Protocol of the Session on December 14, 2006

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Das war unsere Initiative!)

Der Senat weist hier zu Recht darauf hin, dass es wichtig ist, dass Kinder in ihrer Sozialisation auch die Rolle der Männer erleben. Es ist deshalb völlig unbestritten, dass es gut ist, wenn mehr männliche Mitarbeiter in den Tageseinrichtungen für Kinder beschäftigt sind. Ich glaube, dass es nicht nur eine wichtige Vorbildfunktion für die Kinder hat, sondern dass es auch eine Vorbildfunktion für die Väter zu Hause hat, die ebenfalls manches im Umgang mit den Kindern lernen können, wenn sie sich anschauen, wie Erzieher in den Tageseinrichtungen mit den kleinen Kindern umgehen.

Ich weiß, wovon ich rede, denn unsere kleinen Kinder sind erst im dritten Kindergartenjahr mit einem

männlichen Mitarbeiter konfrontiert worden. Sie waren begeistert, und es hat ihnen sehr gut getan. Ich muss sagen, dass mich das auch im familiären Umfeld davon überzeugt hat, dass es eine richtige Idee ist, dies zu verfolgen.

Ich finde aber auch, Herr Crueger, dass man das Ganze in den richtigen politischen Zusammenhang stellen muss. Da ist diese Frage eine von mehreren Fragen, über die wir im Bereich der Kindertageseinrichtungen diskutieren müssen. Im Vordergrund muss stehen, dass wir die Verhältnisse und das Betreuungsangebot insgesamt verbessern,

(Abg. Frau S c h ö n [Bündnis 90/Die Grü- nen) : Dann sagen Sie einmal wie, Herr Grotheer!)

dass wir etwas für die Sprachentwicklung der Kinder tun, dass wir etwas für das Sozialverhalten der Kinder tun, dass sie spielend lernen können und auf die Schule vorbereitet werden. Das muss im Vordergrund stehen, und ein Baustein dazu ist der verstärkte Einsatz von männlichen Mitarbeitern in den Kindergärten.

Es ist richtig, wenn man sich die Zahlen anschaut, die der Senat uns hier präsentiert , dass der Anteil der männlichen Mitarbeiter erschreckend gering ist. Es geht ja gerade noch, wenn es um die Leitungsfunktionen geht, da liegt der Anteil bei 12/16 Prozent, oder wenn es um die technische Betreuung der Einrichtungen geht, da ist der Anteil der männlichen Mitarbeiter auch noch erkennbar. Wenn es aber um den Bereich der frühkindlichen Erziehung geht, dann liegt der Anteil der männlichen Mitarbeiter unter einem Prozent. Das sehen wir genauso, damit sind wir nicht zufrieden. Das wollen wir verbessern, da wollen wir etwas tun.

Aber, Herr Crueger, auch das ist vielleicht für Sie ganz interessant oder auch nicht, ich sehe, dass Sie das im Moment gar nicht zuhören, wir sind ja nicht allein in der Bundesrepublik. Wir sind eines von vielen Bundesländern, und wenn wir uns die Tabelle anschauen, dann stehen wir Bremer mit einem Anteil von 10,82 Prozent gegenüber den anderen Bundesländern eigentlich sehr gut da, was den Anteil der männlichen Mitarbeiter in den Tageseinrichtungen angeht. Das ist kein Trost in dem Sinne, dass man sich darauf ausruhen sollte, aber es ist auch eine Zahl, die darauf hindeutet, dass wir bei Weitem nicht so dramatisch schlechte Verhältnisse haben, wie die Opposition das hier darzustellen versucht. Es ist zwar ihre Aufgabe, immer das schlecht darzustellen, was die Regierung macht, aber ich finde, in diesem Fall geht das ein bisschen zu weit.

(Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/Die Grünen]: Nein, wir haben einen Vorschlag gemacht! – Zuruf des Abg. D r. G ü l d - n e r [Bündnis 90/Die Grünen])

Ich weiß gar nicht, warum Sie sich aufregen, Herr Dr. Güldner! Ich kann gut verstehen, dass Sie sich jetzt so aufregen, Herr Dr. Güldner, aber das hilft Ihnen in der Sache nicht weiter!

