einem Jahr haben wir jetzt einen Intendanten für die Bewerbung zur Kulturhauptstadt, der gestern sein, wie ich persönlich finde, wirklich gutes Konzept für diese Bewerbungsphase vorgestellt hat. Da wundert es mich doch, dass Sie nur wieder zu den Herren von der HVG greifen und Martin Heller als Intendant der Kulturhauptstadt nicht einmal gefragt wird, wenn es um die Konzeption der Bewerbung geht, um das Verhältnis von E- und U-Kultur, wie er sich das eigentlich vorstellt mit dem Theater am Richtweg. Wenn es einen Senator für Wirtschaft und Kultur gibt, muss es auch einen Denker in diesem Hause geben, der potentiell diese Möglichkeiten, die sich jetzt ergeben haben, zusammen bedenkt und nicht einfach in den alten Bahnen weiteragiert, wie Sie es bisher getan haben.
Von daher kann ich nur feststellen, die Fehler, die Sie gemacht haben, die Geister, die Sie da gerufen haben mit einem angeblich privaten Musical, das sich als sehr staatsinterventionistische Veranstaltung herausgestellt hat, werden Sie nun nicht mehr los. Wir haben sie nicht zu verantworten. Deswegen ziehen wir uns auch die Verantwortung, irgendwelche neuen Vorschläge zu machen, dafür nicht zu. Wir haben Vorschläge gemacht, von denen wir glauben, dass man über neue Lösungen nachdenken kann, aber das, was Sie uns hier heute vorgeschlagen haben – auch anders, als Sie es heute darstellen –, ist wieder eine kostspielige Veranstaltung, die nicht einmal den ernsthaften Versuch macht, den Markt wirklich ernst zu nehmen, und das ist keine gute Lösung für Bremen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Frau Dr. Trüpel, Sie sind doch schon ein ganzes Stück zurückgerudert.
Die Frage des Erwerbs dieser elektronischen Anlagen, die wir erworben haben, hat etwas mit der Absenkung der Miete zu tun. Wir erwirtschaften durch die Absenkung der Miete die Kosten für diese Veranstaltungstechnik innerhalb von drei Jahren. Dies ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
ist eine wirtschaftlich sinnvolle und vernünftige Maßnahme. Es wird kein zusätzliches Geld ausgegeben, sondern ganz im Gegenteil, wir versuchen, durch diese Maßnahme Kosten, die bei uns in jedem Fall anfallen, zu mindern. Sie haben es schon das letzte Mal behauptet, dass wir das nicht mit der Kulturhauptstadt abgestimmt haben. Es ist mit Herrn Dr. Sondergeld, der in diesem Team eine ganz entscheidende Rolle spielt, intensivst abgestimmt worden, und dies ist dort auch diskutiert worden. Also wiederholen Sie nicht immer wieder Behauptungen, die sich längst als abwegig erwiesen haben! Nur damit Ihre Erinnerung, liebe Frau Trüpel, nicht so ganz in Schwierigkeiten kommt, muss ich doch noch einmal ein wenig aus der Vorlage von vor einem Jahr zitieren, der Sie zugestimmt haben, und da heißt es: „Bei der HVG wird eine Arbeitsgruppe eingesetzt zur Entwicklung eines zukunftsfähigen Nutzungskonzeptes“ und so weiter. „Betreiber der Veranstaltungsstätte wird hierbei die HVG sein. Der Betreiber wird hierbei aufgrund der damit verbundenen hohen Risiken selbst nicht als Produzent eines Musicals auftreten.“ Dann heißt es weiter: „Die HVG wäre somit zukünftig direkt oder mittelbar für das Management von fünf Spielstätten verantwortlich.“ Dann werden sie aufgezählt: „Stadthalle, Glocke, Musicaltheater, Rennbahn, Weserstadion.“ Insgesamt heißt es: „Für die genannte Nutzung ist eine langfristige vertragliche Regelung zu treffen.“ Es ist ganz eindeutig gewesen, es ist Ihr Auftrag an den Senat gewesen, die HVG zu beauftragen, die Bespielung dieser Stätte zu organisieren und dafür die Voraussetzung zu schaffen. Hierin steht ausdrücklich für eine Bespielung en suite, hier heißt es, „die Spielstätte am Richtweg basierend auf einem reinen Vermietungskonzept für En-suite-Produktionen unterschiedlicher Veranstalter analog zur Stadthalle oder zur Glocke zu nutzen“! Das steht wörtlich in dem Papier, das Sie vor einem Jahr mitbeschlossen haben. Ich bleibe dabei, das, was wir Ihnen hier vorgelegt haben, ist zu 100 Prozent, kein Jota mehr und kein Jota weniger, exakt das, wofür Sie den Senat einstimmig beauftragt haben!
