Protocol of the Session on July 12, 2006

Daneben ist auch eine Zuständigkeit nach Lotteriestaatsvertrag beim Senator für Inneres und Sport gegeben, der im öffentlichen Interesse darüber zu

wachen und darauf hinzuwirken hat, dass der Staatsvertrag eingehalten wird und das unerlaubte Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleibt.

Zu Frage drei: Nach dem bremischen Wett- und Lotterierecht bedürfen Sportwettanbieter in der Freien Hansestadt Bremen einer Zulassung des Senators für Inneres und Sport. Ohne diese Zulassung dürfen die in anderen Bundesländern oder EU-Staaten konzessionierten Sportwettanbieter in Bremen keine Wetten anbieten beziehungsweise vermitteln. Die Veranstaltung und Vermittlung von Wetten ohne behördliche Landeserlaubnis sowie ihre Werbung hierfür sind verboten und gemäß Paragraph 284 Strafgesetzbuch strafbar.

Der Gesetzgeber hat in Paragraph 284 Strafgesetzbuch die unerlaubte Veranstaltung eines Glücksspiels und die Werbung hierfür unter Strafe gestellt. Sportwetten sind Glücksspiele im Sinne des Paragraphen 284 Strafgesetzbuch. Unerlaubt ist ein Glücksspiel dann, wenn es ohne behördliche Erlaubnis betrieben wird. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 21. Juni 2006 festgestellt, dass Genehmigungen, die in der ehemaligen DDR erteilt wurden, es nicht rechtfertigen, in den alten Bundesländern solche Wetten zu veranstalten oder zu vermitteln.

Entscheidende Voraussetzung für eine Strafbarkeit ist somit die Klärung der Frage, ob die vom Gesetzgeber geforderte erforderliche Erlaubnis nicht vorliegt. Diese Frage wird abschließend unter anderem durch eine rechtsbeständige Verfügung oder eine rechtskräftige verwaltungsgerichtliche Entscheidung geklärt. Nach dieser Klärung hat die Staatsanwaltschaft über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zu entscheiden, zurzeit ist dies jedoch noch nicht der Fall. – Soweit die Antwort des Senats!

Haben Sie eine Zusatzfrage?

(Abg. H e r d e r h o r s t [CDU]: Danke!)

Das Wort zu einer Zusatzfrage hat der Abgeordnete Wedler.

Herr Böhrnsen, ich habe einmal eine Zusatzfrage an Sie persönlich in Ihrer Funktion als Präsident des Senats, aber auch an den Senat: Wie gehen Sie eigentlich mit der Doppelmoral um, die aus diesem Verhalten resultiert, das Sie jetzt zwangsläufig aufgrund der Rechtsprechung und der Rechtslage hier eben gerade auch dargelegt haben, auf der einen Seite, dass der Staat und staatliche Einrichtungen das selbst machen, was Sie Privaten im Grunde genommen auf der anderen Seite verbieten? Das ist die eine Frage.

Die zweite ist, das resultiert aus unserem Wirtschaftssystem, die Frage nämlich, dass hier ein Staatsmonopol steht, das Sie aufrechterhalten wollen, Sie hier aber auf der anderen Seite den freien Wettbe

werb und freie Marktwirtschaft in diesem Bereich unterbinden wollen. Wie gehen Sie persönlich in Ihrer Funktion als Senatspräsident, aber eben auch der Senat mit dieser Sache um?

Bitte, Herr Bürgermeister!

Persönlich und als Senatspräsident zu antworten ist schwierig. Ich stehe hinter dem Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz. Er ist mit 16 zu null gefasst worden, und ich habe mich auf der Ministerpräsidentenkonferenz auch ausdrücklich zu diesem Thema geäußert.

Herr Abgeordneter Wedler, Ausgangspunkt ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006. Das Bundesverfassungsgericht hat dem Gesetzgeber dort einen Auftrag gegeben, den er bis zum Ende des Jahres 2007 erfüllen muss, und es hat Alternativen genannt, die der Gesetzgeber zu prüfen hat. Es sind alles verfassungsrechtlich einwandfreie Alternativen.

