und dann werden diese Entschlüsse an die Politik gereicht, und das war es, sondern dass wir uns orientieren beispielsweise am „Model United Nations“, beispielsweise am Bundestag, der auch „Jugend im Parlament“ veranstaltet, wo es nämlich vielmehr einen Rollenspielcharakter hat.
Dort müssen sich Jugendliche in einzelne Abgeordnete sozusagen hineinversetzen und auch dann in die Zwänge, die damit zu tun haben, wenn man sich dann plötzlich in einer Regierungsfraktion befindet, die sich mit einem Koalitionspartner einigen muss, oder wenn man in der Opposition ist und merkt, dass man mit den guten Ideen, die man hat, so gar nicht durchdringen kann und die Initiativen dann auch meistens naturgemäß abgelehnt werden oder einem der eine Koalitionspartner sagt, na ja, im Herzen sind wir bei Ihnen, aber es geht einfach nicht. Sozusagen die Schwierigkeiten, die die parlamentarische Demokratie hat, die aber auch zur parlamentarischen Demokratie gehören, im Rahmen eines Rollenspiels zu vermitteln, das wäre unsere Zielperspektive für „Jugend im Parlament“.
Wir haben die Ideen, die dieses Mal von den Jugendlichen eingebracht wurden, sehr intensiv beraten. Ich selbst und einige Kollegen aus meiner Fraktion, aus den anderen beiden Fraktionen waren als Referenten in die einzelnen Ausschüsse geladen. Ich habe durchweg von allen diesen Kollegen gehört, dass es sehr angenehme Diskussionen waren in den Ausschüssen, dass man sich sehr gefreut hat über den direkten Dialog mit den Jugendlichen.
Von den Initiativen, die am Ende dabei herausgekommen sind, tragen auch wir als Grüne jetzt nicht alle mit. Mit der Deutschpflicht auf Schulhöfen haben wir gelinde gesagt Bauchschmerzen. Das wird es mit uns nicht geben. Ich meine aber, so ist das auch nicht gemeint, dass man jetzt jede Forderung von „Jugend im Parlament“ für sich so übernehmen und zur eigenen Meinung machen muss, sondern das sind unserer Meinung nach von Experten in eigener Sache Vorschläge, die man sich ganz genau anschauen soll. Ich würde auch meinen, dass alle Fraktionen
das getan haben. Man muss dann eben schauen, was davon sozusagen richtig gut ist.
Zum Teil hat die Regierung, der Senat, ja auch gesagt, wir übernehmen Sachen. Teilweise können wir uns als Fraktion auch vorstellen, dass man da noch einmal ein bisschen mit mehr Druck hinterhergeht, um dann auch wirklich sicherzustellen, dass die guten Ideen von „Jugend im Parlament“ nicht einfach nur zum Papier werden, und dann war es das, sondern dass da auch etwas passiert.
Ein gutes Beispiel: Meine Kollegin Frau Krusche, bei uns zuständig für den Kulturbereich, ist ganz begeistert davon, dass es dort eine Internetplattform für kulturelle Angebote, einen Kulturbeauftragten an Schulen geben soll. Das sind alles ganz gute Ideen, sagt sie, dafür wird sie sich weiterhin stark machen. Das finde ich eine richtig gute Sache. Solche Vorschläge brauchen wir.
Wir haben uns auch sehr um die Thor-Steinar-Petition bemüht, haben mit den Kollegen in Berlin telefoniert. Dort gab es einmal zeitweilig ein Verbot von Thor-Steinar-Bekleidung. Das geht leider Gottes offenbar nicht mehr, seitdem sie ihr Logo verändert und keine verfassungsfeindlichen Inhalte mehr in ihrem Logo haben. Es ist erst einmal gut, dass darin nichts Verfassungsfeindliches mehr ist, trotzdem schlecht, dass man die Marke auf diese Weise sozusagen nicht mehr in irgendeiner Form angehen kann. Es ist nämlich so, und da finde ich auch, muss man sagen, ist die Antwort des Innensenators, ich will nicht sagen, verharmlosend, aber doch ein bisschen sehr weich, da steht: Na ja, es tragen auch viele Jugendliche mit allgemeiner politischer Auffassung Bekleidung der Firma Thor-Steinar. Das hat etwas mit einem Modetrend zu tun.
Wir sagen ganz deutlich: Thor-Steinar ist eine rechtsextreme Marke. Dahinter steckt auch entsprechendes wirtschaftliches Kapital. Das darf man an der Stelle nicht verharmlosen. Der Vorfall vor einigen Wochen im Weserstadion macht uns ja auch ganz deutlich, dass wir auch hier in Bremen ein Problem haben.
Ich glaube auch, dass man, wenn man die Berichte dann ganz genau liest, auch mit geübtem Oppositionsblick, und die üblichen Schwachstellen findet, dann ist die Forderung der Jugendlichen nach Sozialarbeitern im Netz – wir haben das auch vorher mit einigen Teilnehmern von „Jugend im Parlament“ beraten –, wozu es ein richtig gutes Angebot für Mädchen gibt, über das wir im Jugendhilfeausschuss regelmäßig diskutieren, für Jungen gibt es so etwas aber noch nicht.
Es werden an vielen Stellen runde Tische gefordert, da sagen uns die Jugendlichen auch, um an runden Tischen zu sitzen – mit denen haben wir so un
sere Erfahrung –, haben wir jetzt nicht unbedingt die Petition geschrieben. Ich glaube, wenn runde Tische dazu führen, dass auch wirklich Ergebnisse erzielt werden, ist das in Ordnung, aber wenn sie nur dazu dienen zu entscheiden, wer das längere Sitzfleisch hat und dort länger hocken bleiben kann, und der macht am Ende den Stich, dann ist das keine gute Sache. Insofern werden wir, wenn es da noch weitere Befassungen gibt mit euch als Teilnehmern, euch auch gern unterstützen, wenn ihr sagt: Wir haben dort ein Problem, wir fühlen uns nicht ernst genommen. Dann sagt uns Bescheid, wir als Parlament – das würde ich für alle Fraktionen beanspruchen – haben ein sehr großes Interesse, dass das vorangeht.
Insofern also als mein Resümee für diese Debatte: Man sagt ja, die schlimmsten Kritiker der Molche waren früher ebensolche. Das trifft bei mir nicht zu, ich habe hier gern an „Jugend im Parlament“ teilgenommen, ich werde das auch gern weiterhin voranbringen, werde mich in nächster Zeit nicht mehr in diesem Hohen Hause, sondern eher auf dem Campus vergnügen. Ich werde Rotbauchunken züchten und Sudoku spielen und lauter solche schönen Dinge, vielleicht in meiner Funktion im Umweltschutzbereich mich auch ein bisschen stärker mit Pflanzenschutzberatung befassen.
All das sind interessante Dinge, die man machen kann, wenn man nicht im Parlament sitzt. Es war eine richtig schöne Zeit, ich habe das hier sehr genossen und einiges, glaube ich, auch dazugelernt, es war auch sehr lehrreich. Ich danke auch vielen Kollegen für lehrreiche Erfahrungen. An das philologische Talent des Kollegen Hattig komme ich nicht heran, aber dennoch – –.
Jetzt verkneife ich mir auch – –. Ob das jetzt ins Protokoll kommt, bin ich mir nicht sicher!
Es war eine schöne Zeit, ich danke Ihnen! Wenn Sie mich jetzt nicht zu sehr ärgern in den Beiträgen, die jetzt gleich noch kommen, bleibe ich auch sitzen und schwitze weiter in meinem Wollpullover. – Vielen Dank!
Nein, die ist morgen! Das ist meine viertletzte Rede heute! Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben 5 Minuten Zeit, um über dieses Thema zu diskutieren. Wir haben hier ja auch schon einmal darüber diskutiert, es geht nämlich auf einen grünen Antrag zurück, wie wir den Ausführungen des Präsidenten gerade entnehmen konnten.
Dieser Antrag wurde damals in die Deputation für Soziales überwiesen. Der Senat hat seine Ergüsse zum Thema Verbesserung der Ausbildung der Erzieherinnen uns zukommen lassen, wir haben darüber in der Deputation gesprochen, und nun reden wir hier darüber, und ich muss sagen, ich bin nicht zufrieden mit dem, was im Konzept des Senats steht. Ich glaube auch, mich erinnern zu können, die Kollegen aus den anderen beiden Fraktionen sind auch nicht wirklich zufrieden mit dem, was darin steht.
Fakt ist, und das muss man, glaube ich, erst einmal voranstellen: Die Arbeit, die in unseren Kindergärten im Moment geleistet wird, ist gut. Angesichts der miserablen äußeren Umstände, unter denen unsere Erzieherinnen und Erzieher jeden Tag arbeiten, muss man ihnen an dieser Stelle auch erst einmal ein großes Lob dafür aussprechen, das ist zweifelsohne richtig.
Ich glaube aber auch, dass, wenn wir das ernst nehmen, was wir uns seit Langem auf die Fahnen schreiben – wir Grünen, würde ich beanspruchen, hatten das immer ein bisschen früher auf unseren Fahnen, die SPD war sozusagen hinterher, und die CDU haben wir ja mittlerweile auch davon überzeugt –, nämlich dass wir bei Kindergärten ganz schnell ganz stark aufholen müssen, dass es falsch ist zu sagen, das ist eine Betreuungseinrichtung, dass es richtig ist zu sagen, Kindergärten sind Bildungsgärten, dass es wichtig ist, dort die gleichen Maßstäbe an die Qualität anzusetzen, wie man das im Schul- und im Hochschulbereich tut. Wenn wir das alles ernst nehmen und wenn wir uns auch orientieren, wie es in anderen Ländern aussieht, dann müssen wir auch erkennen, dass die Ausbildung der Erzieherinnen und Erzieher ein wesentlicher Schlüssel ist, damit wir sie in die Lage ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
versetzen, die Herausforderungen, die wir richtigerweise an ihre Arbeit stellen, auch zu erfüllen.
Es geht dabei nicht darum, die Erzieherinnen und Erzieher zu Akademikerinnen zu machen, die dann sozusagen in der Theorie wunderbar sattelfest und in der Praxis völlig ungeeignet sind. Darum geht es nicht, und wenn wir in die anderen Länder schauen, wird es dort auch nirgendwo so gemacht. Es geht darum, dass man neben dem Praxisanteil eben auch den theoretischen Anteil auf Hochschulniveau vertieft. Wenn wir uns anschauen, was mittlerweile hier an der Universität durch den Studiengang der BoschStiftung schon erreicht wird, dann, finde ich, ist das ein sehr gutes Praxisbeispiel dafür, wie so etwas funktionieren kann, dass nämlich Erzieherinnen, die aus der Praxis kommen, dort so ein Aufbaustudium machen. Das ist eine genau richtige Sache.
Das Problem ist bloß, wir haben diese Kompetenz in Bremen, aber wir nutzen sie bislang nicht richtig. Es kostet 3000 Euro, an diesem Studiengang teilzunehmen, und wir können für unsere Mitarbeiter des städtischen Trägers diese 3000 Euro nicht vorschießen, können ihnen da keine Möglichkeit bieten, das nicht aus eigener Tasche bezahlen zu müssen. Noch nicht einmal die evangelische Kirche, die diesen Studiengang hier wesentlich vorangetrieben hat, kann das ihren Mitarbeitern wirklich anbieten, entgegen den eigenen Vorhaben. Ich sehe also, wir haben hier zwar Kompetenzen, aber wir nutzen sie nicht, und das, glaube ich, ist nicht nur an dieser Stelle, sondern generell unser kinderpolitisches Problem in Bremen.
