Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Wort „wieder“ weise ich als Erstes zurück! Es ist fast zwei Jahre her, dass wir hier zuletzt im Haus über die Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes debattiert haben. Deshalb ist es auch immer eine gute Gelegenheit, darüber zu reden, was sich in den letzten zwei Jahren getan hat, was wirklich passiert ist und ob wir dem Ziel der tatsächlichen Gleichberechtigung von Frauen und Männern näher kommen. Ich sage ganz bewusst näher kommen, denn bei der tatsächlichen Gleichberechtigung sind wir auch im Land Bremen noch einige Meter entfernt. Wir müssen uns auch immer wieder fragen: Was müssen wir hier tun, um diesem Ziel auch wirklich näher zu kommen, wenn das ein gemeinsames Ziel
für uns ist? Wie die Situation in Bremen sich darstellt, das haben meine Vorrednerinnen schon an den Zahlen deutlich gemacht. Deshalb möchte ich hier einige Punkte aus grüner Sicht erwähnen, die für unsere Fraktion besonders wichtig sind, bei denen immer noch Handlungsbedarf besteht. Einige dieser Punkte, auf die ich gleich noch näher eingehen werde, werden seit Jahren von uns angesprochen, und es werden auch Veränderungen eingefordert.
Problematisch sehen wir die Situation, dass sich die Zahl der Dienststellen, die unter den Geltungsbereich des Landesgleichstellungsgesetzes fallen, verringert hat. Grund dafür sind die ausgegliederten und privatisierten Bereiche. Dazu gehören auch die Krankenhäuser, die seit der Umstrukturierung nicht mehr unter das Landesgleichstellungsgesetz fallen. Das sind Dienststellen mit einem sehr hohen Frauenanteil. Alle Verabredungen, die jetzt dort zur Frauenförderung getroffen wurden, sind eine Verschlechterung zum Landesgleichstellungsgesetz, das muss man hier einmal ganz deutlich sagen! Insbesondere die Rechtsposition der Frauenbeauftragten hat sich dadurch verschlechtert. Ich möchte auch ganz deutlich sagen: Hier hätten Sie eine andere politische Entscheidung fällen können, dass das Landesgleichstellungsgesetz auch für diese Bereiche zutrifft. Aus dieser Verantwortung können Sie sich nicht stehlen!
So haben wir zu den vielen Gesellschaften, bei denen das Landesgleichstellungsgesetz nicht gilt, jetzt noch weitere dazubekommen. Das kann einfach nicht so weitergehen! Wie gesagt, das war Ihr politischer Wille.
Natürlich gibt es auch Verbesserungen in einigen Bereichen, das möchte ich hier auch nicht verschweigen, doch man muss es hinterfragen und sagen, warum manche Verbesserungen so eingetreten sind. Ist es der Frauenförderung zuzuschreiben? Nein, in einigen Bereichen ist es dem geschuldet, dass es Personalentscheidungen gegeben hat, die zu Reduzierungen geführt haben und also nicht nur der Frauenförderung geschuldet sind, und Umstrukturierungen ebenfalls.
Ein Grundsatz zieht sich wie ein roter Faden durch den Bericht: Je höher die Laufbahngruppe ist, desto niedriger ist der Frauenanteil. Nur in der Altersgruppe der unter 35-jährigen sieht es anders aus. Das ist jedenfalls schon einmal ein Hoffnungsschimmer. Welche Rolle die Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei dieser Altersgruppe spielt und ob Frauen sich bewusst dafür entscheiden, die Familienplanung zu verschieben, das müsste noch näher hinterfragt werden.
Auch der hohe Anteil von Frauen an den Arbeitszeitveränderungen müsste differenzierter betrachtet werden, immerhin liegt hier der Frauenanteil bei 85 Prozent. Um hier Frauen die Möglichkeit zu geben, auch weiterhin in Vollzeit zu arbeiten, wäre es wichtig,
die Gründe der Teilzeitarbeit zu kennen. Ist es wegen fehlender Kinderbetreuung oder wegen Pflege von Angehörigen, oder welche Faktoren sind es? Es darf nicht sein, dass Frauen in der Verkürzung ihrer Arbeitszeit die einzige Möglichkeit sehen, noch berufstätig sein zu können.
Jetzt möchte ich noch auf die Frauenförderpläne zu sprechen kommen. Das wurde auch schon von meinen Vorrednerinnen angesprochen, ein Punkt, der in den letzten Jahren hier auch immer wieder erwähnt wurde. Es haben vermehrt Dienststellen zwar Frauenförderpläne aufgestellt, jedoch ohne Zeit- und Zielvorgaben. Auch der Zeitpunkt der Fortschreibung bleibt bei vielen Dienststellen im Nebel. Die Gründe für das Fehlen von Frauenförderplänen haben sich auch nicht geändert. Immerhin sehen 22,5 Prozent der Dienststellen als Grund dafür keinen Bedarf. Anders ausgedrückt: Hier bewertet eine Dienststelle, ob sie Bedarf hat, ein Gesetz umzusetzen oder nicht. Das finde ich schon abenteuerlich!