Die eine Alternative ist zu sagen, das Monopol wird aufrechterhalten, allerdings unter Einschränkung der Werbung, weil sich Monopole nur – das ist eine Einschränkung der Berufsfreiheit – für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut rechtfertigen, was die Eindämmung der Spielleidenschaft und der damit verbundenen Suchtgefahren bedeuten kann.

Die zweite Alternative ist, das könnte man ein Konzessionsmodell oder ein Oligopol nennen, dass man in einem Konzessionsverfahren nur bestimmte Anbieter zulässt. Auch das hält das Bundesverfassungsgericht für möglich. Die dritte Möglichkeit ist eine vollständige Liberalisierung, das heißt, Sportwetten zuzulassen, die generell nach der Gewerbeordnung zuzulassen wären.

Wie Sie aus der Antwort auf die Anfrage gehört haben, bin ich mit allen Ministerpräsidenten der Bundesrepublik der Auffassung, dass die Aufrechterhaltung des Monopols der richtige Weg ist. Allerdings ist es eine wichtige Frage, wie die tatsächliche Überlebensfähigkeit dieses Monopols angesichts der technischen Möglichkeiten ist. Da mache ich ja keinen Hehl daraus, dass wir vor ganz neuen Fragen stehen. Was ist, wenn ein Internetanbieter, der seinen Sitz in Gibraltar oder Malta hat, das Internet nutzt und man sich fragen muss: Wie ist das aufrechtzuerhalten? Nur, das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung die Beantwortung dieser Frage gewissermaßen vorweggenommen und gesagt, die tatsächliche Durchsetzbarkeit und die damit verbundenen Schwierigkeiten können die verfassungsrechtliche Weichenstellung zunächst einmal nicht beeinflussen. Es gibt Möglichkeiten, auch darauf zu reagieren. Es gibt – das hat das Bundesverfassungsgericht nicht gesagt, aber das sagen uns kundige Leute – in den USA zum Beispiel bestimmte Umgangs

formen mit dieser Frage, auf die man in Deutschland möglicherweise auch kommen kann.

Die Ministerpräsidenten haben vor diesem Hintergrund, und auch ich habe mich in der Ministerpräsidentenkonferenz in dieser Weise geäußert, einen Kompromiss geschlossen, im Übrigen auch, weil wir bei dem Lotteriestaatsvertrag, der das Monopol sicherstellen soll, wissen, was wir mit dem Geld machen, das der Staat einnimmt. Das ist ja nicht etwas, was in den allgemeinen Haushalt fließt, sondern ich möchte eine Regelung, die dazu beiträgt und sicherstellt, dass wir den organisierten Sport und viele Kultur- und Sozialeinrichtungen auch weiterhin ausstatten.

(Beifall bei der SPD)

Das ist ein wichtiger Punkt, der in allen Ländern eine Rolle spielt. Ich kenne kein Land, das sagt, wir sind in der Lage, das, was an Geld dann nicht mehr zur Verfügung steht, durch Haushaltsmittel zu substituieren. Darüber muss man reden.

Vor dem Hintergrund der Fragen, die hinsichtlich der tatsächlichen Überlebensfähigkeit eines Monopols zu Recht gestellt werden, soll der nun auszuhandelnde Lotteriestaatsvertrag aber auf einige Jahre befristet sein. Die Ministerpräsidenten haben ausdrücklich gesagt, dass vor Ablauf dieser Frist eine Evaluierung erfolgen soll, wie sich dieses Monopol in der Praxis weiter entwickelt.

Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Ich will einmal vorsichtig sagen, Sie haben eben auf die deutsche Rechtssituation abgehoben und sozusagen auf den deutschen Horizont, Nationalgrenze, irgendwo am Bundesgebiet. Was die technische Entwicklung anbetrifft, haben Sie allerdings schon darauf hingewiesen, dass über das Internet vieles möglich ist. Da habe ich jetzt einmal die Frage: Wie wollen Sie denn überhaupt sicherstellen, wenn ein Anbieter aus dem Ausland mit einer Internetadresse, selbst wenn sie am Ende ein „de“ hat, es also eine deutsche Adresse ist, mit solchen Angeboten hier auf dem deutschen Markt auftritt, dass das Monopol, das Sie nun versuchen aufrechtzuerhalten, aufrechterhalten wird? Das war die eine Frage, welche Handhabe Sie überhaupt in so einem Staatsvertrag für so etwas vorsehen können.