Wenn nun der Senat sagt, wir können die Ausbildung der Erzieherinnen nicht verbessern, das geht im Moment nicht, wir müssen stattdessen das Praktikum, das jede Erzieherin durchlaufen muss, umstrukturieren, es wird in Zukunft dann modularisiert, und im Endeffekt führt es dann dazu, dass wir da Geld einsparen, weil wir im Moment den Erzieherinnen für ihr Anerkennungspraktikum Geld zahlen und das in Zukunft dann nicht mehr tun, dann, glaube ich, ist es nicht nur so, dass wir die Zeichen der Zeit nicht erkennen, sondern wir machen sogar noch einen Schritt nach hinten, wir machen einen ganz klaren Rückschritt.
Ich würde mir einfach wünschen, dass für die kommende Legislaturperiode aus den vielen Bekundungen, die wir bundes- und landespolitisch zum Thema Kinderpolitik hören, auch endlich einmal konkrete Schritte resultieren, und da müssen Sie mir Recht geben: Es geht nicht, ohne das Qualifikationsniveau der Erzieherinnen zu verbessern, erst recht, wenn wir sagen, Zweitkräfte wollen wir zusätzlich einstellen, die müssen ausgebildet werden und dann doch bit
te schön auf einem Niveau, das der Zeit entsprechend ist. – Danke schön!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, vielleicht schaut auch jemand von zu Hause zu. Hier ist ja leider gerade nicht mehr so viel Aufmerksamkeit. Dennoch, glaube ich, haben wir es hier mit einem sehr wichtigen Thema zu tun.
Ich kann jetzt noch eine halbe Minute warten, ich habe fünf davon!
Wir haben es hier mit einem sehr wichtigen Thema zu tun, und zwar kann ich mich zum einen dem anschließen, was von meinen beiden Vorrednerinnen gesagt wurde, das ist ja auch nicht bei jeder politischen Angelegenheit von Bedeutung, sodass sich eigentlich fast alle Fraktionen einig sind. Ich möchte an der Stelle auch noch einmal das Bemühen von Ulrike Hauffe würdigen.
Hier versuchen die Politik und die Landesbeauftragte gemeinsam, die Öffentlichkeit zum Jagen zu tragen, und es gibt hier zwar Fortschritte, bei der Vorbereitung auf die heutige Debatte habe ich mich durch den Blätterwald der Zeitungsberichterstattung gewühlt, aber ich erkenne da auch schon wieder so etwas wie ein Rollback. Ich möchte aber erst einmal ––––––– *) Vom Redner nicht überpüft.
etwas ganz Grundsätzliches sagen. Wir finden es natürlich richtig, dass es neben dem Girls’ Day auch einen Boys’ Day geben soll. Das war ein Antrag der grünen Fraktion aus dem letzten Jahr. Das will ich hier ganz deutlich sagen.
Es ist ein Problem, dass nur 1,79 Prozent der pädagogischen Arbeit in Kindergärten von Männern gemacht wird. Auch wenn das viel damit zu tun hat, wie da die Bezahlung ist, und auch wenn das für andere soziale Berufe ähnlich aussieht, hat es auch etwas damit zu tun, dass sich die Jungen eben genauso wenig in der Arbeitswelt sozialer Berufe auskennen, wie das vor Jahren zumindest noch bei Mädchen und technischen Berufen war.
Ich glaube, die Aufgabe, die wir hier haben, ist unbestritten. Ich denke aber, wenn wir uns dann einmal anschauen, ganz aktuell aus dem „Sonntagsjournal Bremerhaven“, ich zitiere mit Erlaubnis des Senats, Ausgabe vom 22.4.2007, „Vom Hip-Hop bis zur Sexualberatung“ ist die Überschrift – –.
Habe ich des Senats gesagt?
Dann meinte ich aber Sie, Herr Präsident! Mein Versehen, ich war so in Rage. Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten, des Staatsoberhauptes unseres Bundeslandes:
„Vom Hip-Hop bis zur Sexualberatung“.
Ich komme hier nicht mehr zu Ende, merke ich. Ich habe doch nur fünf Minuten! Jetzt möchte ich um etwas Aufmerksamkeit bitten, sonst schaffe ich das nicht!
„Jungenaktionstag im Lehe-Treff als Parallelveranstaltung zum Girls’ Day“. Ich finde es sehr richtig, dass man sich darum sorgt, dass Jungen und auch Mädchen vernünftige Aufklärung bekommen und da Pro Familia als Träger auch nutzt. Das habe ich selbst in meiner Schulzeit auch so erlebt, das ist eine schö
ne Sache. Aber so etwas ausgerechnet am Girls’ Day zu machen, finde ich auch bedenkenswert.
Es geht da noch weiter, das Presseecho auf den Girls’ Day im letzten Jahr, „Bremer Nachrichten“, „WeserKurier“ vom 28.4., ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten: „Ganz im Zeichen der Emanzipation hatte die Polizei Bremen den Girls’ Day zum Kids’ Day umfunktioniert und auch Jungen eingeladen.“ Ich weiß nicht, was das mit Emanzipation zu tun haben soll.
„Norddeutsche“ vom 28.4.2006, ich zitiere mit Erlaubnis: „Inzwischen ist auf dieser Grundlage des Girls’ Day aber eine kunterbunte Mischung geworden. Mädchen schnuppern auch in andere Branchen hinein, die sie eben interessieren. Jungen sind bei Betriebsbesichtigungen dabei, Mädchen bleiben in den Schulen. Beide Geschlechter tummeln sich am Arbeitsplatz der Eltern.“
Ein weiteres Zitat, gleiche Ausgabe „Norddeutsche“: „Bei den Stahlwerken läge der Schwerpunkt des Aktionstages inzwischen aber vor allem auf dem Wort ‚Zukunftstag‘. Das wird ergänzt mit den Worten ‚für die Jugend‘“.
Ein Letztes, um noch eines oben darauf zu setzen! Der Schulleiter eines Schulzentrums aus Vegesack wird hier zitiert: „Überhaupt stelle man die Frage in den Raum, ob man nicht einen Boys’ und Girls’ Day nebenher laufen lassen könne, das hielte ich für einen modernen Weg“, so das Zitat.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie das einmal auf sich wirken, was hier als öffentliche gedruckte Meinung zum Girls’ Day steht! Die Bekundungen hier habe ich verstanden. Alle Fraktionen finden, dass man den Girls’ Day in seiner Eigenständigkeit bewahren muss, weil sonst die Idee kaputtgeht,
dass ein Boys’ Day eine wichtige Sache ist, aber dass es eben darum geht, die Eigenständigkeit zu bewahren. Ich glaube, wenn wir es nicht schaffen, bei dem, was an öffentlicher Meinung dazu in der Praxis Jahr für Jahr – morgen ist es ja wieder soweit – passiert, und dem, was dann an Vor- und Nachberichterstattung auf die Öffentlichkeit einwirkt, unsere Position deutlich zu machen und zu erklären, warum ein Girls’ Day eine Sache ist, die für sich stehen muss, dann machen wir wieder einen Schritt zurück, dann verlieren wir wieder Boden, den wir an der Stelle längst gutgemacht haben.
Das war damals keine einfache Debatte, und wehret den Anfängen! Wir müssen scheinbar die Stellung an der Stelle halten, weil es vor dem Hintergrund von schlechter Jungenarbeit zugegeben eben im Moment diese Irrläufer gibt. Ich würde mir wünschen, dass wir uns das alle zu Herzen nehmen. Morgen ist Girls’
Day. Ich hoffe, er wird ein Erfolg, und vielleicht ist danach die öffentliche Meinung ein bisschen eine andere, und spätestens im nächsten Jahr würde ich mir wünschen, dass wir Boys’ Day und Girls’ Day so auseinandergehalten haben, dass überhaupt keine Vermengungen mehr passieren können. – Danke schön!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen von CDU und SPD, das, was Sie uns hier vorgelegt haben, ist zwar eine Anfrage, aber wenn Sie mich fragen, ist das eine Kleine und keine Große Anfrage. Große Anfragen zeichnen sich dadurch aus, dass aus ihnen so etwas wie eine politische Rich––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
tungsbestimmung hervorgeht. Möchten Sie die mir bitte erklären!
Sowohl in Ihren Beiträgen als auch in Ihrer Anfrage haben Sie sehr schön einige der Fragen hier referiert, wenn ich die jetzt noch einmal zitieren darf: Wie viele Familien mit Kindern sind derzeit in Maßnahmen, wie viele dieser Kinder leben bei eigenen Eltern, wie viele Pflegefamilien haben derzeit mehrere Kinder zur Betreuung und so weiter und so fort? Das sind Fragen nach ganz einfachen statistischen Erhebungen, da ist nichts an politischer Richtung dabei!
Meine lieben Kollegen und Kolleginnen, lassen Sie uns doch, wenn Sie uns schon hier mit Großen Anfragen regelmäßig zuschwallen, statt Anträge zu schreiben, wenigstens dabei bleiben, dass wir dann doch richtige Große Anfragen hier diskutieren und nicht so etwas!
Mir ist auch nicht klar, ich möchte auch nicht zu viel Schärfe in die Debatte bringen, wie solche Zahlenkolonnen, wie sie hier vom Senat richtigerweise aufgeführt wurden, es wurde ja auch danach gefragt, der Senat hat seinen Job gut gemacht, uns dabei helfen sollen herauszufinden, wie es denn in Wirklichkeit ist. Es ist mir nicht klar, wie Sie aus diesen statistischen Erhebungen erkennen wollen, ob es den Kindern gut geht oder nicht. Das kann ich zumindest nicht daraus erkennen.
Da finde ich schon wesentlich zukunftsweisender und richtiger den Ansatz, dass wir als Sozialdeputation der GIS, Gesellschaft für Innovative Sozialforschung, einen Auftrag gegeben haben, einmal Fallverläufe zu untersuchen und tatsächlich mit Fach- und Sachverstand in die Fallakten hineinzuschauen, um festzustellen, sind die Entscheidungen richtig gefallen, ist das, was mit dem Jugendlichen, mit dem Kind passiert, das, wie es hätte sein sollen, oder gab es da womöglich Fehler, gab es da Sollbruchstellen, ist da etwas nicht so gelaufen, wie es hätte sein sollen. Das, finde ich, ist der richtige Ansatz.
Das haben wir längst auf den Weg gebracht. Wir warten jetzt die Ergebnisse dieser Studie ab, damit sind auch hochrangige Wissenschaftler beauftragt. Ich bin relativ hoffnungsfroh, dass uns das ein Ergebnis liefern wird, mit dem wir gut arbeiten können. Dazu brauchen wir so etwas wie hier heute nicht.
Ich möchte noch etwas sagen, um auch inhaltlich zu werden, zum Thema Pflegefamilien! Ich glaube, das Entscheidende ist: Wir müssen abwarten, was der Untersuchungsausschuss uns als Fachabgeordneten, die wir dort alle nicht vertreten waren, an Denkstei
nen mit auf den Weg gibt. Aber dann sind wir auch schon längst in einer inhaltlichen Diskussion selbst angelangt.
Wir wissen, dass sich Pflegefamilien in einem ganz sensiblen Spannungsfeld bewegen. Dieses Spannungsfeld ist einerseits ambulant vor stationär, andererseits die günstigere Variante zu finden. Ich glaube, dass Pflegefamilien günstiger sind als eine Heimunterbringung, das ist ganz klar, und dass es in vielen Fällen für Jugendliche auch fachlich besser ist, wenn sie in einer Pflegefamilie, also ambulant und nicht stationär, untergebracht werden. Aber diese Fälle fallen nicht immer notwendigerweise zusammen.
