Protocol of the Session on June 15, 2006

Die fünfte Anfrage bezieht sich auf vermisste Kinder und Jugendliche in Bremen. Die Anfrage ist unterschrieben von den Abgeordneten Herderhorst, Pflugradt, Perschau und Fraktion der CDU.

Bitte, Herr Kollege Herderhorst!

Wir fragen den Senat:

Erstens: Wie viele Kinder und Jugendliche wurden in Bremen in den vergangenen fünf Jahren als vermisst gemeldet, aufgeteilt nach Kindern bis 14 Jahren und Jugendlichen bis 18 Jahren?

Zweitens: Wie viele Kinder und Jugendliche waren es im Vergleich hierzu bundesweit und in Städten von vergleichbarer Größenordnung?

Die Anfrage wird beantwortet von Herrn Bürgermeister Röwekamp.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu Frage eins: Die Polizeibehörden in Bremen und Bremerhaven haben in den vergangenen fünf Jahren durchschnittlich 90 Vermisstenfälle pro Jahr im Zusammenhang mit Kindern im Alter von bis zu 14 Jahren und 251 Vermisstenfälle im Zusammenhang mit Jugendlichen im Alter von 14 bis unter 18 Jahren registriert. Die detaillierten Zahlen sind der Tabelle im Anhang zu entnehmen. Daten über Aufklärung der Einzelfälle und Zeiträume der Abhängigkeit werden statistisch nicht erfasst. Diesbezügliche mit Zahlen belegte Aussagen wären nur nach einer personal- und zeitintensiven Einzelfallrecherche möglich. Laut Auskunft des Landeskriminalamts Bremen ist jedoch von einer Aufklärungsquote von mindestens 99 Prozent auszugehen.

Zu Frage zwei: Eine Statistik, die entsprechende Vergleichszahlen auf Bundesebene beziehungsweise zu Städten von vergleichbarer Größenordnung ausweist, liegt nicht vor. Jedoch hat eine bundesweite Erhebung des Bundeskriminalamts im Jahr 2003 ergeben, dass im Jahre 2001 in Deutschland insgesamt 14 658 Kinder im Alter von bis zu 14 Jahren als vermisst registriert waren, von denen bis Mitte Juni 2002 14 519 Fälle und somit zirka 99 Prozent aufgeklärt wurden. 2002 wurden 14 220 Kinder als vermisst registriert, hiervon wurden bis Mitte Juni 2003 14 081 Fälle aufgeklärt. Der übrige Anteil besteht überwiegend aus Kindesentziehungen, die von der Polizei als Vermisstenfälle registriert werden, solange eine Gefahr nicht ausgeschlossen werden kann. In der Regel besteht in diesen Fällen jedoch keine Gefahr für die Kinder.

Demzufolge ist nur bei einem sehr geringen Teil der vermissten Kinder zu befürchten, dass diese Opfer einer Straftat oder eines Unglücksfalls wurden, sich in einer Situation der Hilflosigkeit befinden oder nicht mehr am Leben sind. Jedoch führt die Polizei in jedem Einzelfall alle erdenklichen Maßnahmen mit großer Priorität durch, um eine zeitnahe Aufklärung des Vermisstenfalls zu erzielen. Hierzu zählt auch eine intensive Betreuung der Eltern. – Soweit die Antwort des Senats!

Haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Ich stimme mit Ihnen darin überein, dass es einen ganz großen Teil der Fälle gibt, die sich dann als harmlos erweisen, weil jemand bei einer Freundin übernachtet und vergessen hat, zu Hause Bescheid zu sagen oder so ähnlich. Es gibt aber natürlich gerade bei Jugendlichen häufiger Vermisstenanzeigen, weil es zu Hause gekracht hat, sage ich jetzt einmal so. Gibt es eigentlich Richtlinien bei der Polizei, die sicherstellen, dass die Jugendhilfe informiert wird? Gibt es eine Art von

Kooperation, um darauf aufmerksam zu machen, dass sich die Jugendhilfe dort vielleicht um den einen oder anderen Fall kümmern sollte?

Bitte, Herr Bürgermeister!

Jetzt konkret, also nicht präventiv, sondern in dem Ereignisfall?

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Im Zusammenhang mit einer Ver- misstenanzeige! Es kann auch häusliche Ge- walt oder so etwas vorliegen. Das kommt ja nicht so selten vor!)