Umstände einer „angekündigten“ Tötung und Verhalten zuständiger Stellen bei Gefährdungssituationen durch psychisch Kranke
Gemäß Paragraph 29 unserer Geschäftsordnung hat der Senat die Möglichkeit, die Antwort, Drucksache 16/48, auf die Große Anfrage mündlich zu wiederholen. Ich gehe davon aus, dass darauf verzichtet wird.
Ich weise noch darauf hin, dass verlängerte Redezeit bis zu 15 Minuten für den jeweils ersten Redner je Fraktion vereinbart worden ist.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Anlass dieser Debatte ist, wie Sie wissen, ein sehr trauriger. Es hat am 11. Juli dieses Jahres in der Neustadt eine sehr schreckliche Bluttat, einen Mord, gegeben, und die erste Frage, die sich daran anschließt, ist: Warum sollte sich die Bürgerschaft damit befassen, denn es kommt natürlich auch in unseren beiden Städten immer wieder zu schrecklichen Verbrechen dieser Art, ohne dass sie direkt politisch hier diskutiert werden müssten, sondern von der Polizei und anderen dann abgearbeitet werden?
Sie können sich denken, dass das insgesamt ein sehr heikles Thema ist. Es hat eine subjektive Seite, die der Betroffenen, es hat aber auch eine objektive Seite, und deswegen ist es sehr wichtig, dies auch in diesem Hause zu diskutieren, ich hoffe, in der gebotenen Sachlichkeit, so ist jedenfalls die Intention der Initiatorin der Großen Anfrage, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Warum die objektive Seite, und warum dies als Politik hier heute begleiten und diskutieren? Es ist relativ selten der Fall, dass bei einer Tat wie der, mit der wir es hier zu tun haben, sehr viele staatliche Einrichtungen im Vorfeld mit der Vorgeschichte der Tat befasst sind. Meist geschehen sie aus heiterem Himmel oder in einem Milieu, das diesen Stellen nicht zugänglich ist. Hier ist es anders. Sehr viele staatliche Einrichtungen waren im Vorfeld mit der Tatverdächtigen, um die es hier geht, befasst, und die Rolle, die ihre psychische Krankheit spielte, ist selbstverständlich auch ein Anlass, dies hier heute zu diskutieren. Unser Ziel, das wir dabei haben sollten – ich gehe nicht so weit zu sagen, dass unser Ziel sein muss, solche Vorfälle auf alle Fälle und unbedingt verhindern zu können, das wäre eine Anforderung, der wir und auch die entsprechenden Ein––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
richtungen sicherlich nicht gewachsen wären –, muss auf jeden Fall sein, und ich komme im Einzelnen auf die Gegebenheiten zurück, mehr und intensivere Versuche zu unternehmen, eine solche Tat in Zukunft zu verhindern. Ich glaube, dies ist ein Ziel, dem sich das ganze Haus anschließen kann.
Es ist relativ selten, und das möchte ich hier am Anfang eingehend auch noch einmal sehr positiv hervorheben, dass sowohl Angehörige eines Mordopfers als auch die Medien in der Art, wie ich finde, einerseits sehr betroffen, aber dennoch an der Sache interessiert, mutig und engagiert mit dem Fall umgehen. Das verdient meines Erachtens hier noch einmal eine sehr positive Erwähnung. Es ist klar, und man kann sich das nur in Ansätzen vorstellen, dass es Angehörigen einer fünfundzwanzigjährigen Studentin, die an diesem Tag in ihrer eigenen Wohnung in der Neustadt von einer Nachbarin mit 38 Messerstichen umgebracht wird, zunächst einmal sehr schwer fällt, sachlich und der Sache angemessen mit diesen Fragen umzugehen.
Das ist hier der Fall, und deswegen hat dieser Fall auch so viel Aufsehen erregt, widergespiegelt in den Medien. Das möchte ich an dieser Stelle auch noch einmal besonders betonen, dass alle Medien, von „taz“ bis „Bild“, in dieser Stadt, wie ich finde, differenziert und sehr engagiert über diesen Fall berichtet haben, ohne, und das ist nun gleich ein Punkt, der uns auch besonders wichtig ist, in eine Kampagne gegen psychisch Kranke oder gegen die Tatverdächtige in diesem Fall einzumünden. Dies verdient, glaube ich, auch die Anerkennung des ganzen Hauses an dieser Stelle.