Das heißt, einfach per se zu entscheiden, wir bringen, weil es günstiger ist, Kinder in Pflegefamilien unter statt in Heimen, ist verkehrt. So darf ambulant vor stationär nicht funktionieren. Es muss in jedem Einzelfall fachlich entschieden werden, ist es in diesem Einzelfall besser für den Jugendlichen, in eine Pflegefamilie zu kommen, oder besser für den Jugendlichen, stationär untergebracht zu werden. Diese fachliche Abwägung muss das Entscheidende sein. Dass wir wissen, dass das eine weniger kostet als das andere, darf uns dabei nicht berühren. Das ist das, was wir schaffen müssen, um im Jugendamt wieder vernünftige Entscheidungen herbeizuführen. In jedem Einzelfall muss die fachliche Entscheidung getroffen werden. Genau in diesem Spannungsfeld bewegen sich die Pflegefamilien.
Ich glaube, dass wir auch erkennen müssen, dass das für die Eltern große Herausforderungen sind und es im Moment schon bei PiB Schwierigkeiten gibt, genügend qualifizierte Eltern, geeignete Eltern zu finden für die Programme, für die Module, die PiB anbietet, und dass wir erkennen müssen, dass auch Pflegefamilien irgendwann an ihre Grenzen stoßen. Das System Pflegefamilien kann nicht beliebig weit ausgedehnt werden auf immer schwierigere Fälle. Wenn es dann die Eltern nicht gibt, die das übernehmen können, dann zeigt uns das einfach, dass dort das System Pflegefamilien an seine Grenzen stößt, dass dort auch eine stationäre Unterbringung genauso richtig sein kann.
Ambulant vor stationär, das noch einmal zum Abschluss, um das Ganze deutlich zu machen, ist kein Dogma, sondern ambulant vor stationär muss im Einzelfall entschieden werden von Menschen, die sich damit auskennen und die das fachlich entscheiden. – Danke schön!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Grotheer, Sie kennen mich doch. Wahlkampfreden liegen mir fern, und wenn, dann klingen die noch ganz anders. Das war gerade lediglich eine sachliche Debatte, bei der auch einmal ein paar Dinge auf den Punkt gebracht werden mussten.
Frau Wangenheim, ich kann solange warten, ich habe auch heute wieder keine weißen Socken an, wenn Sie mir das immer gern unterstellen wollen.
Sie stricken mir weiße Socken, Frau Wangenheim, darauf freue ich mich!
Zurück zur Sache! Es geht hier heute um die Mitteilung des Senats, Jugendliche vor Verschuldung schützen. Da möchte ich gern auch noch darauf hinweisen, dass das einer der wenigen grünen Anträge war, den wir in dieser Legislaturperiode gestellt haben, der tatsächlich von SPD und CDU so übernommen wurde. Das hat man ja als Opposition nicht so oft. Unsere Anträge werden hier ja meistens und naturgemäß abgelehnt. Insofern finde ich das sehr schön, dass Sie an der Stelle erkannt haben, dass wir hier eine richtige Initiative eingebracht haben. An ganz vielen Stellen würde ich mir das wünschen, dass Sie das auch erkennen. Da tun Sie es leider nicht, aber immerhin, hier haben Sie es erkannt. Herzlichen Glückwunsch und danke schön im Sinne der Sache!
Das, was Herr Grotheer inhaltlich gesagt hat, stimmt vollkommen. Ich weiß auch, dass Herr Bartels gleich noch inhaltlich etwas zum Thema Schulden sagen will. Ich habe mir vorher überlegt, ob ich heute wirklich noch einmal das wiederholen soll, was ich in der ersten Debatte gesagt habe, als ich damals diesen Antrag hier eingebracht habe. Ich habe mich entschieden, dass ich das eigentlich nicht muss, weil die Tatsachen auf dem Tisch liegen. Wir haben da ein großes Problem. Wir haben es da auch mit Werbestrategien zu tun, die speziell Jugendliche ansprechen.
Wir haben das riesige Problem Handys, eine sozusagen völlig unüberblickbare Marktsituation, bei der es mir selbst auch so geht, dass ich mich da regelmäßig in irgendwelchen Tarifgewirren verstricke. Da der Vorstoß unserer ehemaligen Verbraucherschutzministerin Renate Künast, bundesweit sozusagen mit den Handy-Partnern, mit den Telefongesellschaften, einen Kontrakt zu schließen im Sinne der Jugendlichen, um sie vor Verschuldung zu schützen, nicht geklappt hat, da das gescheitert ist, weil das die Mobilfunkgesellschaften nicht mitgemacht haben, konnte Politik hier also noch keine befriedigende Lösung finden.
Wir können das auf Landesebene natürlich auch nicht ersetzen. Wir müssen eher auf präventive Maßnahmen setzen und müssen gleichzeitig Rat und Tat, beispielsweise bei den Schuldnerberatungen, bereitstellen. Ich glaube, das müssen die Aufgaben sein, die wir hier auf Landesebene schultern können. Es gibt die Arbeitsgemeinschaft des Senats. Ich freue mich sehr, im Sommer, dann hier nicht mehr als Mitglied dieses Hauses, eine Debatte verfolgen zu können, die sich dann hoffentlich mit den Ergebnissen dieser Arbeitsgemeinschaft befasst.
Andere Bundesländer machen Ähnliches. Ich denke, da muss man auch immer über den Tellerrand hinausschauen und sehen, was in anderen Bundesländern, beispielsweise Schleswig-Holstein, erarbeitet wird, sodass wir hoffentlich in einer nicht allzu langen Zeit ein vernünftiges Konzept haben, bei dem wir sagen können, wir tun alles, was wir als Staat machen können, um Jugendliche vor Verschuldung zu schützen. Das wird Jugendverschuldung nicht auf Null reduzieren, aber wir werden zumindest unseren Job möglichst gut machen, und das ist dann schon eine ganze Menge. – Ich bedanke mich!
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn wir heute diese Antwort des Senats auf die Große Anfrage der Fraktionen der CDU und der SPD beraten, dann muss ich leider auch als Oppositionsvertreter sagen, so richtig kontrovers kann man da eigentlich gar nicht werden.
Woran liegt das? Ja, Frau Wangenheim, Sie schmunzeln, woran liegt das? Ich glaube, es liegt zum einen daran, dass es ein Thema ist, das in der Tat allen wichtig ist. Es liegt aber zum anderen auch daran, dass natürlich so eine Große Anfrage nicht der Ort ist, wo man die inhaltlichen, politischen Instrumente, wo man die politischen Maßnahmen diskutiert, wo man darüber sprechen kann, ob man etwas so oder anders machen will, sondern es geht um eine allgemeine Bestandsaufnahme. Da können sich dann auch gern alle einig sein. Was ich mir gewünscht hätte, wäre an dieser Stelle schlicht und ergreifend mehr Initiative.
Ich glaube, dass – und da möchte ich gerade an das anknüpfen, was meine Vorrednerin Frau Dr. MohrLüllmann gesagt hat – wir es zu Zeiten der Ganztagsschulen mit einer großen Herausforderung zu tun haben. Wenn wir uns auf die Fahnen schreiben, möglichst viele Schulen zu Ganztagsschulen machen zu wollen, wenn wir uns auch auf der anderen Seite im Kinderbereich bewusst werden, dass viele Eltern mit den Vier-Stunden-Angeboten, wie wir sie früher hatten, nicht mehr zufrieden sind, dass der Trend auch da zu den längeren Angeboten geht, sechs, sieben, acht Stunden Betreuung im Kindergarten, dann bedeutet das natürlich auch, dass wir nicht nur den Trend zur Ganztagsschule, sondern auch zum Ganztagskindergarten haben. Das wird, das finde ich eigentlich in der Vorlage des Senats noch etwas zu wenig betont, sehr wohl auch für Erzieherinnen und Erzieher sowie auch für Lehrerinnen und Lehrer eine Veränderung bedeuten und neue Herausforderungen mit sich bringen.
Es ist nämlich nicht nur irgendein Detail, ob eine Diät, die mittags eingenommen werden muss, dann unter Betreuung des Lehrers und nicht mehr von der Mutter oder dem Vater zu Hause gereicht wird. Das
ist keine Kleinigkeit! Ich glaube, das ist eine ganz massive Veränderung, und deshalb müssen wir dieses Thema sehr zügig angehen und hier auch politische Entscheidungen treffen.
Für uns Grüne ist klar, wir wollen integrative Kindergärten und integrative Schulen. Das betrifft chronisch kranke Kinder genauso wie Kinder, die von Behinderung bedroht oder behindert sind, und wir müssen genauso, wie wir das auch für die Integrationskinder tun müssen, auch für chronisch kranke Kinder dafür sorgen, dass wir alle Hürden, die es erschweren, sich in eine Gruppe, in eine Gruppe von Gleichaltrigen, hineinzufinden, abbauen.
Unserer Meinung nach gibt es zwei zentrale Ebenen, auf denen wir arbeiten müssen: Das eine ist die Ebene der Erzieher, darauf möchte ich jetzt sofort kommen, das Zweite, dazu möchte ich später noch etwas sagen, ist die Ebene der Kinder selbst, weil ich glaube, dass man dieses Thema nicht nur von einer Seite, also weder nur von der Seite der Erzieher und Betreuer noch nur von der Seite der Kinder, her bedenken kann, sondern man muss beide Ebenen qualifizieren, und auf beiden Ebenen muss man auch zu Veränderungen kommen.
Wir wollen also Erzieher stärker sensibilisieren. Ich lese, wenn ich mit Erlaubnis der Präsidentin zitieren darf, in der Vorlage, dass in der Vergangenheit die öffentlich bekannt gemachten Informationsangebote zu einzelnen chronischen Erkrankungen nur wenig bis gar nicht angenommen wurden, und dann heißt es weiter: „dies ist nachvollziehbar und darauf zurückzuführen, dass Betreuer wenig Sinn darin sehen, sich mit chronischen Krankheitsbildern zu beschäftigen, mit denen sie möglicherweise während ihres gesamten Berufslebens nicht konfrontiert werden.“ Diese Aussage muss man erst einmal so stehen lassen, und dann heißt es im nächsten Satz: „Dagegen ist die Bereitschaft, im Bedarfsfall individuelle Beratung einzuholen, gut ausgeprägt.“
Ich frage mich: Woher kommt die Erkenntnis, dass die Bereitschaft, sich im Bedarfsfall eine Hilfe zu holen, tatsächlich so ist? Wir wissen ja nicht einmal, mit wie vielen Fällen wir es zu tun haben. Frau Dr. Mohr-Lüllmann sagte es bereits, wir haben diese Statistiken gar nicht, woher wollen wir also wissen, wie hoch die Bedarfe überhaupt sind und in welchen Fällen, in denen ein Bedarf besteht, diese auch entsprechend gedeckt wurden?
Ich wäre immer eher dafür, grundsätzlich allen Erzieherinnen und Erziehern, allen Lehrerinnen und Lehrern Angebote in der Form zur Verfügung zu stellen, dass sie sie jederzeit nutzen können. Das mag zum einen über Fort- und Weiterbildung laufen, davon will ich auch nicht abrücken, das muss passieren. Ich bin der ganz festen Überzeugung, wir qualifizieren
besonders im Kindergartenbereich eher zu wenig als zu viel.
Wir müssen auf der anderen Seite – das war ein Vorschlag meiner Kollegin Frau Hoch, den greife ich auch hier gern wieder auf – beispielsweise durch Informationsbroschüren, die wir in den Kindergärten und in den Schulen auslegen, die dann auch von den Lehrern wahrgenommen werden und nicht nur irgendwo im Karton in der Ecke stehen bleiben, versuchen, Lehrer stärker mit Informationen zu versorgen und ihnen die Informationen zuerst geben und sie zuerst sensibilisieren, damit sie, wenn sie dann mit einem konkreten Fall konfrontiert sind, besser handeln können und dann nicht quasi aus allen Wolken fallen.
