Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nein, ich kann es auch nicht lassen, weil ich die Diskussion gut finde!
Herr Senator Röwekamp, Sie brauchen sich für meine Reden hier in diesem Parlament bestimmt nicht zu schämen und auch nicht zu entschuldigen. Schämen und entschuldigen sollten Sie sich aber für Ihre in allen Bereichen gescheiterte Politik, die auf Kosten der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes geht. Dafür sollten Sie sich schämen und entschuldigen, jeden Tag bei den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes und dieser Städte Bremen und Bremerhaven. Das wäre sinnvoller und zweckmäßiger, das wäre auch ehrlicher. Deshalb brauchen Sie das Wort Ehrlichkeit bestimmt auch nicht in den Mund zu nehmen. Die DVU ist keine nationalsozialistische rechtsradikale Partei. Das ist ein Hirngespinst von den Leuten, die Sie bewusst steuern und die die Medien auch gern mitbetreiben, dankend gern mit einbringen. Wir haben praktisch überhaupt keine Chance, uns objektiv in der Presse und den Medien darzustellen, aber das kennen wir schon.
Wie gesagt, Herr Röwekamp, wie scheinheilig diese Diskussion geführt worden ist, zeigt die Tatsache, dass Sie mir immer noch nicht den Umstand genannt ha
ben, wie es angehen kann, Sie wettern hier gegen angeblichen Rechtsradikalismus, wenn aber praktisch gesehen in Berlin gleichzeitig CDU-Mitglieder Hand in Hand mit den freien Kameradschaften mit der NPD wohlwollend gegen den Bau einer Moschee demonstrieren. Diesen Unterschied müssen Sie mir einmal erklären, diese Verbindung haben Sie bis heute nicht genannt. Ich darf noch einmal den Namen erwähnen, falls Sie ihn vergessen haben, das waren der ehemalige Geschäftsführer Bernhard Lasinkski und noch andere, die ich noch einmal benennen kann, aber dafür habe ich keine Zeit.
Im Übrigen glaube ich ganz sicher, dass sich das Problem eines Senators Röwekamp hier bei den nächsten Wahlen nach der zu erwartenden rotgrünen Landesregierung von allein lösen wird. Was ich Ihnen aber versprechen kann, ist, dass sich das für Sie große Problem Tittmann, DVU, hier in diesem Parlament noch verstärken und von Ihnen niemals lösbar sein wird, weil auch die Bürgerinnen und Bürger Ihr großes Problem – Tittmann, DVU – hier in diesem Parlament noch verstärken werden und dies von Ihnen niemals lösbar sein wird, weil auch die Bürgerinnen und Bürger in Bremerhaven erkannt haben, die kennen mich, die kennen meine Einstellungen, die kennen meine Ideologie – –.
Herr Abgeordneter Tittmann, das ist hier keine Rechtfertigungsveranstaltung für die DVU! Kommen Sie bitte zum Thema!
Ich mache es kurz! Sie mit Ihrer Politik können die Deutsche Volksunion gerade in Bremerhaven nie und niemals verhindern. – Ich danke Ihnen!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Als Allererstes möchte ich im Namen des ganzen Hauses die Angriffe, die Sie gerade völlig substanzleer gegen die Kollegen von der CDU hier gemacht ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
haben und ohne irgendwelche Beweise und Substanz hier auf den Tisch legen, im Namen des ganzen Hauses zurückweisen als einen völlig polemischen und überflüssigen Angriff auf eine demokratische Fraktion dieses Hauses.
Das Zweite ist: Man muss manchmal auch schauen, was machen die Menschen, die Politiker wirklich, was reden sie nicht nur im Parlament, sondern was tun sie tatsächlich – keine Zwischenfragen jetzt! –, sondern es kommt ja darauf an, was sie tun. Wenn Sie gerade wieder diese scheinheilige Rede von Herrn Tittmann gehört haben, ich habe hier einmal ein Beispiel mitgebracht, einen Aufkleber, der in Bremen und Bremerhaven von der DVU geklebt wird, man sieht es vielleicht aus der Entfernung, mit dem deutlichen Hitlersymbol, was immer verwendet wird, dieser schwarze Schrägstrich, das auf die Frisur Ihres großen ehemaligen Führers anspielen soll: „Istanbul den Türken, Bremen den Deutschen, DVU“.
Das ist das, was Sie tun. Was Sie hier reden, ist etwas völlig anderes, aber die Menschen wissen auch, was Sie tatsächlich tun, wenn Sie Politik betreiben oder das, was Sie Politik nennen, Herr Tittmann! Deswegen werden wir das hier ganz entschieden zurückweisen, nicht nur das, was Sie hier reden, sondern auch das, was Sie tun!
