Grundsätzlich ist zu sagen, dass die Bedingungen der Koexistenz der grünen Gentechnik angesichts des Binnenmarktes und der grenzüberschreitenden Warenströme in Europa europaweit festzulegen sind und nicht den einzelnen Mitgliedstaaten überlassen werden dürfen. Die von der EU-Kommission befürwortete Anwendung des Subsidiaritätsprinzips ist deswegen mehr als ungeeignet.
Noch einmal zu den Schwellenwerten, die auch im Antrag beschrieben sind! Im Zusammenhang mit der Kennzeichnung sind praktikable Schwellenwerte für das zufällig oder technisch unvermeidbare Vorhandensein von genetisch veränderten Organismen in Lebens- und Futtermitteln festzulegen, was jetzt auch auf der EU-Ebene erfolgen soll. Dies müssen wirtschaftlich tragbare Schwellenwerte sein, die unter praktischen Bedingungen auch eingehalten werden können und im Zeitablauf überprüft werden, denn sonst ist eine Koexistenz nicht möglich. Der derzeit diskutierte Schwellenwert scheint in meinen Augen auch ein gangbarer Kompromiss zu sein. Er sollte gleichermaßen für Lebensmittel und Futtermittel aus ökologischen Erzeugungen gelten. Ebenso notwendig ist die Festlegung von Schwellenwerten in herkömmlichem Saatgut. Diese sollten deutlich niedriger liegen als bei Lebens- und Futtermitteln, um einer Gefährdung der Anreicherung oder Beimengung beim Transport oder Verarbeitungsprozess Rechnung zu tragen.
Meine Damen und Herren, kommen wir jetzt noch einmal auf den Antrag und die einzelnen Passagen zu sprechen! Warum ich inhaltlich mit den geplanten Anpassungen der Grenzwerte kein Problem habe und mit den Grünen nicht einer Meinung bin, habe ich eben schon erklärt, doch ich finde es schon schlimm, wie man mit solch einem Thema versucht, Stimmung in der Bevölkerung zu machen, Stimmung, mit der man durch Ungewissheit Ängste schürt und die man für sich versucht auszunutzen. Genau das haben Sie, Frau Dr. Mathes, in diesem Antrag ge
tan! Wenn Sie hier von der größten Naturkatastrophe, die die Erde je erlebt hat, sprechen, dann denke ich, so weit ist es noch nicht, und wir sind alle dabei, das zu verhindern. Das heißt aber nicht, dass wir es grundsätzlich verhindern.
(Abg. Frau S c h ö n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Daran arbeiten wir ja gerade, dass das verhindert wird!)
Selbst in Ihrer Einleitung haben Sie mit einer Zahl von sieben Milliarden Mais- und Rapspflanzen hantiert. Wissen Sie überhaupt, wie viel Anbaufläche das in ganz Europa wäre? Da reden wir nämlich von 350 Hektar Mais und vielleicht von 70 Hektar Raps in ganz Europa. Das ist nicht einmal die Größe von einem normalen landwirtschaftlichen Betrieb in Ostdeutschland, aber das hört sich ja erst einmal gewaltig an, sieben Milliarden, tolle Zahl!
Dann schreiben Sie in Ihrem Antrag, dass es zu gewährleisten sein muss, dass man zukünftig gentechnikfreie Produkte bekommen soll. Das soll doch durch die Kennzeichnungspflicht gewährleistet sein! Die Umsetzung für Deutschland liegt allerdings bei Frau Künast, und wenn Sie es ihr nicht zutrauen, hilft auch kein beschlossener Antrag hier in Bremen.
Frau Künast hat es ja noch nicht einmal geschafft, die Richtlinien zur Freisetzung von genetisch veränderten Organismen in nationales Recht umzusetzen und hat jetzt eine Klage von der Europäischen Union bekommen. Dann sollen wir hier einen Beschluss zu einer noch nicht beschlossenen Richtlinie der EU herbeiführen? Ich denke, das passt wohl nicht ganz zusammen, und damit können auch die Grünen hier in Bremen nicht ausbügeln, was ihre Ministerin in Berlin verbockt, und vor allen Dingen nicht mit der Unterstützung der CDU.