Ich glaube, wir müssen genauer darauf achten, auch das wird in der Anfrage und in der Antwort zu schwach beleuchtet, ob es wirklich gewährleistet ist, wenn sich ein Lehrer oder ein Erzieher Unterstützung beim kinder- und jugendärztlichen Dienst holt, dass das dann auch wirklich alles so funktioniert, wie es sein soll, und dass auch die Telefonnummer des kinderund jugendärztlichen Dienstes wirklich bei allen Lehrern so präsent ist, wie sie sein sollte.
Wir müssen ganz klar zu einer Verteilung der Aufgaben kommen. Lehrer und Erzieher haben nicht die Aufgabe, die der kinder- und jugendärztliche Dienst hat, aber beide müssen eng miteinander arbeiten. Ob das in jedem Einzelfall so gewährleistet ist, da habe ich meine Fragen und Zweifel. Ich glaube, wenn man beispielsweise eine Hotline des kinder- und jugendärztlichen Dienstes speziell für Mitarbeiter in Schulen oder in Kindergärten einrichtet, dann hätte man an der Stelle wahrscheinlich auch dafür gesorgt, dass unterwegs weniger Informationen verloren gehen und dass die Kommunikation besser gewährleistet ist.
Ein letzter Satz zu dem, was Erzieher, Kindergärten und Schulen tun müssen! Da stellt sich die Frage, ob wir Cook and Chill in unseren Kindergärten wollen oder ob wir wollen, dass das eigene Küchenpersonal in der Kindergartenküche Essen zubereitet. Das ist nicht nur eine Frage, die etwas damit zu tun hat, ob wir die Mitarbeiterinnen vor die Tür setzen wollen oder nicht, das ist auch nicht nur eine Frage von ökologisch gesundem Essen, sondern das ist auch eine Frage, dass Kinder, die beispielsweise Allergien haben, darauf angewiesen sind, zum Teil eine bestimmte Diät zu bekommen. Das ist mit Cook and Chill sehr schwer umzusetzen. Es ist viel besser, wenn wir, wie auch jetzt schon, weiterhin unsere Köchin, unseren Koch im Kindergarten haben, dann funktioniert das einfach viel besser.
Ich möchte dann zum zweiten Bereich kommen: die Befähigung von Kindern, Hilfe zur Selbsthilfe, für Grüne ein wichtiges Thema! Ich glaube, dass es in der Tat nicht geht, dass wir über Kinder hinweg entscheiden, das sollen weder die Eltern tun, das sollen auch nicht die Erzieher oder die Lehrer tun, sondern wir müssen Kindern von klein auf und immer ihrem Alter angemessen die Möglichkeit geben, für sich selbst zu entscheiden, sich selbst zu managen, so heißt es auch in der Vorlage. Ich glaube, dass es sehr wichtig ist, dass wir dafür pädagogische Konzepte entwickeln, dass diejenigen, die Erzieher und Lehrer, die in den Kindergärten, in den Schulen mit den Kindern zu tun haben, ihnen dabei auch helfen.
Ich glaube auch, dass das eine Sache ist, die man erst erlernen muss, wie man anderen zur Selbsthilfe verhilft. Das ist eine Sache, die einem nicht in die Wiege gelegt wurde als Lehrer, als Erzieher, bei der man wahrscheinlich auch von Einzelfall zu Einzelfall anders wird vorgehen müssen. Dafür müssen wir pädagogische Konzepte entwickeln und gegebenenfalls auch auf externe Hilfe zugreifen, das kann nicht alles in einem Kindergarten oder in einer Schule von selbst gelöst werden. Aber ich glaube, dass man in Bedarfsfällen von außen Hilfe organisieren kann und dass das im Zweifel für die Kinder der beste Weg ist, möglichst wenig über ihre Köpfe hinweg zu entscheiden.
Auch Mitschüler müssen wir, glaube ich, sensibilisieren. Es ist nicht nur das Problem des Schülers, der eine chronische Erkrankung hat, sondern in dem Moment, in dem wir ihn in eine Gruppe integrieren, wird es auch das „Problem“ von allen anderen Kindern. Das ist kein negatives Problem, das kann durchaus positiv sein, wenn man merkt, dass hier einer ist, der, wenn er hundert Meter gesprintet ist, erst einmal sein Asthmaspray braucht und dass es beim ersten Mal vielleicht ganz lustig ist, wenn er da mit seinem Asthmaspray herumhantiert, dass es aber spätestens beim zweiten Mal dann zur Selbstverständlichkeit wird.
Das ist, glaube ich, einer der großen Vorteile, die wir gerade in unserem Kindergartensystem haben: Wenn Kinder früh lernen, mit anderen Kindern zu interagieren, lernen sie dann auch, solche Situationen besser zu verarbeiten, und merken, das ist nichts Schlimmes, der eine kann eben nicht so gut laufen, der hat Asthma, aber er kann trotzdem toll Bälle werfen und ist trotzdem ein richtig guter Kumpel. Ich glaube einfach, dass uns klar sein muss, dass wir da Kindern, auch denen, die keine chronische Erkrankung haben, genauso etwas mitgeben, etwas sehr Wichtiges für ihr späteres Leben.
Ich möchte zum Schluss kommen mit einigen Anmerkungen, die man sich als Grüner sowieso nicht verkneifen kann, zum Thema Prävention. Ich glaube nämlich, dass das Primat der Ökologie, das uns Grünen ja immer nachgesagt wird – sicher auch zu Recht –, dass wir darauf schauen, wie das mit unserer Umwelt ist, wie das mit den Feinstaubemissionen ist und solche Dinge, auch etwas zu tun hat mit der chronischen Erkrankung kleiner Kinder.
Wir kritisieren, dass die Feinstaubmessinstrumente viel zu hoch installiert sind, weil in der Höhe, in der sie messen, überhaupt keine schädliche Luft mehr ist, sondern die schädliche Luft ist ungefähr in der Höhe, in der die Autos ihren Auspuff haben. Wenn man dann einmal vergleicht, wie groß Kinder im Grundschuloder Kindergartenalter sind, ist das ziemlich genau die Höhe, in der sich diese Kinder bewegen. Wir müssen also darauf achten, dass auch diese Emissionen ganz explizit und vor allem unsere kleinen Kinder nicht schädigen und dass das gleichzeitig auch diejenigen sind, die den empfindlichsten Organismus haben und die am schlechtesten mit so etwas umgehen können. Deshalb ist Umweltschutz auch Kinderschutz!
Wir als Grüne möchten gern, dass bremische Kindergärten sich umstrukturieren. Wir als Grüne möchten gern Familienzentren in jedem Stadtteil haben. Ich bin mir mit meiner Kollegin Frau Hoch einig, dort soll es nicht immer darum gehen, dass Eltern, die bis dahin Analphabeten waren, lernen, wie man liest, oder dass dort andere wichtige Dinge vermittelt werden, dass dort Erziehungsberatung passiert, sondern dort soll auch Gesundheitsberatung stattfinden, und zwar für die Eltern genauso wie für die Kinder.
Ich glaube, dass es wichtig ist, den Familien beispielsweise gesunde Ernährung zu vermitteln, dafür sind die Familienzentren der richtige Ort! Wir müssen immer beide Seiten – in dem Fall Eltern genauso wie Kinder – bedenken, und wenn Kinder im Kindergarten gesundes Essen bekommen und zu Hause die Eltern nicht wissen, wie man gesund kocht, ist das nicht nachhaltig, sondern auch die Eltern sollten wir dort weiterqualifizieren! Dafür wollen wir diese Konzepte endlich umsetzen.
Wir hoffen hier auf die Unterstützung anderer Fraktionen. Das kostet natürlich Geld, aber ich glaube, solch ein integratives Konzept, das die ganze Familie zusammen bedenkt, ist einfach das Beste im Zuge möglichst gesunder, selbstbestimmter Kinder, Eltern und Familien. – Damit bedanke ich mich!
Frau Senatorin, nur um das noch einmal ganz klarzustellen, damit hier kein falscher Eindruck hängen bleibt von dem, was Herr Kollege Knäpper gefragt hat bezüglich des Schutzes der Allgemeinheit vor jugendlichen Straftätern! Frau Senatorin, teilen Sie mit mir die Auffassung, dass eine Stigmatisierung jugendlicher Straftäter genau das ist, was wir vermeiden müssen, dass wir durch präventive Strategien – Herr Grotheer hatte dann schon etwas gesagt –, wenn schon Jugendliche straftätig geworden sind, aber wir ihnen natürlich immer noch Hilfe angedeihen lassen, damit viel mehr erreichen, als wenn wir hier mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch oder mit der Strafprozessordnung oder womit auch immer argumentieren? Die politischen Diskussionen müssen eher darauf achten, hier keine Horrorszenarien zu beschwören, sondern lieber der Jugendhilfe den Rücken stärken!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich war etwas gespannt, muss ich gestehen, wie die Debatte heute ablaufen würde, war auch überrascht, dass ich jetzt direkt schon nach der SPD das Wort bekomme. Warum ich gespannt war auf die Debatte, ist die Situation, dass, ich glaube, das ist aus der Rede von Herrn Grotheer auch deutlich geworden, die beiden Fraktionen hier im Hohen Hause von SPD und CDU mit ihrer Großen Anfrage sehr deutlich versucht haben, dem Senat das Instrument dieser Teen-Courts nahezulegen, dass aber die Antwort des Senats gleichermaßen sehr ablehnend und sehr schroff dahingehend war zu sagen, nein, das brauchen wir nicht, das passt nicht ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
in unser bremisches System, und das lehnen wir auch vom Ansatz her ab.
Es ist doch für eine Oppositionsfraktion eine relativ seltene Situation, dass wir hier erkennbar zwischen Parlament und Senat einen Dissens in der Sache, und zwar auch in der Grundsache, haben. Wir als grüne Fraktion haben es da relativ leicht, wir könnten uns eine von beiden Positionen sozusagen aussuchen und uns dafür dann stark machen. Wir haben uns, und da brauchten wir gar nicht so lange zu diskutieren, für den Standpunkt des Senats entschieden, nämlich dafür, wie die Teen-Courts bislang praktiziert werden.
Natürlich kann man das konzeptionell dann immer verändern, Herr Grotheer, da stimme ich Ihnen auch schon zu, aber es gibt doch erst einmal einen Vorschlag, der konkret im Raum steht, und den muss man sich anschauen. So, wie er im Raum steht, bedeutet das nichts anderes, als dass durch die Teen-Courts tatsächlich der Täter in den Mittelpunkt und das Opfer aus der Perspektive herausgerät, und so wollen wir das nicht. Für uns bedeutet es immer, dass man sowohl den Täter als auch das Opfer in der Perspektive behalten muss. Nur wenn man beides gleichermaßen macht, kann man die Probleme vernünftig aus der Welt schaffen.
Ich sage einmal so: Der Grundsatz ist, dass wir schauen müssen gerade bei Jugenddelinquenz, gerade an Schulen, wo sich uns ein auch relativ breites Podium bietet, wie können wir es schaffen, dass Vergehen von Jugendlichen nicht einfach von irgendeinem Erwachsenen geahndet werden, und dann ist es gut, sondern wie können wir den Jugendlichen das Gefühl geben, dass sie bei Konflikten, die in ihren Schulklassen beispielsweise entstehen, an der Lösung dieser Probleme, an der Lösung dieser Konflikte auch selbst beteiligt sind und dass sie an Wiederherstellung von Gerechtigkeit, zumindest der Täter und das Opfer, mitbeteiligt sind und dass das nicht von übergeordneten erwachsenen Stellen ihnen aufoktroyiert wird, was zu geschehen hat.