Nicht nur Ihre unsachlichen, polemischen und meistens vollkommen aus der Luft gegriffenen und verlogenen Angriffe auf alle Fraktionen hier im Hause mit irgendwelchen dubiosen Vorwürfen weisen wir hier zurück, ich möchte noch auf einen letzten Punkt aufmerksam machen. Sie haben nicht den Mut dazu, hier vor diesem Hause dazu zu stehen, was Sie tatsächlich an Politik betreiben, was Sie tatsächlich tun im Bündnis mit der NPD und mit Neonazis. Sie brauchen nicht zu lachen, jeder kann es inzwischen nachvollziehen: militante Neonazis, Straftäter, NPD und DVU immer gemeinsam Hand in Hand! Kommen Sie doch hierher, wenn Sie nicht so feige sind, uns hier immer etwas anderes vom Bären zu erzählen, dann stehen Sie doch zu dieser Politik und legen Sie diese Politik, die Sie tatsächlich betreiben, den Wählerinnen und Wählern zur Abstimmung vor! Dann werden Sie einmal sehen, was für ein Ergebnis Sie erreichen. – Vielen Dank!
Wer dem Entschließungsantrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, der CDU, der SPD sowie des Abgeordneten Wedler mit der Drucksachen-Nummer 16/1129 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, es war Herr Sieling, der in der vergangenen Debatte schon den Zusammenhang angesprochen hat zwischen dem, was wir gerade diskutiert haben, und der Debatte, die wir jetzt führen, nämlich über den Antrag „Bleiberecht für Familien mit langjährigem Aufenthalt“, den die Grünen hier in die Bremische Bürgerschaft eingebracht haben.
Es geht um ein Thema, das uns alle gemeinsam schon sehr lange beschäftigt. Die Innenministerkonferenz hat sich schon viele Jahre mit diesem Thema beschäftigt, in den jeweiligen Bundesländern, aber auch im Bund. Wir haben gestern im Zusammenhang mit dem Zuwanderungsgesetz auch darüber gesprochen, dass wir ein Problem haben, wie wir mit Menschen, mit Familien, vor allen Dingen auch mit Kindern und Jugendlichen, die über einen langen Zeitraum, manchmal zehn, 15, 20 Jahre lang hier in Deutschland immer nur geduldet worden sind und hier bereits sehr gut integriert sind, in Zukunft verfahren wollen. Es ist an der Zeit – das haben der Bundesinnenminister Schäuble und viele andere deut––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
lich gemacht –, dass wir für dieses Problem und diese Frage endlich nach vielen Jahren eine Lösung finden, und zwar nicht nur für Bremen, sondern eine Lösung, die dieses Problem in allen Ländern ein für alle Mal zu den Akten legt. Ich glaube, wir sind auf einem guten Weg, nach all den Jahren endlich zu dieser Lösung zu kommen.
Es geht darum, dass Menschen in einer Art Grauzone leben. Einerseits können sie nicht zurück in ihre Heimatländer, andererseits haben sie aber auch keinen Rechtsanspruch auf ein Aufenthaltsrecht hier bei uns. Sie hängen sozusagen zwischen Baum und Borke. Das heißt nach unserer Gesetzeslage, dass sie in aller Regel – und der Innensenator ist auch schon gestern in der Debatte darauf eingegangen, als wir über das Zuwanderungsgesetz gesprochen haben – keine Arbeitsgenehmigung bekommen, und das heißt für die Jugendlichen, sie können keine Ausbildung machen. Das bedeutet auch, wenn wir uns einmal realistisch anschauen, wie bei uns der Arbeitsmarkt verfasst ist, dass man es auf Dauer nicht schafft, in dieser Gesellschaft Fuß zu fassen, wenn man weder Ausbildung noch Arbeit bekommt.
Es ist so, dass wir in vielen Einzelfällen in Bremen und Bremerhaven Diskussionen über Familien haben, bei denen dies zutraf, und in jedem dieser Einzelfälle war es sehr schwierig, eine adäquate Lösung zu finden. Das heißt auf der anderen Seite, es ist allerhöchste Zeit, eine allgemeine Lösung auf der Basis neuer Regelungen zu finden, um mit diesem Problem letztendlich anders umzugehen, als wir es bisher getan haben.
Es sind, wie ich finde, sehr bemerkenswerte Signale ausgegangen, nicht nur vom Bundesinnenminister in dieser Frage, das haben wir sehr wohl vernommen, sondern vielleicht noch bemerkenswerter ist auch der Wandel, der sich über die Sommerferien in Bremen beim Senator für Inneres abgespielt hat, ich nehme an, auch in Abstimmung mit der gesamten Fraktion und Partei der CDU. Im Frühjahr noch haben wir sehr kontrovers und durchaus auch demokratisch scharf darüber diskutiert, was mit diesen langjährig Geduldeten, die gut integriert sind, die keine Straftäter sind, die aber gleichwohl ausgesperrt sind aus unserer Gesellschaft, passieren soll. Noch im Frühjahr hat da ein sehr scharfer Ton vorgeherrscht, so dass wir den Eindruck hatten, dass hier quasi eine Mauer aufgebaut werden soll gegen eine Lösung, die sowohl humanitär als auch für die aufnehmende Gesellschaft sinnvoll wäre, nämlich endlich von diesem Zwischenstatus der langjährigen Duldung wegzukommen.
