Es ist ein sehr mutiger Schritt von Frau Rosenkötter, diese Wahl anzunehmen. Das hat die Debatte, die wir gerade geführt haben, und die Debatte, die wir über den Klinikskandal geführt haben, gezeigt, auch wenn man einmal schaut – und ich teile das, dass wir uns jetzt nicht in der bremischen Politik nur auf diese wirklich als große Skandale an die Öffentlichkeit
gekommenen Themen zurückziehen können –, welche anderen Aufgaben in den nächsten Monaten auf Frau Rosenkötter zukommen.
Wenn man vom Klinikskandal und dem Versagen des Jugendamtes absieht, dann haben wir Auswirkungen einer im Moment noch in der Großen Koalition in Berlin zusammengebastelten Gesundheitsreform, die sich auf Bremen ganz massiv auswirken werden. Wir haben nach wie vor große Probleme am Arbeitsmarkt, und dieses Ressort ist natürlich auch für den Arbeitsmarkt, die BAgIS und dafür verantwortlich, dass Menschen eben nicht, wie das vorhin vom Bürgermeister und vielen anderen gesagt worden ist, dauerhaft auf das Abstellgleis geschoben werden können, sondern dass es wieder Möglichkeiten gibt, in den Arbeitsmarkt zurückzukehren und sich dann eben auch sozial und mental in der Familie und bei der Betreuung der Kinder zu stabilisieren, um diese gesellschaftlichen Aufgaben wahrnehmen zu können. Arbeit ist also eine Schlüsselkategorie, und das Ressort ist dafür zuständig, dass wir hier stärker vorankommen, Menschen wieder in Arbeit zu bringen.
Es ist nicht gesagt worden, weil das schon bei so vielen Bezeichnungen des Ressorts immer irgendwie noch untergeht, das Ressort ist auch zuständig für die Integration von Zugewanderten hier in Bremen, das ist auch eine sehr wichtige Aufgabe, wie Sie wissen. Auch hier haben wir noch sehr viel vor uns. Kliniken müssen neu aufgestellt werden, Personal für die Leitung muss gesucht werden. Das Klinikum Mitte muss umgebaut werden, und dieser Umbau muss finanziert werden. Wir haben viel entschiedener als bisher Armut und eben nicht nur die Kinderarmut, sondern die Armut von Menschen in Bremen insgesamt zu bekämpfen.
Ich könnte endlos so fortfahren und möchte der Kandidatin keinen weiteren Schrecken von dieser Stelle aus einjagen. Ich finde, es ist ein Ressort, es sind Aufgaben, es sind wirklich Themen, die vor einem stehen, sodass man sich überlegen muss, ob das, was für die Staatsräteebene gilt, eigentlich für die politische Führungsebene auch gilt. Ich will das hier nicht entscheiden, das ist jetzt auch nicht der Zeitpunkt, das zu entscheiden. Es ist zumindest eine offene Frage, ob es sinnvoll ist, Regierungen, die die Menschen ja gewählt haben, um den Staat ordentlich zu führen, so weit zusammenzudampfen, dass sie am Ende zu diesem Auftrag, den die Menschen ihnen gegeben haben, nicht mehr in der Lage sind. Hier müssen wir vielleicht auch diesen vermeintlichen Sparkurs umkehren, der ja wirklich nur im Promillebereich ist, möglicherweise hinterfragen und lieber wieder in die Verantwortung gehen, dass wir das, was wir von den Menschen als Auftrag mitbekommen haben, auch tatsächlich erfüllen können, meine Damen und Herren!