Diesen Gedanken von Partizipation teilen wir und finden wir richtig. Aber man muss ganz genau darauf achten, weil es eben ein sehr heikles Thema ist, mit dem man sich auseinanderzusetzen hat, wie man das macht. Ich glaube, man kann auch den Einwand des Senats nicht vom Tisch wischen, dass Jugendstrafsachen generell nicht öffentlich zu verhandeln sind. Das heißt, es geht nicht, dass es dann am Ende eine große Schulversammlung gibt, und dann sitzen da vorne drei, vier jugendliche Richter, und diese entscheiden dann irgendetwas, sondern diese Probleme müssen wir im kleinsten Kreis lösen, aber wir müssen sie eben so lösen, dass die Jugendlichen das Gefühl bekommen, dass sie da eine Rolle mitspielen
und dass sie am Ausgang des Geschehens auch beteiligt sind.
Das, was wir bislang haben an Instrumenten, den Täter-Opfer-Ausgleich, die Sreitschlichter, die AntiStress-Programme, das alles wird ja auch in der Antwort des Senats genannt, das sind unserer Meinung nach schon sehr gute Ansätze, bei denen man sich auch überlegen muss, ob man überhaupt noch weitere braucht. Meine Kollegin Anja Stahmann nennt das gern Maßnahmen-Hopping. Das kennen wir im Bildungsbereich mitunter, das kennen wir auch im Sozialbereich, dass man immer neue Programme auflegt, ohne eigentlich damit den Kern des Problems zu berühren.
Wir müssen uns also überlegen, ob wir mit dem, was wir bisher an Programmen haben, nicht schon relativ viel erreichen können, denn können wir die nicht vielleicht noch ein bisschen verbessern? Aber müssen wir nicht einfach ganz grundsätzlich über die Finanzierung reden? Müssen wir nicht darüber reden, dass in Bremen-Nord mittlerweile die WiN-Mittel ausgelaufen sind, mit denen da der Täter-OpferAusgleich finanziert wurde? Müssen wir nicht darüber reden, dass wir das, was wir im Moment schon an guten Programmen haben, einfach nicht überall gewährleisten können, weil nicht entsprechendes Geld im Haushalt steht? Ich finde, das ist ein ganz zentrales Problem, wenn wir über dieses Thema heute hier reden.
Es wird ja auch in dieser Anfrage darüber geredet, inwieweit man dann die Schüler entsprechend fortbilden könnte für diese Teen-Courts. Ich glaube, es wäre auch ganz sinnvoll, überhaupt einmal Fortbildung anzubieten. Es muss dann gar nicht auf dieses neue Instrument der Teen-Courts hinauslaufen, aber ich glaube, dass generell die Möglichkeit, dass für Schulklassen Fortbildungsmaßnahmen in Stressprävention und so weiter angeboten werden, uns auch helfen könnte. Ganz grundsätzlich muss man sich ja eines immer vor Augen halten: Schüler in einer Schulsituation, in einer Klassensituation haben nur sehr schwer die Möglichkeit, einander aus dem Weg zu gehen, nachdem einmal etwas passiert ist. Die einzigen Möglichkeiten, die sich da bieten würden, wären, entweder verlässt der Täter oder das Opfer die Schule.
Das ist aber beides irgendwie nicht schön, und es wäre wünschenswert, es so zu lösen, dass sich beide Seiten dann noch halbwegs in die Augen schauen und miteinander weiter im Unterricht zusammenarbeiten können. Das muss eigentlich das Ziel sein. Deshalb haben wir da auch noch ein Stück weit eine andere Situation, als wenn es um Straftaten geht, die
irgendwo im Straßenverkehr passieren oder so. Da sehen sich Täter und Opfer danach nicht so schnell wieder. Wir müssen also ganz genau darauf achten, dass wir da, auch vor dem Hintergrund von Bildungspolitik, nämlich wer Angst hat, der kann nicht gut lernen, ganz zentral aufgefordert sind, Konflikte besser zu lösen, Konflikte so zu lösen, dass das Klassenklima davon profitiert und dass das auch ein Aspekt von Bildungspolitik ist. In diesem Sinne bedanke ich mich.
Herr Präsident, meine – –.
Frau Präsidentin, ich bin schon so in Verve! Frau Präsidentin, entschuldigen Sie bitte, meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, man muss dazu einfach doch noch einmal etwas sagen, was Herr Rohmeyer gesagt hat. An der einen Stelle hatte er recht.
Politikunterricht sechsstündig die Woche würde ich mir wünschen und wird durch nichts ersetzt. Ich glaube, das ist gerade das Entscheidende, dass wir im Unterricht die Fundamente legen, die es dann erst möglich machen, dass man sinnvollerweise mit einer Klasse nach Sachsenhausen, nach Neuengamme fahren kann, dass man das sinnvollerweise im Unterricht verknüpfen kann.
Das eine ist die Erfahrung außerhalb der Schulwelt, und die ist ganz wichtig, da sind wir uns auch alle einig, glaube ich, aber das andere ist, dass ohne die Fundamente im Unterricht das nicht verstanden wird, was passiert, wenn man sich in den Bus setzt, irgendwohin fährt, aussteigt, sich einen Vortrag anhört, wieder in den Bus steigt und nach Hause fährt.
Ich muss gestehen, es ärgert mich sehr, wenn ich von Kolleginnen und Kollegen aus den Schulen höre, wie die Situation um den Politikunterricht bestellt ist. Es ist ja schön und richtig, dass das Wahlalter für die Beiratswahl jetzt auf 16 Jahre herabgesetzt wurde. Dafür haben wir als Grüne gestritten. Aber wir haben mit bei unserer Forderung auch immer gesagt, dass es auch auf Landesebene herabgesetzt wird, um den Kritikern dort zuvorzukommen. Es ist genauso wichtig, dass das in der Schule auch entsprechend beantwortet wird. Es reicht einfach nicht aus zu sagen, jetzt könnt ihr ab 16 wählen, sondern wir müssen den Politikunterricht besser machen.
Es ist egal, ob man ab 16 oder ab 18 Jahren wählen kann, es ist ganz essenziell, um sich in dieser De––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
mokratie zurechtzufinden, dass man in der Politik auf spannende Weise das vermittelt bekommt, was man braucht, um das politische System zu verstehen, und sich nicht einfach nur abgekoppelt und unverstanden zu fühlen.
Ich glaube, dass in diesem Sinne Veranstaltungen hier im Hohen Hause wie „Jugend debattiert“ oder „Jugend im Parlament“ ganz richtig und ganz wichtig sind. Aber es hilft eben nichts, wir müssen in der Schule besser werden, wir müssen natürlich auch besser werden, nicht nur, was die Gestaltung des Unterrichts angeht, sondern was auch die Mitbestimmung von Jugendlichen in Schulen angeht. Auch dort vermitteln sich ganz viele wertvolle Erfahrungen. Überall dort, wo man das theoretische Wissen des Unterrichts praktisch einsetzten kann, und sei es dann gleich auf einer Schulversammlung, hat da schon seinen Wert gehabt.
Von daher glaube ich, dass wir dort wesentlich deutlicher, weg von diesen currikularen Fragen, die Herr Rohmeyer hier heute thematisieren wollte, dahin gehen müssen, wie bieten wir Jugendlichen ein Forum, wo sie sich nicht nur äußern können, sondern wo das, wie sie sich äußern, auch ernst genommen wird. – Danke schön!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte an das anknüpfen, was von meinen Vorrednern von der CDU und der SPD gesagt wurde. Ich glaube, dass wir auf jeden Fall den Nichtraucherschutz – da sind wir uns alle einig – als ein wichtiges Thema für die Kinder- und Jugendpolitik, für die Gesundheitspolitik erkannt haben und dass der Senat durch die vorliegende Beantwortung der Großen Anfrage auch seinen Willen dazu bekundet hat, hier einiges besser zu machen. Aber ich glaube auch, dass gerade eine solche Debatte, weil man sich ansonsten fragen ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
könnte, warum man überhaupt darüber redet, dazu dienen muss, noch weitere Punkte in die Diskussion mit einzubringen, die bislang dort noch nicht behandelt wurden.
Wir haben hinlänglich hier im Haus der Bürgerschaft über das Gesetz diskutiert, das von der Koalition hier gegen die Grünen beschlossen wurde, das unter anderem eine Rauchfreiheit an Schulen vorsieht. Dabei muss man auch sagen, die Erfahrung an Schulen zeigt, an einigen Schulen läuft es tatsächlich ganz gut, aber an vielen läuft das auch nicht so, wie man sich das erhofft hat. Da läuft es eher so, wie es die Skeptiker vorhergesagt haben, es gibt dann breite Wanderungsbewegungen zum Beispiel von Berufsschülern, herunter vom Schulhof um die nächste Ecke, um dann da zu rauchen. Ich glaube, so eine Wanderbewegung wie bei dem Lemmingen war eigentlich nicht das, was wir erhofft hatten, weil das nicht zur Prävention führt.
Einige Sachen müssen wir uns, glaube ich, die im Moment von verschiedenen Seiten in die Diskussion mit eingeführt werden, ganz genau ansehen. Es gab in dieser Woche einen Brief der Gastronomen in Bremen, die gern möchten – wenn schon, denn schon –, dass alle Restaurants rauchfrei sein sollen. Dann ist zwischen großen und kleinen Restaurants eine Wettbewerbsgleichheit garantiert. Das ist eine Sache, die man zumindest zur Kenntnis nehmen muss. Es gibt viele, gerade Menschen aus dem Schulumfeld, die sagen: Wir brauchen die Zigarettenautomaten im Schulumfeld nicht, dort muss es auch so etwas wie eine Bannmeile geben, da dürfen die überhaupt nicht stehen. Es gibt also eine Reihe von Ansätzen, die man diskutieren kann und sollte. Deshalb hoffe ich, dass die Diskussion in Bremen nicht mit dem Gesetz, das beschlossen wurde, oder mit der vorliegenden Antwort erschöpft ist.
Ich möchte gern den Fokus noch auf einige andere Themen richten. Das eine ist die Frage: Wie ist das mit der Werbung? Es gibt Tabakwerbung nur noch in beschränktem Umfang, anders als bei der Alkoholwerbung. Wir haben hier auch schon Debatten zum Konsum mit Alkopops geführt, da spielt das noch eine ganz andere Rolle. Aber ich glaube, dass man immer noch, wo man steht und geht, auf Menschen trifft, die versuchen, einen irgendwie Werbung für Tabakwaren unterzujubeln. Sie dürfen diese wohl nicht mehr gratis verteilen, aber dann bekommt man sie über irgendwelche Gewinnspiele. Also offensive Werbung dafür wird immer noch gemacht.
Herr Oppermann von der CDU hat gestern eine Frage in die Fragestunde eingebracht, ob offensive Werbung für Gratiskredite oder für günstige Kredite in der Innenstadt sozusagen dazu führen würden, dass Jugendliche verschuldet werden. Ich würde eine
ähnlich Frage auch bei den Tabakwaren stellen wollen und fagen: Wie ist das da eigentlich mit der Werbung, aber auch, wie ist das mit der Vorbildfunktion? Vorbilder wurden hier heute auch schon häufiger genannt.
Heute Morgen hatten wir eine sehr umfängliche Debatte darüber, ich glaube, dass jeder Mensch da auch Vorbild ist. Eltern sind ihren Kindern Vorbilder, Lehrer sind ihren Schülern Vorbilder, und natürlich sind auch Personen des öffentlichen Lebens Vorbilder. Wenn die alle rauchen, solange das Rauchen noch das positive Image des Menschen im Wilden Westen mit dem Hut auf dem Kopf und dem Pferd unter dem Sattel hat, ist das tatsächlich auch etwas, was für Jugendliche dadurch attraktiv wird. Da kann auch jeder von uns ein Stück weit etwas daran tun, Jugendlichen deutlich zu signalisieren – ohne, dass wir es böse meinen –, aber das Rauchen ist ungesund, und man braucht es eigentlich auch nicht.
