Protocol of the Session on May 11, 2006

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Inhaltlich ist ja, glaube ich, so ziemlich alles gesagt. Ich möchte aber noch ein paar Anmerkungen machen zu meiner sehr verehrten Kollegin Anja Stahmann. Dass wir heute diesen Gesetzentwurf beschließen, hat nichts mit der Hartnäckigkeit der Grünen zu tun, sondern einfach damit, dass die Koalition im Koalitionsvertrag am Anfang dieser Legislaturperiode beschlossen hat, ein Informationsfreiheitsgesetz in Kraft zu setzen. Punkt eins!

(Beifall bei der CDU)

Dann ärgert mich, ehrlich gesagt, maßlos, wie hier schon wieder von den Grünen genörgelt und genörgelt wird.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Es ist genau wie bei der Diskussion über E-Government. Es ist genau wieder die gleiche Diskussion! Anstatt sich hinzustellen und zu sagen, wir sind hier gut als Stadt, als Land, wir sind führend in der Bundesrepublik,

(Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/ Die Grünen]: Sind wir ja nicht!)

ja, natürlich, wir sind die Schlechtesten, wir sind hinter Sachsen-Anhalt. Ich meine, Sie haben ja wahrscheinlich in der Schule oder ein paar Jahre später gelernt, wie viele Bundesländer wir haben. Wir sind jetzt das sechste Bundesland, das so ein Gesetz hat, also wir ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

sind nicht die Letzten. Wir sind im Vergleich zu vielen gut, wir können immer besser sein, das ist klar.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Strengen Sie sich einmal an!)

Das machen wir auch, das machen wir auch! Deswegen werden wir auch gewählt, weil wir uns anstrengen!

(Beifall bei der CDU)

Dass Sie sich hier hinstellen und nörgeln! Der Ansatz, den wir mit diesem Informationsfreiheitsgesetz gemacht haben, ist ein ganz anderer. Es geht hier, und das habe ich auch jedes Mal gesagt, nicht um ein weiteres Instrument von irgendwelchen befangenen Gruppen oder den Weltverbesserern oder irgendwelchen Bedenkenträgern, ihnen ein Forum zu bieten, hier doch noch einmal nachzustöbern, da noch einmal nachzustöbern. Es geht einfach darum, dass wir einen Paradigmenwechsel in der öffentlichen Verwaltung haben wollen, dass wir eine transparente Verwaltung haben wollen und dass jeder Bürger das Recht hat, diese transparente Verwaltung auch einfach zu kontrollieren. Unser Weg soll nicht sein, dass die Bürger in die Amtsstuben laufen müssen und sehen, was ist da und da passiert, sondern der umgekehrte Weg, dass Verwaltung gesetzliche Regelungen bekommt, um schon alles öffentlich zu machen. Das war im Grunde genommen auch der Ansatz dieses Gesetzentwurfs, um dies zu gewährleisten. Das war nämlich das Problem und nicht umgekehrt. Deswegen verstehe ich Ihr Genörgel ehrlich gesagt nicht.

Ich glaube auch, wenn man die Gesetzentwürfe einmal genau vergleicht, wir waren für ein schlankes Gesetz und haben gemeint, dass das rotgrüne Bundesgesetz eine vernünftige Grundlage für uns war, gemeinsam so ein Landesgesetz zu machen. Deswegen haben wir das genommen. So schlimm kann es ja nicht gewesen sein. Deswegen verstehe ich nicht, dass Sie jetzt sagen, wir hätten den großen Wurf verpasst. Dazu will ich nur sagen, großer Wurf ist letztlich nicht immer das Entscheidende, sondern es muss zielgenau sein, denn ein großer Wurf kann auch einmal in die Scheibe gehen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Das Wort erhält die Abgeordnete Frau Stahmann.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Strohmann, ich kann auch feststellen, dass nach zehn Jahren großer Koalition die Kritikfähig––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

keit hier langsam verloren gegangen ist in Ihrer Fraktion.

(Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Das konnte ich noch nie ab!)