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Das alles wird jetzt in dieser Legislaturperiode nicht mehr geschehen, sondern Frau Rosenkötter wird, ich nehme es an, heute von der Koalition gewählt werden. Die Opposition, die an diese Koalition schon lange nicht mehr glaubt, die nach diesen Ereignissen der letzten Monate noch viel weniger an die Zukunft und die Fähigkeit dieser Regierung glaubt, die Probleme Bremens lösen zu können, wird sie nicht wählen, weil sie glaubt, dass das Schicksal Bremens viel besser wieder zurück in die Hände der Menschen, in die Hände der Wählerinnen und Wähler gelegt werden müsste, wenn man an einem solchen Punkt in einer solchen Regierung angekommen ist. Gleichwohl gehe ich davon aus, dass die Koalition Frau Rosenkötter, die unseren vollen Respekt und unsere Unterstützung in der Sache genießt, nachher wählen wird. Da das der Fall sein wird, wünsche ich ihr für dieses sehr schwere Amt Glück und Geschick und dass sie die besten Entscheidungen für die Menschen in Bremen und Bremerhaven treffen möge. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Güldner, es ist absolut zulässig, dass die Opposition sich eine Auflösung der großen Koalition wünscht. Das ist normal und überrascht auch nicht sonderlich. Ich hoffe, es überrascht Sie auch nicht, dass wir das anders sehen.
Insofern denke ich, Sie haben hier eine so große Schleife gemacht. Sie hätten nach Ihrer Rede eigentlich die innere Logik anbieten müssen, dass Sie Frau Rosenkötter nun auch wählen.
Alles, was Sie gesagt haben, hätte eigentlich dazu führen müssen. Aber weil Sie in der Opposition sind, geht es nach dem Motto, mögen hätte ich denn schon gewollt, aber dürfen habe ich mich nicht getraut.
Das ist auch zulässig. Es ist auch zulässig, dass man das sagt. Insofern finde ich das nicht sonderlich überraschend.
Ich glaube, dass die SPD, und darüber bin ich froh, in der schwierigen Lage, in der das Ressort sich befindet, Gott sei Dank sehr schnell entschieden hat. Sie hat sich auch für jemanden entschieden, der hier aus Bremen kommt, der hier verankert ist, der in dem
sozialen Bereich verankert ist durch die Tätigkeit im Roten Kreuz und durch die Tätigkeit im Landessportbund sich sicherlich erhebliche Verdienste erworben hat. Gleichwohl ist es so, wir wissen es ja, es ist ein schweres Amt. Frau Röpke hat dieses schwere Amt auch ausgefüllt und ist mit sehr viel Engagement herangegangen. Es ist bitter, gelegentlich zu erleben, dass dann an bestimmten Bruchkanten eben auch solche Politikerschicksale sehr viel Bitteres erleben müssen. Das ist das Problem der politischen Verantwortung, die wir alle tragen und der man sich nicht entziehen kann. Das ist etwas sehr Grundsätzliches und sehr Allgemeines.
Deshalb, liebe Frau Rosenkötter, wünsche ich Ihnen, dass Sie nicht nur den Mut haben, dafür zu kandidieren, das haben Sie ja, sondern dass Sie das Stehvermögen besitzen, auch das zu akzeptieren, und dass es etwas anderes ist als in den anderen Funktionen, die Sie bisher hatten. Politiker sind auch dazu da, dass Menschen sich daran reiben können, sie müssen das auch aushalten. Sie müssen die Konflikte und die Entscheidungen, die das Leben mit sich bringt, durchtragen können. Dafür braucht man sehr viel Fingerspitzengefühl und Hartnäckigkeit, auch einen guten Schuss Selbstbewusstsein. Ich glaube, dass Sie das entwickeln können. Ich wünsche Ihnen jedenfalls, dass Sie die Tatkraft entwickeln.
Aber gerade im Anschluss an die letzte Debatte wünsche ich mir natürlich auch, dass Sie in besonderer Weise diese klimatischen Verwerfungen in der Frage der Zuwendungsbereitschaft, der Zuwendungsfreude, der Menschlichkeit, die Freude einfach daran, mit Menschen zu arbeiten, Menschen zu helfen und für Menschen das Richtige zu tun, verspüren und dass Sie diese auch in das Amt einbringen.