In diesem Sinne glaube ich – im Einkaufszentrum bei mir um die Ecke wird auch immer geraucht –, öffentliche Räume, nicht nur Behörden, sondern auch andere öffentliche Räume, leben im Moment noch häufig davon, dass es eine Kultur des freien Rauchens gibt. Ich glaube, dass wir in einem freien Land leben und deshalb über jede Einschränkung dieser Freiheit ganz genau reden sollten. Auch glaube ich, das ist das Falscheste, was passieren kann, dass es einen Stellungskrieg zwischen Rauchern und Nichtrauchern gibt, und wer dann jeweils in der Mehrheit ist, der erzielt dann einen politischen Beschluss. Das, glaube ich, funktioniert auch nicht.
Letztlich haben wir es da mit einem Phänomen zu tun, das in jeder Fraktion in diesem Hohen Hause, in jeder Familie getrennt diskutiert wird. Da gibt es die Raucher und die Nichtraucher! Ich würde mir wünschen, dass wir im Sinne eines Schutzes von Kindern und Jugendlichen zu einem Verfahren kommen, dessen oberste Prämisse ist: Wir müssen Kinder und Jugendliche tatsächlich davor schützen, wir müssen ihnen positive Signale senden, nicht zu rauchen. Dann in einer zweiten Linie gibt es das individuelle Recht eines jeden von uns, ob er rauchen will oder nicht. Ich möchte aber ganz gern, dass die politische Debatte nicht zu emotional geführt wird, sie ist, glaube ich, nicht persönlich gemeint. Es gibt da objektive Zahlen, die besagen, dass wir eine Aufgabe haben. Wir sollten diese genauso angehen wie bei dem Schutz vor den Alkopops. – Danke schön!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ich habe das wohl gehört, Herr Oppermann! Herr Oppermann sagte, dass hier heute irgendwie die Luft heraus ist. Ich glaube, da hat er auch ein bisschen recht. Wir haben heute ein ernstes Thema, das wir diskutieren müssen. Kinder sind eigenständige Persönlichkeiten, und sie sind auch die schwächsten Glieder unserer Gesellschaft. Also haben sie ein Recht und wir die Pflicht, sie vernünftig zu schützen.
6 Prozent aller Kinder leben bundesweit in Risikofamilien, und nicht erst seit den letzten Monaten, seit dem Fall Kevin, sondern bereits davor wussten wir, dass wir dort wahrscheinlich auch als Politik die größte Aufgabe vor uns sehen, weil wir da noch lange nicht so gut sind, wie wir sein müssten. Jugendhilfe, gerade auch Frühförderung in dem Bereich, ist noch lange nicht so weit, wie wir uns das eigentlich wünschen würden, wie wir vielleicht auch in anderen Bereichen der Jugendhilfe bereit sind, sondern wir müssen da ganz klar nacharbeiten.
Noch viel zu häufig ist es so, dass die Hilfen erst dann zum Tragen kommen, erst dann eingesetzt werden, wenn es bereits sehr spät ist. Häufig werden auch die entsprechenden Indizien, also etwas, was auf eine Vernachlässigung oder was auf eine Misshandlung hindeutet, erst sehr spät bemerkt. Dann können die Hilfen erst zu diesem späten Zeitpunkt kommen, aber ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
wir müssen schauen, wie schaffen wir das, schon bereits früher zu merken, wenn in einer Familie bei einem Kind etwas nicht stimmt, wie können wir da sensibler werden, wie können wir da als Staat auch unsere Augen schärfen, das ist die Aufgabe.
Es steht natürlich immer im Spannungsfeld, das ist ganz klar, zu den individuellen Freiheiten jedes Einzelnen, auch der Familien, aber wir als Staat haben die Garantenpflicht, wir sind dafür verantwortlich, letzten Endes Kindeswohl zu sichern. Ich glaube, das ist eine sehr ernste Aufgabe, und da müssen wir auch mit allen Möglichkeiten, die wir haben, versuchen, diese Aufgabe anzugehen.
Gerade bei Säuglingen und Kleinkindern ist das Gefährdungsrisiko besonders hoch. Sie können sich am schlechtesten artikulieren, sie sind auf der anderen Seite auch am empfindlichsten für den Entzug von elterlicher Sorgfalt und Fürsorge, also gerade dort ist die Situation am vertracktesten und die Aufgabe am ernstesten. Wir haben mit dem Ausbau der U3-Plätze, was ja eigentlich eine ganz andere Debatte ist, aber ich glaube, sie schlägt auch in diese Frage mit hinein, schon ein Stück weit etwas erreicht.
Wenn wir jetzt wirklich ganz selbstbewusst sagen, wir machen es uns zur Aufgabe in Bremen, Plätze für unter Dreijährige anzubieten, nicht nur 20 Prozent, was eine willkürliche Festlegung ist, sondern tatsächlich bedarfsdeckend und möglichst bis zur Vollversorgung, gibt es irgendwann einmal einen Rechtsanspruch von 0 bis 6 Jahren auf einen Kindergartenplatz, ich glaube, das wäre ein Schritt in die richtige Richtung, dass es nämlich da nicht nur um Arbeitsmarktaspekte und so weiter geht, sondern dass es ganz klar einen betreuerischen, einen pädagogischen Anspruch hat. Das würde uns schon ganz klar helfen, auch in schwierigen Familiensituationen als Staat Familien besser entlasten und gegebenenfalls besser reagieren zu können.
Kinder, die vernachlässigt oder misshandelt werden, erleben einen ganz eklatanten Vertrauensverlust, verlieren ihr Gefühl für sichere Bindung, und ich glaube, dass man auch sagen kann, dass Vernachlässigungen meist erst nicht als akute Reaktion, als einmalige Handlung, sondern häufig als schleichender Prozess, als chronischer Mangelzustand sozusagen, entstehen. Wir müssen uns als Politik und als Staat erst einmal überlegen, wie überhaupt das Problem geartet ist, und welche Möglichkeiten dann geeignet sind, dieses Problem anzugehen.
Ich glaube, Herr Bartels, Sie haben das gesagt, Sie nehmen da ein bisschen Rücksicht auf uns, haben aber
trotzdem als Koalition erst einmal schon etwas beschlossen, und wenn die Grünen dann irgendwann mit ihrer Fachdiskussion fertig sind, dann kann man ja schauen, ob die von der Koalition beschlossenen Maßnahmen wirklich so richtig sind. Ich glaube, das ist insofern ein bisschen überstürzt, da es an dieser Stelle gerade sehr sensibel ist. Einfach einmal zu beschließen, wir machen jetzt dies oder das, und sich erst hinterher die Auswirkungen zu überlegen und sich erst hinterher zu überlegen, ob diese Entscheidung wirklich richtig war, das kann man vielleicht in anderen Politikfeldern machen, das mag so sein, aber ich glaube, in diesem Bereich ist das nicht lauter, weil es einfach der Ernsthaftigkeit des Themas nicht gerecht wird. Wir müssen erst diskutieren, und dann müssen wir handeln.
Ich glaube, dass Zwangsuntersuchungen, so wie sie ja durchaus gerade aus der Politik von vielen im Moment befürwortet werden und wie sie auch hier von der Koalition beschlossen wurden, nicht das richtige Mittel sind, um das Problem anzugehen, mit dem wir uns konfrontiert sehen. Das mache ich nicht nur daran fest, dass man außerhalb des parlamentarischen Raumes, meine Kollegin Doris Hoch hat das in der letzten Debatte schon ganz deutlich gesagt, eigentlich kaum jemanden findet, der das wirklich gut findet. Ob es der Berufsverband der Kinderärzte Deutschlands ist, ob es der Kinderschutzbund ist, ob es das Deutsche Jugendinstitut ist, all diese Fachleute, auf die wir ja eigentlich als Politik immer gern hören wollen, sagen, dass sie gegen die verpflichtenden Vorsorgeuntersuchungen sind.
Ich glaube, dass man das auch begründen kann und dass das auch plausibel begründet wird von diesen Kritikern, warum sie diese Position vertreten. Es ist nämlich so, dass zum einen viele Eltern, die ihre Kinder vernachlässigen oder misshandeln, häufig mit ähnlichen Problemlagen in ihrer eigenen Kindheit konfrontiert wurden – dort wiederholen sich Abläufe –, dass gerade diese Eltern eine hohe Scheu haben, sich nach außen zu öffnen. Es gibt eine große Angst, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Deshalb schadet eine zwangsmäßig verordnete Hilfe mehr, als dass sie nützt, weil sie die Familie weiter in die Isolation treibt. Die Eltern versuchen, sich noch weiter in ihrer Nische wegzuducken und nicht den Schritt auf jemanden zuzumachen, der ihnen vielleicht Hilfe anbieten will. Ich glaube, dass man deshalb damit mehr schadet als nützt.
Wir haben in der Antwort auf die Großen Anfrage gesehen, wie hoch prozentual der Anteil derjenigen ist, die mit ihren Kindern in die U-Untersuchungen gehen. Das schwankt zwischen 100 und 78 Prozent, das sind gar nicht so schlechte Werte. Ich glaube, diejenigen, die wir nicht erfassen, also die Prozente, die jeweils fehlen, um auf die 100 zu kommen, sind
gerade die Fälle, an die man sensibel herangehen muss. Dann einfach zu sagen, wir verpflichten es, würde für die, die jetzt schon gehen, keinen Unterschied machen, aber es würde gerade die, die eigentlich unsere Zielgruppe sein müssen in dieser Debatte, vor den Kopf stoßen. Hier müssen wir uns einfach bessere Möglichkeiten überlegen, wie wir an diese Familien herankommen.
Ich glaube, die konkreten Maßnahmen, die wir als Grüne vorschlagen würden, wären, dass wir zu allererst die U-Untersuchungen, die wir haben, reformieren müssen. Hier gibt es bereits seit einigen Jahren innerhalb der Kinderärzteschaft, die diese U-Untersuchungen, diese Frühuntersuchungen, bislang vornehmen, entsprechende Bestrebungen in dem zuständigen Bundesausschuss, sie zu reformieren. Ich glaube, das ist richtig!
Das hat auch ganz viel mit dem Ausbildungsstand und mit der Qualifizierung der Kinderärzte zu tun. Da muss man, glaube ich, auch sagen, dass die Kinderärzte häufig überfordert sind und wir durch Fortund Weiterbildung zuerst einmal gewährleisten müssen, dass ein Kinderarzt, egal ob in einer U-Untersuchung oder in einer ganz normalen Routineuntersuchung, in der Lage ist, Signale zu deuten und aufzunehmen, genauso wie wir das auch schon lange für die Lehrer in Anspruch nehmen, für die Menschen in sozialen Einrichtungen, in Kindergärten, dass wir sagen, wir müssen sie in ihren Sinnen schärfen, wir müssen ihnen die Fähigkeit geben zu erkennen, wenn sie mit einer Problemlage konfrontiert sind, und so gilt das auch an dieser Stelle ganz klar für die Kinderärzte.
Ich glaube außerdem, dass man durchaus überlegen kann, ob die U8-Untersuchung, die bislang ab dem dreieinhalbten Lebensjahr durchgeführt wird, analog zu einer Schuleingangsuntersuchung umgestaltet wird für den Kindergarten, weil wir in Bremen einen sehr hohen Anteil an Kindern haben, die in den Kindergarten gehen, das schwankt in Bremen-Stadt zwischen 95 und 97 Prozent. Man sollte auch hier versuchen, die U-Untersuchung sinnvoll umzustrukturieren. Hier gibt es Vorschläge, die man ruhigen Gewissens aufgreifen könnte.