Ich meine, wir sollten hier die Kirche im Dorf lassen und keine Anträge mit Pressemitteilungscharakter beschließen. Wenn Sie möchten, können wir über die Novellierung des Gentechnikgesetzes – wenn sie denn einmal von der Bundesregierung beschlossen wird – gern noch einmal debattieren. Ihrem Antrag können wir aber so nicht zustimmen. – Danke!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Gegenwärtig gibt es wieder zu diesem Thema eine Diskussion zum Erhalt von gentechnischem Saatgut. Ursache sind die Diskussion auf EU-Ebene und die verschiedenen Anhörungen, die dazu im April stattgefunden haben. Hier wurden ver
schiedene wissenschaftliche Erkenntnisse dargelegt, und es waren dort auch alle Organisationen einbezogen.
Wie gesagt, das Problem war, dass eben diese Richtlinien unverbindlich sein sollten, da die EU sich zurückzieht. Man sagt, wir wollen das Subsidiaritätsprinzip beibehalten. Es soll nationale Regelungen geben, nachdem es schon 2001 die Richtlinie 2001/18 gab, bei der die Zustimmung zur Freisetzung von gentechnisch veränderten Organismen in die Umwelt abhängig von einer umfassenden Risikobewertung für die menschliche Gesundheit und die Umwelt gemacht wurde. Allerdings kann diese Zustimmung jederzeit widerrufen werden. Hier gibt es ein dynamisches System, wo neue Erkenntnisse immer wieder eingesetzt werden können.
Ich will jetzt nicht noch weiter inhaltlich darauf eingehen, zum Thema Gentechnik wurde bereits von den beiden Vorrednern schon genug gesagt. Ich finde, wir sollten uns etwas zurückhalten, denn diese vereinbarten Leitlinien sind unverbindlich und sollen auf nationaler Ebene umgesetzt werden. Das Problem ist, dass es in der Bundesregierung unterschiedliche Auffassungen gibt. Wir wissen, Frau Künast sagt, die Leitlinien greifen zu kurz, Herr Clement ist anderer Meinung, er sagt, wir sollen diese Leitlinien übernehmen.
Ich denke, wir setzen uns da auf ein zu hohes Ross, wenn wir jetzt versuchen, einen Antrag zu verabschieden, bevor überhaupt aus Berlin einmal irgendwelche Beschlüsse gekommen sind. Frau Künast hat eine Wissenschaftlergruppe zu diesem Thema beauftragt, die diese ganze Sache in nationales Recht umwandeln soll. Auf dieses Ergebnis warten wir bis heute noch. Ich hoffe, dass bald ein Ergebnis kommt. Aus diesem Grunde meine ich, wir sollten in der Bürgerschaft dieser Entscheidung nicht vorgreifen und diesen Antrag ablehnen.
Die Beschlusslage aus dem Antrag der Grünen hilft uns dabei nicht weiter, denn, wie gesagt, es werden Allgemeinplätze vertreten. Es ist nur logisch, auch für uns als SPD, dass die Sicherheit und die Reinheit des Saatgutes unser Ziel bleiben. Hierzu gibt es seit zwei Jahren Stichproben und eine Kennzeichnungspflicht, was wir ebenfalls unterstützen. Auch die Grenzwerte im Antrag der Grünen sind ein hehres Ziel, aber ich weiß nicht, wie man das technisch bewerkstelligen kann. Dies sollte doch noch einmal wissenschaftlich geklärt werden.
Ich meine, wir in Bremen tun schon eine Menge in diesem Bereich. Erst im letzten Monat haben wir in der Gesundheitsdeputation hierzu einen Beschluss gefasst, dass wir importiertes Saatgut weiter kontrollieren wollen. Hier wurden auch finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt. Da wir in Bremen auch keine großen Anbauflächen wie die Flächenstaaten haben, müssen wir eben kontrollieren, was hier eingeführt wird. Die Flächenstaaten sind die Empfän
ger, die haben ganz andere Aufgaben. Ich glaube, wir sollten uns daran halten und uns mehr danach orientieren, was die Flächenstaaten zu diesem Thema sagen. Es wird hierzu noch ein Bundesratsbeschluss kommen. Ich glaube, wir sollten da noch einmal abwarten, was hier insgesamt auf den Tisch kommt, denn wir in Bremen werden auch weiterhin die Prinzipien der Kennzeichnung und Rückverfolgung weiter verfolgen. Transparenz und Wahlfreiheit für Verbraucher sind für uns klare Ziele. Aus unserer Sicht muss permanent wissenschaftlich untersucht und begleitet werden, was auf diesem Gebiet entsteht.