Grundsätzlich sind die Polizeibehörden aufgefordert, in solchen Fällen auch den Kontakt mit den zuständigen Jugendbehörden zu suchen, wenn es Anhaltspunkte dafür gibt, dass solche Konflikte beispielsweise zu solchen Vermisstensituationen geführt haben.

Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor.

Die sechste Anfrage trägt die Überschrift „Einsatz von bremischen Polizeibeamten im Ausland“. Diese Anfrage ist unterschrieben von den Abgeordneten Knäpper, Herderhorst, Pflugradt, Perschau und Fraktion der CDU.

Bitte, Herr Kollege Knäpper!

Wir fragen den Senat:

Erstens: Wie viele bremische Polizeibeamtinnen und -beamte wurden seit dem Jahr 1995 im Ausland eingesetzt, aufgeteilt nach Nachfragestaaten, und wie hoch war die durchschnittliche Verweildauer?

Zweitens: Auf welcher Rechtsgrundlage erfolgte der Einsatz der Polizeibeamtinnen und -beamten, und welche Aufgaben hatten sie mit welchen Befugnissen?

Drittens: Wie werden die Polizeibeamtinnen und -beamten auf ihre Auslandseinsätze vorbereitet, und wer trägt die Kosten?

Auch diese Anfrage wird beantwortet von Herrn Bürgermeister Röwekamp.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu Frage eins: Seit 1995 nehmen Beamtinnen und Beamte der Polizeien Bremen und Bremerhaven an friedenssichernden und friedenserhaltenden Einsätzen internationaler Mandatgeber in verschiedenen Ländern der Welt teil. Bisher waren insgesamt 26 Polizeibeamte aus Bremen und Bremerhaven, davon

zwei Polizeibeamtinnen, an solchen Auslandseinsätzen beteiligt.

In 18 Fällen nahmen die Beteiligten an einer internationalen Friedensmission der Vereinten Nationen im Kosovo teil. Beteiligungen an Friedensmissionen der Europäischen Union fanden in Bosnien in drei Fällen und in Mazedonien in einem Fall statt. Darüber hinaus waren drei Beamte an einer Friedensmission der Westeuropäischen Union in Mostar beteiligt. Aktuell unterstützt die Polizei den Aufbau der afghanischen Polizei im so genannten Stabilitätspakt Afghanistan mit einem Beamten. Durchschnittlich waren die Beamtinnen und Beamten für die Dauer von zehn bis zwölf Monaten an diesen Auslandseinsätzen beteiligt.

Darüber hinaus waren Beamte der Kriminalpolizei zur Unterstützung der Identifizierung von Verstorbenen nach der Tsunami-Katastrophe in Südostasien eingesetzt. Diese Einsätze dauerten in der Regel nicht länger als vier bis sechs Wochen.

Seit 1995 haben Bund und Länder insgesamt 4889 Polizeibeamtinnen und -beamte zu Auslandsmissionen entsandt.

Zu Frage zwei: Die Beteiligung der Bundesrepublik an internationalen Polizeimissionen fällt in die Zuständigkeit des Bundes und erfolgt ausschließlich auf der Grundlage völkerrechtlicher Verträge sowie internationaler Abmachungen. Polizeieinsätze im Rahmen von konkreten Friedensmissionen oder humanitären Maßnahmen im Ausland erfolgen jeweils aufgrund eines verbindlichen Mandats zum Beispiel der Vereinten Nationen beziehungsweise der Europäischen Union und eines förmlichen Beschlusses der Bundesregierung. Der Deutsche Bundestag ist über die beabsichtigte Verwendung zu unterrichten. Im Hinblick auf eine gemeinsame Beteiligung von Bundes- und Landesbeamten wird ein Beschluss der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder herbeigeführt.

Die entsandten Polizeibeamtinnen und -beamten der Länder werden für die Dauer des Auslandsaufenthaltes in den Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern gemäß Paragraph 123 Beamtenrechtsrahmengesetz abgeordnet und gemäß Paragraph 8 Bundespolizeigesetz in Verbindung mit Paragraph 123 a Beamtenrechtsrahmengesetz der internationalen Organisation zur Dienstleistung in einer konkreten Mission zugewiesen.

