Im Grunde wollen natürlich auch die SPD und Bündnis 90/Die Grünen, das haben Sie ja eben gerade schon gesagt, die private Krankenversicherung abschaffen. Den Grünen ist sie schon lange ein Dorn im Auge. Dabei wird vergessen, Frau Hoch, Sie haben ja auf die neun Milliarden Euro hingewiesen, natürlich ist das eine Sicherheit für die Krankenhäuser und für die Ärzte, darauf verlassen sie sich, das ist eine Sicherheit, dass sie ein Budget haben, auf das sie auch bauen können. Aber das Thema ist, glaube ich, ein anderes, das will ich jetzt hier auch nicht weiter ausführen.
Die Bundeskanzlerin Angela Merkel sagt zu der Beitragserhöhung und zu diesen Eckpunkten, das ist nicht die Antwort auf unsere Zukunft, sondern das ist die Summe der Fehler aus den vergangenen Jahren. Ich sage dazu, in den letzten sieben Jahren waren die Grünen mit in der Regierung, und wenn ich mich recht erinnere, dann hatten sie auch schon einmal mit Andrea Fischer eine Gesundheitsministerin, die von den Grünen kam. Die Forderungen, die Sie hier aufgestellt haben, sind in all den Jahren nicht umgesetzt worden.
Dass in der Gesundheitspolitik dringender Reformbedarf besteht, das ist ja nichts Neues, das ist lange bekannt. Mit dem GKV-Modernisierungsgesetz konnte seinerzeit zwar die angestrebte Senkung der Beiträge in der GKV nicht vollständig erreicht werden, aber in weiten Bereichen konnten die Beiträge gesenkt oder stabil gehalten werden. Mit dem Gesetz konnten so acht Milliarden Euro Schulden abgebaut und Ausgabensteigerungen von sechs bis acht Milliarden Euro abgefangen werden. Trotz gewaltiger Anstrengungen, durch Erhöhung der Selbstbeteiligung oder auch die Praxisgebühr, rutschen die Kassen immer wieder in die roten Zahlen. Im nächsten Jahr ist mit einem Kassendefizit von sieben Milliarden Euro zu rechnen. Allerdings hat auch der Bundeshaushalt dazu beigetragen, das ist ja auch schon erwähnt worden.
Schwierig ist natürlich der Wegfall der Tabaksteuer. Durch die hohe Arbeitslosigkeit ist ein Einnahmeverlust von 6,5 Milliarden Euro entstanden. Darüber hinaus haben fast eine Million gut ausgebildeter Menschen Deutschland verlassen, und das zählt natürlich alles, das muss man alles berücksichtigen. Deswegen haben wir auch keine Zeit mehr, die Reform zu verschieben.
Ich will noch einmal daran erinnern: Die CDU hatte sich für ein Prämienmodell ausgesprochen, die SPD für eine Bürgerversicherung. Die große Koalition, die wir jetzt haben, ist das Ergebnis der Bundestagswahl, und insofern war es unumgänglich, zwei unterschiedliche Modelle zusammenzuführen. Das Ergebnis sind
nun einmal die gemeinsam von CDU und SPD beschlossenen Eckpunkte. Dieses Ergebnis sollten wir jetzt erst einmal alle, auch die Opposition, konstruktiv begleiten. Dass die Krankenkassen, die Krankenhausgesellschaft und die Ärztekammer jammern, ist immer so, wenn Veränderungen anstehen. Mit dieser Reform, meine Damen und Herren, stehen wirklich tiefgreifende strukturelle Änderungen ins Haus.
Wer sich die Eckpunkte aber einmal richtig anschaut, wird feststellen, dass sie für die Patienten, aber auch für die Beitragszahler in der Tat zu Verbesserungen führen. Ich will in dieser Debatte nicht auf die einzelnen Punkte eingehen, aber ich will doch einige Stichworte herausgreifen, die mir wichtig sind.