Wir müssen die frühen Hilfen ausbauen. Problembeschreibungen von Fachleuten, die sich dann eine Familie anschauen und sagen, dies und das ist die Schwierigkeit, werden häufig, so sagen das zumindest die Fachleute, von den Familien als diskriminierend aufgefasst. Ich glaube also, die Aufgabe muss sein, niedrigschwellige, möglichst flächendeckende Angebote zu entwickeln, die es nicht erst möglich machen, dass sich die Familien stigmatisiert fühlen, sondern die ganz selbstverständlich neben vielen anderen Kompetenzen – es wurde ja auch in dieser Debatte viel über gesunde Ernährung, gesunde Bewegung
gesagt – einhergehen. All das, plus die Vorsicht zu schauen, ob es Fälle von Vernachlässigung gibt, zusammen genommen, glaube ich, kann man bündeln, um es damit zu entstigmatisieren.
Es gibt seit langem die Forderung nach Early-Excellent-Center, nach Familien-Zentren, in denen jeder Mensch, jedes Elternpaar die Möglichkeit hat, wenn das Kind beispielsweise in den Kindergarten gebracht wird, sich gleichzeitig noch ein bisschen Erziehungsberatung dazugeben zu lassen, also lokal in den Strukturen, die es schon gibt, Kompetenzen, die im Moment zerfasert sind – ich komme dann zum Schluss –, zu bündeln. Ich glaube, das wäre ein großer Schritt, wenn wir das schaffen würden. Dann könnten wir ganz vieles auf einmal erreichen, eben auch das, was wir uns hier in dieser Debatte gern vornehmen wollen. Bislang sind die Early-ExcellentCenter über den Modellstatus noch nicht hinausgekommen. Ich würde mir das wünschen, dass wir das schaffen. Dann könnte man auf die Weise auch Entlastungsstrukturen und all das, was ich für sehr wichtig halte, schaffen.
Ein allerletzter Gedanke, den ich noch habe: Die Familienhebammen, über die wir in der letzten Bürgerschaftssitzung diskutiert haben, möchte ich auch an dieser Stelle wieder anführen. Es ist sozusagen mein ceterum censeo. Ich glaube, dass wir Familienhebammen brauchen und dass wir sie stärken müssen, dass wir mehr davon brauchen und dass eine einzige Familienhebamme, wie vom Ressort vorgeschlagen, nicht ausreicht. Wir werden die Debatte im Jugendhilfeausschuss weiterführen. Ich habe das Einverständnis von Herrn Grotheer als stellvertretenden Vorsitzenden und Interimsvorsitzenden, dass wir im Februar darüber reden werden. Ich freue mich auf die Fachdebatte in diesem Ausschuss. – Danke schön!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir diskutieren heute aufgrund eines grünen Antrages, der den Titel trug „Mehr Männer in die Kindertagesstätten“, und darin haben wir einen Bericht von dem Senat gefordert. Wenn ich auf die Tagesordnung der heutigen Plenarsitzung schaue, sehe ich, dass man sich interfraktionell geeinigt hat, 5 Minuten darüber zu reden. Es mag zuerst einmal verwundern, warum man über so ein wichtiges Thema nur 5 Minuten redet. Wenn ich mir aber anschaue, was tatsächlich Inhalt ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
des Konzeptes des Senats ist, über das wir heute reden sollen, dann, glaube ich, sind fünf Minuten sehr ausreichend.
Es war keine Benotung, und im Übrigen stünde das den Abgeordneten sehr wohl zu, Herr Schildt!
Ich glaube, dass es sehr interessant ist, was wir diesem Bericht entnehmen können, nämlich wie sich Bremen im Bundesvergleich verhält, wobei wir das ursprünglich auch in der vorangegangenen Debatte zu diesem Thema schon gesagt haben. Wir Grünen haben gesagt, dass es tatsächlich nicht so ist, dass wir behaupten würden, dass Bremen bundesweit die allerschlechteste Kommune wäre. Nein, sicher nicht, aber wenn 1,79 Prozent der pädagogischen Arbeit in Kindergärten von Männern verrichtet wird und der ganze Rest, also 98,3 Prozent, von Frauen, dann ist das doch etwas, womit man sich nicht zufriedengeben kann, nur weil andere Kommunen noch schlechter sind, sondern dann ist das eine ganz klare Aufgabenstellung für die Politik, das endlich und schnell besser zu machen.
Genau diese Umsetzungsschritte, wie es endlich und schnell besser werden kann, vermisse ich in dieser Vorlage. Vielleicht können die Redner von SPD und CDU mir sagen, wo ich sie überlesen habe. Ich glaube, dass es tatsächlich darauf ankommt, Umsetzungsschritte konkret zu benennen. Die Themen, die angerissen werden vom Senat, sind sicher größtenteils richtig. Wir würden auch befürworten, dass man sich irgendwie Gedanken darüber macht, wie man mehr Öffentlichkeitsarbeit für den Beruf des Erziehers machen kann, wie man durch eine Öffentlichkeitskampagne gezielt Männer ansprechen kann. Das ist vollkommen richtig! Es ist auch richtig, dass man versucht, das freiwillige soziale Jahr in Kindergärten stärker auszubauen, weil auf der anderen Seite der Zivildienst mehr und mehr wegbricht. Natürlich ist es auch richtig, so etwas wie ein Boys’Day in Kindergärten zu machen. Das haben wir Grünen doch alles schon längst gefordert.
Nur, an dieser Stelle, liebe Kolleginnen und Kollegen gerade von CDU und SPD, müsste Ihnen eigentlich aufgefallen sein, dass das, was in dieser Vorlage vom Senat vorgeschlagen wird, sich konterkariert zu dem, was wir hier in der Bürgerschaft einstimmig längst beschlossen haben. Wir haben nämlich hier eindeutig gesagt, dass wir nicht wollen, dass der Girls’Day als eigenständige Veranstaltung, bei der Mädchen in Berufe, gerade auch in Männerbe
rufe, die Möglichkeit haben, einen Tag hineinzuschnuppern, dadurch aufweicht, dass man in Zukunft auch Jungen an dem gleichen Tag in irgendwelche Berufe versucht hineinzuführen. Beides an einem Tag zu machen geht nicht! Das würde bedeuten, dass man den Girls’Day, so wie man ihn sich einmal auf die Fahnen geschrieben hat, aufgeben würde, und das wollen wir nicht!
Deshalb glaube ich, dass an dieser Stelle noch viel gearbeitet werden muss, und möchte das noch abschließen mit drei Bemerkungen, wohin die Reise gehen könnte. Ganz zu Beginn der Vorlage lesen wir: „Finanzielle Auswirkungen sind zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu erwarten“. Ich glaube, dass das schon der falsche Ansatz ist. Wenn man das gleich in der dritten Zeile schreibt, dann ignoriert man eigentlich, worum es wirklich geht.
Wirklich geht es darum, dass wir ganz große Probleme haben, die wir nicht mit Öffentlichkeitsarbeit und nicht mit Girls’Days und Boy’sDays so weiter lösen können. Das ist die Frage, wie die Arbeitsbedingungen in den Kindertagesstätten sind. Unter welchen Bedingungen arbeiten die Erzieherinnen und Erzieher? Ich meine jetzt nicht, dass ihnen die zweite Kraft fehlt, sondern ich meine, dass es bis zu drei Jahren üblich ist, dass junge neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei KiTa Bremen immer von einer Befristung in die nächste hüpfen müssen und dann nach drei Jahren sich erst darauf freuen können, fest übernommen zu werden. Ich meine, dass man, was die Bezahlung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angeht, BAT 7, das ist auf einer halben Stelle, ergänzende Sozialhilfe beantragen kann. Das ist nicht rosig, und das reicht nicht, um damit eine Familie durchzufüttern.
Zum dritten müssen wir uns auch über die Qualifikation und die damit verbundenen Berufschancen unterhalten. Es ist nun einmal so, dass man mit dem bremischen und dem deutschen Erzieherinnenabschluss nur in Deutschland als Erzieherin arbeiten kann und dass man überall woanders, mit Ausnahme von Österreich, in Europa vor der Tür des Kindertagesheims stehen bleiben müsste und man nicht hinein und eine Gruppe leiten könnte, weil sie einem sagen würden, dass man nicht ausreichend qualifiziert dafür sei.
All diese Faktoren kosten auch Geld. Es ist nun einmal teurer, wenn man qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anstellen will, und es ist nun einmal nicht gut, wenn man sie von einer Befristung in die nächste hüpfen lässt. All das wird auch Geld kosten, und ich glaube, es ist falsch, sich nur auf die Sachen, die möglichst wenig Geld kosten, zu fokussieren und das, was die eigentliche Aufgabenstellung wäre, noch nicht einmal konzeptionell auch nur anzureißen.
Mir ist klar, dass wir das nicht von heute auf morgen finanzieren können, aber wenn wir ein Konzept fordern, und so haben wir es auch formuliert in unserem Antrag, dann soll es ein mittel- und langfristiges Konzept sein. Dann sollen darin kurzfristige Schritte sehr wohl stehen, dann soll aber auch darinstehen, was wir in den nächsten fünf bis zehn Jahren machen, denn dass wir nicht über Nacht von 1,79 Prozent auf 50 Prozent kommen, das ist doch ganz klar.
Aber dass wir es niemals schaffen werden, aus diesem tiefen Tal, in dem wir stehen, uns auch nur annähernd hochzuarbeiten, wenn wir nicht auch die zentralen Themen ansprechen und wenn wir nicht auch über das Geld reden wollen, das ist auch klar. In diesem Sinne hoffe ich, dass an dieser Stelle nachgearbeitet wird und dass wir in den Fachausschüssen auf eine Debatte kommen, die richtungsweisender ist als das, was hier bislang vom Senat vorgesehen wird. – Danke schön!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich versuche jetzt auch, mich nicht so sehr aufzuregen. Herr Grotheer, ich glaube einfach, wenn wir als Parlament ein paar Sachen hier einfach so durchgehen lassen, dann tun wir uns damit selbst keinen Gefallen.
Der Girls’Day: Was ist denn da passiert? Es gab und gibt nach wie vor die berechtigte Forderung, dass man auch für Jungen eine Möglichkeit schaffen muss, besonders in die sozialen Berufe, die klassischerweise Berufe sind, in denen Jungen sich später eher selten entscheiden, eine Ausbildung zu machen, hineinzukommen. Wir haben gleichzeitig schon seit einigen Jahren das Instrument Girls’Day. Das läuft ganz erfolgreich, und es war auch eine super Sache, das einmal gemacht zu haben. Nun liegt natürlich der Schluss nahe zu sagen: Super, für die Mädchen haben wir das schon, da steht auch der Termin jedes Jahr im Kalender, und wir wissen als Schule an dem Tag ohnehin nicht, was wir mit den Jungen machen sollen, denn die Mädchen sind alle nicht da, und die Jungen sitzen dann da und langweilen sich, dann können, während die Mädchen in den einen Beruf gehen, die Jungen doch in den anderen Beruf gehen. Gerade dieser nahe liegende, aber auch sehr falsche Schluss darf gerade nicht passieren. Genau das haben wir hier einstimmig beschlossen, und ich finde, dabei bleiben wir doch bitte schön!
Im Übrigen erinnert mich die Debatte und diese Vorlage sehr an das, was wir hier vor nicht allzu langer Zeit zu unserer grünen Initiative zum Aktionsplan „Kinderfreundliches Bremen“ diskutiert haben: Nämlich konzeptionell etwas vorgelegt zu bekommen, aber dann waren da weder Haken noch Ösen daran, wie man das zeitlich in welcher Art und Weise umsetzen will. Ich finde es ja schön, dass dem Senat zu den fünf Punkten, die in unserem Antrag standen, wie wir aus dem Bauch heraus meinen, wie man es schaffen könnte, mehr männliche Erzieher zu gewinnen, noch fünf weitere Punkte eingefallen sind.