Die Bundesrepublik Deutschland beteiligt sich jährlich mit bis zu 910 Polizeivollzugsbeamten an internationalen Friedensmissionen. Diese werden gegenwärtig bis zum 450. Polizeivollzugsbeamten zu einem Drittel durch den Bund und zwei Drittel durch die Länder, ab dem 451. Polizeivollzugsbeamten zu gleichen Teilen gestellt. Die Beiträge der einzelnen Bundesländer berechnen sich nach dem „Königsteiner Schlüssel“ in der jeweils gültigen Fassung.

Die Aufgabenwahrnehmung im Ausland erfolgt auf der Grundlage des zugrunde liegenden Mandats. Neben Aufträgen, die sich ausschließlich auf Beobachtung, Beratung und Training der lokalen Polizei beschränken, gibt es auch Mandate mit regulären polizeilichen Exekutivaufgaben wie zurzeit im Rahmen der Mission der Vereinten Nationen im Kosovo. Diese werden in der Regel für eine Übergangszeit und nur für den Fall, dass ein lokales legitimes Gewaltmonopol fehlt, beschlossen.

Die Beteiligung des Landes Bremen erfolgt im Rahmen der dargestellten föderalen Verpflichtungen. Die tatsächliche Anzahl der abgeordneten Beamtinnen und Beamten richtet sich nach den jeweiligen Missionen. Nach dem „Königsteiner Schlüssel“ hat Bremen sich mit zwei bis vier Beamten pro Jahr seit 1995 beteiligt und damit seinen pflichtgemäßen Anteil an internationalen Missionen geleistet.

Zu Frage drei: Die Vor- und Nachbereitung der Einsätze in einer internationalen Friedensmission erfolgt nach einem bundeseinheitlichen Ausbildungskonzept. Dieses gliedert sich in die so genannte Basisvorbereitung, in missionsspezifische Einsatzvorbereitungen und die Nachbereitung. Die Vor- und Nachbereitung findet in einem von drei Trainingszentren in Deutschland statt. Die Vorbereitung dauert etwa drei Wochen. Nach Beendigung der Mission nehmen die betroffenen Beamten und Beamtinnen an einem einwöchigen Nachbereitungsseminar teil.

Die Kosten für die Vor- und Nachbereitung trägt der Bund, ebenso die missionsbedingten Mehrkosten. Der entsendende Dienstherr trägt grundsätzlich die Personalkosten. – Soweit die Antwort des Senats!

Haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Herr Bürgermeister, erst einmal ist es ja positiv zu bewerten, dass sich Beamtinnen und Beamte dafür zur Verfügung stellen, solche Auslandseinsätze mitzumachen. Trifft es zu, dass die Überstunden, die den Beamtinnen und Beamten dann angerechnet werden, nicht ausgezahlt worden sind, dass sie so lange darauf warten müssen, und wenn ja, woran hakt es dann?

Bitte, Herr Bürgermeister!

Es hat in einem Fall nach meiner Kenntnis eine Verzögerung bei der Vergütung der Überstunden, die bei solchen Einsätzen regelmäßig in erheblichem Umfang anfallen, gegeben. Dies hing damit zusammen, dass wir uns in einer haushaltslosen Zeit befinden und wir nicht frei sind, alles zu bezahlen. Deswegen hat die Polizei um eine Sondergenehmigung beim zuständigen Ressort nachgesucht, die selbstverständlich auch erteilt wor

den ist. Der betroffene Beamte hat nach meiner Kenntnis seine Überstundenvergütung erhalten.

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Ich überlege gerade, kann aber eigentlich keinen Grund finden, warum die haushaltslose Zeit herangezogen wird, dass Überstunden nicht ausgezahlt werden können. Ist das nicht eine gesetzliche Aufgabe?

Bitte, Herr Bürgermeister!

Bei der Polizei, wie Sie wissen, haben wir zig Tausende von Überstunden und sind aus unterschiedlichen Gründen, unter anderem aus haushalterischen Gründen, dazu übergegangen, Überstunden nicht mehr generell zu vergüten, sondern nur noch in besonderen Situationen. Dass dies eine solche besondere Situation war, liegt auf der Hand.

Frau Kollegin, eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Nun haben wir zunehmend mit Doppelhaushalten zu tun, wir sind ja auch froh, dass wir den Haushalt 2006/2007 gestern verabschiedet haben, aber könnte es passieren, dass wir künftig, wenn ein Haushalt nicht gleich zu Beginn beschlossen wird, dann auch in einer haushaltslosen Zeit keine Gehälter mehr ausbezahlt bekommen?

Bitte, Herr Bürgermeister!