Da ist erst einmal der Gesundheitsfonds. Der Fonds wird in Zukunft zum Kern der Finanzströme der neuen Gesundheitssicherung. Alle Beiträge, aber auch Steuermittel fließen ab 2008 direkt in diesen Fonds, und daraus erhalten die Kassen für jeden Versicherten einen einheitlichen Beitrag, wobei die Risiken ausgeglichen werden. Heutzutage sind von 160 000 Mitarbeitern in den Kassen 30 000 mit Beitragseinzug beschäftigt, und in den Firmen ist es nicht viel anders. Das wird besser. Da wird Bürokratie ebenso abgebaut werden wie in vielen anderen Bereichen auch.
Ganz wichtig dabei ist, dass 95 Prozent der Kassenausgaben aus diesem Fonds bestritten werden müssen. Bekommt eine Kasse ihre Ausgaben nicht in den Griff, kann sie von ihren Mitgliedern einen zusätzlichen Beitrag fordern, der allerdings ein Prozent des Haushaltseinkommens nicht überschreiten darf, Überforderungsklausel, nachdem aber alle anderen Sparmaßnahmen erst einmal ausgeschöpft sind. Ich gehe davon aus, dass wir diese riesigen Fehlbeträge, die sich über Jahre ansammeln, dann auch nicht mehr haben werden. Ich finde, das ist eine gute Lösung, die dort jetzt auf dem Tisch liegt.
Die Versicherten bekommen klare Informationen über die Leistungsfähigkeit ihrer Kasse. Die Kassen werden sich vermehrt anstrengen müssen, wirtschaftlich zu arbeiten und alle Möglichkeiten wie Haustarife, Selbstbehalte und alles Mögliche ausnutzen, wenn sie ihre Mitglieder nicht verlieren wollen. Außerdem haben die Kassen künftig die Möglichkeit, anders als vorher, kassenartübergreifend zu fusionieren. Das alles wird für wesentlich mehr Wettbewerb sorgen. Es wird keine Menschen mehr geben, die ohne Versicherungsschutz sein werden. Heute wird die Zahl auf 200 000 Menschen geschätzt, die keine Versicherung mehr haben.
Die Arzthonorare werden grundlegend verändert. Dadurch wird mehr Transparenz geschaffen, und die Ärzte wissen vorher, mit wie viel Geld sie rechnen können. Alle Kassen müssen das Hausarztmodell an
bieten. Für die Patienten ist die Teilnahme freiwillig, Stichwort freie Arztwahl. Das Vertragsrecht wird geändert werden, zum Beispiel, dass sich die ärztliche Tätigkeit nicht nur auf einen KV-Bereich beschränken wird und so weiter. Das wird in Zukunft alles sehr viel flexibler werden.
Die Kassenärztlichen Vereinigungen werden nach wie vor Bestand haben. Die Grünen, das haben sie ja gerade gesagt, wollten sie immer abschaffen, aber wir nicht, weil sie eine wichtige Funktion haben. Nicht einmal die Krankenkassen wollten sie abschaffen, weil sie natürlich auch wissen, welche Unterstützung sie durch die Kassenärztlichen Vereinigungen haben. Hauptaufgaben der Kassenärztlichen Vereinigungen werden in Zukunft das Qualitätsmanagement und die Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung sein, und sie werden mehr Dienstleister für den niedergelassenen Bereich sein.
Die Krankenhäuser werden ebenso in die Gesundheitsreform einbezogen, indem sie sich mit einem Sanierungsbetrag von einem Prozent der Budgets beteiligen müssen. Auch die ambulante Erbringung hochspezialisierter Leistungen am Krankenhaus soll ausgebaut werden. Wir begrüßen die Absicht, die Prävention zu stärken und die palliativmedizinische Versorgung zu verbessern.
Auch die private Krankenkasse wird mit einbezogen. Immer wieder wird auch von der SPD, von Ihnen insbesondere, der Vorwurf erhoben, dass sich zehn Prozent der Versicherten nicht an der Finanzierung der GKV beteiligen. Die neun Milliarden Euro werden ja völlig außer Acht gelassen. Das ist falsch, darauf habe ich eben schon hingewiesen.