Hier auf eine Bewusstseinsänderung zu hoffen, halte ich für ziemlich sinnlos. Wenn es keine Sanktionen gibt, wird es auch keine Veränderung geben. In vielen Bereichen wird über Bonus-Malus-Modelle nachgedacht, warum nicht auch in diesem Bereich?
Hier sollten die Leitungsbereiche in die Pflicht genommen werden. Es reicht nicht aus, dass wir hier alle zwei Jahre über den Handlungsbedarf bei den aufgezeigten Punkten und der Umsetzung des LGG debattieren und konstatieren, in welchen Punkten wir etwas ändern müssen. Wir müssen endlich dafür sorgen, dass auch eine Veränderung eintritt.
Wir haben in den letzten Stunden und auch gestern hier immer debattiert, in welchen Bereichen wir Spitzenreiter und Marktführer sein wollen. Frau Winther hat gesagt, Marktführer wird man nur durch Handeln. In diesem Bereich können wir auch, denke ich einmal, Marktführer werden, wenn wir hier auch handeln. Verbal haben wir die Latte hier immer sehr hoch gelegt, aber wenn es darum geht, wie es umgesetzt wird, wird diese Latte nicht übersprungen, sondern es wird darunter durchgekrabbelt. Deshalb sollten wir diese Latte überspringen, und deshalb müssen wir hier auch handeln. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte mich zunächst einmal für das Lob bedanken, das uns hier ausgesprochen worden ist und natürlich zuerst den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gilt, ich gebe das gern weiter. Ich möchte auch gleich am Anfang sagen, dass mein Haus, aber auch der Senat die Anregungen, die hier sehr konstruktiv und auch detailliert vorgetragen worden sind, gern aufgreift und dass das ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess ist, dem wir uns stellen wollen, wie dieser Bericht weiterentwickelt werden kann. Er ist natürlich heute schon sehr mächtig und umfangreich, und die Daten, die dort verarbeitet sind, geben doch schon einen sehr guten Überblick. Entscheidend ist aber für mich, dass man das, was sich da in Zahlen niederschlägt, auch umsetzt. Es muss gelebt werden, es muss der Wille da sein, wir müssen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erreichen, wir müssen uns selbst erreichen und das leben, dieses Gesetz auch umsetzen.
Deswegen möchte ich hier, auch angesichts der fortgeschrittenen Zeit, nur zwei, drei Punkte aufgreifen. Für mich ist nach wie vor die Frage am bedeutendsten, wie wir es schaffen, Beruf und Familie zu vereinbaren. Wenn man einmal sieht, dass von den 2000 abwesenden Beschäftigten – das sind zirka 2000, die wegen Beurlaubung und Mutterschutz abwesend sind – 84 Prozent weiblich sind und dass auch vier Fünftel der Teilzeitbeschäftigten Frauen sind, dann sieht man einfach, dass Beruf und Familie immer noch dadurch in Einklang gebracht werden oder versucht wird, beides in Einklang zu bringen, dass man die Berufstätigkeit von Frauen und Müttern entsprechend einschränkt. Das kann nicht sein. Es muss uns gelingen, ein besseres Nebeneinander von Beruf und Familie zu erreichen, eben durch dienststellennahe Betreuungsmöglichkeiten, flexible Arbeitszeitregelungen, Anreize auch für Männer, diese Angebote verstärkt zu nutzen. Das alles sind meines Erachtens geeignete Ansatzpunkte.
Der Ausschuss für Gleichberechtigung hat in dem Zusammenhang vorgeschlagen, in einer Befragung zu ermitteln, wie wir die Wahrnehmung von Teilzeitarbeit auch für männliche Beschäftigte attraktiver machen können, so dass wir dann auch weitere Möglichkeiten für die familiäre Arbeitsteilung schaffen können. Ich denke, das ist ein kluger Vorschlag, den wir aufgreifen werden, aber man kann auch daneben an vielen praktischen Beispielen deutlich machen, dass das geht. Wir haben zum Beispiel vor kurzem im Haus des Reichs ein Eltern-Kind-Arbeitszimmer mit relativ wenig Aufwand umgerüstet, wohin die Mütter oder Väter ihre Sprösslinge mitbringen können. Sie haben daneben ein Zimmer mit einem voll eingerichteten Arbeitsplatz. Das ist eine kleine Maßnahme, die aber, denke ich, zeigt, dass man doch mit ein bisschen Improvisation oder Intelligenz und gutem Willen da einiges tun kann.