Die zweite Frage ist: Meinen Sie, mit Blick nach Europa, dass das deutsche System vor dem Hintergrund der europäischen Rechtslage überhaupt noch aufrechterhalten werden kann?

Bitte, Herr Bürgermeister!

Zum ersten Punkt: Die Eingriffsmöglichkeiten habe ich Ihnen genannt, das ist der Mediendienste-Staatsvertrag, und das sind die

Landesmedienanstalten, die bei Internetangeboten aus Deutschland je nach Sitz des Anbieters tätig werden können. Dazu will ich Ihnen sagen: Ich bin nicht dafür, dass wir von vornherein vor vermeintlichen tatsächlichen Überlegungen kapitulieren, sondern dass wir zunächst einmal die Frage nach der Gestaltung stellen, welche Vorstellung wir davon haben.

(Beifall bei der SPD)

Anschließend muss man sich die Frage der Durchsetzbarkeit anschauen. Ich habe Ihnen gesagt, die Ministerpräsidenten wollen den Staatsvertrag entsprechend nur auf eine begrenzte Frist abschließen, um diese Fragen weiter zu klären. Ich denke aber, man darf nicht vor den tatsächlichen Schwierigkeiten kapitulieren, sondern man muss zuerst sagen, was man sich vorstellt und was man will, und dann anschließend fragen, wie es umgesetzt werden kann.

Zu Ihrer zweiten Frage, was die europarechtliche Dimension angeht: Es gibt noch keine europarechtlichen Gerichtsentscheidungen zu dieser Frage. Diese Frage wird zu klären sein. Da kann ich nicht spekulieren, wie das ausgeht. Nach der deutschen Rechtslage ist die höchstrichterliche Entscheidung mit dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 erfolgt, und das ist für unsere Rechtsanwendungen und Rechtsfortentwicklungen der maßgebliche Ausgangspunkt.

(Abg. W e d l e r [FDP]: Danke sehr!)

Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie auf einer Zeitschiene ein Verfahren beschrieben haben, in der es eine kurzfristige Position der Länder gibt, gleichwohl aber eine Offenheit in mittelfristiger Hinsicht, es sich sozusagen noch einmal zu überlegen, wenn man mit dieser kurzfristigen Position möglicherweise keine guten Erfahrungen macht, möglicherweise doch ein anderes System – Sie hatten es als zweite Möglichkeit der vom Verfassungsgericht genannten Alternativen erwähnt – in Deutschland einzuführen?

Bitte, Herr Bürgermeister!

Herr Abgeordneter Dr. Güldner, ich glaube, es ist ganz wichtig, dass wir auch anhand dieser Frage klarstellen, dass es in Deutschland eine einheitliche und auch klare Rechtsanwendung gibt. Ich betrachte es schon als Problem, dass wir nicht nur während der gesamten Fußballweltmeisterschaft, sondern auch im Moment noch in den privaten Sendern die entsprechenden Werbespots sehen. Da braucht man nur Premiere, DSF, Pro7 oder SAT.1 einzuschalten. Das passt, glaube ich, alles nicht zusammen. Man muss eine einheitliche Ausrichtung

haben und auch in der Lage sein, das am Ende durchzusetzen. Das kann ja auch auf andere Rechtsbereiche ausstrahlen, wenn wir vollmundig sagen, so soll es sein. Wenn aber die Menschen etwas völlig anderes erleben, dann ist das, glaube ich, für einen Rechtsstaat eine schwierige Sache.

Diese Probleme sehend, aber nicht vor ihnen kapitulierend, haben die Ministerpräsidenten diesen doch recht sinnvollen Weg, wie ich finde, vorgezeichnet, den Lotteriestaatsvertrag mit dem Monopol weiterzuentwickeln und die weitere Entwicklung zu evaluieren. Persönlich muss ich sagen, dass ich mit einer gewissen Irritation gesehen habe, dass die Grünen gleich kapitulieren und sich für die Liberalisierung aussprechen wollen. Das halte ich für den falschen Weg.

Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Wenn ich das vielleicht richtigstellen darf, können Sie das nirgendwo gesehen haben, weil das niemand von den Grünen gesagt hat, zumindest nicht in Bremen. Wir haben ja eine Anhörung durchgeführt, die bisher in Bremen nicht stattgefunden hat, welche Wege eigentlich gangbar sind.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich finde, das war ein sehr verdienstvolles Nachholen eines parlamentarischen Versäumnisses, dass Bremen bisher nur auf ordnungsrechtlicher Schiene in diesem Thema politisch aktiv geworden ist.

Ich wollte Sie trotzdem noch einmal fragen: Sehen Sie für das Land Bremen, für den Senat, aufgrund der unterschiedlichen Überlegungen, die angestellt worden sind – zum einen Suchtprävention, zum anderen natürlich auch die fiskalische Frage, die Einnahmen, die dem Sport und anderen gemeinnützigen Zwecken zufließen –, nach wie vor mittelfristig eine Offenheit, auch in einem begrenzt geöffneten System der Konzessionierung, was ja gleichzeitig auch Abgaben, sowohl steuerlicher Art als auch Zweckabgaben für private konzessionierte Anbieter beinhalten wird, noch über eine solche Lösung auch im Wege der jetzt eingeleiteten Prozesse der Ministerpräsidenten nachzudenken?

Bitte, Herr Bürgermeister!

Die Freie Hansestadt Bremen wird sich konstruktiv an der Erarbeitung des Lotteriestaatsvertrags jetzt beteiligen – ich gehe davon aus, dass er dann im Laufe des Jahres 2007 abgeschlossen wird –, und wir werden uns dann an der Evaluierung beteiligen, von der ich gesprochen habe. Da werden wir sicherlich auch die bremischen tatsächlichen und rechtlichen Erfahrungen einbeziehen.

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Sie haben eben selbst angesprochen, dass die Werbung für die privaten Anbieter ja im Fernsehen, im Internet und, wenn man durch Bremen läuft, auch auf Plakaten und elektronischen Anzeigetafeln heute noch präsent ist. Sehen Sie eigentlich den Grundsatz der Gleichbehandlung gewahrt, wenn nun gleichsam gegen Werbung an bestimmter Stelle, unter anderem beim Verein Werder Bremen und auch an anderer Stelle, vorgegangen wird, während diese praktisch überall präsente Werbung für die gleichen Anbieter offensichtlich nicht hinterfragt weiterläuft?

Bitte, Herr Bürgermeister!

Ich habe Ihnen gesagt, das Ziel muss eine gleichmäßige, klare Rechtsanwendung sein. Sie müssen natürlich auch sehen, dass die Unsicherheit ja nicht erst in den letzten Tagen entstanden ist, sondern sie hat lange Zeit deswegen vorgeherrscht, weil das Verfahren beim Bundesverfassungsgericht anhängig war. Sehr viele, in fast allen Ländern eingeleitete behördliche Verfahren waren zunächst einmal zum Ruhen gebracht. Erst danach, durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, hat sich so etwas wie eine gewisse, aber keine vollständige Klarheit eingestellt, weil das Bundesverfassungsgericht eben diese Wege aufgezeichnet hat. Erstmalig, auch das habe ich in der Antwort vorgetragen, gibt es mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Juni eine höchstrichterliche Entscheidung zur Frage der Wirkung von DDRLizenzen, eine Frage, die lange Zeit sehr umstritten war und über die wir ja bei den bekanntesten und von Ihnen auch angeführten Sportwettanbietern reden. Wir müssen jetzt also dafür sorgen, dass die entsprechende Klarheit auch einzieht.

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Sie haben von dem Prozess der Befassung mit dem Entwurf des Staatsvertrags gesprochen. Dort gibt es bei der MPK im Oktober ja einen Zwischenstopp, glaube ich, und dann einen geplanten Endpunkt im Dezember. Würden Sie es nicht auch befürworten, dass wir im Land Bremen in den verschiedenen Gremien, die es dafür gibt, gemeinsam darüber beraten, wie sich Bremen in diesem Kontext dann aufstellt, weil eine solche Beratung – ich habe es gerade eben gesagt, als ich unsere Anhörung erwähnte – meines Wissens im Land Bremen bisher nicht stattgefunden hat?