Es sind auch nicht immer alles reiche Leute, die in der privaten Versicherung versichert sind. 55 Prozent aller privat Versicherten verdienen unter 2500 Euro, das sind zum Beispiel Beamte oder andere Beihilfeempfänger. Eines ist klar: Wenn es keine private Versicherung mehr gäbe, wären die Probleme der gesetzlichen Krankenkassen noch lange nicht gelöst.
Die Gebührenordnung der PKV wird überarbeitet, die Kasse wird künftig einen Basistarif analog der GKV anbieten, der für alle freiwillig Versicherten geöffnet wird. Die PKV kann künftig keine Mitglieder mehr ablehnen, wenn Risiken bestehen, und ein Wechsel zu einer anderen Kasse kann erfolgen, weil die erworbenen Altersrückstellungen mitgenommen werden können. Die Pharmaindustrie wird mit einbezogen, natürlich, insbesondere durch die neue KostenNutzen-Bewertung der Wirkstoffe und Medikamente. Das ist schon eine ganz wichtige Sache. Ich will das
Meine Damen und Herren, wie Sie alle wissen, wollte die CDU gesamtgesellschaftliche Ausgaben aus der Finanzierung der Krankenkassen herausnehmen und aus einer dritten Säule, aus Steuermitteln, finanzieren, zum Beispiel die Beitragsfreiheit der Kinder. Es kann ja nicht gerecht sein, dass immer nur die Mitglieder der GKV für die Versicherung der Kinder zuständig sind. Das ist eine Sache, die uns alle angeht, und da muss auch jeder mit heran. Um das noch einmal klarzustellen: Es kann natürlich nicht sein, dass man immer sagt, da werden Steuererhöhungen gemacht. Wenn man Leistungen aus Steuermitteln finanziert, ist das noch lange keine Steuererhöhung. Nun müssen wir leider feststellen, dass der Haushalt die Beträge von 14 bis 16 Milliarden Euro zurzeit nicht hergibt, und so wird das stufenweise realisiert werden. 2008 werden 1,5 und 2009 drei Milliarden Euro über den Haushalt finanziert. Weitere Steuererhöhungen wird es mit der Union nicht geben.
Meine Damen und Herren, diese Gesundheitsreform wird nicht die letzte sein. Mit den jetzt vorgeschlagenen Maßnahmen erreichen wir, dass alle Menschen, unabhängig von ihrer finanziellen Situation, einen Versicherungsschutz haben, keine Leistungsabgrenzungen stattfinden und die Leistungen im Gesundheitswesen in gesicherter Qualität erbracht werden. Die Union will die Strukturen im Gesundheitswesen wettbewerbsfähiger, transparenter und effizienter gestalten.
Mit dieser Reform werden die Mitglieder der GKV künftig mehr Wahlmöglichkeiten haben, und sie werden sich besser als bisher über die Leistungen und Kosten informieren können. Wir wollen auch mehr Eigenverantwortung für alle, die am System beteiligt sind, nicht nur für die Patienten. Solidarität heißt für uns Versorgung fürs Ganze, nicht aber Versorgung für alles. Solidarität muss als Daseinsfürsorge für große Risiken verstanden sein, kleine müssen eigenverantwortlich geschultert werden. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Thema ist heute höchst aktuell. Heute sitzt das Kabinett zusammen, um die Eckpunkte der Gesundheitsreform zu verabschieden. Wie gesagt, es ist notwendig, dass etwas getan wird, denn es gibt im nächsten Jahr sieben Milliarden Euro minus bei den gesetzlichen Kassen, wenn nicht weiter nachjustiert wird. Es gibt die Rahmenbedingungen, dass fünf Millionen gesetzlich Versicherte fehlen durch Arbeitslosigkeit und Mini-Jobs. Eine Million sind in die privaten Versicherungen gegangen. Das ist für die Ein
Wir als SPD sind in den Wahlkampf gegangen für eine solidarische Bürgerversicherung. Wir halten sie immer noch für das richtige Modell.