Es kommt doch darauf an, wenn man hier Gesetzentwürfe vorlegt und debattiert, treten wir hier doch ein in einen Ideenwettbewerb. Streit gehört immer auch zu einer konstruktiven parlamentarischen Debatte dazu, denn es geht darum, für seine Ideen, für seine Argumente Vertreterinnen und Vertreter zu finden. Ich kann nichts Anstößiges dabei finden, dass die grüne Bürgerschaftsfraktion als Opposition ihre Aufgabe hier im Hause auch gut macht und wahrnimmt.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Das ist es ja, das ist Genörgel!)

Das ist es ja! Herr Strohmann, auch Sie sind zur Schule gegangen, und ich kann Ihnen das vielleicht deutlich machen: Es kommt nicht darauf an, wer als Erster seine Arbeit abgibt oder als Zweiter, Dritter oder Sechster, sondern es kommt darauf an, ob man auch alle Aufgaben in seiner Arbeit gut gelöst hat und das Wissen, das man hat, auch eingearbeitet hat.

(Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Haben wir!)

Da sage ich, die Grünen haben in ihrer Arbeit alle Aufgaben gelöst, und bei der CDU und der SPD habe ich eben noch zwei, drei Punkte gefunden, die man besser hätte machen können. Deswegen bekommen die Grünen 15 Punkte für ihren Entwurf und die SPD und CDU dann leider nur zwölf Punkte.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das ist vielleicht der kleine Unterschied, den Sie dann auch verstehen können. Ich kann nicht verstehen, dass Kollege Schildt hier nach sieben Jahren, er hat das ja noch einmal aufgezählt, so angefasst reagiert, weil ich denke, die Argumente für dieses Gesetz sind eigentlich alle ausgetauscht worden. Es geht darum, ein Bürgerrecht zu verankern.

Das Argument, es handelt sich um ein rotgrünes Gesetz, das mag ja stimmen, Kollege Strohmann, da haben Sie Recht. Da hat auch der Kollege Schildt Recht. Die Grünen sagen, ja, das ist ein rotgrünes Gesetz. Ich habe auch bei den vergangenen Debatten eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs keinen Hehl daraus gemacht, dass ich dieses rotgrüne Gesetz für nicht gut befinde, und auch die Expertinnen und Experten, die wir gehört haben. Das habe ich damals auch bei der Anhörung meiner Kollegin Grietje-Bettin, die ja maßgeblich an dem Gesetz mitgearbeitet hat und sich mit Herrn Schily da ein Kämpfchen oder Tänzchen geliefert hat, gesagt, dass dieses Informations

freiheitsgesetz besser hätte sein können und viele Ausnahmen vorsieht.

Aber wir sind in Bremen, und wir müssen schauen, in welchen Bundesländern es Informationsfreiheitsgesetze gibt und was wir aus den Erfahrungen der Kolleginnen und Kollegen in Schleswig-Holstein lernen können, was wir aus Berlin lernen können, was wir aus Nordrhein-Westfalen lernen können. Das haben wir doch auch gehört: Es gibt Erfahrungen, die wir hätten einbeziehen können. Wir haben das getan, Sie haben es nicht getan in Ihrem Gesetzentwurf. Das wissen Sie auch ganz genau, Herr Schildt, und dann können Sie nicht sagen, ich könne nicht lesen. Ich habe hier auch gesagt, die Gesellschaften stehen darin. Wir waren uns einig, dass die Kosten überschaubar bleiben müssen, das teilt ja auch Kollege Strohmann so.

Zum Thema, Sie hatten das in Ihrem Koalitionsvertrag: Ich meine, da lachen die Hühner, wenn ich das einmal hier so sagen darf! Das Informationsfreiheitsgesetz stand schon im letzten Koalitionsvertrag, das Personalvertretungsgesetz stand jedenfalls auch im Koalitionsvertrag, und das ist nicht geändert worden. Also, was im Koalitionsvertrag steht und erfüllt wird, ich glaube, das steht auf einem ganz anderen Blatt, Kollege Strohmann!

(Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Wir er- füllen unsere Verträge! – Glocke)

Erlauben Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Schildt?

Selbstverständlich!

Bitte, Herr Schildt!

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin! Frau Kollegin, ich bin nicht angefasst, sondern ich finde, eine lebhafte Debatte kann nach dem Mittagessen immer etwas dazu beitragen. Aber meine Frage ganz konkret: Welche Erfahrungen haben wir denn Ihrer Meinung nach nicht aufgenommen? Sagen Sie doch bitte noch einmal zwei konkrete Beispiele, wo Sie glauben, dass das Gesetz der Koalition, das gleich verabschiedet werden soll, schlechter ist als Ihres!

Wir haben gesagt, das fiskalische Interesse muss ausgenommen werden. Da haben wir für eine weichere Lösung plädiert, und ich habe es versucht deutlich zu machen, dass die Daten laufen sollen, nicht der Bürger. Wir haben gesagt, es soll eine Servicestelle eingerichtet werden, wohin die Bürgerinnen und Bürger gehen können und dann die Informationen bekommen. In Ihrem Gesetzentwurf war ja vorgesehen, dass man als Bürger wissen muss, wo man die Infor

mation bekommt, und sonst sich dann weiter bewegen muss von Punkt A zu Punkt B. Da hätten wir uns einen größeren Servicegedanken in unserem Gesetzentwurf gewünscht.

Professor Dr. Kubicek als Experte hat auch gesagt, der Gesetzentwurf der Grünen greift die Erfahrungen aus den skandinavischen Ländern und den USA auf, Kollege Schildt. Damit muss ich als Abgeordnete auch leben. Wir haben uns ja von den Fachleuten beraten lassen, und das akzeptiere ich dann auch so, wenn Professor Dr. Kubicek, der ja viele Informationsfreiheitsgesetze begleitet hat und auch kennt, das hier so vorträgt.

Dann kann ich noch sagen, Kollegin Sokol, Landesbeauftragte für Datenschutz aus Nordrhein-Westfalen, zu sehen gewesen bei „Buten un binnen“, da waren ja auch Sie gefragt worden, Kollege Strohmann, hat auch gesagt, dass der Gesetzentwurf der großen Koalition ein nicht so weit gehender Schritt ist, dass man zu weitergehenden Lösungen kommen muss und die Erfahrungen der anderen Bundesländer mit aufgreifen soll. Das ist und bleibt grüne Position.

Wir finden es aber gut, dass es ein Informationsfreiheitsgesetz gibt, Kollege Schildt.

(Abg. S c h i l d t [SPD]: Jetzt kommen wir zusammen!)

Ich habe mich ja auch bei Ihnen bedankt für Ihre Arbeit, und das ist kein Flachs, ich meine das wirklich ernst. Sie haben mit großem Sachverstand die Diskussion im Medienausschuss begleitet, und auch Kollege Strohmann hat wacker gekämpft in seiner Fraktion. Er ist in der letzten Legislaturperiode ja an höheren Mächten gescheitert, vielleicht bei dem, dessen Namen man hier nicht ausspricht.

(Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Wir sind Gleiche unter Gleichen!)

Die große Koalition wird heute Ihrem Gesetzentwurf zustimmen, Sie haben die Mehrheit, damit wird die grüne Bürgerschaftsfraktion leben müssen. Wir werden aber weiterhin unsere Argumente hier im Hause vortragen und können, wie gesagt, nichts Anstößiges finden, indem man hier seine Meinung vertritt, die nicht immer die Ihrige sein muss. – Danke schön!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Damit ist die Beratung geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Der Gesetzesantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 16/183 ist vom Antragsteller zurückgezogen.

Ich lasse deshalb über den Gesetzesantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 16/772 in erster Lesung abstimmen.

Wer das Gesetz über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Bremen, Drucksache 16/772, in erster Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür Bündnis 90/Die Grünen, Abg. T i t t - m a n n [DVU] und Abg. W e d l e r [FDP])