Darüber sind wir ja gar nicht böse. Die wollen wir auch gern diskutieren. Wenn wir ein Konzept des ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Senats bekommen, wollen wir doch auch wissen, wohin die Reise gehen soll, was wann passiert. In welchen zeitlichen Abläufen werden wir mit einer Kampagne rechnen können, oder steht das hier heute nur auf dem Papier, wir reden einmal darüber, und dann war es das? Mir sieht es sehr danach aus, dass dieses Konzept zwar generell einmal anreißt, was man alles machen könnte, aber nicht vorsieht, das auch wirklich kurz- und mittelfristig umzusetzen.
Ich glaube, dass es tatsächlich – und da ist leider auch wenig von den Kollegen von CDU und SPD gekommen – auch darum geht, Butter bei die Fische zu tun, wenn wir die Befristung, wie sie im Moment im Bereich der Kindergärten ihr Unwesen treibt, angehen wollen, wenn wir die Teilzeitbeschäftigungsverhältnisse angehen wollen, wenn wir das Qualifikationsniveau verbessern und damit die Berufschancen verbessern wollen. Dann müssen wir da auch Geld in die Hand nehmen. Bislang sind Sie ja noch nicht einmal bereit, unsere grünen Initiativen – ich erinnere Sie nur an unseren Antrag „Qualifikation der Erzieherinnen verbessern“ – überhaupt nur sachlich zu diskutieren. Das Einzige, was Ihnen dazu einfällt, ist, es wäre zwar schön, geht aber auch ohne, das stand mehr oder weniger wörtlich in der Vorlage des Senats. Dann fällt Ihnen noch ein, dass Sie das bezahlte Praktikum der Erzieherinnen abschaffen wollen, und dann verquicken Sie ja auch noch da ganz ungünstig zwei Debatten. Ich wünsche mir da einfach ein bisschen mehr Weitsicht.
Ich habe auch gesagt, Herr Grotheer, dass es nicht von heute auf morgen geht, aber wenn man Konzepte schreibt, die von vornherein nur die Sprungkraft einer Wachtel haben, dann braucht man sich nicht zu wundern, wenn man von den anderen europaweit abgehängt wird. – Danke schön!
Zunächst eine Bitte an das Sozialressort: Auf kurze Fragen möglichst kurze prägnante Antworten würden uns die Beratung erleichtern. Ich möchte dann aber doch noch einmal eine Sache an dieser Stelle klarstellen, ob wir da unterschiedliche Positionen haben, der Senat und unsere grüne Fraktion. Frau Senatorin, stimmen Sie mir in der Aussage zu, dass natürlich auch Mütter, die ihre Kinder aus welchen Gründen auch immer nicht stillen, per se keine schlechten Mütter sind, sondern genauso gute Mütter sein können wie die, die stillen?
Sind wir uns da einig?
Ich möchte diese SPD-interne Auseinandersetzung nur ungern stören.
Ich möchte aber trotzdem noch einmal gern auf das eigentliche Thema zurückkommen, auch anlässlich dessen, dass hier heute auch viele der Schülerinnen und Schüler, die an dem Projekt mitgearbeitet haben, dabei sind, und noch einmal den Senat ganz knallhart auf eine Aussage festnageln wollen. Habe ich Sie richtig verstanden, dass die bremische Senatsverwaltung im Moment nicht dazu in der Lage wäre, diese Daten in der Art und Weise, wie die Schülerinnen und Schüler es geschafft haben, zu erheben?
Herr Senator, ich habe Sie aber auch richtig verstanden, dass Ihr Ressort nach wie vor das Interesse hat, die Datenerfassung zu verbessern, um nach Möglichkeit vielleicht in einigen Jahren das, was die Schüler heute schon geschafft haben, mit einem vertretbaren personellen Aufwand auch zu schaffen?
Herr Senator, vielleicht habe ich es auch überhört, aber ich habe in der Antwort des Senats das Stichwort Berufseinmündungen vermisst, das in dem Kontext ja auch durchaus ein zentraler Parameter ist und sich meines Erachtens nach auch über die Verbleibstatistik der Bundesagentur durchaus nachvollziehen ließe. Habe ich das nur überhört, oder taucht der Begriff in der Antwort des Senats tatsächlich nicht auf?
Es wurden jetzt schon einige Fragen gestellt, ich glaube, es wird auch noch genügende Möglichkeiten geben, das noch weiter zu diskutieren. Die Berufseinmündungen belaufen sich nach der Verbleibstatistik auf 42 Prozent. Ich denke, das ist zumindest noch eine Zahl, die man nicht ganz unter den Tisch fallen lassen sollte. – Danke schön!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich will jetzt hier ein bisschen Stimmung hineinbringen! Es ist noch früh am Morgen, einige sind vielleicht noch ein bisschen verschlafen. Ich finde, das wird dem Thema nicht gerecht. Ich sage: Ein Girls’ Day im Jahr macht noch keine gute Mädchenpolitik!
Ich will es noch ein wenig zuspitzen.
Nein, ich will es gern noch ein wenig zuspitzen. Wir sitzen hier in diesem Hohen Haus und auch in den verschiedenen Ausschüssen nicht nur regelmäßig zusammen, um darüber zu beraten, wie es mit der Mädchenpolitik steht, sondern wenn man Mädchenpolitik meint, muss man Jugendpolitik insgesamt ansprechen.
Wenn wir uns darüber unterhalten, wie dort die Finanzanschläge aussehen, wie dort der Haushalt degressiv von Jahr zu Jahr kleiner wird, dann, glaube ich, ist das der Hintergrund, vor dem Mädchenpolitik im Moment passiert. Das ist kein Trend, bei dem man sagen kann, wir gestalten hier, wir haben hier die Möglichkeiten, Dinge umzusetzen, die uns inhaltlich wichtig sind, sondern es geht darum, dass die Haushaltsanschläge immer weiter sinken und wir im Rahmen dessen irgendwo schauen müssen, wo auch noch die Mädchen Platz finden. Das ist doch die Realität!
Ich finde es einerseits schön, dass es diese Vorlage gibt, weil sie so ehrlich ist und wir an dieser Stelle doch sehen, wo die Schwachpunkte stehen. Wir haben insgesamt 4 Mädcheneinrichtungen, die sich spezifisch nur für Mädchen ausgerichtet haben. Die „Gewitterziegen“ wurden von Frau Windler schon angesprochen. Ich weiß gar nicht mehr, wann standen „Gewitterziegen“ das letzte Mal zur Schließung? War es letztes Jahr, vorletztes Jahr? Das ist doch gerade das Problem. Diese Mädchenarbeit, diese wenigen Einrichtungen, die wir haben, sind immer in Konkurrenz zu allen anderen Einrichtungen im Stadtteil, und letztlich entscheidet es sich dann in den Stadtteilgremien, wie das wenige Geld, das nicht für alle reicht, verteilt wird. Wer dann als Erster zwinkert, der hat ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
die Torte im Auge, und da haben die Mädcheneinrichtungen sicher nicht den stärksten Stand.
Aus Sicht unserer Fraktion muss man in zwei Richtungen argumentieren. Einerseits ist es wichtig, dass wir tatsächlich ein Drittel aller Angebote in der Jugendarbeit für Mädchen offen halten. Das bedeutet auch, dass es in gemischten Einrichtungen, in Jugendfreizeitheimen und so weiter Möglichkeiten für Mädchen gibt, dass sie dort spezifische Angebote zu bestimmten Tages- und Wochenzeiten vorfinden, und daneben gibt es dann in der gleichen Einrichtung Angebote speziell für Jungen und gemischte Angebote.
Es ist aber auch wichtig, meine Damen und Herren, dass wir diese ganz zentralen Orte wie das BDPMädchenkulturhaus, wie die „Gewitterziegen“ haben, die nur für Mädchen sind. Ich muss sagen, ich war sehr stolz, als ich als Mann vor einigen Jahren einmal das Mädchenkulturhaus betreten durfte, weil wir uns als Grüne auch mit denen gut verstehen. Das war ein großes Privileg, weil es eigentlich nicht normal ist, dass ein Mann in ein Mädchenhaus geht. Gerade das ist ein geschützter Rückzugsraum, der eigentlich nur den Mädchen zusteht, so wie wir das auch von Frauenhäusern kennen. Das, finde ich, ist eine wichtige Sache, und die kann man nicht einfach wegwischen. Da kann man nicht einfach sagen, irgendwie ist die 30-Prozent-Quote schon erfüllt, die Frage ist, wie sie erfüllt wird.
Dann müssen wir uns auch fragen, wie das Geld, das wir für Mädchenarbeit ausgeben, über die Stadtteile verteilt wird beziehungsweise die Angebote, die es da gibt. Ich finde die Anmerkungen sehr richtig, die schon gemacht wurden, da muss man sozialraumbezogen argumentieren. Da will ich jetzt auch nicht den Stadtteilpolitiker raushängen lassen, der sagt, da muss aber in jedem Stadtteil etwas sein. Natürlich, wenn man auf der Grenze von zwei Stadtteilen ein Angebot hat, das aus beiden Stadtteilen gut erreichbar ist, ist das wunderbar. Das Entscheidende ist nur, und das ist die Frage zwischen Zentralität und Dezentralität, dass es nicht sein kann, dass wir einige wenige Angebote sehr zentral in der Stadt haben, die aber weite Anfahrtswege bedeuten.
Wir müssen schauen, dass die einzelnen Sozialzentren, jedes für sich, eine mädchenpolitische Kompetenz aufbauen. Ich glaube, dabei müssen wir den Stadtteilgremien behilflich sein und sie bei dieser Entwicklung auch konzeptionell unterstützen. Wenn sie bei uns deswegen anfragen, müssen wir ihnen die Hand reichen. Es kann nicht sein, dass beispielsweise jemand aus dem Bremer Osten weite Wege auf sich nehmen muss, um eine Mädcheneinrichtung aufsu
chen zu können. Damit macht man solche Angebote auch kaputt, davon bin ich ganz fest überzeugt.
Ich habe ja noch fünf Minuten, ich möchte aber kurz noch etwas dazu sagen, dass es eine Vorlage im letzten Jugendhilfeausschuss gab, zu der darüber diskutiert wurde, wie jetzt Standards für Mädchenarbeit weiterentwickelt werden können. Ich war ein bisschen enttäuscht, der Arbeitskreis Mädchenpolitik hat diese Standards entwickelt und war auch da, wir als Grüne haben gesagt, lasst uns das noch konkreter fassen, als es in der Vorlage steht, nicht nur „es soll“ und „es sollte“, sondern „es muss“. Da gab es leider Gottes nicht den Rückhalt seitens der Koalition.
Ich weiß, dass im Anpassungskonzept die Mädchenarbeit bereits steht, aber die Frage ist doch, wie das umgesetzt wird. Jedes politische Signal, das von diesem Hause ausgeht, sagt, das, was im Anpassungskonzept steht, ist verbindlich. Das ist ein gutes Signal, meine Damen und Herren!
Letzter Satz! Ich glaube auch, dass wir eine parallele Debatte über Jungenarbeit führen müssen. Es ist angekündigt worden, dass zum nächsten Jahr endlich eine Vorlage über Jungenarbeit erstellt wird. Ich finde es ein bisschen schade, dass das ein Jahr dauert, aber ich hoffe, dass die Vorlage dann auch so gut ist, dass wir da eine vernünftige, substanzielle Grundlage haben. Wir müssen natürlich immer beides betrachten, nur heute war der Fokus Mädchenpolitik, deshalb habe ich weniger zur Jungenarbeit gesagt, aber natürlich muss man auch das immer im Blick behalten. – Danke schön!