Das zeigt sich auch in Österreich. Da gibt es ein ähnliches Modell, und die Beitragssätze sind alle sehr gut. Sie liegen bei 7,4 Prozent für Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusammen, und die sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsplätze haben dort zugenommen, im Gegensatz zu uns. Wie gesagt, dort sind auch Beamte und Selbständige mit in einer Versicherung versichert, pro Region gibt es eine gesetzliche Kasse, und es meckert keiner. Sogar die ÖVP macht das mit, daran lässt keiner rühren, und ich verstehe nicht, dass sich die Union nicht ein bisschen in diese Richtung bewegt.
Nach der Bundestagswahl gab es, wie gesagt, die große Koalition. Dann hat man versucht, ein so genanntes Mischmodell zu finden. Man hat nach Holland mit dem Gesundheitsfonds gesehen. Ich finde, das ist eine schwierige Sache. Man muss darauf achten, dass es nicht ein bürokratisches Modell wird.
Wir haben funktionierende Kassen mit ihrem Einzugsverfahren, und hier muss auch Bremen ganz besonders aufpassen, dass dieser Fonds auf regionaler Ebene eingerichtet wird, also nach Bundesländern, denn wir haben hier in der Krankenversicherung Personen beschäftigt, die diese Arbeit durchführen können. Es darf nicht das Personal aus der Rentenversicherung dafür zuständig werden, sondern das muss hier regional in unserem Bundesland weitergeführt werden. Hierfür müssen wir uns alle einsetzen, dass das auch kommt.
Wir wollen damit die Arbeitsplätze für die Beschäftigten in den Krankenversicherungen hier vor Ort sichern. Wir wollen, dass die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer vor Ort auch einen direkten Ansprechpartner haben. Hier lohnt es sich zu kämpfen. Es ist nicht nur ein Bundesthema, sondern auf dieser Ebene auch ein Landesthema.
Doch nun zu den einzelnen Positionen, bei denen wir als SPD in diesem Kompromiss doch noch einiges erreicht haben! Erstens, es wurde vorhin schon
von Frau Tuczek angesprochen, 200 000 Menschen sind bei uns ohne Krankenversicherung. Hier gab es eine Gesetzeslücke, und diese wurde jetzt gefüllt, indem jetzt wieder jeder eine Krankenversicherung hat. Ich denke hierbei an Personen in den Ich-AGs, die nicht mehr der Versicherungspflicht unterlagen. Sie haben tatsächlich kein ausreichendes Einkommen und sind dann ausgestiegen. In Zukunft müssen die Versicherungen, bei denen die Leute vorher versichert waren, diese Menschen wieder aufnehmen. Es ist ein gutes Zeichen, dass hier wieder alle Menschen eine Krankenversicherung haben.
Zweitens, wir als SPD haben in den Verhandlungen darauf gepocht, dass es keine Leistungsausgrenzung geben darf.
Die Union wollte zum Beispiel die Chronikerregelung abschaffen und auch noch die Prozentzahl erhöhen, also dass jeder Chroniker statt einem Prozent zwei Prozent des Einkommens für Medikamente und Behandlungen zahlen muss. Ein weiterer Punkt war, sie wollte auch die Befreiung von der Praxisgebühr abschaffen. Dagegen haben wir uns gewehrt, und wir haben uns Gott sei Dank auch durchgesetzt.
Frau Tuczek, Sie haben gerade so nebenbei gesagt, Verkehrsunfälle und private Unfälle sollten aus der GKV herausgenommen werden,
da sollten die Leute eine Haftpflichtversicherung abschließen. Ich glaube, diese Leistungsausgrenzung ist der falsche Weg, und ich finde, nachdem es auch in der vergangenen Periode schon Leistungsausgrenzungen in Höhe von zwölf Milliarden Mark gab, dass es hier richtig war, gegenzuhalten.
Ich erinnere daran, dass damals auch die Grünen mit beteiligt waren. Damals gab es den Gesundheitskompromiss 2004,