Wie gesagt, gesunde Ernährung ist zentral für unsere individuelle Lebensqualität und die beste Voraussetzung für die Leistungsfähigkeit der Kinder und auch im Alter. Von daher würde ich sagen, wir haben hier schon entsprechende Beschlüsse, und wir sollten erst einmal abwarten, was in Berlin hierzu beschlossen wird und was die Verbraucherministerin vorlegt. Dann sollten wir vielleicht noch einmal über dieses Thema entscheiden, ob das für die Situation angemessen ist. Wir sollten hier nicht vorschnell vorpreschen und dann die Konsequenzen nicht mehr berücksichtigen. – Ich danke Ihnen!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich muss erst einmal eine Sache klarstellen: Wir haben überhaupt keine Zeit, sondern die EU will die von mir eben dargelegte Richtlinie, in der es um die Frage des Anteils der Verunreinigungen von Saatgut geht, in diesem Jahr verabschieden. Das hat nichts – was sowohl von Herrn Imhoff als auch von Herrn Brumma angesprochen wurde – mit der Gentechnikgesetznovelle zu tun, sondern das ist eine Regelung, die parallel dazu läuft, so dass wir überhaupt keine Zeit haben und der Antrag unbedingt heute hier entsprechend verabschiedet werden muss, wenn er noch einen Einfluss haben soll.
Zweiter Punkt: Vorhin haben wir so schön über Europa geredet. Europa wollen wir alle, aber wir wollen uns nicht einmischen – so verstehe ich die vorangegangenen Beiträge –, Sie wollen nicht mitdebattieren, Sie wollen nicht mitgestalten. Ich sehe es aber als unsere Aufgabe in dem geeinten Europa an, auch an der Gestaltung Europas mitzuwirken, und da gehören solche Dinge dazu.
Leider muss ich jetzt – das kann ich mir an der Stelle wirklich nicht verkneifen – noch einmal deutlich machen: Ich weiß in der Tat, worüber ich rede,
weil ich auch wissenschaftlich zu den Fragen der Risikobewertung gentechnisch veränderter Pflanzen in der Umwelt gearbeitet habe. Herr Imhoff, es ist natürlich ein Unterschied, ob sieben Milliarden gentechnisch veränderte Pflanzen weit verstreut über Europa stehen oder ob sie an einer Stelle auf einem Acker stehen! Das sind völlig verschiedene Sachverhalte, weil dann natürlich europaweit Ausbreitungen in die entsprechenden Naturschutzgebiete stattfinden können. Bienen und Wind und alles wirkt nämlich darauf, dass die Samen dann entsprechend weit transportiert werden und damit nicht mehr zu kontrollieren ist, welche Veränderungen auch in Naturschutzgebieten passieren werden.
Ein letzter Punkt noch: Was hier vertreten wird, das ist ein Punkt, der mich richtig aufregt, weil es der absolute Nonsens ist. Wenn sich das nicht endlich einmal mehr Leute versuchen klar zu machen, dann steuern wir in etwas hinein, von dem wir wirklich in keiner Weise wissen, wohin wir damit die Entwicklung bezüglich der Ernährung treiben, wenn das kommt. Ich sage Ihnen: Es wird keine Entscheidungsfreiheit der Verbraucherinnen und Verbraucher geben, es wird keine Transparenz geben, es wird keine Rückverfolgbarkeit geben, und es wird keine Koexistenz geben. Das wird die Konsequenz sein. – Danke!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Reinheit und Sicherheit des Saatguts ist eine, so habe ich das verstanden, politische Forderung, die von allen getragen wird. Es geht um die Umsetzung beziehungsweise um die politischen Ziele. Wir haben auf der einen Seite das Saatgutverkehrsgesetz, dessen Neuregelung das EU-Saatgutrecht in nationales Recht umgesetzt hat, ein wichtiges Gesetz. Die Kontrolle dieses eingeführten Saatguts nach den Kriterien des Saatgutverkehrsgesetzes wird von den zuständigen Stellen der Empfängerländer durchgeführt. Ich denke, dieses seit Jahren bewährte Verfahren sollte nicht geändert werden. Die Untersuchung auf eingeführtes gentechnisch verändertes Saatgut wird nunmehr auch in Bremen durchgeführt. Dazu ist das LMT-Vet angewiesen worden, im Rahmen der Pflanzenbeschau eingeführtes Saatgut entsprechend zu beproben, also entsprechende Untersuchungen durchzuführen. Das ist ein erster wichtiger Schritt.