Der Senat macht eine ganze Reihe von Vorschlägen, wie hier verfahren werden soll, die Berufserfahrung zu verbessern, verstärkt Schnupper- oder Betriebspraktika anzubieten, Werbung für männliche Mitarbeiter in den Kindertageseinrichtungen zu betreiben, etwas im Bereich des freiwilligen sozialen Jahres zu unternehmen, sich bei der Qualifizierung mehr anzustrengen, damit mehr männliche Mitarbeiter gewonnen werden können und viele andere Dinge mehr. Der von Ihnen angesprochene Punkt Girls’Day ist ebenfalls in diesem Konzept erwähnt.

(Abg. Frau H o c h [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Aber nicht so, wie wir das möchten!)

Es mag ja sein, dass das nicht so ist, wie Sie das möchten, aber es ist hier jedenfalls angesprochen. Sie haben doch als Opposition keinen Anspruch darauf, dass die Regierung immer das macht, was Sie wollen. Das Parlament hat auf Ihren zu begrüßenden Vorschlag hin beschlossen – das ist ja in Ordnung, wir haben uns dem ja damals angeschlossen –, dass der Senat ein Konzept vorlegen soll. Das heißt jedoch nicht, dass das Konzept dem entsprechen muss, was Sie sich vorgestellt haben. Sie haben das natürlich angestoßen, das finden wir auch gut, und der Senat hat im Rahmen dessen, was landespolitisch möglich ist, eine Antwort gegeben. Er hat das aufgeschrieben, was er an kleineren Schritten für machbar hält.

Ich muss Ihnen darin recht geben, wenn wir den Anteil von männlichen Mitarbeitern in den Kindertageseinrichtungen erhöhen wollen, Herr Crueger, dann brauchen wir weniger Teilzeit, weniger Befristung bei den Arbeitsverträgen, dann brauchen wir bessere Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter, damit dieser Beruf auch für männliche Mitarbeiter attraktiver wird.

(Beifall bei der SPD – Glocke)

Herr Kollege Grotheer, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Frau Stahmann!

Bitte, Frau Stahmann!

Eine Zwischenbemerkung! Herr Grotheer, ich wollte Sie darauf aufmerksam machen, dass es sich wie in der letzten Legislaturperiode, in der wir einen gleichlautenden Antrag und eine Große Anfrage zu dem Thema eingebracht haben, hier um einen Antrag der Bürgerschaftsfraktion Bündnis 90/Die Grünen handelt mit dem Ziel, mehr männliche Mitarbeiter in die Kin

dergärten zu bekommen. Dieser Antrag ist hier gemeinsam beschlossen worden, und der Senat sollte uns Lösungen vorlegen. Kollege Crueger hat seinen Redebeitrag dafür genutzt, die Vorlage des Senats hier zu kommentieren, und das ist sein gutes Recht. Deswegen kann ich Ihre Aufregung in keiner Weise verstehen, dass Sie meinen, wir würden hier herumunken. Im Gegenteil, wir haben hier durchaus das Recht, uns unzufrieden über die Schmalspurlösung, die hier vom Bremer Senat der Bürgerschaft vorgelegt wird, zu äußern.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Es ist Ihr gutes Recht, Frau Stahmann, sich unzufrieden zu äußern. In Ordnung finde ich aber nicht, dass Sie überhaupt nicht zur Kenntnis nehmen wollen, was vonseiten der Regierungsparteien dazu gesagt wird. Wir haben Ihrem Redner vorhin jedenfalls zugehört. Sie haben es nicht erlebt, dass unsere Abgeordneten nur dazwischengeredet und versucht haben, diesen Redebeitrag zu stören, obwohl er uns inhaltlich nicht gefallen hat. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Bartels.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, es ist gar nicht so ein Aufregerthema, wie es hier in den letzten Minuten propagiert wurde.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Die Schärfe ist hier nicht von uns gekommen!)

Die Schärfe ist hier völlig unangebracht! Ich kann Ihnen sagen, dass ich nicht nur im Kindergarten von Erzieherinnen betreut wurde, sondern auch in der Grundschule habe ich ausschließlich Klassenlehrerinnen gehabt, und so richtig geschadet hat es mir nicht!

(Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/ Die Grünen]: Das wissen Sie gar nicht!)

Zurück zum Thema, meine Damen und Herren! In Bremen haben wir in den Kindertageseinrichtungen immerhin einen Männeranteil von 10,82 Prozent. Das ist im Bundesvergleich, das hat der Herr Kollege Grotheer bereits gesagt, nicht schlecht, aber es ist weit hinter dem Ziel zurück, das die Europäische Kommission uns auferlegt hat, und zwar bis zum Jahr 2006 den Anteil von Männern in den Kindertagesstätten auf 20 Prozent zu erhöhen. Das kann man nicht, in––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

dem man einen Hebel umlegt, sondern dazu gehören viele kleine Bausteine. Der Senat hat sich bemüht, solche Bausteine zu umreißen, obwohl da doch sehr der Konjunktiv greift. Frau Senatorin Rosenkötter, das ist alles mit „könnte“, „sollte“, „müsste“, ein bisschen konkreter hätten wir es auch gern. Auch bei der Vorlage des Zahlenmaterials in dieser Mitteilung des Senats sind die Zahlen immerhin aus dem Jahr 2004.

Ich frage mich, warum es nicht möglich ist, die Bremer Zahlen per Knopfdruck abrufen zu können, um einmal einen aktuellen Stand zu bekommen. Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass unsere Kinder in den Kindertageseinrichtungen auch eine männliche Bezugsperson haben. Insbesondere in den wirtschaftlichtechnischen Bereichen, im Küchen- und Hausmeisterbereich, haben wir ja schon vermehrt männliche Mitarbeiter, aber es könnten mehr sein.

Für die Sozialisation – das sagte Herr Kollege Grotheer – ist das ganz wichtig. Wir erleben es ja generell, dass das Familienbild und auch die Erziehungsfragen häufig von der Frau geprägt sind. Je jünger die Kinder sind, desto mehr spielt die Mutter diese Rolle als der Vater. Der Vater kommt meistens nach Hause und bringt das Kind in das Bett oder macht es durch den Gutenachtkuss wieder wach. Es ist natürlich auch im Bereich der Kindertagesstätten so, dass diese Rolle der Erzieherin sehr von den weiblichen Mitarbeitern geprägt ist.

Dem sollten wir nicht nur in unserer kleinen Insel Bremen entgegenwirken, sondern wir müssen auch ein bisschen über den Tellerrand hinausschauen. Ich glaube, am meisten hilft es, dass wir den Beruf der Erzieherinnen und der Erzieher aufwerten.

(Beifall bei der CDU)

Da machen wir uns auf den Weg, meine Damen und Herren, und zwar eben nicht nur, dass wir den Beruf für die Männer aufwerten, sondern auch für die Frauen.

Wir haben den Bildungsanspruch im Kindergarten, und da ist es zwangsläufig so, dass wir in Deutschland dazu kommen müssen, auch darüber nachzudenken, wie wir dieses Berufsbild mit diesem Bildungsfaktor in Verbindung bringen. Ich glaube auch, dass bei den genannten Punkten in der Mitteilung des Senats ganz wichtig ist, und, Frau Senatorin, da könnten Sie direkt greifen, im Programm PROKITA haben wir ja auch die Männer angesprochen. Leider ist die Abbrecherquote bei der Beschäftigungs- und Qualifizierungsoffensive PROKITA doch zu hoch. Da müssen wir gegensteuern. Ich glaube, dass man diesen Männern auch mehr Mut machen muss, in den Kindertagesstätten weiter dabei zu sein, denn das kann diesen Anteil, der immerhin bei 10,82 Prozent liegt, doch erhöhen.