Bezüglich der Frauenanteile auch in Führungspositionen wird man realistischerweise neben all dem, was wir da tun, auch ein bisschen auf den Zeitfaktor setzen müssen. Das heißt, dadurch, dass wir jetzt Frauen auch gezielt in Positionen bringen, wächst der Frauenanteil, und auch über die Zeitschiene wachsen diese qualifizierten und motivierten Frauen stärker in Führungspositionen und Leitungspositionen hinein. Das wird, meine ich, auf jeden Fall die Zeit auch mit sich bringen. Deswegen ist es auch wichtig, dass wir hier langfristig Frauenförderung systematisch betreiben, weil über diese Langfristigkeit sich dann diese entsprechenden Umschichtungen auch in Leitungspositionen verwirklichen. Das heißt natürlich nicht, dass man nicht auch gezielt Fort- und Weiterbildungen macht, dass man auch gezielt eben weiblichen Nachwuchs über unsere Führungspools rekrutiert, dass man auch gezielt im Ausbildungssegment auf Frauen setzt, das machen wir auch schon in Bremen. 60 Prozent der Ausbildung werden bei uns hier von Frauen wahrgenommen. Das wird sich dann ja auch im öffentlichen Dienst in der Positionierung deutlich machen.
Der Punkt, der angesprochen worden ist, dass der Bericht nicht alles erfasst, den teile ich, das ist richtig. Allein dadurch, dass die Krankenhäuser nicht erfasst sind, sind 8000 bis 9000 Beschäftigte hier nicht mit enthalten. Das ist ein unhaltbarer Zustand. Wir werden versuchen, das für den nächsten Controllingbericht schon mit zu erfassen.
Die bremischen Krankenhäuser werden einbezogen werden müssen, weil in der Tat sonst das Bild und die Aussage, auch wegen des hohen Frauenanteils dort, verzerrt wird. Das Gleiche gilt letztlich auch für die ausgegliederten Gesellschaften, die wir versuchen müssen mit einzubeziehen, um hier einen vollständigen Überblick zu haben.
Was allerdings die Kritik insbesondere an der Stellung von Frauenförderungsplänen betrifft, sehe ich das etwas anders, als dass man dort mit einem Strafsystem, bonus-malus hatten Sie vorgeschlagen, arbeiten sollte. Als wir den letzten Bericht hatten, wo ja auch schon das gleiche Problem aufgetaucht ist, hat der Senat sich ja umgehend an alle Dienststellen und Behörden gewandt, eben das umzusetzen, was eigentlich selbstverständlich ist, denn aus dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung ergibt sich ja eben, dass die Verwaltung sich auch ohne Strafen an die Gesetze zu halten hat. Es ist dann auch passiert, dass die Frauenförderungspläne von 65 im Jahre 2002 auf 78 angestiegen sind. Trotzdem ist das nicht zufriedenstellend. Wir werden uns noch einmal darum bemühen müssen, den Anteil auf nahezu hundert Prozent zu bringen. Ich erwähne in dem Zusammenhang aber auch, dass wir die Anzahl der gewählten Frauenbeauftragten kontinuierlich seit 1998 ha
ben steigern können, von damals 61 auf nunmehr 93. Damit sind 90 Prozent aller beschäftigten Frauen repräsentiert.
Ich denke, dass das ein guter Schritt war, dieses Personalcontrolling seinerzeit einzuführen. Wir werden das weiterentwickeln müssen. Wir werden aber darüber hinaus das Thema einfach lebendig halten müssen, damit es selbstverständlich wird und wir uns vielleicht dann eines Tages über die Männer unterhalten können, denen wir dann auch einen Personalcontrollingbericht widmen können. – Vielen Dank!
Wer den Äußerungen des Ausschusses für die Gleichberechtigung der Frau, Drucksache 16/956, beitreten möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) tritt den Äußerungen des Ausschusses für die Gleichberechtigung der Frau bei.
Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft (Landtag) von der Mitteilung des Senats, Drucksache 16/814, und von dem Bericht des Ausschusses für die Gleichberechtigung der Frau, Drucksache 16/956, Kenntnis.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die unterbrochene Sitzung der Bürgerschaft interjection: (Landtag) ist wieder eröffnet.
Auf der Besuchertribüne begrüße ich recht herzlich eine Gruppe „60 plus“ aus Bremerhaven und Huchtinger Senioren der Arbeiterwohlfahrt sowie Mitglieder der SPD aus Huchting.
Paragraph 1 Absatz 2 des Gesetzes über die Errichtung der Bremischen Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau sieht vor, dass die Landesbeauftragte auf Vorschlag des Senats von der Bürgerschaft (Landtag) gewählt und vom Senat ernannt wird.
Der Senat schlägt der Bürgerschaft (Landtag) Frau Ulrike Hauffe zur Wahl als Landesbeauftragte für die Bremische Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau vor.