Die CDU, das wird Sie auch nicht sonderlich überraschen, wird im Gegensatz zur Opposition Ihrer Wahl zustimmen, wir hoffen auf eine gute Zusammenarbeit. Ich denke, dass gerade solche Krisen förmlich dazu einladen, gemeinsam die Ärmel hochzukrempeln und etwas Gutes zustande zu bringen. Dabei wollen wir Ihnen durchaus helfen. Ich wünsche Ihnen ganz persönlich viel Erfolg, und die CDU wird das Ihre dazu beitragen, soweit wir das können, eine gemeinsame erfolgreiche Arbeit zu leisten.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich lasse Ihnen noch ein paar Sekunden Zeit, dann können Sie den Raum ja verlassen. Angesichts des wichtigen Themas ist das bezeichnend für Ihr Demokratieverständnis. Sie können bloß froh sein darüber, dass vorher meine viel zu kurze Redezeit abgelaufen war. Ich hätte nämlich noch Einiges zu sagen, und ich wollte gerade erst so
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richtig loslegen. Dafür haben Sie wahrscheinlich auch schon tagelang gebetet, dass es nicht der Fall sein würde.
(Abg. C r u e g e r [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Beten hilft ja nicht, Herr Tittmann, das ist ja das Schlimme!)
Herr Wedler, ja, weiß ich! Das müssen Sie entschuldigen, Herr Wichtig, Herr Wedler! Herr Willy Wedler, ich weiß nicht, warum ausgerechnet Sie hier so große Sprüche klopfen müssen. Erstens sind Sie ab dem 13. Mai 2007 hier sowieso politisch nicht mehr vertreten, und zweitens lasse ich mich von einem FDPMitglied, Mitglied einer Partei, die sowieso sinnloser und nutzloser ist als ein Kropf, nicht beleidigen.
Meine Damen und Herren, die Ernennung von Frau Rosenkötter zur neuen Sozialsenatorin ist meines Erachtens zu schnell, zu panikmäßig und zu überstürzt erfolgt. Sie dürfen bei Ihren Überlegungen nicht sträflich außer Acht lassen, dass es sich bei der neuen, zukünftigen Sozialsenatorin Frau Rosenkötter für das sehr wichtige, schwer angeschlagene Ressort bei aller persönlichen Wertschätzung ihrer erfolgreich geleisteten Arbeit als Landessportbundvorsitzende um eine politisch unerfahrene Person handelt. Da kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Frau Rosenkötter über die notwendigen politischen Erfahrungen verfügt, ein solch schwieriges, skandalumwittertes Amt mit zukunftsorientierten politischen Weichenstellungen nach vorn bringen zu können. Hierzu ist dringend erforderlich, fernab jeglichen Parteibuchdenkens große Autorität und sehr hartes Durchgreifen, effektive politische Weichenstellungen zukunftsorientiert durchzusetzen auch gegen den starken, massiven Widerstand und Druck innerhalb ihrer eigenen Partei. Ob das ohne politische Erfahrung überhaupt möglich ist, das mag ich sehr stark bezweifeln!
Meine Damen und Herren, Frau Rosenkötter hat ohne Zweifel als Landessportbundvorsitzende mit sehr viel Engagement Großartiges geleistet, das ist völlig unbestritten. Dafür sind ihr viele Bremerhavener und Bremer dankbar. Vorsitzende eines Landessportbundes zu sein, ist aber von der politischen Verantwortung und den Sachfragen etwas ganz anderes als verantwortliche Senatorin für ein solch schwieriges Amt. Darum will man ja auch meines Erachtens Frau Rosenkötter einen zweiten, sehr teuren Staatsrat zur Seite stellen in Person ihres SPD-Parteigenossen Herrn Dr. Schuster, der meiner Meinung nach über genauso wenig Verwaltungserfahrung und Sachkenntnis verfügt wie die zukünftige Frau Senatorin. Hier habe ich den schlimmen Verdacht, dass dem treuen Parteisol
Meine Damen und Herren, ich habe es vorhin schon erwähnt, für diese monatlich zirka 8000 Euro für einen zweiten, unnötigen Staatsrat können Sie sogar drei zusätzliche Sozialarbeiter einstellen, die aktiv und viel effektiver als ein zweiter Staatsrat direkt vor Ort wichtige Hilfestellungen zum Wohle vernachlässigter Kinder und betroffener Familien leisten könnten. Das wäre sinnvoller und zweckmäßiger als ein zweiter, teurer Staatsrat.