Ich finde, dass die Diskussion nicht beendet sein kann! Wir müssen mit vielen Schritten weiterarbei

ten, aber bitte konkreter, als es der Senat in dieser Mitteilung gemacht hat. -Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Crueger.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich versuche jetzt auch, mich nicht so sehr aufzuregen. Herr Grotheer, ich glaube einfach, wenn wir als Parlament ein paar Sachen hier einfach so durchgehen lassen, dann tun wir uns damit selbst keinen Gefallen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Der Girls’Day: Was ist denn da passiert? Es gab und gibt nach wie vor die berechtigte Forderung, dass man auch für Jungen eine Möglichkeit schaffen muss, besonders in die sozialen Berufe, die klassischerweise Berufe sind, in denen Jungen sich später eher selten entscheiden, eine Ausbildung zu machen, hineinzukommen. Wir haben gleichzeitig schon seit einigen Jahren das Instrument Girls’Day. Das läuft ganz erfolgreich, und es war auch eine super Sache, das einmal gemacht zu haben. Nun liegt natürlich der Schluss nahe zu sagen: Super, für die Mädchen haben wir das schon, da steht auch der Termin jedes Jahr im Kalender, und wir wissen als Schule an dem Tag ohnehin nicht, was wir mit den Jungen machen sollen, denn die Mädchen sind alle nicht da, und die Jungen sitzen dann da und langweilen sich, dann können, während die Mädchen in den einen Beruf gehen, die Jungen doch in den anderen Beruf gehen. Gerade dieser nahe liegende, aber auch sehr falsche Schluss darf gerade nicht passieren. Genau das haben wir hier einstimmig beschlossen, und ich finde, dabei bleiben wir doch bitte schön!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Im Übrigen erinnert mich die Debatte und diese Vorlage sehr an das, was wir hier vor nicht allzu langer Zeit zu unserer grünen Initiative zum Aktionsplan „Kinderfreundliches Bremen“ diskutiert haben: Nämlich konzeptionell etwas vorgelegt zu bekommen, aber dann waren da weder Haken noch Ösen daran, wie man das zeitlich in welcher Art und Weise umsetzen will. Ich finde es ja schön, dass dem Senat zu den fünf Punkten, die in unserem Antrag standen, wie wir aus dem Bauch heraus meinen, wie man es schaffen könnte, mehr männliche Erzieher zu gewinnen, noch fünf weitere Punkte eingefallen sind.

Darüber sind wir ja gar nicht böse. Die wollen wir auch gern diskutieren. Wenn wir ein Konzept des ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Senats bekommen, wollen wir doch auch wissen, wohin die Reise gehen soll, was wann passiert. In welchen zeitlichen Abläufen werden wir mit einer Kampagne rechnen können, oder steht das hier heute nur auf dem Papier, wir reden einmal darüber, und dann war es das? Mir sieht es sehr danach aus, dass dieses Konzept zwar generell einmal anreißt, was man alles machen könnte, aber nicht vorsieht, das auch wirklich kurz- und mittelfristig umzusetzen.

Ich glaube, dass es tatsächlich – und da ist leider auch wenig von den Kollegen von CDU und SPD gekommen – auch darum geht, Butter bei die Fische zu tun, wenn wir die Befristung, wie sie im Moment im Bereich der Kindergärten ihr Unwesen treibt, angehen wollen, wenn wir die Teilzeitbeschäftigungsverhältnisse angehen wollen, wenn wir das Qualifikationsniveau verbessern und damit die Berufschancen verbessern wollen. Dann müssen wir da auch Geld in die Hand nehmen. Bislang sind Sie ja noch nicht einmal bereit, unsere grünen Initiativen – ich erinnere Sie nur an unseren Antrag „Qualifikation der Erzieherinnen verbessern“ – überhaupt nur sachlich zu diskutieren. Das Einzige, was Ihnen dazu einfällt, ist, es wäre zwar schön, geht aber auch ohne, das stand mehr oder weniger wörtlich in der Vorlage des Senats. Dann fällt Ihnen noch ein, dass Sie das bezahlte Praktikum der Erzieherinnen abschaffen wollen, und dann verquicken Sie ja auch noch da ganz ungünstig zwei Debatten. Ich wünsche mir da einfach ein bisschen mehr Weitsicht.

Ich habe auch gesagt, Herr Grotheer, dass es nicht von heute auf morgen geht, aber wenn man Konzepte schreibt, die von vornherein nur die Sprungkraft einer Wachtel haben, dann braucht man sich nicht zu wundern, wenn man von den anderen europaweit abgehängt wird. – Danke schön!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)