Lassen Sie mich nun auf einige Details eingehen, um die es hier geht, weswegen wir uns an dieser Stelle mit dieser Frage befassen! Sie haben die Antwort des Senats auf unsere Große Anfrage gesehen. Ich möchte eigentlich weitestgehend auf kritische Anmerkungen allgemeiner Art in Richtung des Senats verzichten. Ich fand es nur sehr ungewöhnlich, dass man einer Antwort auf die Große Anfrage zunächst eine vierseitige Presseerklärung voranstellt und sagt, da haben wir doch im Prinzip kurz nach der Tat schon alles gesagt, und dann nur einige Fakten ergänzt. Ich glaube, dass die wahre Welt, die sich da draußen abspielt, und hier haben sehr viele Vorgänge zu dieser Tat geführt, sich nicht oder nur sehr selten in Presseerklärungen von Ihnen oder von uns widerspiegelt, und deshalb fand ich das nicht unbedingt angemessen.
mich auch sehr die Haltung des Senats mit seinen verschiedenen Ressorts, aber auch der beiden anderen Fraktionen interessiert, um die Frage, wenn eine solche Tat einen so langen Vorlauf hat, wie wir damit umgehen. Der Senat sagt, es hat einen Vorlauf etwa so seit 1990, ich glaube, die Fakten sind eher so, dass es sogar einen Vorlauf ab 1982 hat, als nämlich die Krankheit der Tatverdächtigen festgestellt worden ist mit einer schweren paranoiden Schizophrenie, und dass auch damals schon, und das impliziert auch schon dieses Krankheitsbild, Fremdgefährdung nicht ausgeschlossen werden konnte. Wenn wir es mit solchen Menschen zu tun haben, die ihr Krankheitsbild nicht freiwillig gewählt haben, sondern die davon selbst Betroffene sind, dann stellt sich die Frage an die staatlichen Stellen: Wie gehen wir damit um?
Wir haben, glaube ich, in den letzten Jahrzehnten seit dem Krieg sehr viel darüber gelernt – und dies nur als allgemeiner Eckpunkt zu dem Umgang mit diesen Fällen –, dass Psychiatrie unbedingt aus den alten Zeiten herausgeholt werden musste, dass sie reformiert werden musste. Wir als Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stehen auch zu den Veränderungen, die es in der Psychiatrie in den letzten Jahrzehnten gegeben hat, ganz unabhängig von dem Thema, das wir heute hier behandeln.
Dennoch kommt anlässlich einer solchen Tat ein weiterer Aspekt hinzu, der, wie ich glaube, in unserer Verantwortung für die Sicherheit der Bevölkerung in dieser Stadt mindestens genauso wichtig ist, nämlich, und ich versuche, es einmal in einem Satz zusammenzufassen, dass neben der Verantwortung für die psychisch Kranken und der Verantwortung, auch nicht jeden, der abweichendes Verhalten zeigt, sofort lebenslang wegzusperren oder zu zwangsmedikamentieren und alle diese Dinge, die wir so nicht wollen, mindestens gleichwertig zumindest in der Verantwortung eine ganz wesentliche Bedeutung die Fragen haben müssen: Wie schützen wir das engste Umfeld dieser Kranken, wie schützen wir die Nachbarschaft, wie schützen wir die Familie vor einer möglichen Bedrohung durch diese Personen? Dies ist zwangsläufig auch eine Folge der Psychiatriereform, sich mit dieser Frage genauso verantwortlich zu beschäftigen, wie wir es mit der Frage des Schutzes der psychisch Kranken selbst getan haben. Das muss unbedingt nebeneinander stehen, meine Damen und Herren.
Nicht zuletzt, und das ist ein Punkt, der in der Antwort des Senats auch vielleicht noch einmal der Diskussion bedarf, ist es ein Schutz der psychisch Kranken selbst. Es ist immer die Frage von Fremdgefährdung und Selbstgefährdung. Hier wird ganz
oft darauf abgestellt, es gab eine Betreuung, die leider dann kurz vor der Tat aufgehoben worden ist, aber diese hatte nur den Sinn nach dem Betreuungsgesetz, zum Wohl der Patientin eingesetzt zu werden, nicht die Gefahren der Umwelt abzuwehren. Ist es denn, frage ich mich natürlich, zum Wohl der Patientin, wenn sie heute, nachdem sie länger in Untersuchungshaft saß, in der geschlossenen Forensik wahrscheinlich ein Leben lang zubringen kann? Das ist es natürlich nicht.