Ganz offensichtlich hat sich da über die Sommerferien – es ist immer einmal ganz gut, wenn man ein bisschen aus dem alltäglichen Stress herauskommt, die Sonne scheint – ein Wandel vollzogen, und ich
bin ganz weit davon entfernt, diesen Wandel nun zurückzuweisen oder als möglicherweise nicht ernsthaft zu bezeichnen. Ich glaube, dass dies ein ernsthafter Wandel ist, dass wir heute nicht nur andere Worte und andere Statements zu diesem Thema vonseiten der CDU und von Herrn Röwekamp hören, sondern ich gehe einmal davon aus, dass wir hier auch tatsächlich einen Sinneswandel in Bezug auf diese Menschen erleben. Ich kann hier nur sagen, dass ich sehr begrüße, wenn wir dort in diesem Bereich eine sehr viel größere Einigung erreichen, als es in der Vergangenheit der Fall war.
Es ist so, dass die Intention aller Parteien und Fraktionen bei der Abfassung des Zuwanderungsgesetzes eindeutig war, in der Begründung des Gesetzes steht auch immer noch, die sogenannte Kettenduldung abzuschaffen, das heißt das wiederholte Erneuern eines Aufenthaltsstatus, der kein richtiger Aufenthaltsstatus ist, sondern sozusagen in diese Grauzone führt. Allerdings hat es das eigentliche Gesetz letztendlich nicht geschafft, dieses Ziel, das alle politischen Kräfte hatten, dann tatsächlich umzusetzen. In der Praxis der Ausländerbehörden ist es nach wie vor so – auch in Bremen, wir haben uns ausführlich damit auseinandergesetzt –, dass diese aufeinanderfolgenden Kettenduldungen ausgesprochen werden.
Das ist ein Phänomen, das man sich auch noch einmal in Zahlen anschauen muss. Wir hatten Anfang der neunziger Jahre etwa 500 000 Asylbewerber in Deutschland, wir haben heute noch etwas mehr als 20 000 Asylbewerberinnen und -bewerber in Deutschland, immer – nach Königssteiner Schlüssel – etwa ein Prozent auf Bremen heruntergebrochen bedeutet das einen Unterschied von 5000 für Bremen oder von 200 Asylbewerbern pro Jahr in Bremen. Gleichwohl ist der Stand der Geduldeten auf einem sehr hohen Niveau von etwa 3500 Menschen in dieser Zeit gleich geblieben, obwohl sich der Zuzug von Asylbewerbern so dramatisch verringert hat.
Hier kann im System etwas nicht stimmen, und wir Grünen haben immer an erster Stelle gefordert, dass hier eine ganz wichtige Lücke in unserem Ausländerrecht geschlossen werden muss und dass wir für diese konkreten Fälle, für diese Menschen, für diese Kinder und Jugendlichen, aber auch für ihre Eltern endlich eine Regelung brauchen, die wirklich diesen Namen verdient.
Es gibt – wir haben in einem Gutachten darauf hingewiesen, auch darüber gab es Diskussionen vor den Sommerferien – jetzt schon die Möglichkeit, nach Paragraf 25 Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes eine solche Aufenthaltserlaubnis für bisher Geduldete auszusprechen. Das Land Mecklenburg-Vorpommern, vor allen Dingen aber das Land Rheinland-Pfalz mit einer SPD/FDP-Regierung, mit inzwischen einer absoluten Mehrheit der SPD geht dort voran und hat
in sehr vielen Fällen von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Andere Bundesländer, unter anderen Bremen, haben verneint, dass das möglich sei. In der Praxis ist es auch so gewesen, dass über diesen Paragrafen 25 Absatz 5 kaum irgendjemand aus diesem Duldungsstatus herausgekommen ist.
In einem jüngsten Gespräch mit dem Präsidenten des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge hat er bestätigt, dass seiner Meinung nach der Paragraf 25 Absatz 5 durchaus geeignet wäre, um für Menschen diesen Duldungsstatus zu beenden. Das ist immerhin sozusagen der oberste Migrationsberater der Bundesregierung und auch der Länderregierungen. Ich hoffe, dass sich diese Einsicht da dann noch durchsetzt. Es spricht aber auch nichts dagegen, in einer Bleiberechtsregelung, wie sie jetzt von den Innenministern angestrebt wird, dies auch noch einmal neu zu regeln.
Es kommt allerdings, meine Damen und Herren, bei dieser Frage zum einen darauf an, die grundsätzliche Haltung, den Sinneswandel darzustellen, ob man bereit ist, hier an einem Strick zu ziehen und für die Menschen, für die Kinder und Jugendlichen und ihre Familien zu einer Regelung zu kommen, dass sie endlich Ausbildung und Arbeit aufnehmen können und einen festen Aufenthaltsstatus haben. Es kommt aber nicht nur auf diesen Willen und auf diesen Sinneswandel an, es kommt natürlich dann in der Regelung, die abschließend verabschiedet werden wird, sehr auf das Kleingedruckte, sehr auf die Details an.