Meine Damen und Herren, für die neue Sozialsenatorin geht es jetzt um große, schwerwiegende und tief greifende Strukturreformen, und das ohne jahrelange politische Erfahrung und mit einem zweiten Staatsrat, der „nur“ als sozialpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion tätig gewesen ist, das mag ich auch sehr bezweifeln. Meines Erachtens reichen diese Kriterien fachlich und sachlich nicht aus, um dieses sehr schwere Amt qualitativ leiten zu können, denn es reicht meines Erachtens nicht als Qualifikation aus, wenn man als Qualifikation vielleicht nur das SPDParteibuch besitzt, siehe Hennemann, Vulkan-Skandal lässt grüßen, oder aber ein guter Marathonläufer ist, siehe Senator Lemke mit seiner gescheiterten Bildungspolitik.
Meine Damen und Herren, Frau Rosenkötter, ich kann Ihnen nur dringend raten, bleiben Sie noch sehr lange die gute Vorsitzende des Landessportbundes! Aber wie ich der Presse entnehmen kann, steht Ihr sich selbst anbiedernder Nachfolger, Herr Frank Schildt, SPD, der jedem nur erdenklichen Pöstchen mit Schaum vor den Lippen hinterherhechelt, schon in den Startlöchern und scharrt mit den Hufen, der jedes Mal bei Gewitter, wenn es donnert oder blitzt, lächelt, weil er meint, er wird von der Presse fotografiert.
Meine Damen und Herren, ich werde Frau Rosenkötter nicht mitwählen, wünsche ihr aber trotzdem auch im Namen der Deutschen Volksunion als neue Sozialsenatorin zum Wohle und im Interesse des Landes Bremen bei der Ausübung ihres sehr schweren Amtes viel Mut, Kraft, Glück und Erfolg und eine SPDFraktion, die ihr dabei nicht in den Rücken fällt.
Abschließend darf ich namens der Deutschen Volksunion noch hinzufügen, der Rücktritt von Frau Senatorin Röpke wiegt nicht auf, was ihre verantwortlichen Mitwisser, sprich verantwortlichen Mitarbeiter, mit dieser bundesweiten Schande auf ihr Gewissen geladen haben.
Bremische Bürgerschaft (Landtag) – 16. Wahlperiode – 69. (außerordentliche) Sitzung am 2. 11. 06 4600
Meine Damen und Herren, die Mitglieder des Senats werden nach Artikel 107 Absatz 2 der Landesverfassung mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gewählt.
Gemäß Paragraf 58 Absatz 2 unserer Geschäftsordnung erfolgt die Wahl des Senats in geheimer Abstimmung. Da es interfraktionell vereinbart wurde, erfolgt die Abstimmung gemäß Absatz 4 in Wahlkabinen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn ich jetzt das Prozedere vorlese, wäre es ganz gut, wenn wir uns hier im Plenarsaal ein wenig vervollständigen würden.
Die Ausgabe der Stimmzettel und Wahlumschläge erfolgt nach Namensaufruf auf dem Tisch rechts neben den Wahlkabinen. Bitte gehen Sie dann mit Ihrem Stimmzettel in eine der beiden Wahlkabinen und vermerken dort Ihre Wahlentscheidung auf dem Stimmzettel! Sie haben die Möglichkeit, mit Ja, Nein oder Stimmenthaltung zu wählen.