Ich teile auch die Forderung, dass Verbraucherinteresse nach Transparenz über die Produkte selbstverständlich gewährleistet werden muss. Deswegen
hat auch die EU Bestimmungen für Lebensmittel und Futtermittel beschlossen, wonach Verbraucherinnen und Verbraucher ganz klar erkennen können, ob es sich um ein gentechnisch verändertes Produkt handelt oder nicht, so dass sie ganz bewusst, so oder so, ihre Kaufentscheidung treffen müssen. Deswegen ist es aus meiner Sicht auch absolut erforderlich, diese Transparenz auf das Saatgut auszudehnen. Wir brauchen dringend also auch ganz klare und transparente Regelungen für das Saatgut. Der Streit geht jetzt darum, wie die Schwellenwerte sind. Ich kann diesen Streit auch nachvollziehen, weil ich auch verstehen kann, Frau Dr. Mathes, wie leidenschaftlich Sie dafür werben. Ich denke, dass es wirklich ein unglaubliches Thema für die Zukunft ist.
Ich habe es leider nicht studiert so wie Sie und kann leider nicht selbst beurteilen, was wissenschaftlich fundiert für die eine oder die andere Auffassung spricht. Das bekenne ich hier ganz offen. Ich denke, wir müssen einen Weg finden, der realistisch ist, der sich auch umsetzen lässt, der aber auch im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher ist.
Ich habe das so verstanden: Auch dieser Streit, der auf der EU-Ebene ausgetragen wird und wo Frau Künast sich ja ganz fordernd in diesen Prozess einbringt, geht um die Frage, was vertretbar ist und was vor allen Dingen auch vertretbar ist vor dem Hintergrund, dass wir die Landwirtschaft, die den ökologischen Landbau betreibt, nicht in den Ruin treiben. Das ist ein ganz heiß umstrittenes Thema in der EU, auch in der Bundesrepublik und in den Bundesländern. Ich sehe schon das Problem, dass es, wenn wir da einen großen Unterschied bei der Schwellenfestsetzung für die konventionelle und für die ökologische Landwirtschaft machen, es in der Tat Schwierigkeiten geben kann. Die ökologischen Landwirtschaftsvertreter haben sich ja auch zu Wort gemeldet. Sie sind sich ihrer Verantwortung bewusst und wollen auch, so habe ich das verstanden, die hohen Anforderungen an ihre Produkte erbringen, aber sie haben natürlich auch Befürchtungen, im Wettbewerb nicht mehr mithalten zu können.
Das ist ein ganz schwieriger Prozess, der jetzt in Brüssel ausdiskutiert werden muss und wo auch die politischen Vertreter der EU-Ebene beide Meinungen berücksichtigen müssen. Der Wissenschaftliche Ausschuss „Pflanzen“ hat ja ein klares Votum für die von Ihnen kritisierten Kompromisswerte abgegeben. Ich denke, das war der Versuch, eine Annäherung zwischen beiden Positionen zu finden.
Es ist schon von Herrn Brumma gesagt worden, dass es auch in der Bundesregierung unterschiedliche Auffassungen dazu gibt, und ich setze darauf, dass man sich in den weiteren Prozessen dahin nähert, dass man einerseits eine vertretbare, verantwortbare Regelung für die Zukunft findet, was gen
technisch veränderte Produkte betrifft, aber andererseits auch den ökologischen Landbau und den konventionellen Landbau mit seinen Interessen berücksichtigt.
Es gibt ja noch weiteren Klärungsbedarf bei diesem Gesetz, zum Beispiel ist die Haftungsfrage noch völlig ungelöst. Es gibt Vorschläge, die, finde ich, auch noch einmal diskutiert werden sollten, ob es nicht Regionen gibt, wo man ganz von Gentechnikanbau weggeht, also völlig freigehaltene Regionen, ein Vorschlag, dem man sich vielleicht auch annähern sollte.
Es ist noch sehr viel in der Diskussion jetzt in diesem Prozess, was die Richtlinie betrifft. Insofern denke ich, dass es eine wichtige, von Ihnen heute angestoßene Debatte ist, die noch einmal dringend zur Sensibilität beigetragen hat. Es ist ein wichtiges Thema, so dass wir uns weiterhin in diese Diskussion einklinken sollten, auch wenn dieser Antrag heute von Ihnen nicht auf den Weg gebracht werden konnte, weil es die Koalitionsfraktionen nicht mitgetragen haben, aber das Thema ist ausgesprochen relevant. – Danke!
Wer dem Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 16/39 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!