Das heißt, auch die Sorge um die Patienten selbst müsste uns eigentlich umtreiben, in diesen Punkten der Selbst- und Fremdgefährdung für die Betroffenen sehr viel intensiver tätig zu werden. Die Patienten selbst müssen in dem Fall vor sich selbst geschützt werden, weil die Dinge ansonsten aus dem Ruder laufen wie in diesem Fall. Das nützt niemandem, weder den Opfern noch den Patienten, noch uns allen hier in diesem Gemeinwesen, wenn wir vor diesen Situationen Angst haben müssen.
Also muss man sich fragen: Wenn das die Voraussetzungen sind, ist dann alles in diesem konkreten Fall nach bestem Wissen und Gewissen, nach besten Leistungen der Beteiligten gelaufen? Sie weisen ganz am Ende der Antwort auf unsere Große Anfrage darauf hin und sagen, es habe keinerlei Organisationsverschulden gegeben. Im Grunde genommen müssen wir den kausalen Zusammenhang, so wie der Senat sich ausdrückt, zwischen dem Verhalten der Behörden und den entscheidenden Stellen und dieser Tat zurückweisen.
Wenn man sich genau anschaut, was tatsächlich geschehen ist, und wenn man sich auch die Antwort des Senats anschaut, dann gibt es viele Hinweise darauf, dass das zumindest nicht ganz so gewesen sein kann, und jetzt zitiere ich nur einmal aus Ihrer Antwort zwei Punkte, die Sie selbst anführen, Sie sagen zum einen: „Durch geeignete Maßnahmen sollen Polizeibeamte stärker dafür sensibilisiert werden, psychische Erkrankungen als Hintergrund für mutmaßliche oder tatsächliche Straftaten zu erkennen“, und zweitens: „Gesetzliche Betreuer sollen verstärkt in die Zusammenarbeit eingebunden werden.“ Was heißt das im Umkehrschluss? Im Umkehrschluss heißt dieser Satz des Senats nur, dass gesetzliche Betreuer eben nicht ausreichend in die Zusammenarbeit eingebunden waren und Polizeibeamte nicht ausreichend sensibilisiert waren, auf diese Tat einzugehen. Anders kann man es nicht interpretieren. Damit haben wir auch schon zwei zentrale Punkte, die in diesem Fall nicht so gelaufen sind, wie sie hätten laufen können.
Meine Damen und Herren, wenn man in der Antwort des Senats weiter schaut, dann fällt es auf, dass mehrere Bereiche in diesem Fall tätig waren. Der eine ist selbstverständlich die Polizei. Die Polizei hat seit 1990 zwölf oder 13 Mal, in Wirklichkeit noch viel öfter, weil es ja nicht immer zu Anzeigen kommt, Kontakt zu der Tatverdächtigen gehabt. Wir haben
eine lange Liste von mutmaßlichen Straftaten, teilweise schon abgeschlossene Verfahren, teilweise aber noch laufende Ermittlungen, bei denen es um Körperverletzungen, schwere Körperverletzungen und andere Übergriffe geht.
Es heißt, es war im Prinzip bekannt, dass in diesem konkreten Fall die Krankheit der Person gleichzeitig auch zu einer Gefährdung der Umwelt führt, nicht weil sie Taten nur angedroht hätte, das würde ja auch schon ausreichen, um die Alarmglocken schrillen zu lassen, sondern weil sie sie schon begangen hat. Sie hat es nicht nur einmal getan, sondern sie hat es mehrfach getan, und sie hat sie auch in dem Haus, in dem sie wohnte, und darum geht es ja in diesem konkreten Fall, mehrfach angekündigt und hat mehrfach verschiedene Menschen mit dem Tode bedroht und damit gedroht, wenn irgendwelche Kleinigkeiten passieren, sie, so die wörtlichen Zitate, „abzustechen“. Das heißt, es lagen in dem Fall bei der Polizei diese konkreten Anzeigen, diese konkreten Verfahren vor.
Der zweite Bereich, der mit dem Fall befasst war, ist der ganze Komplex derjenigen, die sich mit psychisch Kranken befassen, das heißt der Sozialpsychiatrische Dienst und das Zentralkrankenhaus Ost, in einem Fall der ambulante, im anderen Fall der stationäre Teil unserer Versorgung der psychisch Kranken. Auch hier muss man sagen, dass viele Informationen vorlagen.